Insel steigen die grauen Oelbäume bis zu einer Höhe von 500 m mit ihren mattgrünen Kronen
empor. Pinus pinea und Johannisbrodbäume wechseln ab und w o der Boden weniger steinig ist,
schmiegen sich saftige Reben an die Hügel. Waldartige Anpflanzungen von Orangen und Citronen-
bäumen, auch Quitten, Nussbäume sowie verschiedene Fruchtbäume beleben überall das Landschaftsbild.
Steigt man die steilen Abhänge der Sierra so hoch hinauf, bis allmählich die Oelbäume
verschwinden und die Cultur auf hört, oder betritt man die wenig benutzten Lehnen, welche die
Seebrise bestreicht, so stösst man auf die mannigfaltigsten, in grösster Ueppigkeit aufgeschossenen
und um sich wuchernden Gewächse. Die Mastixsträucher (Pistacia lentiscus) bilden tiefgrüne
Dickichte; blühende Myrtenhaine würzen die balsamische Meeresluft, und mit ihrem tiefen Grün
vermischt sich, wenn auch seltener, das lichtere des Buxbaumes (Buxus balearica) und des Kirschlorbeers
(Laurus nobilis); zuweilen ragt eine Fächerpalme (Chamaerops humilis) empor, die man
noch in einer Höhe von 700 m antrifft.
A u f allen Bergen begegnet man der Ilex balearica, hie und da finden sich kleinere Eichenarten
und zu ihnen gesellen sich öfters mächtige Stämme von Juniperus oxycedrus oder vielfach
gewundene knorrige sehr alte Exemplare des Eibenbaumes (Taxus baccata).
Aber nicht blos an mächtigen Bäumen und Sträuehern sind die Lehnen der Sierra reich,
sondern sie bringen auch viele schön blühende oder durch zierliches Laubwerk auffallende niedrige
Gebüsche und Kräuter hervor. So sieht man beim Puig de Galatzö im Mai die Rosa rubiginosa
blühen, und im Monat August sind die Oleanderbüsche ganz mit zartrothen Blüthen überschüttet.
Die Ginster- und Bohnensträucher (Genista cinerea, Cytisus spinosüs und C. argenteus) bedecken
mit ihren zahllosen goldgelben Blüthen alle Hänge, und dazwischen erscheinen in wohlthuendem
Wechsel vereinzelte düster grüne Rhamnusgesträuche. A u f Mallorca sind von diesen zw ei
Arten heimisch, der Rhamnus alatemus und R. lycioides. Herrlich prangen auch die immergrünen
Gebüsche des Cneorum tricoccon, dessen Zweige sich häufig mit denen der hübschen Daphne
gnidium vermählen, die sich durch zierliche lanzettförmige Blätter auszeichnet. Zu diesen Pflanzen
gesellt sich weiter das Hypericum balearicum, das wegen seines lebhaften Blätterschmuckes zu den
niedlichsten Sträuchern der Balearen gehört. Aus der Gattung Hypericum finden sich, auf Mallorca
noch vier weitere Repräsentanten. Von weniger in die Augen fallenden Pflanzen erwähnen w ir
noch Helleborus, Delphinium, die Vicia gracilis, verschiedene Lathyrus-Arten und die gemeinen
Rosaceen, w elch e häufig auf den Hügeln Vorkommen. Interessant ist das Studium derjenigen
Pflanzen, welche in den höheren Regionen auf Felsblöcken wachsen und sich theils in deren
Spalten ansiedeln, theils ihre den Winden ausgesetzten Wände oder ihre sonnigen Firsten bekleiden.
Es sind dies die schönen, fast das ganze Jahr blühenden Viola-Arten, die sehr verbreitete Polygala
saxatilis, ferner die Althaea hirsuta, zwei Geranium- und Erodium-Arten, dann die an jeder Felsenkante
in dichten 3— 4 Fuss hohen Büschen prangende, im April mit herrlichen, goldgelben Blüthen
geschmückte Hippocrepis balearica, die Thapsia villosa, mehrere Rubiaceen, darunter fünf Solanum-
Arten und die bei Lluch häufige Globularia spinosa. Von korbblüthigen Pflanzen machen sich das
Taraxacum officinale, das fast das ganze Jahr Blüthen trägt, sowie drei Arten von Helichrysum
bemerklich, von denen das H. Lamarckii in einer Höhe von 3— 400 m angetroffen w ird , w o es
im Mai seine aus zahlreichen Blüthenkörbchen Zusammengesetze Afterdolde entwickelt. V on Personaten
heben w ir ihrer Häufigkeit wegen Anthirrhinum majus und Digitalis thapsi hervor, sodann
die schöne Primula grandiflora, welche bei den Maliorquinern den Namen Primavera blanca führt.
Auch Hyoscyamus major, die Capseta der Mallorquiner, und drei Verbascum-Arten sind sehr häufig
anzutreffen.
