Jagd und Fischfang.
Die Jagd gewährt auf Ibiza geringe Ausbeute; sie beschränkt sich fast ausschliesslich auf
Kaninchen, einige Hasen, Steinhühner und kleinere Vögel. Die Kaninchen, welche auf den
Hügeln sehr zahlreich sind, fängt man auf vielerlei Art: entweder lässt man sie von' Wieseln
in ihren Löchern fangen, was jedoch verboten ist, w e il dadurch das W ild allzusehr vernichtet wird,
oder man erlegt sie einfach mit dem Gewehre, oder man erwartet sie in der Nacht auf dem An^
Stande und lässt sie sich durch Hunde zutreiben, oder endlich man jagt sie mit Hunden allein,
Aehnlich verhält es sich auch mit der Hasenjagd. Die dazu verwendeten Hunde gehören einer
Windspielrace an, die meines Wissens den Balearen eigenthümlich ist. Sie sind von mittlerer
Grösse, haben lange, ganz aufrechtstehende Ohren und einen grossen, gegen das Ende leicht eingerollten.
Schwanz, dessen Haare häufig etwas länger sind, als die auf dem übrigen Körper. Ihre Farbe ist
entweder weiss und gelblich gefleckt, oder ganz gelblich. Sie stehen wegen ihrer Gewandtheit
und Geschicklichkeit im Fange der Kaninchen und Hasen in grossem Rufe.
Die Steinhühner werden entweder geschossen oder mit Netzen gefangen. Diese Netze
sind von einem hölzernen Rahmen eingefasst, der durch ein Stäbchen in schiefer Stellung aufgerichtet
erhalten wird; kaum sind die Steinhühner unter das Netz gelaufen, um das dort gestreute Futter
zu fressen, so w ird mittelst einer Schnur das Stützstäbchen weggezogen, und die V ö g e l bleiben
gefangen. Auch der kleineren sperlingsartigen V ö g e l bemächtigt man sich auf diese Weise.
Man verfährt also ganz ähnlich, w ie unsere Bauern im Winter beim Fange von Ammern, Sperlingen
und Lerchen.
Einen Gegenstand der höheren Jagd, so zu sagen das Ibizaner Hochwild, machen die Robben
aus; da sie aber doch nicht sehr häufig sind, kann nicht w o h l von einer regelmäfsigen Jagd die
Rede sein. Manchmal wird auf Seehunde nur des Vergnügens wegen gejagt; die Bauern und
Fischer stellen ihnen aber wegen ihres Felles und Thranes nach. Aus den Fellen werden Tabaksbeutel
verfertigt; auch verwendet man sie sonst noch für andere Zwecke.
W ie bereits erwähnt wurde, bilden die Fischer eine von dem Ibizaner Landvolk in ihrem
Typus, ihrer Kleidung und ihren Sitten ganz verschiedene Kaste. Wenn ein Bauer bei dem
Fischervolke eingetreten ist, dann schaut er stets mit fast verächtlichen Blicken auf seine früheren
Standesgenossen, die er jetzt als halbe Barbaren betrachtet, herab. Ueberhaupt machen sich die
Fischer gern über die Bauern lustig, und die Boote der letzteren sind immer, wenn sie Fischern
begegnen, ein Gegenstand des Spottes und lang anhaltenden Gelächters. Einmal zeigte mir ein
Fischer eine jener kleinen Harpunenstangen, die sie beim Landen ihrer Boote benutzen, und bemerkte
mit höhnischem Lächeln: „Das ist für die Bauern; vo r den Bauern zur See,“ fügte er weiter
hinzu, „habe ich keine Furcht, ich werfe sie alle mit einem Stosse in’s Meer; aber zu Landei sie
sind schlechter als die Mauren.“ In der That sind auch die Ibizaner Fischer milderen Charakters
als die Bauern, ja sie zeichnen sich durch wirkliche Herzlichkeit aus. Schon nach kurzer Zeit
hatten die Fischer, deren Boot ich für meine Fahrten benützte, eine unglaubliche Anhänglichkeit
für mich gewonnen. Ihr Hauptbestreben w ar , meine Wünsche erfüllt zu sehen, und die älteren
von ihnen trugen selbst bis in’s Kleinlichste eine wahrhaft rührende Sorge für mein Wohlsein.
Die Fischer sind fast allein auf die Stadt beschränkt; sie gehören einem kräftigen, im A l l gemeinen
höheren Menschenschläge an als die Bauern, und zeigen einen echt spanischen Typus.
Sie haben grosse dunkle Augen und lange dieselben beschattende Wimpern, welche dem Feuer
ihrer Blicke einen gewissen melancholischen Ausdruck verleihen. Die Fischer tragen gewöhnlich
keinen Bart, höchstens einen ganz kurzen Backenbart, und dies sind in der Regel solche, die früher
als Matrosen dienten. Das Rasiren kommt bei ihnen jedoch nur selten zur Anwendung, und sie
bleiben bisweilen einen ganzen Monat mit ungeschorenem Barte, wodurch ihre ohnehin schon
dunklen Gesichter nur noch-schwärzer erscheinen.
