obliegt, ist derjenige, we lch er die Bälle leitet und dabei so zu sagen den Vorsitz führt. Die öffentlichen
Tanzunterhaltungen finden im Laufe des Sommers und Herbstes auf einem Platze oder in einer
Gasse statt; sie beginnen um 4 oder 5 Uhr Nachmittags und dauern die ganze Nacht hindurch. Zur
Beleuchtung verwendet man zw ei Festdrs, d. h. grosse eiserne Leuchter mit einer Schale, in welcher
harzige Kiefernholzstücke verbrannt werden, die ein sehr helles Licht geben. Man bildet bei diesen
Tänzen einen Kreis aus Bänken, die für die Tänzerinnen bestimmt sind. Die Musik besteht lediglich
aus der Xaramias und dem Tamborino, die Gesangsbegleitung fällt weg. Wenn Alles vor-
bereitet ist, beginnt man mit der Versteigerung des ersten Tanzes. Derjenige, welcher ihn in Folge
des höchsten Angebotes zugesprochen erhält, empfängt von dem Obrer ein grünes Rohr ais
estätigung des Rechtes, das er in der Versteigerung erworben hat. Darauf tanzt er mit seiner
Geliebten oder mit dem Mädchen, dem er unter den Tänzerinnen den Vorzug giebt, oder lässt sie
mit irgend einem seiner Freunde tanzen. Letzteres ist die Regel, und der Liebhaber beschränkt
sich darauf, wahrend des Tanzens den Fächer und das Taschentuch des Mädchens zu halten und
dasselbe mit grösser Befriedigung zu betrachten. Jenes Mädchen, welcher der erste Tanz oder
Mateixa gehört, hat das Vorrecht, mit ihrem Tänzer allein zu tanzen, bei den anderen Mateixas sieht
man aber öfters zwei, drei und zuweilen noch mehr Paare auf einmal tanzen.
Nach der zweiten oder dritten Mateixa, setzt man einen gleichen Preis, bald i 1/» Frcs., bald
I oder nur VJ Frcs. für die folgenden Tänze aus, den alle, die zu tanzen Lust haben, dem Obrer
entrichten müssen. Für die letzte Mateixa aber findet wieder eine Versteigerung statt, und für
diese und die erste w ird stets der höchste Preis bezahlt. Manchmal ist der Wunsch der jungen
Leute, bei diesem Ausgebote den Sieg davon zu tragen, so gross,' dass ein Tanz mit 50, 60, ja sogar
80 Frcs. bezahlt wird. Am meisten bei der Versteigerung betheiligen sich die jungen Bauern,
W- u tr™* i t P f GeBebten tanzen oder diese tanzen lassen wollen. Bisweilen thun dies; auch
reiche Herren, die nicht selten beabsichtigen, zu den Kosten des Festes beizutragen. Nach Beendigung
der Mateixa begiebt sich derjenige, dem sie zuerkannt wurde, zu einem der in dem
Kreise aufgestellten Tische, an welchem der Obrer und bisweilen auch der Pfarrer sitzt, , um
dem Obrer das Rohr zurückzustellen und den für den Tanz bestimmten Preis zu bezahlen! Gleichzeitig
nimmt er sich Confits und Bescuyts aus den auf dem Tische stehenden Schüsseln,, sowie ein#
Schale Liqueur aus den ebenfalls hier stehenden Flaschen, wofür er nichts zu entrichten hat. Bei
solchen Festen in den Ortschaften durchziehen, während man gleichzeitig am Platze tanzt, oder,
vorher, Mädchen und junge Männer, von einem Xaramiasspieler begleitet, die Ortschaft und bleiben
luer und da stehen, um eine Mateixa zu tanzen.
1 Bisw eilen werfen die Burschen nach den Füssen ihrer Geliebten Hände voll Confit, welches
diese beun Tanze zertreten; die Kinder machen sich diese Achtungsbezeugung zu Nutzen, indem sie
das Confect auflesen. Gewöhnlich tanzt man mit Castagnettenbegleitung, wenigstens ist der Mann
mit diesen Instrumenten versehen, ein Paar leiht sie häufig dem anderen. In selteneren Fällen
tanzt man auch ohne Castagnetten und ersetzt sie, indem man mit den Fingern schnalzt. Fast immer
sind die Tanzenden mit Schuhen bekleidet; die Frau trägt den Rebosillo oder Volant der Mann
seinen Hut.
Bei diesen Volksunterhaltungen kommen drei Tänze vor, nämlich der Fandango, die Jota und
der Copeo. Diese Tänze sind offenbar von dem spanischen Festlande in früherer Zeit herübergekommen,
auf Mallorca mussten sie sich jedoch dem ruhigeren Charakter seiner Bewohner anpassen,
daher sie m der Art und Lebhaftigkeit der Bewegungen von den gleichnamigen spanischen
tanzen derart abweichen, dass man sie nicht wieder erkennen würde, wenn nicht die Musik dieselbe
wäre. Die Musiker begleiten dabei ihre Instrumente mit castillanischen oder mallorquinischen
Liedern, die, w ie man sich denken kann, ■ ohne künstlerischen Werth sind. Bei dem Fandango
stellen sich der Mann und die Frau einander gegenüber, sie beginnen sehr langsam zu tanzen, w ie
wenn sie spazieren gingen, indem sie in kleinen Schritten nach rechts und links und zwar
stets in entgegengesetzter Richtung ausweichen und zwei etwas gekrümmte, aber parallele Linien
beschreiben; gleichzeitig werden die Arme nach oben und unten bewegt. Die Frau blickt nach
den Füssen des Tänzers mit einem bescheidenen, fast schüchternen Ausdruck, den sie selbst in den
belebtesten Augenblicken des Tanzes zu bewahren pflegt. Der Mann achtet auch auf die Fuss-
bewegungen der Frau, die er anscheinend nur wiederholt, aber mit grösserer Lebhaftigkeit; er
trägt jedoch den K op f hoch und der freudige Strahl, der über sein Antlitz gleitet, contrastirt auffallend
mit der Schüchternheit des Mädchens. Kaum haben die Musiker zu spielen und ihre Lieder zu
singen begonnen, so bewegt sich die Frau mit grösserer Schnelligkeit nach dem Takte der Musik,
indem sie stets mehrere Schritte von rechts nach links ausweicht und nach jeder Strophe eine Tour
macht. Am Ende des Liedes verbinden Beide mit den Schritten noch Sprünge. Sobald die erste
Strophe zu Ende ist, beginnt die zweite und dritte und diese drei Strophen bilden eine Mateixa.
