Obgleich eine Reihe von Au to ren ih re A u fm e rk sam k e it den E rsch e in u n g en d e r in tr a zellularen
Symbiose zugewandt haben u n d w ir schon die ausgezeichnete Zusammenfassung
von B ü c h n e r besitzen, bleibt doch noch vieles im Grunde u n k la r. Ich möchte d a ra u f hin-
weisen, daß d e r Ba ika lsee m it den reich entwickelten In fu so rien fo rm en - ^ besonders Bur-
sella spumosa und Amphileptus trachelioides, die seh r groß sind, langsam im Wasser h e r umschwimmen,
so verschiedene Lebensbedingungen a n verschiedenen Stellen des Sees und
zu verschiedenen Ja h re sz e iten a u f weisen, besonders in betreff d e r Be leuchtung d urch das
E is und im Sommer yrf ein ungemein g ü n stig e r O rt fü r Sta tio n ä rb eo b a ch tu n g en üb e r die
Biologie u n d Physiologie d e r Zoochlorellen enth a lten d en Organismen ist.
F e rn e r möchte ich noch einige Beme rkungen üb e r die sy stematische Ste llu n g von B.
spumosa machen. A. K a h l bezweifelt die Selbstän d ig k e it dieser A r t u n d is t geneigt, sie
m it Bursai'idiumSchewiakoffii L a u t e r b o r n a u f Grund d e r Äh n lich k e it beider A rten in
Bau, Bewegung, Empfindlichkeit gegen Deckglasdruck zu identifizieren; den Unterschied
a b e r im B a u des V e rd au u n g sa p p a ra te s h ä lt e r fü r frag lich , weil d e r Verfa sse r, d e r sie
beschrieben h a t, sie n ic h t u n te r dem Deckglas in vivo un te rsu ch en konnte*). Da es uns
gelungen ist, das zu verw irk lich en , bestä tig en w ir, daß a u f Grund u n se re r Forschungen
h aup tsä ch lich an lebenden BitrseWa-Exemplaren, sodann ab e r auch a n P rä p a ra te n dieses
Infu so rium s, die von W. J . S c hm i d t gegebene Be schreibung dieser F orm, sowie auch ihre s
V e rd au u n g sa p p a ra te s vollkommen ric h tig ist, und somit auch Bur sella eine selbständige
Gattung. Burselia spumosa unte rsch e id e t sich von Bursaridium Schewiakoffii d u rch fü r
Ciliaten so entscheidende Merkmale wie den Bau des Schlundes und des W im p e rap p a ra ts:
bei Bur sella ist e r g a r n ich t differenziert, bei Bursaridium is t e r in die Adoralzone h in e n twickelt.
Dazu kommt d e r U nterschied im Bau des K e rn a p p a ra ts , der Differenzierungsgrad
des Endo- und E k toplasmas u n d endlich d e r bedeutende U nterschied in d e r Größe.
E s loh n t nich t, sich noch bei dem ganz u n stre itig en Unterschiede zwischen Burselia
spumosa, Bursaria truncatella und Trilacidium truncatum S e h e w. aufzuh a lten .
Obgleich w ir die Selbstän d ig k e it d e r G a ttu n g Bursella keineswegs bezweifeln, müssen
w ir uns doch m it S c h m i d t d a r in e in v e rstan d en e rk lä re n , daß die U n te rb rin g u n g dieser
Fo rm im System d e r Ciliaten n ic h t g e rin g e Schwierigkeiten bietet. A u f Grund des Fehlens
d e r ad o ra len S p ira le u n d d e r schwachen Differenzierung des Wimp e rman te ls zäh lt
S c h m i d t Bursella zu den A sp irig e ra trich o stoma ta , und d a e r u n te r den bestehenden
F am ilien keinen P la tz fü r Bursella findet, sch läg t er vor, fü r dieses In fu so r eine neue F a milie
G a stru lid a e aufzustellen. Dabei is t ab e r n ich t zu bestre iten , daß Bursella eine Reihe
ä h n lich e r Züge m it zwei oben e rw äh n ten A rte n von den S p iro tric h a h e te ro trich a aufweist,
und zwar m it Bursaridium Schewiakoffii u n d Bursaria truncatella: die ä u ß e rs t c h a ra k te r
istisch e S tru k tu r des großschaumigen Plasmas, den Besitz des sa ck a rtig en Zytostoms, die
F o rm des Schlundes, die feine gle ich a rtig e Bewimpe rung d e r Körperoberfläche, die a llgemeine
K ö rp e rfo rm u n d schließlich die Äh n lich k e it in d e r Ökologie a lle r dieser re in
p lanktisehen A rten . Im Vergleich m it anderen A rten au s d e r F am ilie B u rs a rin a ersche int
jedoch die O rganisation von Bursella v e re in fa ch t: das Ekto- und E n to p la sm a sind n ich t
differenziert, dem V e rd a u u n g s a p p a ra t feh lt jegliche sp e zialisierte W im p e ra p p a ra tu r. Es
e rsche int uns viel ric h tig e r, diese Verein fa ch u n g d e r Organisation bei Bursella, die diese
F o rm den Holotrichen n ä h e rt, in dieser Ordnung ab e r n u r den a lle rp rim itiv sten u n d dabei
*) Es scheint, daß a u ! Grund d e r k ritisch en Bemerkungen von K a h l in dem k u rz en Buch zu r Bestimmung von
In fu so rien von L e p s i (Die In fu so rien d e s Süßwassers u n d Meeres, 1926) in d e r R u b rik ü b e r Bursella s teh t: „zweifelhaft,
b ish e r n u r einm al g efu n d en e Gattung“ .
den monaxonen Fo rm en (aus d e r F am ilie Holophrya) eigen ist, als se k u n d ä re E rsch e in u n g
zu b e tra ch ten , die k au s a l m it zwei Zügen d e r Org an isa tio n von Bursella v e rk n ü p ft ist: m it
d e r seh r sta rk e n u n d g roßen Vakuo lisie ru n g des P la sm a s u n d m it d e r Anwesenheit von
Zoochlorellen im Plasma.
