Ackerbau und Viehzucht.
Wie schon erwähnt, treiben die Ibizaner Landleute fast ausschliesslich Ackerbau. Nur einzelne
Bauern, die in der Nähe der Küste wohnen, widmen einige Stunden des Tages dem Fisch-
fang und fahren mit ihren kleinen Faluchis in’s Meer hinaus; jedoch auch sie bilden daraus kein
eigentliches G ew e rb e , w ie dies bei den Fischern der Fall ist, welche die Marina von Ibiza bewohnen.
Die sich dem Ackerbau widmenden Ibizaner haben in der Rege l kein eignes Grundstück,
sondern bebauen den Boden für grössere, häufig Palmensische Gutsbesitzer, bisweilen aber auch
für bemittelte Bauern. In diesem Falle werden sie Assendatarios genannt, während alle Ackerbautreibenden
überhaupt unter dem gemeinsamen Namen Pajeses (Bauern) zusammengefasst werden.
Die Assendatarios erhalten von dem Grundstücke, welches sie bestellen, die Hälfte des Ertrages als
Lohn und haben überdies in dem auf dem Grundstücke gelegenen Hause freie Wohnung. Dafür
müssen sie das Grundstück bewirthschaften und es mit ihren eigenen Maulthieren pflügen. Einige
bebauen nebenbei noch ein kleines, ihnen gehöriges Grundstück, welches meist die Frucht der
langjährigen Ersparnisse ist, und an dem sie mit besonderer Liebe hängen.
Die Grundbesitzungen haben auf Ibiza zumeist nur eine geringe Ausdehnung; die grösste
derselben w ird auf sooDTornay (i Tomay ibizanisches Flächenmaals e twas mehr als 6 Ares) Flächenraum
angegeben. Ihr Werth ist ebenfalls kein sehr hoher; man veranschlagt nämlich jeden Tornay
auf trockenem Grunde w ie folgt: ohne Bäume auf 5— 20 Duros; mit Bäumen auf 12— 50 Dufos, je
nachdem die Sorte gering, mittelmäfsig oder gut ist. Die Grundstücke, die sich bewässern lassen,
haben entsprechend höheren Werth.
V ie le Strecken der Insel sind fast ganz unbebaut oder doch nur mit Gebüsch und spärlichem
Walde bewachsen. Das bebaute Land berechnet man auf 21330 Hektare; die sämmtlichen Waldungen
bedecken 13380, die unbebauten Felder 15307, die ganz ertraglosen 3237, und die Salinen
525 Hektare.
Obschon der Ackerbau die Hauptbeschäftigung der Ibizaner ausmacht, so sind sie darin doch
nicht weit vorgeschritten. Die la n d w i r th s c h a f t l ic h e n G e r ä th e sind noch von sehr primitiver
Art, und an Neuerungen denkt man gar nicht. Das Hauptwerkzeug zum Bestellen der Felder ist
der Pflug (Arado), den man mit zwei Maulthieren bespannt und mit dem man selbst die terrassirten
Lehnen der Hügel bearbeitet. Er ist einfach und hat nur einen Griff, welchen der Bauer in der
Hand hält, um den Pflug zu leiten. Die eiserne Pflugschar, die auf den Holzklotz des Pfluges gestülpt
wird, ist sehr spitzig, um besser in den steinigen Boden eindringen zu können. Die Pflugdeichsel
hängt vermittelst eines Nagels mit einer Art Joch zusammen, das wieder zu beiden Seiten
an dem schwerfälligen Kummet der Maulthiere befestigt ist.
Diese werden durch eine Strickhalfter geleitet und tragen kleine, aus Palmblättern oder
Spartgras verfertigte Maulkörbe, damit sie die Baumzweige nicht abfressen. Die ändern gebräuchlichen
Ackergeräthe sind eine breite Hacke, Azado, eine A r t Radehacke, der Azadon; zum A b schneiden
der Aehren bedient man sich einer kleinen gezähnten Sichel.
Der etwas magere Boden Ibiza’s müsste eigentlich stark gedüngt werden, was aber in den
seltensten Fällen geschieht. A ls Dünger benützt man die Excremente von Menschen und Thieren,
ferner Seetange aus dem Schlamm der Sümpfe und ein wenig Guano; und als Ersatz für geringe
Düngung lässt man den Ackergrund lange ruhen.
W as die Bestellung der Felder anbelangt, so werden die ebenen Grundstücke einfach umgeackert,
die dabei zu Tage geförderten Steine benützt man zur Aufführung kleiner Mauern um die
Grundstücke, indem man sie einfach ohne Mörtel auf einander legt. Sie dienen so den Feldern
gleichzeitig als Umzäunung; dagegen werden die Hügel, die doch den grössten Theil der Insel einnehmen,
in Terrassen abgetheilt, das heisst in flache Gürtel, die nach aussen zu durch eine kleine,
aus den ausgeackerten Steinen aufgeführte Böschungsmauer Vor dem Herabschwemmen des Erdreichs
und vo r sonstiger Zerstörung durch Regen geschützt werden.
