Die festlan d n ah en In se ln a n d e r Ostküste A frik a s , wie Mafia, Zanzibar, Pemba, Witu ,
Manda usw., zeigen in d e r Zusammensetzung ih re r R e p tilien fau n a nich ts Bemerkenswertes,
indem ih re ko n tin en ta le H e rk u n ft ste ts au fs deutlichste zum Ausd ru ck kommt. Sehr
in te re ss an t ist dagegen wieder die T ie rw e lt d e r am E in g a n g zum Golf von Aden liegenden
In se l S o k o t r a u n d d e r ben a ch b a rten E ilan d e . Ind ig en e S äu g e r fehlen d o rt; au ch Amp
hibien g ib t es d o rt nich t, was zweifellos a u f den Süßwassermangel zu rü ck zu fü h ren ist.
W a s die K rie ch tie re betrifft, so sin d von S okotra 20Species b ekannt, von denen n ic h t wenig
e r a ls 15 endemisch sind; soga r d re i monotypische Gattu n g en — Pachycalamus, Para-
chalcides, Ditypophis — befinden sich d a ru n te r. S okotra is t das Reich derGeckonen: diese
Echsenfamilie is t d u rch 9 A rte n v e rtre te n ; die üb rig en F o rm en v e rte ilen sich a u f Am-
phisba eniden (1), L a c e rtid en (1), Scinciden (2) und Chamäleontiden (1); von 6 Schlangena
rte n is t n u r Echis coloratus (?) n ic h t indigen. Manche A rten machen einen re c h t a lte rtüm lichen
E in d ru ck , so z. B. Phyllodactylus riebeckii, eine Riesenform. W äh ren d A r l d t
(1919, S. 677) die Iso lie ru n g S okotra s ins P liozän verlegt, neige ich eher zu r Ansicht, daß
es sich h ie r um eine schon se it dem obersten Miozän abgesonderte In se l h an d e lt. Und zwar
scheinen die sokotranischen K rie c h tie re von Somali wie von S ü d a rab ien abzustammen;
faunistisch d ü rften ja diese beiden L än d e r selbst noch im jungen T e rtiä r k aum d iv e rg ie rt
haben. Die b enachba rte, fa s t noch ste iler als S okotra aus dem Meere emporragende Tafel
Abd-el-Kuri h a t eine ganz a rm e R e p tilien fau n a , die ausschließlich aus Geckos besteht:
B o u l e n g e r (1903, S. 94) n en n t von dort, a u ß e r dem a u f S okotra u n d dem Festlan d e
vorkommenden Pristurus rupestris, noch Hemidactylus oxyrhinus und H. forbesii, die
beide fü r dieses E ila n d endemisch sind. — Die In se ln des Roten Meeres sowie des P e rs ischen
Golfes sind jun g e B ildungen; ih re R ep tilien fau n a weist d ah e r, soweit sie b ek an n t
ist, keine bemerkenswerten Endemismen auf.
W ir sehen also, daß die K rie ch tie rfau n en a u f Inseln ü b e rra schend m an n ig fa ltig e B ild
e r zeigen. Von ganz a rte n a rm e n Reptilienfaunen, die oft n u r au s e inigen Eidechsen bestehen,
lassen sich alle Ü bergänge bis zu solchen beobachten, deren A rten re ic h tum den
F e stlän d e rn kaum n achsteht. Und ebenso lassen sich auch alle Übergänge v erfolgen von
in su la ren Herpetofaunen, die m it denen der ben a ch b a rten F e stlän d e r fa s t völlig ü b e re in stimmen,
bis zu solchen, deren Elemente so g u t wie g a r keine Beziehungen meh r zu dem
rezenten Fau n en b ild e der K o n tin en te a u f weisen. Vom biogeographischen S tan d p u n k te
sind n u n ab e r g e rade diese In se lfau n en besonders bedeutsam: denn eine Analyse ih re r
B e standteile e rg ib t oft, daß diese D isk o n tin u itä t n u r eine scheinbare ist, indem die In se lgeschöpfe
zwar keine Beziehungen meh r zu den K o n tin en ta lfau n en d e r Gegenwa rt haben,
wohl ab e r zu denen d e r Vergangenheit. Solche u ra lte n R e lik ten fau n en h aben w ir z. B.
a u f den K an a ren , K ap v e rd en u n d A n tillen im Atlantischen, a u f den Galapagos, a u f Neu-
kaledonien u n d Neuseeland im Stillen, a u f den Seychellen, Ma skarenen u n d Mad ag a sk a r
im Indischen Ozean kennen gelernt. Ih re Zusammensetzung, insbesondere ih r hoch e n twickelter
Endemismus is t n u r d u rch die Annahme eines u rsp rü n g lich en Vorkommens au f
diesen F e stlan d re s ten v e rstän d lich u n d k a n n niemals d u rch zufällige tra n sm a rin e Zuw
an d e ru n g e rk lä rt werden. N u r ju n g e Atolle, v o r allem in P olynesien und Mikronesien,
dan n ab e r auch im Indischen Ozean, a u f den Malediven, L ak k ad iv en u n d den Chagos-
Inseln, deren k ümmerliche H e rp e to fau n a ohne irgendwelche Endemismen im schroffsten
Gegensatz zu r R e lik ten tie rw e lt jen e r K o n tin en ta ltrüm m e r steh t, v e rd an k en ih re Bewohner
den p assiven Ausb re itu n g sm itte ln , u n te r denen — fü r die K rie c h tie re — d e r Mensch die
wichtigste Rolle spielt.
