8 Ibiza.
Nachdem man eine Strecke W eg e s gegangen, muss man nach dem Meere zu abbiegen, indem
man den Friedhof von Ibiza rechter Hand liegen lässt. Dieser Gottesacker ist viereckig und
von weissen Mauern umgeben, w elch e im Innern nach spanischer Sitte mit einer grossen Anzahl
von Nischen versehen sind. In denselben werden aber nur die Leichen der Bemittelten beigesetzt,
die Armen erhalten nur ein Grab im kühlen Schooss der Erde. Reiche w ie Unbemittelte werden
in schwarz angestrichenen oder schwarz ausgefütterten Särgen bestattet. Gar schön ist die Aussicht
vom Friedhof auf Ibiza und die benachbarten von Mühlen gekrönten Hügel. Man möchte
glauben, er sei nur darum an dieser Stelle angelegt worden, um den Manen der hier Ruhenden
noch den Rückblick auf ihre reizende Stadt zu gewähren.
Eine kleine Strecke weiter ist der Boden etwas felsig und an mehreren Orten stark eingesenkt;
an Stelle der Oelbäume treten Feigen- und Mandelbaumpflanzungen.
Etwas abseits vom W e g e bemerkt man neben einem Bauernhause einen niederen Thurm,
w ie solche in Ibiza in grösser Menge Vorkommen. Sie waren in alter Zeit dazu bestimmt, dem
Landvolk bei plötzlichen Ueberfällen der Mauren als Zufluchtsstätte zu dienen.
Nicht weit davon erhebt sich die festungsartige Kirche von S“ Jorge. Die Pfarrei mit
1427 Seelen zählt zu den grösseren der Insel. Die Kirche bildet ein längliches Viereck und hat eine
flache, mit dreieckigen Zinnen gekrönte Terrasse. Ueber ihren festen Mauern, die offenbar im
Nothfall zur Vertheidigung dienen sollten, erhebt sich der Glockengiebel, während sich vorn.eine
kleine Vorhalle befindet. Das Fest des heiligen Georg wird hier ganz besonders festlich gefeiert,
fast alle Bewohner der Umgegend betheiligen sich daran.
Die Gebirge der Salinas, w e lch e die Ebene der Salinen nach Süden und Osten begrenzen,
treten jetzt nahe hervor. Ihre höchste Kuppe erreicht etwa 150 m. Sie bilden gewissermafsen zw ei
Ketten, w o von die östliche mit der langen und schmalen Punta de las Portas, die westliche mit
dem Cabo Falcon endigt.
Am Fusse der westlichen Kette, nahe am Meere, steht die Torre del Cargador de Sal Roja,
ein runder, mit einigen Kanonen bewaffneter Thurm, der den Ort zu vertheidigen hat, an welchem
das Salz der Salinen auf die Schiffe verladen wird. Durch die mit Binsen bewachsene Ebene gelangt
man zu der einfachen Pfarrkirche der Salinendistrikte, S” Francisco de Paula, welcher nur
die geringe Zahl von 362 Seelen zugewiesen - sind. Die Kirche ist unansehnlich und ärmlich ausgestattet.
Ganz nahe bei Francisco de Paula fangen die Salinen an, die einen Flächenraum von sechs
engl. □ Meilen einnehmen. Es sind dies sumpfige Vertiefungen, deren glatter Boden an der Oberfläche
aus einem pechschwarzen festen Schlamm besteht, welcher sehr salzhaltig ist. Während
der Regenzeit sammelt sich viel Wasser in jenen Vertiefungen' an, welches sich mit dem in den
unteren Lehmschichten liegenden Salze sättigt. Infolge der glühenden Sonnenhitze verdunstet im
Sommer das Wasser allmählich, und bereits im Juni fängt sich auf der ebenen Oberfläche eine
Salzkruste zu bilden an, die, je stärker die Hitze wird, an Dicke zunimmt, und zwar dauert dies'
bis zum August fort. Die gesammte Sumpffläche ist durch niedere Dämme in dreizehn verschiedene
Felder abgetheilt, deren jedes einen besonderen Namen führt. Die Dämme bestehen aus doppelten,
von Bruchsteinen gebildeten Wänden, welche eine Art von W e g einschliessen und an mehreren
Stellen unterbrochen sind, theils um den Gewässern den Durchgang zu gestatten, theils um dort
Schaufelräder aufzustellen, mit denen man, wenn das Salz gesammelt wird, die Beete trocken legt.
