zw ar so, dass er todt liegen bleibt, so gehört er dem Spieler und zwar für den einen Soldo, den
der W u r f kostete. Trifft er ihn aber nicht oder nur schlecht, so kommt die Reihe an einen ändern
Bauernburschen und so geht es so lange fort, bis einer der Spieler das arme Thier tödtlich g e troffen
hat. Häufig sind aber die Bauernburschen sehr ungeschickt im Werfen, und da infolgedessen
derselbe Spieler zuweilen auch Dutzende von Würfen macht, so kommt es nicht selten vor, dass
endlich der erlegte Hahn wegen der vielen bezalten Soldis dem Sieger auf ein oder zwei Duros
zu stehen kommt.
Die Hähne werden ausserdem auf Ibiza noch zu anderen Belustigungen gebraucht. So hängt
man einen Hahn an einem Stricke auf, und es hat ihn dann ein Mann mit verbundenen Augen v er mittelst
eines Säbels herunterzuhauen. Häufig führt dieser aber einen Streich durch die Luft nach
einer ganz ändern Richtung als dahin, w o der Hahn hängt, w a s dann allgemeine Heiterkeit unter
den Zuschauern verursacht. Auch bei diesem Spiel w ird für jeden Säbelhieb eine bestimmte Taxe
bezahlt, in der Regel zw e i Cuartos. Glücklich derjenige, welcher den Hahn beim ersten Hiebe
herunterhaut, da er seine Beute dann für einen Spottpreis erhält, während sie ihm beim ungeschickten
Hauen mit dem Säbel gar theuer zu stehen kommen kann. Auch mit der Büchse wird
nach Hähnen auf eine Entfernung von 50 bis 60 Schritt geschossen, wob ei man für jeden Schuss
vier Cuartos zu zahlen hat. Im Uebrigen geht es w ie bei den vorerwähnten Spielen zu. Hahnenkämpfe
sind auch sehr beliebt, werden aber blos im Juni veranstaltet. Man verwendet dazu mit
grösster Sorgfalt erzogene Hähne, die entweder englischer Rasse sind, oder aus den Canarien
oder der Habana stammen. Solche Kampfhähne werden theuer bezahlt, indem einer bis zu
320 Reales kostet.
Die Geistlichkeit.
W ir können es uns nicht versagen, bevor w ir zum Ackerbau übergehen, dem Ibizaner
Klerus einige W o ite zu widmen. In den isolirten Pfarreien ist dieser gewissermafsen die einzige
Autorität und der alleinige Rathgeber und Freund des Bauern. Der Ibizaner Geistliche stammt
fast immer von der Insel; es ereignet sich viel eher, dass Ibizaner Priester nach Mallorca gehen, als
dass auswärtige sich auf der Insel niederlassen. Die Zahl der Geistlichen ist auch im Verhältniss
zur Bevölkerung und zur Ausdehnung der Insel ziemlich gross; sie beträgt nämlich 65, w o vo n 30
auf die Landpfarreien und die übrigen auf die Stadt kommen. Im Seminar werden fort und
fort junge Leute für den Priesterstand herangebildet. Ihre Ordination erhalten dieselben regelmässig
in Valencia, dessen Bischof sie die Dimissorien des Vicario Capitular von Ibiza, der die Stelle
des ehemaligen Bischofs vertritt, vorzulegen haben. Viele dieser jungen Leute finden aber auf den
Balearen kein Unterkommen, sie versuchen dann meistens ihr Glück in den spanischen Colonien.
Die Ibizaner Priester kleiden sich ganz so w ie die des spanischen Festlandes. Sie haben
einen riesigen nachenförmigen Sombrero und einen langen Talar und Mantel, mit welchem sie auch
im Hochsommer in den Gassen Ibiza’s umhergehen. A u f dem Lande tragen sie aber, wenn sie zu
Hause sind, eine kurze, schwarze Jacke und jederzeit schwarze Strümpfe und Schuhe mit Schnallen,
so dass sie, wenn es erforderlich sein sollte, nur den Talar überzuwerfen brauchen.
Die Ibizaner Geistlichen sind, w ie die spanischen Priester überhaupt, recht freundliche Leute.
O bw o h l unter ihnen sich noch die meisten Carlisten und überhaupt Absolutisten finden, so sind
sie im Allgemeinen doch nicht jene Finsterlinge, für die man sie gewöhnlich anzusehen pflegt. Sie
sind im Gegentheil über Vieles hinaus, woran Geistliche anderer Länder noch streng festhalten.
Ein solcher Priester sieht nicht ein, warum er als Diener Gottes nicht eben so gut w ie andere
Menschen von jenen Gaben gemessen soll, die der Allmächtige zum Nutzen und Frommen seiner
Menschenkinder hervorbrachte. Er verschmäht es daher ganz und gar nicht, sein Glas Wein in
froher Gesellschaft im Wirthshause zu trinken; er raucht gemüthlich seine Cigarette und unterhält
selbst Liebesverhältnisse. Er macht auch gern Wasserpartien mit, und nimmt keinen Anstand, mit
dem langen Sombrero und im Talar im Hafen der Stadt umherzurudern. Er thut mit einem W o r te
Alles, was andere Menschen auch thun, und betrachtet sich keineswegs als Mitglied eines auserwählten
Standes, das sich fortwährend mit einem undurchdringlichen Nimbus umgeben müsste.
