H au p tsa ch e In sek ten fre sse r ist, ab e r nach meinen Beobachtungen anch F rü c h te n ich t ganz
v erschmäht). Namentlich is t Ablepharus boutonii au s dieser g roßen E ide chsenfamilie zu
nennen; au ch bei seinen melanistischen Kassen habe ich niemals pflanzliche, sonde rn ste ts
n u r tie ris ch e Be ste (kleinste Geradflügler, Termiten, Fliegen, Schmetterlinge , Spinnen) im
D a rm tra c tu s nachweisen k ö n n e ^ H S ijn Befund, d e r m it d e r E i S e n t r a u t s c h e n Hy p o these
n ic h t in E in k lan g zn b rin g en ist. Gegen eine generelle E rk lä ru n g der E n ts teh u n g
des Melanismus d u rch eine vegeta risch e E rn ä h ru n g sp ric h t fe rn e r das Vorkommen der
in su la ren Schwärzlinge auch in einer ganz an d e ren Rep tilien g rn p p e , näm lich hei den
Schlangen, die n a tü rlic h ausnahmslos Fleischfresser sind.
Aber au ch fü r die m ed ite rran en Inse ln ig rin o s d e r Ga ttu n g Laeerta alle in scheint m ir
d e r E i s e n t r a n t sehe E rk lä ru n g sv e rsu ch n ich t zuzutreffen. Schon die Annahme d e r au sschließlich
oder doch überwiegend vegetarischen Lebensweise d e r schwarzen Inselechsen
h a lte ich fü r keineswegs ausreichend begründet. Zu E i s e n t r a u t s A ngaben üb e r die
g rö ß e re D a rm län g e bei geschwärzten als bei n ic h t geschwärzten Eidechsen möchte ich vor
allem bemerken, daß ich a n der R ich tig k e it d e r D e te rm in a tio n der „g r ü n e n “ E ide chsen
von Menorka (mit d e r ge rin g en re la tiv e n D armlänge) a ls Laeerta lilfordì Zweifel habe; ich
kenne von Menorka-Lazerten, deren F a rb k le id m an als „g rü n “ bezeichnen könnte, n u r die
ty rrh en isch e Laeerta sicula cettii, also eine V e rtre te rin eines ganz a n d e r e n F o rm e n kreises,
d e r m it Laeerta lilfordi k aum n ä h e r v e rw an d t is t u n d deren D a rm län g e d ah e r
m it d e r d e r echten lilfordi n ic h t ohne weiteres verglichen werden k a n n .E - A u f den d almatinischen
E ilan d en , wo hei den Eidechsen die Tendenz znm Melanismus a u f gleichen U r sachen
be ru h en muß wie bei den d e r B a le a ren oder P ity u se n , h a t K ä m m e r e r (1926,
S. 259) nirg en d s Vegetarismus festgestellt; u n d daß auch a u f den kle in sten Seoglien W ir bellose,
die den Eidechsen a ls F n tte r dienen, keineswegs immer so sp ä rlich sind, wurde
schon f rü h e r v e rm e rk t (S. 132). A u f den E ilan d e n Porno, K am ik u n d Potko p iste h a t K a m -
m e r e r (a. a. 0 . S. 155) a lle rd in g s beobachtet, daß Eidechsen a u f Umbellife renstäuden
oder a u f Malva arborea k le tte rn ; es lieg t jedoch a u f d e r H and, daß sie d o rt nicht etwa
n u r B lü ten stau b fressen, sonde rn in e rste r L in ie a u f Insekten, die sich d o rt e rfa h ru n g sgemäß
in g rö ß e re r Zahl zusammenzufinden pflegen, J a g d machen. Nach K o c h s Schild
e ru n g (1928, S. 178) h aben üb rig en s auch a u f d e r B a le a ren in se l H o rad ad a die d o rt vor-
kommenden schwarzen Eidechsen (Laeerta lilfordi fahrae) die Gewohnheit, a u f Umbille-
fe re n zu k le tte rn , wo sie n ich t n u r beim F re ss en des Blütenstaubes, sonde rn au ch bei der J a g d
au f kleine Fliegen u n d S chmetterlinge beobachtet worden sind. Denn auch die Ba le aren-
n n d Pityusen-Eideehsen ste llen ja in d e r H au p tsa ch e Gliedertier- u n d Schneckenfresser
d a r , V eg e ta rian e r sind sie e rst in zweiter Linie. A u f Grund meiner Beobachtungen fü h ren
sie v o r allem in d e r Ju g e n d eine weitgehend inse ctivore Lebensweise; e rs t wenn sie h a lb wüchsig
sind, lä ß t sieh ein Übe rg an g zu r Omnivorie feststellen. Ab e r au ch im A lte r zeigen
sie ste ts eine g rö ß e re Vorliebe fü r tie risch e als fü r pflanzliche Stoffe. Bei ad u lten Stücken
extrem melanistiseher u n d n ic h t melanistischer Rassen von Laeerta lilfordi k o nnte ich in
de r Gefangenschaft n ic h t die gerin g ste Geschmacksverschiedenheit beobachten, indem etwa
die e rste ren eine g rö ß e re Vorliebe fü r pflanzliche N a h ru n g bekundet h ä tte n ; vielmehr w u rden
im m e r a lle rle i Insekten, besonders Orthopteren, g la tte R au p en u n d Spinnen, dem
pflanzlichen F u tte r vorgezogen.
