Jagd und Fischerei.
Die Jagd ist in Folge der noch zahlreich vorhandenen Waldungen ziemlich ergiebig. Die Passion
der Mallorquiner für dieselbe ist so gross, dass man trotz der von der Regierung zur V er hinderung
getroffenen Maafsregeln doch mehrfach befürchten muss, dass die eine oder andere
Thiersorte auf der Insel vertilgt werde. Im Allgemeinen ist die Jagd frei, einige reiche Herren
besitzen gehegte Plätze, die von einem Heger (Garrique) gehütet werden. Solche Heger tragen
theils auf einer Messingplatte auf dem Hut, theils auf einem ledernen Gurt die Aufschrift: „Guarda
Bosque jurado de N.“ Dieser Gurt wird vom Besitzer um 60 Lliuras von der Regierung gekauft
und verleiht dem Heger den Vortheil, dass seine Aussage bei einer Anklage von den Richtern als
wahrheitsgetreu angesehen wird.
Die gewöhnlichen Jagdgeräthe sind die Flinten (Escopeta) und die Hetze. Dazu kommen
die Jagdhunde. Zuerst wollen w ir die Jagd auf V ö g e l und dann jene auf Säugethiere in Betracht
ziehen.
Im Winter und Herbst werden vielfach die Stelz- und Schwimmvögel in den Sümpfen der
Albufera geschossen und eine früher grosse, jetzt nur noch wenig ergiebige Jagd auf Gänse, Enten,
Wasserhühner und Becassinen abgehalten. Die Becassines (Cegays) werden vielfach auch im
Salobrar de Campos geschossen, die Becassen (Cegas) aber des Winters in schattigen, etwas
sumpfigen Gegenden.
Eine interessante Jagd ist jene auf Cormoranen (Corps marins), die aber nur des Vergnügens
halber betrieben wird, da das Fleisch dieser V ö g e l einen starken Fischgeruch hat. Einige dringen
nämlich in die Calas der Insel, dort verfolgt sie der Jäger mittelst eines leichten Segelbootes und
fährt ihnen voran, sobald sie untertauchen; wenn sie wieder herauf kommen, schiesst er auf sie
lo s; er muss jedoch gewandt sein, denn kaum gewahren sie die nahe Barke, so suchen sie abermals
im Tauchen Rettung. A u f ähnliche Weise werden auch die T a u c h e r (Virots) gejagt, die
eine beliebte Speise darbieten. Man fängt sie auch auf den Felsen am Ufer mit Angeln, die mittelst
eines Bindfadens an einem Stein befestigt werden. Der Bindfaden wird mit Erde bedeckt, und wie
die V ö g e l das Fischlein erblicken und es verschlucken, sind sie gefangen. Im Sommer jagt man
häufig auf w ilde Tauben (Coloms), die in den Höhlen der Küste hausen, w o auch zugleich die erreichbaren
Nester geholt werden. Zum Betreiben der Wildtaubenjagd fahren einige Jäger in erster
Frühe mit einer Llanxa, die zwei Matrosen rudern, zu den Höhlen, in denen sich die Tauben aufhalten.
Stösst man daselbst einen Schrei oder Pfiff aus, so fliegen einige Tauben w e g , eine wird
vom Jäger geschossen. Nach diesem Schüsse w ird die ganze Taubenschaar aufgescheucht und w ill
aus der Höhle herausfliegen, w orauf die Jäger alle ihre Schüsse entladen. Die getroffenen Tauben
fallen in das Meer, von w o sie mittelst eines Netzes aufgefischt werden. Augenblicklich werden
die Flinten wieder geladen, dann dringt man in der Höhle weiter vor und schiesst auf die noch
Zurückgebliebenen. Manchmal kann man junge Tauben in den Schlupfwinkeln der Höhle mit den
Händen fangen. Gewöhnlich schiesst ein geschickter Schütze 20— 25 Tauben. Man jagt die Tauben
auch des Nachts mit Netzen, indem man die Mündung der Höhle mit Canas de batuda (s. unten) zuschliesst,
die Tauben mit Lärm und Geschrei aufschreckt, und wenn sie durch die Mündung entwischen
wollen, sie mit dem aufgespannten Netze leicht fängt.
Die wichtigste Jagd der Insel bleibt die auf Rothhühner (Perdius); diese schönen V ö g e l
jagt man auf vielerlei Weise. Bei der einen Art verwendet man Schlingen aus Hanffäden und
Rosshaaren, die man im Walde zwischen Buschwerk spannt, w o rau f man mit der Lockpfeife,
welche die Stimme des Weibchens nachahmt, das Männchen herbeiruft, das sich in den Schlingen
fängt. Diese Jagd wird im Monat Mai ausgeübt.
Die zweite Art, auf Rothhühner zu jagen, geschieht mittelst eines Lockvogels. Man hängt
einen Käfig mit einem männlichen Rothhuhn an einem. Baume auf, unter dem man kleine Steinhaufen
errichtete. A u f den Ruf des Männchens kommen die Weibchen auf die Steinhaufen und
werden von den versteckten Jägern geschossen. Diese Jagd w ird mit Ausnahme der Monate August
und September das ganze Jahr hindurch getrieben.
Die dritte Art, a la Cameta (wörtlich übersetzt „zum kleinen Bein“ ), genannt, wird im
August auf junge Rothhühner angewendet; es genügt, dass man ihnen nachläuft, denn da sie jung
sind, ermüden sie bald und können mit den Händen gefasst werden.
Endlich jagt man die Rothhühner mit dem Gewehr, indem man sie mit Spürhunden- (Gä me)
Vogelpfeifen und Schlinge.
oder Cä predigue (eine niedere, nicht schöne Rasse) in den Schluchten und Höhlen, die sie bewohnen,
und namentlich in dem niederen Garriga-Gehölz verfolgt und in einer Entfernung von
20— 40 Schritten schiesst.
Nicht unwichtig ist die Jagd auf Wachteln (Gualldras). Im April und Mai, der Brütezeit
dieser V öge l, breiten die Jäger auf dem mit Getreide besäten Boden der Felder ein io m grosses
Netz aus und fangen den Botet zu pfeifen an. Dieses Instrument besteht aus einer spiralförmig gewundenen
Ledertasche, die als Blasebalg dient und endet in einem Rohr, das mit Wachs zugestopft
und von Löchern durchbohrt ist. Diese Lockpfeife ahmt den Ruf des Weibchens nach, die Männchen
nähern sich und verwickeln sich, wenn sie unter das Netz kommen, in dessen Maschen, so-
dass sie von den Jägern mit der Hand gefangen werden können. Andere dieser Netze sind mit
einer Schnur rund herum versehen; wenn man dieselbe zieht, so werden die Wachteln in einer
Art Tasche gefangen. Minder häufig ist der Fang mittelst der Tirassa und der Hunde. Im Monat
Juli suchen die Wachteln mit ihren Jungen bei der Hitze unter den Getreidebündeln der gemähten
Felder Schutz. Der Jäger sucht mit seinem Hunde die Bündel ab, und sobald dieser Wachteln
wittert, w ird ein 6 m grosses Netz, die sogenannte Tirassa, auf das Bündel geworfen und die
Wachteln, die davonlaufen wollen, verwickeln sich im Netz und werden mit der Hand gefangen.
Ausserdem jagt man die Wachteln auch mit G ew ehr und Hunden, und ein geschickter Jäger schiesst
'bisweilen drei Dutzend Wachteln auf einer Jagd.