Ab e r gerade diesem Umstande ist es zu verdanken, dass die Religion in Spanien so mit dem V o lk e
verwachsen ist. Die Religion stört dort Niemand, weder in seinem Thun und Treiben, noch in
seinen Genüssen. Man ist rechtgläubig, und zwar aus vollem Herzen, und hat nicht den Trieb, Alles
ergründen zu wollen, sondern man freut sich unmittelbar an dem grossartigen Pomp der spanischen
Kirchenceremonien. Der Priester ist aus dem eben angeführten Grunde auch nicht jener von Allen
gemiedene Sonderling, sondern er lebt und w eb t mit dem Vo lk e, hat in jeder Familie, beim Bauer
w ie beim reichen Manne Zutritt und ist von dem einen w ie von dem ändern gleich sehr gesucht
und geliebt.
Die Pfarrhäuser stossen mit geringen Ausnahmen unmittelbar an die Kirche an. Sie sind
unbedingt die am besten gebauten, geräumigsten, und im Sommer kühlsten Wohnungen, die man
auf der Insel antrifft. Mehrere derselben haben vorn eine Halle, die den Bauern, wenn sie zum
Pfarrer wollen, eine geschützte Unterkunft zum Abwarten gewährt. Sie binden ihre Lastthiere an
den in der Wand eingemauerten eisernen Ringen an. Die breite Thür führt nach der allgemein
üblichen Bauweise in das schmucklose Hauptgemach; einige rohe Stühle, hölzerne Bänke und Tische
bilden die ganze Ausstattung. In einer Ecke hängt ein viereckiges, mit Tüll überzogenes Kästchen
zur Aufbewahrung von Fleisch und anderen Esswaaren. Am Tage bildet dieses Zimmer den g e wöhnlichen
Aufenthaltsort des Pfarrers. Das Schlafzimmer befindet sich immer im oberen Stockwerk.
In dem kühlen Saale sieht man den guten Cura meist in einem alten, mit Leder überzogenen
Lehnstuhl, auf dem ein Kissen liegt, sitzen. Eine kurze Jacke, schwarze Hosen und Strümpfe und eine
kleine schwarze Sammetkappe mit seitwärtsherunterhängender seidener Quaste machen seinen A n zug
aus. In der Hand hält er sein Brevier, in dem er von Zeit zu Zeit blättert; dabei raucht er in
seliger Ruhe seine Cigarette oder eine lange Pfeife, und neben ihm auf dem Tische steht ein messingenes
Teilerchen mit brennenden Kohlenstückchen, an denen er dann und wann seine Pfeife anzündet.
Seine Mahlzeit nimmt er an dem mit einem weissen Tuche gedeckten hölzernen Tische, meist an
der Seite seiner Magd ein; sie ist seine einzige Gesellschaft in dem einsamen Pfarrhause, und nur
zu oft wird sie der Gegenstand pikanter Erzählungen von Seiten der Pfarrkinder. A n Sonntagen
nehmen auch w oh l ein oder zw ei der angeseheneren Bauern an dem Mahle theil. Ein Gläschen vo rtrefflichen
Weines, eine Torte und das beste Obst der Umgegend lässt sich der gute Cura nicht abgehen.
Mit wahrer Freude setzt die Magd die Schüsseln mit Gerichten, die sie selbst zubereitete,
und das Obst aus dem Hausgarten ihrem Herrn vor, ebenso gewissenhaft sorgt sie für die Ernährung
des treuen Haushundes, der bei der Nacht die einsame Pfarre bewacht, sowie für ein ganzes Heer
von Katzen, die um sie herumspringen. Die Katzen sind nämlich auf Ibiza das Lieblingsthier des
Pfarrers und es ist kaum ein Pfarrhaus zu finden, w o deren nicht etliche gehalten würden Auch
bei den Bauern sind solche fast immer anzutreffen, alle sind grau und weiss gefleckt und haben nach
Landessitte einen gestutzten Schweif. Nach der Mahlzeit legt sich der Pfarrer zur Siesta nieder und
w ird erst wiede r gegen Abend auf seinem trauten Lehnstuhl an der Schwelle des Hauses sichtbar.
Ausser der Magd sind die Bauern des Pfarrsprengels, deren Häuser aber häufig w e it abliegen,
die einzige Gesellschaft der Landgeistlichen. Gewöhnlich haben diese auch keinen Kirchendiener,
sondern ein armes Kind des Pfarrbezirks, welches sie mit den Ueberbleibseln ihres Tisches
beschenken, verrichtet die wenigen Geschäfte in der Kirche. Vieles thun auch die Priester selbst;
so habe ich beispielsweise gesehen, dass sie die Glocken zogen und allein die Messe absangen. Das
Lesen der Messe in der Frühe und an Sonntagen die Predigt, die in Ibizaner Mundart gehalten
w ird , machen mit der Seelsorge in den meist kleinen und wenig bevölkerten Pfarrsprengeln die
einzigen Beschäftigungen der Landgeistlichen aus. Die Seelsorge w ird freilich bei der zerstreuten
Lage der Bauernwohnungen etwas beschwerlich, und deshalb werden vom Pfarrer des leichteren
Fortkommens wegen auch immer ein oder zwei Reitesel gehalten.
Balearen I. 4