Seiden- und Bienenzucht.
Von den zu Geweben geeigneten Pflanzen werden nur Hanf, Lein und Baumwolle und
zwar die beiden letzteren nur in geringer Ausdehnung kultivirt, so dass dieselben noch keine
wirkliche Bedeutung für das Land erlangt haben. In neuerer Zeit wird die Kultur einer Hanfart,
der Sida Abutilon, mit Erfolg versucht. Als zu Geweben geeignete Pflanzen seien noch erwähnt die
Fasern der A g a v e americana, deren macerirte Blätter bekanntlich einen Faden geben, den man in
einigen Ländern zur Bereitung von gröberen und auch feineren Geweben verwendet, dann die
Fasern der Morus nigra (More) und der Morus âlba (More blanc), sowie die seidenartige Blüthe der
Populus nigra (Poll) und das Lygeum spartum (Espart); die ersteren werden kultivirt, das letztere
wächst in einigen Gegenden der Insel w ild , wird jedoch-' nicht verwendet. Aus der Gattung
Asclepias is t-au f Mallorca eine A r t bekannt wegen der schönen, die Mitte zwischen Baumwolle
und Seide haltenden Haare, welche die Kapseln enthalten. Man kann diese Seda végétal genannte
Pflanzenwolle spinnen und ein sehr hübsches Geweb e daraus verfertigen. Trotz alledem und obgleich
seit den ersten Versuchen bereits viele Jahre verflossen sind, hat die Sache noch keine w irk liche
Bedeutung für das Land erlangt. Das massenhaft wachsende Sumpfrohr (Ganot) wird zur
Papierfabrikation verwendet. Zu Arzneizwecken werden auf Mallorca vielfach einheimische Pflanzen
benützt, die meisten jedoch nicht auf ärztliche Vorschrift, sondern als Hausmittel zu Thee und als
Thierarzneien. Die Kultur der Maulbeerbäume hat in Folge des Verfalls der Seidenzucht, auf Mal-
lorca sehr abgenommen. Es giebt zwar in allen Distrikten Maulbeerbäume, jedoch nicht in grösser
Menge, .sondern vereinzelt oder in Reihen am Rande der Felder oder längs der Strassen und
W e g e , und nur in einigen Distrikten, namentlich in Palma, werden sie mehr kultivirt und zwar
meistens in den Gemüsegärten. Das Nettoerträgniss der Maulbeerbäume auf der ganzen Insel wird
mit 32460 Reales (8589 Frcs.) angegeben, was, wenn es auch zu niedrig gegriffen ist, doch die-
geringe Wichtigkeit dieser Kultur auf Mallorca zeigt. V o r 40 und noch mehr Jahren w ar die Kultur
des Maulbeerbaumes weit bedeutender und mit ihr zugleich jene der Seide, die damals einen w ich tigen
Zw e ig dés Reichthums der Insel bildete und in grossem Rufe stand. Man hat vier.Sorten
von Maulbeerbäumen, den gewöhnlichen alten Maulbeerbaum, den weissen Maulbeerbaum, dessen
Kultur namentlich 1857— 63 wegen der damals grossen Industrie von Seidenwürmern stattfand, den
gezweigten und den schwarzen, der den schwarzen Beerensaft liefert. Bekanntlich entwickeln sich
die Bäume sehr rasch, überall in trockenen Gründen liefern sie Blätter von besserer Sorte, in den
feuchten wachsen sie mehr in’s Holz. Der Maulbeerbaum ist auf Mallorca den Angriffen einer
Krvptogame (Cendrada) unterworfen, die man für dieselbe w ie das Oïdium des Weinstockes hält;
die Blätter bekommen Flecken, w elken und trocknen ganz ein. Diese Krankheit, gegen welche
man kein sicheres Mittel kennt, trägt nicht w enig zur Verminderung der Maulbeerpflanzungen bei.
Trotz des Nutzens, den man aus dem Holze ziehen kann, wird der Maulbeerbaum doch nur des
Blattes wegen kultivirt. Die einst so blühende Seidenindustrie ist gegenwärtig ganz in Verfall
gerathen. V o r einigen Jahren kam sie wieder in .Aufschwung wegen der Eierproduction. Die
Eier wurden damals an französische und spanische Händler zu fabelhaften Preisen verkauft, aber
kurze Zeit darauf hörte die Nachfrage auf, w e il einige habsüchtige Unternehmer zur Vermehrung
der Menge andere Ingredienzen beigemischt hatten und durch diesen Betrug eine erträgnissreiche
Industrie ruinirten. Der Hauptgrund des Verfalles der Seidenzucht w a r aber die Raupenkrankheit,
welche im Jahre 1866 sehr verheerend auftrat. Die Raupen starben häufig schon vor dem Einspinnen.
