Der Ackerbau.
Allgemeines.
M
allorca’s Hauptreichthum besteht in Producten der Landwirthschaft, die */s der jährlichen Ge-
sammteinnahme ausmachen. In Folge davon ist die Zahl der ackerbautreibende Bewohner die
weitaus überwiegende; man schätzt sie auf 38948 Seelen, wob ei die Grundbesitzer in den Ortschaften
mitgerechnet sind. Die mallorquinischen Bauern zeigen im Verein mit grösser Arbeitsamkeit, vermöge
deren sie keine Mühe scheuen, auch eine natürliche Anlage und Liebe für ihren Beruf, was w o h l
eine Folge der Gewohnheit sein mag, denn sie widmen sich dem Feldbau schon von Kindheit an
und zwar beide Geschlechter, w ob e i den Frauen die leichteren Arbeiten heschieden sind. Diese
Liebe giebt sich auch in dem Streben kund, sich neue Grundstücke anzuschaffen, und Viele setzen
ihren Stolz darein, dass man sage, ihr Grundstück sei das im Distrikt am besten bebaute.
Es finden sich auf Mallorca verschiedene Rechtsbestimmungen über das Verhältniss der
Pächter zu dem Grundbesitzer. Die Aparcería, welche auf Menorca das herrschende System
bildet, ist auf Mallorca nur selten und wird gewöhnlich nur auf Besitzungen von geringer Ausdehnung
angewendet. Mit dem Namen Aparcería wird ein Pachtvertrag bezeichnet, welcher im
Gebirge meist auf 6 Jahre, in der Ebene auf 4 Jahre geschlossen w ird und bei dem der Pächter
dem Eigenthümer einen vertragsweise festgesetzten Theil der Ernte abtreten muss, wogegen der
Letztere auch an den Bebauungskosten participirt.
Im Allgemeinen führen die kleinen Grundbesitzer und Bauern den Betrieb auf eigene Rechnung
und nehmen an den Feldarbeiten seihst thätigen Antheil. Auch grössere Grundbesitzer in
den Ortschaften bewirthschaften ihre Grundstücke auf eigene Rechnung unter der Leitung eines
Verwalters, Mayoral genannt.
Das allgemeinste und für Mallorca charakteristische System ist das Arrendamiento, welches
schon seit den ältesten Zeiten auf der Insel eingebürgert ist und von fast allen grossen Grundbesitzern
aus Palma und auch in den Ortschaften, wenn sie nicht dem Bauernstände angehören,
zu Grunde gelegt wird. Man theilt die grösseren Besitzungen, theils um sie leichter zu verpachten,
theils damit sie besser bebaut werden und folglich eine grössere Rente ab werfen, in mehrere kleinere;
auch w ird ein Obst- oder Gemüsegarten, wenn ein solcher vorhanden ist, gewöhnlich extra verpachtet
oder in Aparcería gegeben oder auf eigene Rechnung geführt.
Bezüglich der Bedingungen des Arrendamiento beobachtet man grosse Verschiedenheiten,
welche sowoh l von der Beschaffenheit des Bodens und der Fruchtgattungen, die er produzirt, als
auch von dem Privatinteresse der Eigenthümer und der Arrendadors hergeleitet werden.
Gewöhnlich werden die Arrendamientos auf 6 oder 9 Jahre geschlossen und enthalten mit
der grössten Peinlichkeit alle Pflichten, welche der Arrendador zu erfüllen hat; selbst die Anzahl
der Furchen, welche er zu ziehen hat, ist vorgeschrieben.
Der Arrendamiento-Vertrag wird meist notariell abgefasst, in vielen Fällen ist er aber blos
ein Privatabkommen, das nach Ablauf auf Handschlag weiter geht. Es gieht Eigenthümer, welche
Sicherstellung durch eine Bürgschaft oder Hinterlegung einer Geldsumme verlangen, andere, und
zwar die grössere Zahl, beschränken sich darauf, vom Arrendador zu verlangen, dass er ihnen die
Tersas (jährlicher Pachtzins) voraus bezahle. Vie le stellen aber selbst diese Bedingung nicht und
verlassen sich auf die Ehrlichkeit des Arrendadors. Namentlich pflegt dies gegenüber den Bauern
zu geschehen, deren Familien sich auf dem betreffenden Predio oder auf einem ändern desselben
Besitzers bereits seit mehreren Generationen ansässig finden und somit das volle Vertrauen des
Herrn besitzen.
Der Arrendador ist stets verpflichtet, mit seiner Familie das Bauernhaus des Predio zu
bewohnen und die grösste Sorgfalt auf zweckmäfsige Bebauung des Bodens zu verwenden. Der
Eigenthümer reservirt sich das herrschaftliche Haus mit Stall und Garten und beliebige Vorrechte
nach Vereinbarung, unter Anderem steht ihm und seiner Familie während der Zeit, w o sie in der
Das Thal von Pästoritx von der Fatma aus.
Posesión wohnen, das Recht zu, allerhand Fruchtgattungen zu pflücken, und der Arrendador ist
verpflichtet, ihnen Gemüse, Obst und Milch zu ihrem Gebrauch und Stroh und Futter für die Thiere
zu liefern. Die Pachtsumme w ird in drei Raten bezahlt, ausserdem w ird dem Arrendador die
Verpflichtung auferlegt, einen bestimmten Theil von Naturalien, Agätges genannt, abzuliefern. In
vielen Predios haben die Agätges eine bedeutende Wichtigkeit, man kann sie als einen Theil
der Rente ansehen; w a s nicht in Ge ld bezahlt wird, zahlt man in Naturalien, und das fällt den
Bauern leichter, als eine grössere Geldrente, da sie stets zur Zeit der Ernte abliefern. Der jährliche
Pachtzins, die Agätges eingeschlossen, ist regelmäfsig nicht hoch, so dass er stets dem Arrendador
bei der vielfältigen Kultur Mallorca’s die Möglichkeit gewährt, nicht blos die Rente herauszuschlagen,
sondern bei einer gewissen Arbeitsamkeit ein mehr oder minder bedeutendes Plus zu
erzielen, so dass w ir fast überall den Arrendador gedeihen, ja sogar häufig reich werden sehen