Die Kleidung der Ibizaner Fischer ist die gewöhnliche der Seeleute des Mittelmeeres. Zumeist
tragen sie eine leichte blaue Blouse, ähnlich w ie unsere Fuhrleute. Wenn es windig wird,
setzen sie eine schottische Kappe auf; dagegen tragen sie bei brennendem Sonnenschein im Sommer
einen aus Palmenblättern verfertigten Hut, um nicht den Sonnenstich zu bekommen, .vo r dem sie
sich sehr fürchten. Im Winter, sowie in kühleren Sommernächten, ziehen sie einen kastanienbraunen
Ueberrock mit spitzer Kapuze an, der ganz ähnlich dem ist, welchen die Ibizaner Bauern zu tragen
pflegen. Diese Ueberröcke sollen hauptsächlich aus Griechenland eingeführt werden. Am Bord
ihrer Schiffe gehen die Leute barfuss; nur wenn sie in die Stadt gehen, und insbesondere an Sonntagen,
ziehen sie lbderne Schuhe an.
Die Ibizaner Fischerboote, w e lch e man Faluchos nennt, gleichen sehr den gewöhnlichen
Felucken des östlichen Mittelmeeres und auch den im Adriatischen Meer gebräuchlichen Paranzole.
Sie sind ziemlich gross und sow o h l an beiden Enden w ie an beiden Seiten mit einem Deck v er sehen;
nur der mittlere Theil ist offen und bildet ein längliches V iereck, das nach Belieben mit
einem Deckel geschlossen werden kann. Sie haben entweder einen oder zwei Mastbäume, welche
grosse,7'sehr spitze lateinische Segel tragen. Ausserdem w ird bei günstigem Winde noch ein kleines
Focksegel zwischen dem vorderen Mastbaume und dem nach oben verlängerten Vorderbuge ausgespannt.
A ls Ballast führen diese Boote grosse Steine, und je nach dem Winde w ird der schwere
vierspitzige Anker bald auf die eine, bald auf die andere Seite des Fahrzeuges gelegt.
Die Mannschaft dieser Boote besteht meistens aus zw ei oder drei Männern, die noch ein
oder zw e i ihrer Kinder mit sich führen. Schon im Alter von zw ei und drei Jahren werden die
Kinder auf die Fahrten mitgenommen, und so gewöhnen sie sich frühzeitig an das Element, das
ihnen später zur zweiten Heimath wird. Das Meer giebt auch diesen Kindern ihre ganze Erziehung;
in die Schule werden sie. nicht geschickt, w ie wenn der Vater glaubte, dass das Lehen auf dem
Meere und die tiefe Empfindung der Natur und ihrer Reize genügend sei. Vielleicht hat diese A n schauung
auch etwas Wahres für sich; w ie viele unserer Kenntnisse sind nichts Anderes als eitles
Wissen!
In der Regel fährt man mit den Faluchos lediglich mittels der Segel; man hat auch ein
paar lange Ruder an Bord, die jedoch nur zum Wenden des Bootes oder als Beihülfe für die
Segelkraft bei nachlassendem Winde benützt werden. Ist man aber genöthigt mit Rudern zu
fahren, w ie dies bisweilen beim Fischfänge erforderlich ist, dann bedarf ein einziges Boot bis 14
Ruderer. Die Zahl solcher Fischerboote ist auf Ibiza nicht sehr gross; man zählt deren gegenwärtig
im Ganzen 128, wobei aber auch diejenigen, welche einige Bauern und Fischer von Sn Antonio
und Formentera besitzen, mitgerechnet sind, da sie alle als zum Hafen von Ibiza gehörig registrirt
werden. Der Werth aller dieser Boote wird auf etwa 106940 Reales geschätzt, oder auf 100152
Reales für die Barken und 6788 Reales für die dazu gehörigen Netze und anderen Fischerwerkzeuge.
Die Ibizaner Fischer besuchen mit ihren Faluchos zumeist die Südküste von Ibiza und die
Nordküste von Formentera. Sie bringen fast den ganzen Tag auf dem Meere zu, wenn ihnen nicht
stürmisches W e tte r das Ausfahren verbietet. Da die meisten Fischer blos ein einziges Boot besitzen,
so müssen sie natürlich auch auf dem Lande, bleiben, wenn dasselbe einer Reparatur bedarf.
Kleinere Ausbesserungen nehmen sie immer selbst vor. In der R eg e l lassen sie nur einmal die
äusseren Bretter um das innere Gerüst erneuern, w elches gewöhnlich 30—40 Jahre und auch w o h l