B. Allgemeine Kennzeichen inselbewohnender Reptilien.
I. Die Zusammensetzung der Insel-Populationen.
1. Anteil einzelner Ordnungen.
Schon den ä lte s te n Autoren, die sich m it in su la ren F au n en besch ä ftig t haben, is t a u f gefallen,
daß a u f In se ln die Zusammensetzung d e r T ie rw e lt seh r o ft eine ganz an d e re ist
als a u f dem Festlan d e . Verschiedene T ie rg ru p p en , die a u f den K o n tin en ten d u rch zahlreiche
A rte n v e rtre te n sind, werden a u f In se ln o ft n u r d u rch einige wenige re p rä se n tie rt;
und manchen E ilan d e n fehlen sie soga r völlig. So h a t schon z. B. B o r y d e St . V i n c e n t
im J a h r e 1803 festgestellt, d aß Amphibien a u f vielen In se ln s ta rk zurü ck tre ten . E in h a lbes
J a h rh u n d e r t sp ä te r machte D a r w i n e rn eu t a u f diese T atsache aufmerksam, wobei
e r die gleiche E rsch e in u n g au ch fü r nichtfliegende te rre s tris c h e S äu g e r nach weisen konnte.
W äh ren d n u n das F eh len bzw. Z u rü ck tre ten d e r Säuge tie re a u f vielen, namentlich
ä lte re n Inseln (z. B. Neukaledonien, Neuseeland, Hawai) sich zweifellos d u rch i h r B - im
Vergleich m it an d e ren T ie rg ru p p e n — geringes A lte r e rk lä rt, sind bei Amphibien, einem
a lte n W irb e ltie r stamm, in e rste r L in ie re in ökologische Ursachen fü r die gleiche E rsch e inun
g v e ran tw o rtlich zu machen, wie schon a u f S. 8 betont worden ist. Denn die Amphibien
sind in ih re r E xistenz in hohem Maße a u f das Süßwasser angewiesen, das a u f vielen,
selbst re in tropischen E ilan d e n n u r seh r sp ä rlich v o rh an d en ist, u n d stän d ig e W a sse ransammlungen
fehlen d o rt häufig soga r ganz; d ah e r zeichnen sich die Inseln im allgemeinen
d u rch eine re c h t kümmerliche S ü ßw asserfauna aus, w o rau f H e s s e (1924, S. 546) h in gewiesen
h a t. Schon a u f d e r Ostsee-Insel Ösel sind nach M i e r z e j e w s k i (1910, S. 348)
Amphibien se ltener als a u f dem F estlande . Die gleiche E rfa h ru n g habe ich auch a u f mehre
re n Nordsee-Inseln gemacht: eine Dün en lan d sch a ft m it den so sp ä rlich en Süßwasser-
tiimpeln bie te t n u r d e r xerop h ilen Bufo calamita geeignete A u fen th a ltso rte ; und n u r diese
A r t von Ampibien kommt a u f den Nordsee-Inseln m a ssenhaft vor. Mangel an Süßwasser
e rk lä r t wohl auch die Tatsache, warum g e rad e die Inselfrösche ih re la rv a le E n tw ick lu n g
abzukürzen bzw. sich vom Wasser u n ab h än g ig zu machen tra c h te n ; diesem Phänomen
begegnen w ir in den verschiedensten F roschfamilien: z. B. bei Ascaphiden (.Leiopelma au f
Neuseeland), P e lobatiden (Sooglossus a u f den Seychellen), Leptodactyliden (Eleutherodac-
tylus martinicensis a u f den Kleinen A ntillen, E. auriculatus a u f P o rto Rico, H a iti u n d
Cuba), Ran id en (Ceratobatrachus guentheri und Rana guppyi, bufoniformis a u f den So-
lomonen), B rev ic ip itid en (Hylophorbus- u n d v e rm u tlich auch einige Oreophryne-A rte n au f
den östlichen Inseln des Indo-au stra lisch en Archipels).
Am v ollständigen F eh len von Amphibien a u f ju n g en ozeanischen Inseln — wo diese
Geschöpfe a u f d e ra rtig e n E ilan d e n Vorkommen, sind sie in d e r Regel vom Menschen ein