So unte rsch e id e t z. B. D a h l (in We r n e r , 1900, S. 8) a u i den In se ln des Bismarck-Archipels
4 Biotope, die besonders re ich a n K rie ch tie re n sind: sp ä rlich bewachsener, sonniger
Boden, die Pflanzen dieses Biotops, niedriges Gesträuch u n d Bäume, W äh ren d es n u n in
d e r n ördlichen g em äßigten Zone a n a llen diesen Orten W irb e ltie re in g ro ß e r Z ahl g i b t__
in e rste r L in ie In sek ten fre sse r, wie Spitzmäuse, Lerchen, P iep e r, Bachstelzen, Drosseln
usw. fe h lt diese ökologische Gruppe au s dem Reiche d e r S äu g e r u n d V ö g e l im Bis-
marclc-Archipel vollstän d ig u n d wird d u rch R eptilien, besonders Eidechsen, ersetzt. „ Im
n iederen Gezweig sind bei uns Grasmücken, Z aunschlüpfer, Rotkehlchen usw. seh r zahlreich.
A u f den Bisma rck -In se ln sind kleine Vögel, die in. g e rin g e r Höhe üb e r dem Boden
leben, seh r sp ä rlich . An ih re Stelle tre ten eben wieder die Reptilien. A n Baumstämmen
sieh t man bei uns B a umläu fe r, Spechtmeisen, Spechte. A u f den Bisma rck -In se ln g ib t es
nich ts d e r A rt. Auch diese Vögel sind d u rch R e p tilien ersetzt. In dem feinen Gezweig
tummeln sich bei u n s zahlreiche Meisen, Laubvögel etc. A u f den B ismarck-Inseln werden
fa s t n u r die B lü ten und F rü c h te von Vögeln besucht, im ü b rig en v e rtre te n R e p tilien ih re
Stelle“ (Dahl , a .a .O .).
Das Massenvorkommen d e r K rie ch tie re a u f den verschiedensten In se ln d e r Weltmeere
is t eine seh r eindrucksvolle E rscheinung, die z ahlreichen Reisenden au fg e fa llen ist. Schon
den Be suchern k le in ste r E ilan d e des Mittelmeeres is t diese E rs ch e in u n g wohl v e rtra u t.
So habe ich z. B. n irg en d s so v ie l Eidechsen a u f einem k le in en Gebiete zusammengedrängt
gesehen, wie a u f d e r Inse l Linosa (zwischen T u n is u n d Sizilien): von einem einzigen Beoba
ch tu n g sp u n k t k o nnte m an gleichzeitig 30—40 L az e rten neben zahlre ich en Walzenschleichen
(Chalcides) in d e r Sonne liegen sehen. Und ganz ähnlich is t au ch d e r In d iv id u e n re
ich tum a u f vielen tropischen E ilan d en . D a h 1 (a. a. 0 .) b e rich te t z. B. d a rü b e r: „Auf den
Bismarck-Inseln w ird man . . . se lten h u n d e r t S c h ritt gehen können, ohne R p e tilien zu
sehen. A n re c h t gün stig en Orten k a n n m a n oft 10—20 S tück zu gleicher Zeit bemerken.
Selbst Ita lie n , das fü r den N o rd eu ro p ä e r als besonders rep tilien re ich g ilt, k a n n sich m it
jenem Gebiete au ch n ich t an n ä h e rn d messen. F a s t möchte m an glauben, in die rep tilien -
reiche J u r a z e it zurü ck v e rse tz t zu sein.“
Welchen Gruppen gehören n u n die K rie c h tie re an, die a n solchem Massenvorkommen
be te ilig t sind? S ch ildkröten u n d Schlangen tre te n ja , wie schon frü h e r von u n s festgestellt
worden ist, a u f In se ln zurück. Im m e rh in g ib t es eine Sehildk rö ten g ru p p e , die noch
in histo risch e r Zeit in u ngeheuer g roßen P o p u la tio n en einige In se ln besiedelt h a t: das
sind die bekannten, n u nm eh r nahezu ganz au sg e ro tte ten Riesenschildkröten d e r Galapa-
gos u n d an d e re r E ilan d e , von denen b e re its mehrfach die Rede wa r; ih r massenhaftes
A u ftre ten noch im 18. J a h rh u n d e r t hab en uns ja verschiedene Reisende e indrucksvoll geschilde
rt. U n te r den landbewohnenden Schlangen kommt es zu einer seh r sta rk en Vermehru
n g d e r In d iv id u e n a u f In se ln höchst selten, obwohl me rkwürdigerweise der Volksmund
von „Schlangeninseln“ in den verschiedensten Gebieten u n se re r E rd e zu berich ten weiß.
E s is t zwar bekannt, d aß a u f einigen E ilan d e n manche S ch lan g en a rten in d e r T a t ü b e raus
häufig sein können — so z. B. die G iftn a tte r Notechis scutatus a u f einigen sü d a u s tra lischen
Inseln, die O tte rn Trimeresurus gramineus u n d n amentlich cantori la u t S t o l i e z k a
(1870, S. 135) a u f den Nikobaren, fe rn e r Trimeresurus flavoviridis a u f e inigen Riukiu-
In se ln oder die ebenso bekannte wie b e rü ch tig te Lanzenschlange (Bothrops atrox) v o r der
E in fü h ru n g des Mungo a u f den Antillen -In se ln M a rtin iq u e und St. Lucia §§, ah e r dieses
massenhafte A u ftre te n re ic h t n ic h t an das der v o rh in e rwähnten Riesenschildkröten h eran.
