ten sein, die von dem k o n tin en ta len E n tw ic klungszentrum stammen. Die In se l N ia s lieg t
z. B. n ä h e r zu diesem E n tw ic klungszentrum als Sumbawa: obwohl n u n Nias wesentlich
kle in e r is t als Sumbawa, so setzt sich die te rre s tris ch e H e rp e to fau n a (einschließlich der
Amphibien) a u f Nias doch aus 77 A rte n zusammen, a u f Sumbawa dagegen n u r au s 42 ; u n d
von den 42 sumbawanischen A rte n gehören d u rch au s n ich t alle diesem sü dostasiä tisehen
E n tw ic klungszentrum an. Ganz große In se ln können zuweilen selbständige Eütwieklungs-
z en tren rep rä sen tie ren ; die F au n en ih re r klein e ren In s e ltra h a n te n v e rh a lten sich d an n zu
diesen ganz äh n lich wie zu den k o n tin en ta len Ausbreitungszentren. Man k a n n also sagen,
daß die Anzahl der A r te n — das g ilt n ic h t n u r fü r R eptilien, sonde rn fü r te rre s tris ch e
Geschöpfe ü b e rh a u p t — a u f ein e r In se l im allgemeinen in einem um gekehrten V e rh ä ltn is
zu r E n tfe rn u n g dieser In se l von einem A u sb re itu n g sz en trum steht.
Sodann is t die A rte n a rm u t d e r In se ltie re , u n d besonders d e r Reptilien, seh r o ft au f
die wechselvolle u n d d ah e r fü r sie wenig gü n stig e g e o l o g i s c h e G e s c h i c h t e zu rü ck zuführen.
E in e auch noch so k u rz e Z e it dau e rn d e m a rin e Ü b erflutung eines E ilan d e s wird
ste ts seine sämtliche H e rp e to fau n a v e rn ich ten , soweit sie sich au s re in te rre s tris c h e n Arten
zusammensetzt. Ebenso vermögen au ch an d e re N a tu rk a ta stro p h e n , wie O rkane u n d E ru p tionen,
n ich t n u r den ganzen Be stand s ta rk zu v e rrin g e rn , sonde rn zuweilen wohl au ch einzelne
Species auszuro tten , weil ja eine n a ch träg lich e Z uwanderung, die a u f dem K o n tin
en t jed e rz e it möglich ist, na ch ein e r In se l fü r a lle Geschöpfe, fü r die das Meer eine V e rb
re itu n g ssch ran k e bildet, n u r m it den a lle rg rö ß ten Schwierigkeiten v e rb u n d en ist. - Auf
ozeanischen In se ln is t die A r te n a rm u t besonders augenfällig: denn sie sin d fü r alle Lebewesen,
deren V a g ilitä t in bezug au f das Meerwasser sehr g e rin g ist, n u r au ß e ro rd en tlich
schwer zu erre ichen. Ebenso werden ab e r au ch den k o n tin en ta len In se ln a lle A r te n m it
g e rin g e r V ag ilitä t, die sich e rst nach d e r Loslösung d e r E ilan d e a u f den F e stlä n d e rn a u s gebildet
haben, du rch au s fehlen.
Ab e r die A r te n a rm u t s te h t au ch m it d e r G r ö ß e ein e r In se l in einem Zusammenhänge:
je k le in e r eine In se l ist, desto weniger A rte n wird m an im allgemeinen d o rt antreffen.
Zwar beweist u n se r au f dieser Seite m itgeteiltes Beispiel (Nias u n d Sumbawa) diese Abh
än g ig k e it der A rten z ah l von der in su la ren A re a lg rö ß e nicht. E s h an d e lt sich ab e r h ie r
um einen S o nderfäll: die E n tfe rn u n g ein e r In se l vom k o n tin en ta len E n tw icklungszentrum
is t fü r die Höhe d e r A rten z ah l bedeutungsvolle r als die Inselgröße, v orausgesetzt n a tü r lich,
daß diese n ich t u n te r ein bestimmtes B - fü r einzelne T ie rg ru p p en übrig en s seh r Verschiedenes
— Minimum sin k t. I s t nämlieh letzteres d e r F a ll — wie z. B. a u f vielen w in zigen
u n d oft ganz fe stlan d n ah en Scoglien des Mittelmeeres- , so pflegt die in su la re F a u n a
E - tro tz dieser Näh e — doch ste ts ä rm e r zu se in als a u f g rö ß e re n Landmassen, selbst wenn
diese weiter vom K o n tin en t e n tfe rn t liegen. Kle in ste E ilan d e werden seh r oft n u r von
e iner einzigen R e p tilien a rt, in den allerme isten F ä llen au s d e r Ordnung d e r Eidechsen,
besiedelt, ganz gleich ob es sich um ein k o n tin en tn ah e s oder weit d rau ß en im Ozean lie gendes
L an d handelt.