W ie s.chon erwähnt, ist ein grösser Theil der bebauten Felder mit Bäumen bepflanzt; dies
; :ist ausnahmslos auf den Terrassen der Hügel der Fall. Wenden w ir daher nunmehr der Cultur
der verschiedenen Baumarten unser Augenmerk zu.
Der Boden Ibiza’s eignet sich ganz besonders für die Cultur des O e lb a um e s ; früher war
dieselbe eine viel ausgedehntere als heute, w o sie sich beinahe nur auf die Erhaltung und A u snützung
der vorhandenen, zum Theil uralten Bäume beschränkt. Neue Pflanzungen sind äusserst
selten. Die Oelbäume bleiben auf Ibiza sich selbst überlassen, ohne dass man sie jemals stutzt oder
p M 'g f ; da s if aber durchweg auf Acebuches, w ie die Ibizaner den Oliastro (wilden Oelbaum)
nennen, gepfropfte Pflanzen sind, so erreichen sie nie eine bedeutende Höhe; ihre Stämme dagegen
werden sehr dick und bilden bisweilen wahrhaft riesige Exemplare;, die jedo ch immer knorrig, ganz
. verkümmert und meist auch hohl sind. Ihr Laub ist auffallend dunkel, was von einem die Blätter
überziehenden Schimmel herrührt, den man auch in Italien unter dem Namen Ruggine kennt. Das
Vorkommen desselben ist wahrscheinlich der grossen Dürre zuzuschreiben, von der die Oelbäume
auf Ibiza v iel zu leiden haben. Deshalb schlägt auch' nicht selten die Oelernte ganz fehl. Eine
ergiebige Ernte erwartet man überhaupt nur alle drei Jahre. Sie liefert dann gegen 80000 castillanische
Anobas O e l (gleich 1005040 Liter, da eine Anoba 12,563 Liter fasst). Die Ernte findet Ende October,
unter Umständen auch im November statt.
Das Ibizaner Oel wird noch nach der alten arabischen W e is e zubereitet. Diese besteht
darin, dass man die Oliven, nachdem sie zerquetscht worden sind, in runde, flache Spartkörbe, Cabas
genannt, legt. Die auf einen grossen cylindrischen Stein übereinandergestellten Körbe werden
nun, nachdem sie mit siedendem Wasser begossen wurden, mittelst eines grossen Balkens, der
V ig a , heisst und durch sein eigenes G ewich t herunterfällt, zusammengedrückt. Das ausgepresste
O el flies,st: in Kanäle, die es dann in zu seiner Aufnahme bestimmte Behälter leiten. Hydraulische
Pressen oder andere Maschinen kommen zur Auspressung des Oels auf Ibiza nirgends zur Anwendung.
Wenn auch die Produktion des Oels keine sehr bedeutende ist, so ist dieses doch wegen seiner
vorzüglichen Beschaffenheit geschätzt, und gilt als das beste auf den Balearen. Sein gewöhnlicher
Preis beträgt 64— 68 Reales für das Mafs von 36 Libras (gleich 16,58 Liter); doch erreicht ein solches
Mafs mitunter den Preis von 100— 104 Reales.
Beliebter bei den Ibizaner Bauern ist die Cultur des F e ig e n b a um e s , der während des August
und eines grossen Theils des Septembers Früchte in Menge bringt. Die Feigenbäume lieben den
üppigen Boden, und in einem solchen entwickeln sie sich in üppigster Weise. Ihre w e it
ausgebreiteten, mit Früchten reich beladenen Aeste werden mit Stangen gestützt; daher erscheinen
von Weitem die grünenden Kronen der grossen Feigenbäume w ie ein von mehreren Stämmen getragenes
Buschwerk. V on den Feigenbäumen besitzen die Ibizaner mehrere Sorten, die sich in der
Qualität ihrer Früchte unterscheiden. Man kennt nämlich die Blancos (die weissen), welche im
fruchtbaren Boden der flachen Landstriche häufig riesige Früchte tragen und deren Schale vom
schönsten Zartgrün ist, das bei starker Reife in’s Goldfarbige übergeht. Sie sind unter den dortigen
Feigen entschieden die besten und in Folge dessen auch die gesuchtesten. Nach diesen kommen
die C o l de damas, deren Früchte innerlich ebenfalls weiss sind, deren Schale aber leicht in’s Violett
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