Zwei G attungen d e r T ejiden — die gewissermaßen die a ltweltlichen L aee rtid en in
d e r Neuen We lt v e rtre te n — en th a lten ebenfalls sehr bezeichnende Inselformen: Ameiva,
die ähnlich wie m ed ite rran e L azerten a u f kleinen Klip p en des Ka rib isch en Meeres (z.B.
Sombrero, Redonda) lebt, u n d Cnemidophorus, d e r namentlich die pazifischen Inseln No rd am
e rik a s besiedelt. Ü b e rau s häufig muß auch d e r schwarze Cnemidophorus lemniscatus
nigricolor a u f den venezolanischen Klip p en Los Roques -— tro tz d e r d o rt zahlreich v o rkommenden
W a n d e rra tte n — sein.
Die in su la ren C h a ra k te rtie re des Mittelmeeres gehören dagegen zu r F am ilie d e r La-
certiden, und zwar zu ih re r b ekanntesten G a ttu n g Lacerta. E s h an d e lt sich insbesondere
um die sog. Mauereidechsen: weniger um die eigentliche Mauereidechse (Lacerta muralis)
a ls um einige andere meh r oder minder nahe verwan d te Formen, die die moderne Syste m
a tik m it vollem Re cht als selbständige A rten bzw. Formen k re ise b e tra ch te t. A u ß e r Lacerta
muralis, die in besonders differenzierten Inselrassen haup tsä ch lich a u f einigen
ty rrh en isch en Inseln a u f tr itt, sind es folgende A rten : Lacerta filfolensis (Malta, Linosa,
Lampione), L. lilfordi (Balearen, P ity u sen ; von üb e r 40 Echsenrassen, die von diesen I n seln
beschrieben worden sind, wird wahrsche inlich ein Teil bei einer k ritisch en Revision
wieder eingezogen werden müssen), L. erhardii (Cycladen, Nördliche Sporaden), L. táurica
(Ionische Inseln; die nahe verwan d te Lacerta doderleinii a u f Sizilien), L. melisellen-
sis (adriatische In se ln m it Ausnahme d e r südlichen und an d e r italienischen Kü ste
gelegenen) u n d L. sicula (ty rrh en isch e u n d ad ria tisch e Inseln). Gegenüber diesen A rten
d e r Ga ttu n g Lacerta tre ten a u f m ed ite rran en Inseln alle an d e ren L a e e rtid en re c h t s ta rk
zurück; die G a ttu n g Lacerta is t überdies fü r die K a n a re n und Madeira seh r c h a ra k te r istisch.
Alle diese Echsen zeichnen sich nun a u f vielen E ilan d en durch ungeh eu re A n h äu fungen
von In d iv id u e n aus: d e r In d iv id u e n re ich tum von L azerten a u f der In se l Linosa
wurde schon erw äh n t; ähnliches wird auch von vielen Echsen der P ity u sen u n d B a le aren,
der ty rrh en isch en Inseln und d e r dalmatinischen Scoglien (hier von K ä m m e r e r besonders
bei d e r tie f schwarzen Lacerta melisellensis galvagnii a u f Kamik, L. m. lissana au f
T a jan , L. m. kammereri a u f Mali M a rjak , L. sicula cazzae a u f Potko p iste festgestellt)
berichtet. Au f den K an a risch en Inseln sind die d o rt endemischen L azerten ebenfalls ü b e raus
häufig.
Ähnlich wie die F am ilie der Haftz eh e r sind auch die Glattechsen oder Scinciden in
ihrem in su la ren Vorkommen nahezu kosmopolitisch. Doch tre ten sie a u f neotropischen
E ilan d e n re c h t s ta rk zurück und fehlen einigen wenigen Archipelen (so z. B. den Gala-
pagos) völlig. D a fü r en th ä lt g e rade diese Eide chsenfamilie die bezeichnendsten In se lechsen
des In do-austra lischen Archipels, n amentlich seines p apuanischen Teiles, sowie der
gewaltigen melanesischen, polynesischen und mikronesischen Inselmeere. Auch diese
Eidechsen bilden ungeheuer g roße Individu en an sammlu n g en aus, wie das von d e r ü b eraus
polymorphen Lygosoma-Gru p p e b ek an n t is t (namentlich von manchen Sphenomorphus-,
Leiolopisma- und Emoia-Formen); Emoia cyanura g eh ö rt z. B. au f vielen pazifischen In seln
zu den allergewöhnlichsten Eidechsen. Auch d e r kleine Ahlepharus boutonii bildet
au f manchen E ilan d en d e r gleichen Gebiete e rstau n lich reiche Pop u la tio n en aus. Um ein
Beispiel au s ein e r ganz anderen Region fü r die gleiche Eide chsenfamilie zu nennen, sei
erwähnt, daß Egernia stokesii a u f den westaustralischen Abrolhos-Inseln au ß e ro rd en tlich
häufig ist; nach dem Be rich te A l e x a n d e r s (1921, S. 461) kan n man o ft u n te r einem
einzigen Stein 4—5 E x em p la re finden. Das einzige K rie c h tie r der Be rmudas, Eumeces
longirostris, bezeichnet dagegen V e r r i l l (1903 b, S. 697) im allgemeinen als re c h t selten;
n u r a u f d e r Castle-Insel ist das T ie r sehr häufig, vielleicht n u r deswegen, weil es do rt
keine R a tten gibt, die nach allen übrigen E ilan d e n dieses Archipels eingeschleppt worden
sind.
