die Blumenguirlanden der heidnischen W e lt erinnert. Ein anderer Brauch ist der, dass an verschiedenen
Stellen des Weges, den die Procession nimmt, Frauen an Tischen mit einem oder zwei
Körben v o ll Haselnüssen oder auch trockenen Kastanien stehen, welche sie an die Vorübergehenden
verkaufen.
Während der Fronleichnams-Octave finden Pfarreiprocessionen statt. Sie legen unter V o r tritt
einer beständig lärmenden Musikbande einen längeren W e g zurück, als die Kathedralprocession.
Die Kirchendiener tragen Kreuze und Ciriales (Candelaber) und Statuen der Schutzpatrone v e r schiedener
Kirchen, und die Personen, die an den Processionen Theil nehmen, folgen mit Kerzen
oder Fackeln. Eine Menge kleiner Kinder sind als Engel oder als verschiedene Heilige gekleidet.
Bisweilen, und namentlich bei der Procession der Pfarrei von Sn Miguel* in deren Bezirk die grösste
Artä. Soller. Artä*
Mallorquinerinnen.
Kaserne Palma’s liegt, betheiligt sich auch viel Militär von der Besatzung, sowohl Gemeine w ie
Officiere, und selbst die Matrosen der dort vor Anker liegenden Kriegsschiffe nehmen mit Fackeln
an der Feierlichkeit Theil. Der Procession folgen i— 2 Infanteriecompagnien mit der Militärmusik.
In den Ortschaften feiert man die Fronleichnamsprocession in ähnlicher Weise und die Betheiligung
aller Klassen der Bevölkerung mit Fackeln und Kerzen ist verhältnissmäfsig grösser
w ie in der Stadt.
Eine andere wichtige Procession findet zur Fastenzeit in der Kirche mit den Passos oder
Via Crucis statt; ein Cuaresimer-Priester hält hierbei an den 12 verschiedenen Stationen kurze
Predigten. Diese Processionen werden in den Ortschaften meist am Palmsonntage im Freien abgehalten,
und sie machen auch vor den durch ein Kreuz oder eine kleine Landkapelle bezeichn et en,
Stationen Halt, w o dann jedesmal kurz gepredigt wird. In einigen Ortschaften herrscht noch die
Sitte, dass sich der Procession einige Personen mit schwarzen oder dunkelblauen Kappen (Caperuzas)
als Büsser anschliessen. Einige derselben tragen Laternen, andere eines der Leidenswerkzeuge des
Heilandes; noch andere tragen eine schwere, über die Schultern und die Brust gekreuzte oder vom
Gürtel herabhängende eiserne Kette; es handelt sich dabei meist um die Erfüllung eines Bussgelübdes.
Ausserdem herrscht in einigen Ortschaften noch die Sitte, dass ein als Christus gekleideter und
mit einem grossen Kreuz beschwerter Mann, den man Nazareno nennt, an der Procession
Theil nimmt.
Am Chardonnerstag findet in Palma eine
sehr merkwürdige Procession statt, die den
Zweck hat, das Christusbild, das in der allgemeinen
Kirche des Spitals von Mallorca unter
dem Namen Christ de la Sang verehrt wird,
öffentlich zu zeigen. Sie geht von der Kirche des
Hospitals um 4 Uhr Nachmittags aus und kehrt
erst bei später Nacht wieder in dieselbe zurück,
da sie sich durch einen grossen Theil der Stadt,
die Kirchen aller Frauenklöster und die Domkirche
bewegt. An dieser Procession nehmen
der Klerus der erwähnten Iglesia de l’Hos-
pital und eine grosse Menge von Büssenden
Theil, welche das Caperuzas-Kleid tragen. In
den Händen halten letztere entweder Laternen,
deren Scheiben mit Symbolen der Passion
Christi bemalt sind, oder Fackeln und Kerzen,
einige auch Marterwerkzeuge, die man ebenso
w ie die Kerzen mit einem ausgebreiteten, aus
feiner weisser gestickter Leinwand verfertigten
Sacktuch umhüllt. Diese Tücher bilden den
Hauptschmuck der Caperuzas, unter denen
einige, die als römische Centurionen gekleidet
sind, besonders die Aufmerksamkeit auf sich
lenken. Auch zu dieser Feierlichkeit erscheint
ein Nazareno, ein Mann im Gewände
des Heilandes, mit einem grossen Kreuz
auf den Schultern. Kirchendiener trägen
grosse Heiligenbilder und die sämmtlichen
zahlreichen Theilnehmer der Procession Wachsfackeln.
Das grosse Crucifix San Cristo de Mädchen aus Felanitx.
la Sang wird von einem Priester der Iglesia de
1 Hospital unter einem am Kreuze selbst befestigten Baldachin getragen, sowie von 4 Männern die
grosse Statue der Virgen de los Dolores. Die Officiere der Bruderschaft de la Sang sind mit einer Art
schwarzem Talar bekleidet und haben eine schwarze Kappe auf dem Kopfe. Hinter den beiden Statuen
gehen, auf Stäbe gestützt, zw ei Mitglieder der Junta de Beneficiencia, dann folgen Priester in feierlichem
Ornat, sowie der Gouverneur der Provinz, dem sich der Ayuntamiento anschliesst. Die Procession
wird von Officieren, Beamten, von einer Compagnie Infanterie, mehreren Musikkapellen und einem
Sängerchor begleitet. Aehnliche Processionen, wenn auch weniger pomphaft, werden fast in allen
Oitschaften der Insel am Chardonnerstag abgehalten. Am Charfreitag wird zur Feier der Grablegung
in der Domkirche eine ernste Procession veranstaltet; das Privilegium, derselben mit
Kerzen beizuwohnen, besitzt nur eine kleine Zahl adeliger Familien. — W ir w o llen unsere Auf-
meiksamkeit nun den verschiedenen Wallfahrtsorten der Insel zuwenden, die jahraus, jahrein den