F e rn e r weiß man, daß die W ü rfe ln a tte r (Natrix tessellata) die b ekannte Sehlangeninsel
im Schwarzen Meere in einem seh r indiv id u en re ieh en Bestände besiedelt. Am dichtesten
u n te r allen Inselschlangen is t ab e r vielleicht die P o p u la tio n von Bothrops insularis au f
d e r In se l Queimada Grande an d e r K ü s te des brasilian isch en S ta a te s Sao Paulo. Diese In sel
is t seh r kle in (1,5 km2); trotzdem muß d o rt dieses ä u ß e rs t g iftig e R e p til in ein e r u n g
eh eu ren In d iv id u en z ah l v o rh an d en sein, da das S ch lan g en in s titu t B ü ta n ta n von d o rt in n
e rh a lb k ü rz e ste r Zeit n ich t weniger als 463 E x em p la re e rh a lten hat.
N ich t die S childkröten oder die Schlangen gehören ab e r zu den C h a ra k te rtie re n der
Inseln, sonde rn die E i d e c h s e n ; von 20 Eidechsenfamilien, die g egenwä rtig u n te rsch ie den
werden, sind es ab e r doch k aum m eh r als Sj die fü r d ie 'In s e lfa u n e n so bezeichnende
F ormen enth a lten , d aß sie eine d e r wesentlichsten Komponenten des in su la ren F a u n e n bildes
rep rä sen tie ren : das Sind die F am ilien d e r H a ftz eh e r (Gekkonidae), d e r Leguane
(Iguanidae ), d e r Teju-Eidechsen (Tejidae), der Halsband-Eidechsen (Lacertidae) u n d der
Glattechsen (Scincidae).
U n te r den H a ftz eh e rn oder Geckonen, die nahezu a u f allen E ilan d e n der w ärmeren
Zonen au ftre ten , die fü r te rre s tris c h e K rie ch tie re ü b e rh a u p t bewohnbar sind, g ib t es viele
A r te n J iu s den verschiedensten G attungen (namentlich Gymnodactylus, Phyllodactylus,
Hemidactylus, Cosymbotus, Peropus, Lepidodactylus, Tarcidolo, Phelsuma, Sphaerodac-
tylus usw.), die zu seh r ch a rak te ristisch e n In se ltie ren gehören. Das massenhafte Vorkommen
des k leinen Lepidodactylus lugubris in Honolulu (Hawai) w ird z. B. von S n y d e r
(1917, S. 21) erw äh n t, d e r dieses Geschöpf geradezu als ein Herd en tie r bezeichnet, u n d
äh n lich lau ten an d e re B e rich te ü b e r diesen oder verwan d te H a ftz eh e r a u f Inseln. Üb e r die
k leinen Sphaerodactylus-Geckos Westindiens sa g t B a r b o u r (1921a, S. 220): „The Sphae-
ro d a c ty ls a r e p re em in en tly islan d geckos an d th ey p ro b ab ly occur upon n e a rly eve ry is lan
d in th e C a ribbean a re a . .. I n th e G re a te r Antilles an d th e Bahamas as well as in man y
of th e Lesser Antilles of which we can speak with a u th o rity , th ey f a irly sw a rm .“
Am bekanntesten is t das in su la re Massenvorkommen u n te r den Ig u an id en bei der
Meeresechse (Amblyrhynchus cristatus) a u f den Galapagos-Inseln. I n welchen gewaltigen
Mengen die Meeresechse in diesem Arch ip e l lebt oder vielleicht ric h tig e r gelebt h a t, beweist
die bek an n te P h o to g ra p h ie B e c k s (in R o t h s c h i l d & H a r t e r t 1902, S. 374).
Von den n eueren Be rich ten sei die Angabe S c h m i d t s (1930, S. 283) erw äh n t, der
a u f d e r westlichsten, n u r wenig besuchten Galapagos-Insel Narborough a u f ein e r n u r
20 X 30 F u ß g roßen F läche n ich t weniger als 7bAmblyrhynchus g ezählt h a t. Ab e r auch
k le in e re Ig u an id en (Tropidurus) sind in diesem Arch ip e l teilweise ü b e rau s häufig, und
manche E ilan d e müssen von diesen Geschöpfen d ire k t wimmeln, wäh ren d sie wieder au f
an d e ren —¿-so z. B. a u f Charles n a ch d e r Schilderung B a u r s (1892, S. 2 3 2 ( 3 m e rkw ü rdigerweise
re c h t selten sind. Zu sehr ch a rak te ristisch e n Inseleidechsen der A n tillen gehören
die rie sig en Leguane d e r Ga ttu n g Cyclura (vgl. B a r b o u r & N o b l e 1916), die in
vergangenen Zeiten ü b e rau s individuenre iche P opulationen ausgebildet haben. Heu te sind
es v o r allem die k le in e ren Fo rm en der G a ttu n g Anolis, die a u f den westindischen Inseln
in riesigen S ch a ren Vorkommen. Keine kon tin en ta le A r t dieser G a ttu n g t r it t z. B. in einer
so riesigen In d iv id u e n z ah l a u f wie Anolis sagrei a u f Cuba oder g a r Anolis ordinatus a u f
den Bahamas: „A t times these may be seen lite ra lly on eve ry fence post, tre e tru n k an d
h u t wall ( B a r b o u r 1930b, S. 108). Und üb e r die Echsen dieser Ga ttu n g a u f Jam a ic a
b e rich te t d e r gleiche A u to r: „Anoles in J am a ic a sw a rm as no lizard swarms anywh e re except
Lygosomas in P a p u a “ ( B a r b o u r 1923a, S. 128).