Auch das Aufsuchen gemeinsamer E i a b l a g e p l ä t z e —* eine E rscheinung, die bek
an n tlich u n te r den Inselvögeln weit v e rb re ite t is t — h a t man bei Inselechsen beobachtet.
Man k en n t diese Gewohnheit n amentlich von den H a ftzehern, so vom kleinen Lepidodac-
tylus lugubris a u f den Ma rshall-Inse ln. Massenansammlungen von E ie rn sind fe rn e r bei
der weitv e rb re ite ten Glattechse Ablepharus boutonii von Mc G r e g o r (1904, S. 117) au f
d e r Sandwich-Insel Maui fe stgestellt worden. Über das gemeinsame Ablegen d e r E ie r von
zwei verschiedenen E ide ch sen a rten (Lepidodactylus lugubris und Hemidactylus garnotii)
ebenfalls a u f den Sandwich-Inseln h a t S n y d e r (1917, S. 22) berichtet.
Das h ie r Gesagte üb e r den in su la re n In d iv id u e n re ich tum der Rep tilien g ilt n u n auch
fü r die Herp e to fau n en der In se ln in Binnenseen. Ü beraus ind iv id u en re ich e P opulationen
sind z. B. von Phrynocephalus helioscopus a u f den In se ln des Aral-Sees bekannt, u n d ganz
ähnliche E rfa h ru n g e n m ußte ich im J a h r 1914 an Lacerta muralis a u f einigen Inseln der
oberitalienischen Seen machen.
II. Morphologische Besonderheiten der Insel-Reptilien.
1. Größe.
Nachdem w ir die H e rk u n ft u n d die Zusammensetzung d e r in su la ren Herpe to fau n en
kennen g e le rn t haben, en ts te h t die F ra g e : kommen den In se lk rie ch tie re n irgendwelche
gemeinsame Merkmale zu, die von denen ih re r festländischen V e rwandten g rundsätzlich
verschieden wären? Au f diese F ra g e muß eine v erneinende A n tw o rt gegeben werden: bei
In se lrep tilie n tre te n keine Merkmale au f, die n ich t auch vom Festlan d e b ek an n t wären.
Und dennoch k a n n m an m it einem gewissen Re cht von Inselme rkma len bei dieser T ie rgru
p p e sprechen: bestimmte Kennzeichen k ehren nämlich bei inselbewohnenden R e p tilien,
u n d zwar bei ganz verschiedenen Gruppen, in einer erstau n lich en Regelmäßigke it,
ja Häufigkeit wieder, während sie a u f dem F e stlan d e meh r vereinzelt zu beobachten sind.
Diese Merkmale können sich n u n zunächst a u f den K ö rp e rb a u beziehen, also re in mo rphologischer
N a tu r sein; sie können ab e r auch im ökologischen V e rh a lten der In s e lre p tilien
zum A usdruck kommen. U n te r den morphologischen Besonderheiten, die uns h ie r
zunächst beschäftigen sollen, k a n n man zwei Gruppen — die eidonomischen u n d die a n a tomischen
gj|- u nterscheiden; e rste re beziehen sich a u f die K ö rp e rfo rm und ih re Bedeckung
(Größe, Hab itu s, Beschuppung, F ä rb u n g ), letztere a u f den in n e ren Bau. W äh ren d üb e r
die eidonomischen Inselmerkmale schon einiges b ek an n t ist, h a t m an die anatomischen
bishe r noch kaum beachtet; diese können d ah e r h ie r n u r ku rz behandelt werden. — Im
folger iden werden w ir also die In se la rte n oder -Unterarten (Rassen) in d e r H au p tsa ch e m it
ih ren nächsten Festlan d sv e rw an d ten zu vergleichen haben; die Begriffe „gro ß “ und
„kle in “ , „p lum p “ und „sch lan k “ , „d u n k e l“ u n d „hell“ fü r die einzelnen Inselmerkmale
sind d ah e r fa s t immer im re la tiv en Sinne zu verstehen. In manchen F ä llen wird a lle rdings
auch ein Vergleich zwischen den n ich t oder n u r wenig modifizierten Bewohnern
g rö ß e re r Inseln m it solchen k le in ste r E ilan d e gezogen werden müssen, obwohl ja zwischen
„großen“ und „kleinen“ E ilan d e n auch biogeographisch kein sc h a rfe r Unterschied g e m
acht werden kann.