Weshalb ich ab e r die E i s e n t r a u t sehe Hypothese auch fü r die m ed ite rran en In se lechsen
ablehnen muß, is t v o r allem die Tatsache, daß melanistische Inselechsen a u f nahezu
völlig v e g e ta tio n s lo s e n K lip p en sich ebenso g u t anszuhilden vermochten wie auch au f
seh r v e g e t a t io n s r e i c h e n In se ln m it so zahlreichen Insekten, Spinn en tie ren , Schnecken
usw., daß die Echsen d o rt au s N ah rungsmange l gewiß keine Pflanzen zu fressen gezwungen
Sind. Das kleine E ila n d P o b re bei Ma llorka soll beispielsweise na ch K o c h (1928, S. 178)
„ohne jeden Pflanzenwuchs“ sein. W en n auch a u f dieser In se l die Pflanzenwelt n a tü rlic h
n ich t ab so lu t fehlen dürfte., so k a n n sie doch na ch K o c h s Schilderung unmöglich als
H a u p tfu tte r fü r die d o rt m a ssen h a ft vorkommende, ex trem melanistische Laeerta lilfordi
fahrae in B e tra c h t kommen. Diesem öden E ila n d ste h t n u n S an A n d re a im A d ria tisch en
Meere gegenüber, das m it ein e r üp p ig en Macchienvegetation bedeckt ist, die die E n tfa ltu n g
eines re ich en Insekten- u n d Molluskenlebens g e sta tte t; au ch d o rt is t die Tendenz zum
Melanismus bei den Eide chsen au fs deutlichste nachweisbar, indem einzelne In d iv id u e n
de r d o rt lebenden Laeerta meiiseßensis-Population oben u n d u n ten ein schieferschwarzes
F a rb k le id ausgebildet haben. Auch die an E v e rte b ra te n reichen Galli -Inseln im Golfe von
Salerno, wo ich v o r J a h r e n Gelegenheit h a tte die halbmelanistische Laeerta sicula gallen-
sis in ih rem Fre ileb en kennen zu lernen, w ä ren in diesem Zusammenhänge anzuführen.
Da m an n u n au ch a u f dem F e stlan d e keineswegs die E rfa h ru n g macht, daß pflanzenfressende
Eidechsen d u n k le r g e fä rb t w ä re n als re in k a rn iv o re F ormen, h a lte ich den gewiß
an regenden Versuch E i s e n t r a u t s , das Zustandekommen schwarz er F a rb k le id e r bei in su la
re n Eidechsen d u rch ih re v egetarische E rn ä h ru n g zu e rk lä re n , fü r wenig aussichtsreich,
wenigstens so lan g e ke in e weiteren U n te rsuchungen üb e r diese F ra g e vorliegen; d aß in dessen
die E n ts teh u n g d e r Schwarz fä rb ü n g d u rch irgendwelche Störu n g en des Stoffwechsels
bei in su la re n F o rm e n begü n stig t werden k an n , soll -H w ie b ereits a u f S. 132 an g ed eu te t <—
n a tü rlic h d u rch au s n ic h t geleugnet werden. Vorläufig müssen w ir ab e r doch d a ra n fest-
halten, daß sowohl u n te r pflanzen- wie fleischfressenden K rie ch tie re n erbliche Schwärz-
lih g e allem Anschein nach sich au ch u n ab h än g ig von d e r Q u a litä t ih r e r N ah ru n g auszubilden
vermögen.
D a ra u s e rg ib t sich, daß eine d irek te E inw irk u n g d e r N a h ru n g a u f die E n ts teh u n g der
in su la re n Farbkleid-Variationen, speziell des Melanismus, bei R e p tilien vorläufig nich t
nachzuweisen ist. Verschiedene Versuche h aben a lle rd in g s gezeigt, daß eine V e rd ü ste ru n g
d e r F ä rb u n g d u rch die Q u a litä t d e r N a h ru n g (z. B. beim W isen t d urch F ü tte ru n g m it
Eichen- u n d We id en b lä tte rn , beim E ichhörnchen m it Fichtensamen, beim Gimpel m it H an f
usw.) h e rv o rg e ru fen werden kan n . Ganz zweifellos kommen ähnliche, im engsten Zusammenhänge
m it dem Stoffwechsel stehende V e rfä rb u n g en an ch hei inselbewohnenden K rie ch tie
ren vor. Ab e r es scheint sich h ie r in den w eitaus meisten F ä lle n n u r um Modifikationen,
um V e rän d e ru n g en des P h än o ty p u s, zu handeln; d e r Genötypus d ü rfte dagegen a u f diese
Weise n u r se lten beeinflußt werden.
5. Variationen der Insel-Reptilien und insulare Umwelt in ihrer Gesamtheit.
Im allgemeinen machen die In se l-K rie ch tie re du rch au s n ic h t den E in d ru c k „ k ra n k e r “
A rte n ( Zi m m er , 1928): d. h. sie scheinen zum weitaus g rö ß ten Teile u n te r den fü r sie ad äq
u a ten Bedingungen zu leben. F ü r manche Fo rm en d ü rfte n soga r die Lebensbedingungen
in ih re r Gesamtheit a u f In se ln g ü n stig e r sein als a u f dem Festlan d e : denn während sie au f
dem K o n tin en t zuweilen d u rch kleinwüchsige, sp ä rlich vorkommende In d iv id u e n v e rtre te n
sind, h aben sie g e rad e a u f klein e ren E ilan d e n individuenre iche, k rä ftig gebaute Bestände
ansgebildet. D ah e r is t man zu r Annahme b e rechtigt, daß fü r re c h t viele inselbewohnende
Rep tilien a u f den E ilan d e n ta tsä ch lich o p t i m a l e L e b e n s b e d i n g u n g e n h errschen.
Zoologica. Heft 84. ^8