Ausser diesen Dämmen giebt es noch verschiedene, theilweise gepflasterte Strassen, um die Herausbeförderung
des Salzes zu ermöglichen. Diese Salzbeete gehören im Allgemeinen zu den v o r züglichsten,
die es überhaupt giebt.
Mit der Leitung der Salinen ist ein königlicher Direktor betraut, der in Ibiza seinen Sitz
hat. Ausser den Beamten, w e lch e unter dem Salinendirektor stehen, giebt es noch einige Carabineros,
w elche den Wachdienst verrichten, um zu verhüten, dass Salz gestohlen wird. Ungeachtet
dessen und der hohen Strafen, die auf den Salzdiebstahl gesetzt sind, füllt jeder Bauer, der an den
Salinen vorbeikommt, die Paliasse seines Saumthieres mit Salz. Auch das in der Stadt Ibiza verbrauchte
Salz ist zumeist gestohlen.
Wenn die Zeit zur Einsammlung des Salzes kommt, haben die Vecinos, d. s. die Einwohner,
welche Maulthiere halten, die Verpflichtung, mit diesen bei den Salinen zu erscheinen, um das Salz
aus den Lagern zu befördern. Sie beginnen damit, dass sie die Salzkruste in Stücke brechen, dann
dieselben aus den Beeten herausnehmen und daraus Haufen bilden unter Aufsicht der Regierungsbeamten.
Ausserdem müssen sie das Salz nach dem Landungsplatz schaffen. A ls Entschädigung
für diese Pflichtarbeit giebt das Aerar jedem Vecino eine vereinbarte Zahlung, die er aber erst
erhält, wenn das Salz eingeschifft worden ist, und ausserdem jährlich zwei Fanegas Salz unentgeltlich
zu seinem eigenen Gebrauch.
Die Salinen von Ibiza liefern im Jahr gewöhnlich 10,165 Modines (1 Modin = 1380 kg) Salz,
und die Rente, die der Staat alljährlich bezieht, beträgt 4,531,502 Reales. Dieser Ertrag ist jedoch
kein fester, da nur immer so viel Salz gewonnen wird, als die Regierung bedarf. Das gewonnene
El Sulceron.
Salz ist von vorzüglicher Güte, rein und weiss, und selbst das Lagern im Freien thut der Reinheit
des Salzes keinen Eintrag.
So gross die Rente und so wichtig die ganze Industrie der Salinen ist, so tragen doch die
Sümpfe nicht wenig dazu bei, die Umgebung w e it und breit zu einer ungesunden zu machen.
Deshalb sind namentlich im Sommer und Herbst Wechselfieber, die jedoch nicht bösartiger Natur
sind, sehr häufig.
Der erste Estanque der Salinas, w e lch er Estanque Rojo genannt w ird , liegt nahe bei
Sn Francisco de Paula; er gehört zu den bedeutendsten. Von hier aus erstreckt sich nach Süden
ein sumpfiges Thal, welches von abgerundeten kahlen, felsigen Hügeln eingefasst ist; die zwei
Salinenfelder, die hier liegen, liefern gar keinen Ertrag. Hierauf folgt sogleich der Estanque
d’Empalle, der eine ziemlich reiche Ausbeute von Salz gewährt, dann kommt man zu dem Estanque
de Levante, an dessen jenseitigem Ufer man auf einer in’s Wasser hineinragenden Landspitze
El Curatel erblickt, das Haus, in welchem die Carabineros wohnen, w elch e die Salinen bewachen.
Am moorigen Ufer des Estanque El Cise steht die kleine Kirche Iglesia de la Revista, und weiter
gegen das Meer zu befinden sich ein paar weisse Häuser, la Revista de la Sal genannt, welche
dortigen Salzwächtern und Arbeitern zur Wohnung dienen. Am Ufer zeigen sich zahlreiche
ummauerte Wasserbehälter, in denen sich das Regenwasser sowie das von kleinen Quellen ab-
fliessende Wasser ansammelt, um später je nach Bedarf in die Salinenbeete abgelassen zu werden.
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