Wie b ereits oben erw äh n t, bild e t das kom p ak te P la sm a bei Bursella n u r die W a n dungen
d e r Waben, deren Höhle m it flüssigem In h a lt au sg e fü llt ist; der Durchmesser der
Waben jedoch is t seh r gro ß u n d e rre ic h t ca. 57 a im Querschnitt. E in e d e ra rtig e S tru k tu r
des P la sm a s bei Bursella, welche die Züge e in e s; ausgesprochenen Zusammenhangs m it der
plan k tiseh en Lebensweise aufweist, hemmt zugleich die gewöhnliche, k la re Differenzierung
von Ekto- u n d E n toplasma. F e rn e r k o nnte die Anwesenheit zahlre ich e r Zoochlorellen,
welche allem Anschein nach den H a u p tn ah ru n g sfo rd e ru n g e n von Bursella en tsp rich t, zu
e in e r V e re in fa ch u n g des W im p e ra p p a ra te s fü h ren , d e r dazu dient, einen in den Schlund
zu b e fö rde rnden W a s se rstrom zu erzeugen. W ir kennen u n te r den In fu so rien noch ex tre mere
Beispiele des Einflusses in tra z e llu lä re r Symbiose a u f die R eduktion des V e rd au u n g sa
p p a ra te s , wo auch die Mundöffnung verschwinde t, z. B. bei Mesodinium rubrum (Lo h -
m a n n ) und hei Amphileptus trachelioides ( Z a c h a r i a s ) . Wie diese beiden A rte n ih re
Stellung in der Gruppe Gymnostomata u n d T rich o stoma ta behalten u n d n ic h t in der
Gruppe Astom a ta unterg eb rn ch t werden, ebenso sc h e in t es uns ric h tig e r, die Ga ttu n g Bursella
in d e r Gruppe S p irig e ra h e te ro trich a zu lassen Und fü r diese G a ttu n g in d e r Fam ilie
B u rsa rin a eine neue S ub-Familie „v e re in fa ch te r B u r s a rin a “ — P ro to b u rs a rin a -H a u f -
zustellen.
Wenden w ir uns n u n d e r Ökologie dieses In fu sö rs im Ba ika lsee zu. Bursella spumosa
is t ein re in pelagisches In fu so r, welches im Ba ika lsee n ich t diffus v e rb re ite t ist, sonde rn
a u f bestimmte Regionen des Sees b e sch rä n k t vorkommt, fü r die es als höchst c h a ra k te ristisch
e F o rm e rsche int u n d in deren P lan k to n es dank-Seiner Massenentwicklung und
seinem g roßen Um fan g eine se h r wesentliche Rolle spielen kan n . Dem offenen B a ik a l ist
dieses In fu so r in d e r Regel n ic h t eigen. Bursella is t in Regionen m it v e rän d e rten , „nicht
baik a lisch en “ Bedingungen v e rb re ite t, wie z. B. im Nördlichen Seichtwasser, im Selenginsehen
Seichtwasser m it d e r Bucht Prowal, im Vormündungsgebiet des F lusses Ba r-
gusin, in den seichten, g u t d u rehw ä rm b a ren B uchten des westlichen Uferge ländes, wie
m. B. in d e r Bucht Bogutsehanskaja, Onogotschanskaja, Senogda.
F ü r das Stu d ium d e r h o rizontalen V e rte ilu n g von BuJrgeUa im Ba ika lsee u n d fü r die
K lä ru n g d e r Ursachen, die diese V e rte ilu n g bedingen, lie fe rn gute s M a te ria l einige h y d ro logische
u n d hydrobiologische Querschnitte d u rch den See, die 1928 von der E x p ed itio n an
verschiedenen Be zirken des Sees au sg e fü h rt wurden, z. B. d e r Sch n itt: B u c h t A ja ja -S
Bucht B o g u tsehanskaja (23. V II. 1928). F ü r diesen S ch n itt geben w ir ein au s fü h rlich e re s
Bild d e r h orizontalen u n d v e rtik a len V e rte ilu n g von Bursella spumosa, bei den ü brigen
Belegen wollen w ir n u r ku rz verweilen.
Die Bucht A ja ja lieg t an d e r östlichen K ü s te des nördlichen B a ik a l. Sie ste llt eine
tie f in das F e stlan d eindriiigende Bucht d a r, die üb e r 4 km lang, beim E in g a n g ziemlich
b re it is tH - 2,5— 3 km -H in der Mitte u n d noch m eh r gegen das E nd e sich jedoch bis au f
1 km v erschmälert. Ih re Tiefe e rre ic h t beim E in g a n g 67 m; d e r G rund ste ig t allmählich
gegen das E nd e der Bucht an, doch auch ganz am E nd e d e r Bucht w urde bei 100 m E n tfe
rn u n g vom Ufe r noch eine Tiefe von ca. 38 m verzeichnet. In diese B u ch t mündet, au ß e r
einem kleinen Be rgstrom, sonst k e in a n d e re r Zufluß. Die a u f dem gegenüberliegenden,
westlichen Ufer des nördlichen B a ik a l liegende Bucht B o g utsehanskaja weist bereits an-
Zoologica. Heft 83. jjj|{