Schifffahrt und Schiffbau.
Nachdem w ir nunmehr die verschiedenen Arten des Fischfangs betrachtet haben, wollen w ir
zur Schifffahrt übergehen. Die Hochseefahrer müssen ebenso w ie im übrigen Spanien
eine Sammlung von Karten aller Meere und Länder, von Plänen der wichtigsten Buchten, Häfen,
Rheden und Ankergründen aller Art der bekannten W e lt mit sich führen.
Nach den Ueberlieferungen
und Angaben der Chronisten
erreichte der Handel Mallorca’s
in den früheren Jahrhunderten
eine grosse Bedeutung.
Hierzu trug namentlich
die Lage Mallorca’s bei, das voi
der Entdeckung des Capweges
und Amerika’s als allgemeiner
Stapelplatz für den Handel mit
dem Orient, über Aegypten
hinaus bis zum fernen Asien,
damals von sehr grösser
Wichtigkeit war. Man zählte
zu jener Zeit in Palma bis
300 Schiffe mit Mastkörben,
welche Kaufleuten Palma’s 'angehörten.
Die Entdeckung
Amerika’s, die dem Handel neue
W e g e eröffnete, veränderte den
Zustand der Dinge zu Unguhsten
des mallorquinischen Handels.
Nichtsdestoweniger, erscheint
noch immerMallorca als äusserst
wichtig für die Schifffahrt.
Die Zahl der zum Seehandel
Coralera. in Hochsee- und in Küstenfahrt
verwandten Schiffe von Palma
und dessen Distrikt betrug 1871 228 mit 28836 Tonnen Gehalt, die der anderen Häfen an-
gehörigen Schiffe dagegen 347; ausserdem zählt man auf Mallorca noch 9 Dampfer, wovon 6 Rad-
und 3 Schraubendampfboote. Diese Dampfer gehören einer Dampfschifffahrtsgesellschaft und sind
an die Regierung für den Postdienst vermiethet. Ausser diesen giebt es noch zwei Schlepper,
wovon einer zur Reinigung des Hafens von Ibiza verwendet wird.
Von den einzelnen Schiffsarten sind diePolacras, Polacras goletas und Bergantines die unter den
Querseglern am meisten vertretenen Formen. A ls besondere Schiffssorten können w ir die mit lateinischen
Segeln versehenen, die Chebecs, Velacheros, Tartanas und Llauts (Laudes, Faluchos) erwähnen.
Was erstens die Chebecs (castillanisch Javeques) anbelangt, so ist diese bei den Mauren
so beliebte Schiffsform, welche einstens im Mittelmeer stark verbreitet war, jetzt aber allmählich
verschwindet, so dass sie au den christlichen Ufern des Mittelmeeres fast lediglich auf Mallorca zu
finden ist, von allen unstreitig die zierlichste. Die drei mächtigen Masten, von denen der vordere
Chebec.
stark gegen den Bug geneigt ist, die hohen, spitzigen lateinischen Segel, die stark hinausragende
Poupe geben dem Schiffe etwas Mittelalterliches und erinnern lebhaft an die Galeeren. Die grosse
Raschheit, mit welcher sie Fahrten zurücklegen, liess sie für den Handel mit Marseille, namentlich
als der Orangenhandel von Soller noch in Blüthe stand, als besonders geeignet erscheinen. Die
Chebecs sind für lange Touren und bei schlechtem Wetter, sowie durch die benöthigte grosse
Anzahl von Leuten, die nur mühsam der grossen lateinischen Segel Herr werden können und deshalb
stets eine giosse Gefahr für die Bemannung bilden, nicht zu gebrauchen, und man hat deshalb
von ihrer Benutzung im Allgemeinen Abstand genommen, dahingegen sind sie bei kurzen und raschen
Ueberfahrten am Platze.
Die Velacheros sind eine Modernisirung der Chebecs, w o am vorderen Maste Raaen mit
Quersegeln und am Hauptmast ein Gaffelsegel angebracht sind, während das lateinische Segel nur