29. Juli 1522 belagerten die Comuneros das Schloss, wohin sich einige Edelleute geflüchtet hatten,
welches sie, da es wenige bewaffnete Männer enthielt und die Munition zu Ende ging, erstürmten
und plünderten. Im Jahre 177° wurde die äussere Umwallung niedergerissen. In neuerer Zeit
dient Bellver als Staatsgefängniss, in welchem 1808 D» Gaspar Melchor de Jovellanos gefangen
gehalten wurde. Derselbe hatte bereits ein Jahr in der Cartause von Valldemosa als Gefangener
zugebracht. In Bellver hat er viele seiner Werke geschrieben. Im Jahre 1824 starben mehrere liberale
Personen Palma’s in dem dunklen Gefängniss der Olla. Auch während der beiden Perioden der
Guerra civil sind viele carlistische Gefangene darin gefangen gehalten worden. Jetzt liegt dort
eine kleine Artillerie-Colonne, deren Commandant, der Gouverneur, mit seiner Familie eine Art
Ruheposten geniesst. Zum Besuche des Schldsses ist Erlaubniss von der Capitania general einzuholen.
Das ist w o h l auch der Grund, dass der Besuch ein so mangelhafter ist.
Bellver ist ein grösser, runder Bau von trefflichen Mards-Quadern. Das Gebäude hat oben
eine Plattform, besitzt einen mittleren, runden Hof und - ist von einem Wallgraben umgeben.
Gegen Norden zu ist es mit einem hohen, runden, sich 45 Fuss über der Plattform erhebenden
Thurm geschmückt, zu welchem von der Plattform aus eine steinerne, auf einem grossen Spitzbogen
ruhende Brücke führt. Nach den drei ändern Seiten hin hat das Schloss hufeisenförmige Thürme,
in welchen sich grosse Schilderhäuser befinden, und ausserdem noch kleine schiessschartenartige
Vorsprünge. Die hufeisenförmigen Thürme haben bis zum Niveau der Plattform gleichen Durchmesser
und Höhe; dann nehmen sie ab und bilden einen stumpfen Kegel, welcher auf vier an-
emanderstossenden, von der Mauer vorspringenden Säulen ruht, die sich in der breiten Böschung
verlieret!'. Diese ist so hoch w ie der Wallgraben, von dem sie verdeckt wird, und läuft um das
ganze Schloss und dessen Thürme, mit der Mauer des Schlosses einen Winkel von 450 bildend.
Der Wallgraben ist breit und sehr tief und folgt der Kreisform. Nur um die Thürme herum erweitert
er sich. Ausserhalb desselben läuft die breite Esplanade hin, ohne Neigung und mit nur
4 Fuss starken Brustwehren mit 25 Schiessscharten versehen. Ueber eine Zugbrücke gelangt man
durch:**» Thor in der Aussenmauer auf das Glacis des Schlosses. V on hier führt eine frühere
Zug-, jetzt feste Brücke mit Wurfluken oben und einer doppelten Thür über den Wallgraben zum
Thore und durch letzteres: in den runden Hof. Dieser Patio besteht aus zw ei Stockwerken, die
durch eine Bogenhalle von 21 viereckigen, kurzen Pfeilern gebildet werden. Im unteren Stockw
e rk e sind die Bogen breit und rund, im oberen spitzig und durch eine mittlere kleine Säule
wieder in zwei Spitzbogen getrennt. Der mittlere Raum zwischen den beiden Seitenbogen wird
von einem Dreipass durchbrochen.. In der Mitte des Hofes befindet sich eine gro sse 1 §!sterne. In
diesen Bogenhallen, zu deren oberer eine Treppe hinaufführt, sind die Eingänge zu den inneren
Gemächern des Schlosses. Diese einfachen und schmucklosen Räume sind in Folge der Dicke des
Gemäuers im Sommer kühl und luftig, im Winter dagegen schön warm. In einem dieser Säle mit
gothischer Wölbung ist in der Wand unter der kleinen, von D» Jacinto Matero gefertigten Medaillonbüste
Jovellanos eine Marmor-Inschrift mit vergoldeten Lettern eingemauert zum Andenken, dass
Jovellanos in diesem Gemache gefangen gehalten wurde. Im runden Bau sind noch andere gothische
Räume mit Bogen und sich einfach kreuzenden Rippen; von allen hat man die herrlichste Aussicht
über die Bahia oder die Sierra. Die Küche des Schlosses ist wegen des uralten Kamindachs be-
merkenswerth. Die Kapelle von S» Marcos de Bellver, dem Pfarrdistrikt von St» Cruz angehörig,
scheint derselben Epoche w ie das Schloss, also dem 13. bis 14. Jahrhundert, anzugehören. Sie
nimmt fünf Bogenräume .ein und unterscheidet sich von den ändern Räumlicheiten des Schlosses
nur dadurch, dass das durch altes, schönes Holzgitter getrennte, mit Azulejos überkleidete Presbyterium
um einen Fuss höher ist, als der übrige Fussboden. Das alte Altarbild ist verschwunden,
und an seiner Stelle befindet sich ein 171.8 gemaltes Bild des hl. Marcus, des Patrons des Schlosses.