Au f dürren Rücken, wüsten Plätzen, unbebauten Feldern und abgetriebenen Waldflächen
trifft man besonders die Cistineen an, welche sowohl durch viele Arten w ie auch durch unzähliche
Individuen vertreten sind. V on der Gattung Cistus allein kommen vier Arten vor; die Gattung
Helianthemum ist durch 13 verschiedene Arten vertreten. Sehr verbreitet sind auch manche Leguminosen
und zahlreiche Medicago-Arten, von letzteren finden sich auch einzelne Arten in der
Ebene und am Meeresstrand. A u f Rubia tinctorum stösst man bei jedem Schritt und Tritt; sehr
gewöhnlich sind auch mehrere Hyoseris- und Cynoglossum-Arten. Ganz besonders herrscht aber
an dürren Hängen das grosse Heer der Labiaten vor, namentlich Rosmarinus officinalis, die Ajuga
iva, die Micromeria nervosa, sieben Teucrium-Arten, von denen manche, w ie T. asiaticum, auch auf
das höhere Gebirge hinaufsteigen,' sowie mehrere Satureja- und zwei Lavandula-Arten. Am
häufigsten ist Lavandula dentata var. balearica, die sich auch v o r allen ändern durch ihre zierliche
Tracht auszeichnet, dann der schöne weisse Sideritis canariensis und S. romana; endlich sind noch
das auch in der Ebene sehr verbreitete Origanum majoricum und vier Thymus-Arten- erwähnens-
werth. A u f dürren, nur mit spärlichem Grase bekleideten Triften finden sich ferner die Iris germanica
und florentina. Zahlreich vertreten sind auch die Orchideen. V on Gräsern endlich sind
Stipa tortilis, Briza maxima und Andropogon hirtum am meisten charakteristisch.
Wendet man sich von den sonnigen, steinigen Lehnen mehr nach einwärts zu den durch
andere Höhen beschatteten Hängen, so gelangt man zu undurchdringlichen, weite Strecken einnehmenden
Dickichten, durch w elch e kaum der Kohlenbrenner seinen W e g findet. Sie werden
theils von den früher erwähnten Straucharten, theils von solchen gebildet, die mehr Schatten und
Kühle lieben. Hier trifft man in Menge die Erdbeerbäume (Arbutus unedo), aus deren dunklem
immergrünen Laube, je nach ihrer Reife, tausende von scbarlächrothen und goldgelben Früchten
hervorleuchten. Ferner fallen die schönen lilafarbenen Blüthen mehrerer Heidekräuter (Erica
arborea und vagans) auf, welche den Hauptbestandtheil der Vegetation solcher Oertlichkeiten ausmachen.
Die überall emporwuchernden Mastixgebüsche lassen hie und da noch eine einsame
Prunus spinosa mit zuweilen ganz geraden Trieben aufkommen. In tiefgelegenen Oertlichkeiten,
welche von einigen lichten Stellen erhellt werden, und wo. Schatten und Feuchtigkeit die V eg e tation
begünstigen, überwuchern die Farnkräuter nicht selten weite Strecken in üppigster Fülle.
Demnächst sind die Aroideen besonders zahlreich vorhanden; auch Arisarum vulgare, die Frayle
der Mallorquiner, tritt in Menge auf. Von der Gattung Epilobium, die auf der Insel nur drei
Arten zählt, findet sieh hier Epilobium tetragonum, ferner sind gewöhnliehe Erscheinungen Asperula
laevigata und der Dipsacus sylvestris, drei Erythraea-Arten, sowie auch mehrere der überall v e r breiteten
Labiaten, namentlich sechs Arten der Gattung Mentha. In ausserordentlicher Menge tritt
Cyclamen vernum, untergeordneter Vitex agnus-castus auf. Misma plantago, welches die Mallor-
quincr Oreyo de Llebra nennen, ist überall in Menge vorhanden, und von Polygoneen beobachtet
man fünf Rumex-Arten. Aus der Abtheilung der Monokotyledonen machen sich besonders
Crocus minimus, Sternbergia lutea, von den Gräsern Poa trivialis und annua bemerklich, die vom
Meeresufer bis zu diesen höher gelegenen feuchten Lokalitäten aufsteigen.
In Schluchten und tiefen Bergriffen, die von Bächen oder wilden Gewässern durchflossen
werden, treten vorherrschend Bäume und Gesträuche auf, w elche einen frischen Boden erfordern.
Die Bäche führen zwar, wie w ir bereits wissen, im Sommer meist kein Wasser, doch bewahrt der
Boden in ihrer Umgebung so viel Feuchtigkeit, dass Weiden (Salix fragilis), die Vimanera der
Mallorquiner, sieh in dichten Buschwerken an ihren Ufern ausbreiten, und dass hier auch Pappeln
und in den höheren Thälern sogar bisweilen Platanen kräftig gedeihen. In diesen Auen, deren
leicht bewegliche Blätter einen schroffen Gegensatz zu dem ernsten Grün der benachbarten Wälder
bilden, siedeln sich noch eine Menge kleinerer Pflanzen an, welche die Nähe des Wassers lieben.
Aus Gesteinklüften, in denen das aus dunklen geheimnisvollen Höhlungen herabtröpfelnde Wasser
zusammensickert, sprosst der Venushaarfarn hervor, und die zierliche Disandra africana überzieht
die feuchten Felsen mit einem grünen Teppich. Klare Quellen und kleine Lachen werden von
Spartium junceum und Nasturtium officinale umsäumt, während an den Ufern schäumender Gebirgsbäche
die Scrophularia amnica, sowie Carex acuta und C. extensa, und im Wasser selbst die
Mentha aquatica üppig emporschiessen.
Begeben w ir uns aus den schattigen Waldregionen auf die höheren Spitzen der Sierra,
welche w ie einsame Inseln über den dunklen Waldmantel hinausragen, so finden w ir nur
wenige Pflanzen, welche dort oben gedeihen; doch sind dies keineswegs schon wirkliche
alpine Formen, sondern noch dieselben Gattungen, welche die Abhänge der Gebirge bewohnen, ja
sogar noch in den Niederungen Vorkommen. Der Mangel einer die mittleren Gebirgszonen abkühlenden
Schneeregion ist die Ursache der grossen Einförmigkeit der Flora in den verschiedenen
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