Man schreibt diese epidemische Krankheit der Ernährung mit den Blättern der kranken
Maulbeerbäume zu.
In Folge davon hat heutzutage die Seidenzucht auf Mallorca kaum mehr den Charakter
einer Industrie, sondern dient nur einigen Weibern vom Lande als Zeitvertreib, die aber, durch die
schlechten Erfolge entmuthigt, sie immer mehr vernachlässigen. Man unterscheidet zwei Klassen
von Cocons (Amellons), Alduca und Carabaseta. Man behauptet, dass die Cocons der Balearen
zu den vorzüglichsten Europa’s gehören. Die daraus im Lande gezogene Seide giebt jedoch nicht
die erwarteten Resultate, da man das Spinnen und Drehen derselben noch mittelst des alten Spinnrades
mit der Hand bewirkt, was zur Folge hat, dass' die einheimischen Producte w e if unter den in
anderen Gegenden mit Maschinen erzielten stehen.
Honig und W a c h s werden auf Mallorca keineswegs in der bedeutenden Menge producirt,
wie dies bei der Milde des Klimas und der geringen Pflege, welche die Bienenzucht verlangt, der
Fall sein könnte. Man hat drei Sorten von Bienenkörben, w elche man mallorquinisch Casas de
Beyas oder Bucs nennt, nämlich aus Thon, aus Pfahlrohr und aus Holz. In Llummayor, Calv-iä,
Bunola und einigen anderen Distrikten gebraucht man im Allgemeinen die thönernen Bienenstöcke.
Diese sind röhrenförmig, etwa 80 cm lang, haben 20 cm im Durchmesser, sind an beiden
Enden mit Kalk oder Gyp s zugemacht
und mit Löchern zum Einfliegen' der
Bienen versehen. In Manaeor, Felanitx,
Arta, Sta Margarita, Pollenza zieht man
die aus Pfahlro.hr verfertigten Bienenkörbe
vor. Sie sind von gleicher
Grösse und Gestalt w ie die thönernen.
Aussen und innen überzieht man das
Geflecht mit einer Art Teig , den man
aus Lehmerde und Kuhmist bereitet.
Im gebirgigen Theile von Pollenza und
an einigen anderen Orten verwendet
man zuweilen hölzerne Bienenstöcke.
Sie haben die Form einer prismatischen
Kiste, die-gewöhnlich 100 cm Länge,
und an ihrer Basis 25 cm Breite hat.
Einen Bienenkorb in gutem Zustande
mit seinem Schwarm verkauft man
gewöhnlich für 4 bis 6 Pesetas. Es
herrscht jedoch eine Art Aberglaube,
wonach man meint, dass man die
Bienenkörbe mit dem Schwarm nicht
verkaufen dürfe, da der Tod der Thiere
bald darauf erfolgen würde. Selbstverständlich
glauben gebildete Leute
nicht daran und denken höchstens, dass
die Uebertragung d e r . Bienen an einen
ändern Ort denselben bisweilen nachtheilig
sein könne. .
Den an einem Ort vereint befindlichen
Bienenkörben, d. h. Bienen- ^ Mallorquinische Bienenstöcke,
ständen, giebt man in Spanien den
Namen Colmenares (von Colmena, Bienenkorb); in einigen Gegenden Mallorca’s nennt man sie
in der Landessprache Bancs de Beyas. Die wichtigeren, d. h. aus einer grösseren Anzahl von
Bienenkörben bestehenden Colmenares stellt man in den kleinen Thälern der Waldungen
oder Garrigas im Schutze der Kiefern oder Sträucher auf, aber stets mit einem rohen Dache aus
Holzziegeln und Zweigen bedeckt. Die den kleineren, ärmeren Besitzern oder Bauern gehörigen
Colmenares pflegen diese in irgend einer Hecke ausserhalb des Hauses oder im Schutze irgend einer
Terrasse (Marje), manchmal auch im Hause selbst oder auf dem Dache desselben zu etabliren, wo
sie vor der Winterkälte und namentlich vo r den Nordwinden geschützt sind, und w o die Umgebung
an Blumen reich ist, welche für die Ernährung der Bienen geeignet sind. A n einigen
Plätzen hält man die Nachbarschaft von Malven für nachtheilig, da man glaubt, dass sich auf dieser
Balearen I.