Eine Treppe führt auf die Plattform. Mit Recht heisst das Gebäude Bellver, denn schön ist es
wirklich dort oben. Nach Süden zu sieht man das weite, offene Meer; zur Rechten die hügeligen
Lehnen der Burguesa und das Schloss Bendinat; im Osten die weite Ebene, auf der im Hintergründe
die tafelartigen Umrisse des Puig de Randa auftauchen; im Nordwesten die Sierra, klippenstarr und
ernst. Ueber die Brücke gelangt man durch ein schmales Thor in das Innere des Schlossthurmes,
die Torre del Homenage, in welchem eine Schneckentreppe hinaufführt. Das Innere des Thurmes
enthält vier Zimmer mit steinerner, konisch zugespitzter Wölbung. Zw e i derselben liegen unterhalb,
zwei oberhalb der Brücke. Die zw ei unteren wurden schon im Mittelalter als G e fängniss
benutzt. Ein im Fussboden dieser beiden Kerker befindliches Loch diente früher dazu,
Verurtheilte von einem Gefängniss ins andere herabzulassen. Aus dem unteren dieser Zimmer
gelangte man durch ein Thor, über welchem die Jahreszahl 1514 steht, mittelst einer Zugbrücke
über den Schlosswallgraben hinaus. Jetzt ist die Hebebrücke nicht mehr vorhanden. Ausser diesen
beiden Gefängnissen liegt noch ein drittes innerhalb einer Böschung, La Hoya, gewöhnlich aber
La Olla genannt, welches, feucht und dunkel, der schrecklichste Kerker ist. Er erhält nur Luft
und etwas Licht durch eine schmale Luke. A ls Eingang ist ein in der W ö lb u ng angebrachtes
Loch vorhanden, durch welches man den Unglücklichen die Nahrung reichte. Das Loch trug in
früherer Zeit eine verschliessbare eiserne Klappe, welche aber seit einigen Jahren verschwunden
ist. Seit dem Jahre 1824 w ird der Kerker auch nicht mehr benutzt. Die zw ei oberen Zimmer des
Thurmes haben Rundbogenfenster, und auf beiden Seiten derselben stehen steinerne Bänke. W e ithin
schweift der Blick auf die Hügel und auf Palma. Oben auf der Terrasse des Thurmes ist ein
Treppenaufgang nach einem unschönen Aufbau. Neben der mit einer Fahnenstange versehenen
Terrasse ist in neuerer Zeit ein Mauerpfeiler für die Landesvermessungen der Insel aufgerichtet
worden. In deir Mauer des Thurmes befinden sich Wurfluken, durch welche Steine herunterg
eworfen werden sollten, wenn der Feind in den Wallgraben eingedrungen war. Die Aussicht von
der Terrasse ist besser als die von der Plattform aus. Hier sieht man die Gebirge, dort die Bucht
von Palma, im Westen bis zum Castillo de Sn Carlos, im Osten bis zum Cap Blanc und weiterhin
die Insel Cabrera. Im Hintergründe der Bucht aber liegt Palma mit seinem Häusermeere, den
zahlreichen, hohen Thürmen und hinter der grünenden Huerta die Sierra als Abschluss des
ganzen Bildes. ».
Nicht w e it vom Schlosse steht ein Pulvermagazin. Die Umgebungen Beüvers sind reich an
Kiefernwald.
Hinter dem Hügel von Bellver erhebt sich auf einem Vorsprung, einem Ausläufer der Sierra
de la Burguesa, zwischen zwei Thälchen die Kirche der Bonanova.
Sie diente 1472 den Carmelitern als Lusthaus. Seit dieser Zeit soll das Kirchlein der Virgen
de la Bonanova bestehen, wohin Alle pilgerten, die durch eine frohe Nachricht Trost in ihren
Leiden fanden. Da das alte Kirchlein sehr klein w a r und schon zeitig baufällig wurde, so erbaute
man die jetzige Kirche, die am 23. Mai 1794 eingeweiht wurde. Im Jahre 1836 wurde sie zur
Suffragan-Kirche von Sta Cruz mit Taufbecken und Hochwürdigstem erhoben, zu w e lch er alle
Bewohner des Lugar von Genova und Umgebung eingepfarrt sind. Der Besuch der Andachtsstunden
und die Geldbeiträge für die Bonanova haben nicht abgenommen, namentlich ziehen viele
Leute dahin, um dort Pancaritats abzuhalten. Das Fest für den Dulce Nombre de Maria wird am
ersten Sonntag nach Mariä Geburt gefeiert. Die Kirche der Bonanova, zu der zehn Stufen hinaufführen,
hat eine Giebelfa5ade mit Glockenbogen oben, zw ei kleinere Pyramiden an den Seiten und
eine Vorhalle mit einem auf vier rustischen Säulen ruhenden Giebel. Das Innere zeigt ein Tonnengewölb
e mit Zwickelkappen und zw ei Kapellen auf jeder Seite. Hinter dem Hochaltar mit Madonna-
Standbild ist ein Gang mit Exvotos. Links von der Kirche liegt ein Terrat mit schöner Ansicht.
Am Ende des dahinterliegenden Thaies steht die Häusergruppe von Genova, ein Lugar, welches
sich in diesem Jahrhundert gebildet hat. Man übersieht von dort aus die ganze Bucht von Palma,
oberhalb Porto Pi und Sn Carlos, sowie auch die Illetas. Hier w äre ein hübscher Sommeraufenthalt,
wenn nur der Boden etwas fruchtbarer und nicht so dürr wäre. Das Kirchlein von Genova,
Sn Salvador, mit je fünf Seitenkapellen in Rundbogen, verdankt seine Entstehung grösstentheils
einem Laienbruder des Ordens des heiligen Augustin, sowie den milden Gaben der dortigen Insassen
und namentlich vieler Leute Palma’s.
Verfolgen w ir das Thal hinter Genova landeinwärts zu, so sehen w ir links auf den mit
Strandkiefern bewachsenen Hügeln das Haus von Son Bono und rechts das Possessionshaus von Son
Berga mit viereckigem Thurm und Aussicht auf die Vileta, auf die Taulera und die ferne Sierra.
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