Die Jota, die noch häufiger getanzt wird, weicht in Schritten und Bewegungen nicht
wesentlich von dem Fandango ab, der einzige Unterschied besteht in der Musik, die ein rascheres
Tempo einhält. Wenn sich unter den Jotatänzerinnen einige befinden, die in dem Rufe stehen,
sehr gewandt zu tanzen, so pflegt die Musik nach der ersten Strophe plötzlich einen lebhafteren
Ton anzuschlagen und alsbald ertheilen auch die Tänzer, w ie wenn sie elektrisirt worden wären,
ihren Bewegungen eine grössere Schnelligkeit und Hast, bis zum Ende der Strophe. Man nennt
diese Art des Tanzes den Copeo; er hat eine g ewisse Aehnlichkeit mit dem spanischen Bolero.
In Palma und in den grösseren Ortschaften finden moderne Tanzunterhallungen mit
Orchester oder in engeren Kreisen mit Begleitung eines Pianos ganz nach allgemeiner europäischer
Sitte statt.
Die auf Mallorca üblichen Volksspiele sind mehr oder weniger gymnastische Uebungen.
Die jungen Männer von 2 ^ 2 5 Jahren unterhalten sich mit dergleichen Spielen an Festtagen nach
dem Gottesdienste. Dies ist jedoch nur bei den Bauern der Fall, in Palma und in den Ortschaften
wurde diese Sitte längst in Folge Errichtung von Casinos, in denen andere Spiele beliebt sind, v er drängt.
Allgemein üblich ist der Polsetjär 6 torsa Mä, ein Kraftspiel mit den Ellenbogen, ähnlich
ist das Spiel A torsa Dit, wobei der Gegner nur mittelst zweier Finger, des Mittel- und Zeigefingers,
angreift. Gleichfalls als Kraftprobe dient das Spiel A tirä Barra, das sehr anstrengend ist;
die beiden Gegner suchen hierbei sitzend einen festen Holzstab zu sich hin zu ziehen. Bei
A juntar kämpfen zwei Burschen mitsammen, Jeder sucht den Gegner niederzuwerfen, doch dürfen
sich die Kämpfer nicht überlisten noch ein Bein stellen.
Sehr beliebte Sommerspiele sind A la Pilota, ein Ballspiel, das in den Ortschaften an den
hohen Seitenwänden der Kirchen geübt wird. A la Bolla ist die Bocce der Italiener, eine A rt
Kegelspiel, und A la Te ya ein Wurfspiel mit einem harten Stein (Teya). Soviel über die Spiele
der Männer. Die Buben, diese frohsinnigen, sonnverbrannten, privilegirten Nichtsthuer, die nur
der Süden kennt, haben aber selbstverständlich noch manche Art von Belustigungen ersonnen.
Unter ihren gymnastischen Uebungen ist der beliebteste der Bock, A la una l ’art, wobei
Einer vom Loos bestimmt den Bock macht, und die Anderen über ihn springen, bis sie selbst einen
Fehler machen und an dessen Stelle treten müssen.
Sehr beliebt ist A Raya, ein Kampfspiel mit zw ei Parteien Soldaten und zw e i Königen, das
mit Gefangennehmung des einen Schwarmes Soldaten endet. Es giebt Ball- und Kreiselspiele, Blindekuhspiel
und Spiele mit kleinen Kugeln. Die Mädchen haben ebenfalls ihre Spiele, auch das überall
beliebte Ringelspiel, wobei sie folgendes halbfranzösische Lied singen:
La bulangera td un pi Die Bäckerin hat ein Pi,
Sense la f:i la f:i bollir Ohne la fä lässt sie es kochen,
Sense llena ni carbö Ohne Holz und ohne Kohle,
T e l- le ril, le ril, le r<5. T e l- le ril, le r l le ro.
Ausser den bisher erwähnten Volksspielen werden in den Abendgesellschaften von jungen
Leuten vielerlei Pfänder- und Gesellschaftsspiele geübt. In den Casinos, Kaffeehäusern und
Schenken unterhält man sich mit Billardspiel, Schach, Domino, Würfel, Angriff und Lotterie,
Damenbrett, Trictrac und vorzugsweise mit Karten.
Das Kartenspiel ist bei Männer und Frauen aller Stände allgemein verbreitet und sehr beliebt.
Wie im Allgemeinen in Spanien sind die Tresillo und Marillaarten und das Solo auch in Palma
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