A u ß e r d e r Area lg rö ß e sind ab e r noch a ndc - r e ö k o l o g i s c h e F a k to re n fü r die in su
la re A rten z ah l bestimmend. Von den oft tie f eingreifenden Veränd e ru n g en , die die
Vegetation, ja n ich t selten soga r das ganze L andschaftsbild einer In se l u n te r dem Einfluß
des in su la ren Klimas im L au fe d e r Zeit erleiden muß, bleiben n a tü rlic h auch die einzelnen
Biotope n ich t verschont; u n d manche können fü r immer verschwinden. H an d in Han d
d am it können auch manche Organismen, in e rste r Linie die einseitig spe zialisierten, au f
Inseln zu Grunde gehen, so daß die A rten z ah l auch d ad u rch v e r rin g e r t wird. So is t vermuflieh
die L an d fau n a d e r d re i niederländisch-westindischen In se ln A ru b a , Oura^ao und
B o n a ire im L au fe d e r Zeit n ic h t unwesentlich a r te n ä rm e r geworden. Nach W e r n e r s U n tersu
ch u n g en (1925 a, S. 55.4). stam m t sie n ich t von Venezuela h e r, sonde rn von Kolumbien
(über die Halb in se l Goajira). Da n u n a u f diesen E ilan d e n geg enw ä rtig ein seh r tro ck e nes
K lim a h e rrs c h t u n d die V egetation ä u ß e rs t e införmig is t — die W ä ld e r sin d ganz v e r schwunden
M fehlen d o rt je tz t auch alle ch a rak te ristisch e n Wa ld fo rm en m it arborico le r
Lebensweise v o llständig, a n denen die kolumbianische F a u n a keineswegs a rm ist. D e ra
rtig e Geschöpfe sin d n u n v e rm u tlich a u f diesen In se ln m it der V e rn ich tu n g ih re r Biotope
verschwunden; u n d n u r solche A rte n konnten sich d o rt bis in die Gegenwart halten,
die a u f felsigem Gelände m it G e s trüppvege ta tion zu leben vermögen. B Auch die Ursachen
fü r die erhebliche A rte n a rm u t der a llu v ia len In se l Mexiana im Amazonas-Delta, die sich
sowohl in d e r Reptilien- wie auch in d e r S äu g e rfa u n a geltend m a c h Ä i n d ökologischer
N a tu r: nach H a g m a n n (1909, S. 474) r a g t nämlieh Mexiana k aum meh r als IV2 m über
den Wasserspiegel empor, so daß die Inse l im März, zu r Hoehwasserzeit, fa s t völlig ü b e rschwemmt
wird. Verschiedene trockenheitsliebende u n d a u f dem n ah en F e stlan d e häufige
K rie ch tie re , wife'z. B. die Gattungen Tropidurus, Polychrus, Micrurus, Testudo, fehlen in folgedessen
d o rt vollständig.
Daß ab e r au ch um g ek eh rt u n te r Umständen g e rad e die In se ln fü r manche a u f dem
F e stlan d e ausgestorbene A rte n als Z ufluchtsstätten von g rö ß te r B e deutung sein können,
wurde im Abschnitt üb e r in su la re Re liktenformen e rö rte rt. Doch d ü rfte n a u f In se ln im
allgemeinen d iejenigen F a k to re n dominieren^ die fü r die V e rrin g e ru n g d e r in su la ren
A rten z ah l wirk sam sind.
3 . In d iv id u e n r e ic h tum .
Im schroffen Gegensatz zu der in su la re n A r te n a rm u t ste h t d e r R e i c h t u m a n I n d i -
v i d u ) ^ , den die A r te n vielfach a u f In se ln entfalten. Die gleichen Species, die a u f dem
K o n tin en t keineswegs besonders in d iv id u en re ieh zu se in pflegen, können bisweilen a u f I n seln
4h u ngeheuer g ro ß en B e ständen a u ftre ten . Keinem Geringeren a ls D a r w i n is t die
re c h t eigen a rtig e Tatsache, daß a u f In se ln die In d iv id u e n ein e r A r t o ft in g roßen Massen
Vorkommen, aufgefallen. Das b ek annteste Be ispiel fü r die E rscheinung, daß die in su la
r e A rten z ah l in einem um gekehrten V e rh ä ltn is zu r In d iv id u e n z ah l steh t, ste llen die
„Vogelberge“ d a r. Die Gründe fü r die E n ts teh u n g d e ra rtig e r Vogelinseln sin d wohl in
e rs te r L in ie im F eh len von räu b e risch en Säu g e rn und an d e ren Vogelfeinden zu erblicken:
die Vögel haben sich a u f In se ln zurückgezogen, um d o r t völlig u n g e stö rt ihrem B ru tgeschäft
nachzugehen.
D e ra rtig e Massenansammlungen g ib t es n u n auch u n te r den In se lrep tilien , die ebenfa
lls in d e r H au p tsa ch e a u f den Ma n g e l v o n F e i n d e n zurück zu fü h ren sind. I n zweiter
Linie is t es a b e r d e r Mangel a n ö k o l o g i s c h e n V i k a r i a n t e n , d e r eine re ich e re E n tfa
ltu n g der In d iv id u e n z ah l begünstigt. W äh ren d nämlich a u f dem F e stlan d e jed e r Biotop
seine ganz bestimmten Geschöpfe aufweist, die in ih rem Vorkommen meh r oder minder
stren g an diesen gebunden sind, b rin g t die A rte n a rm u t d e r In se ln m it sieh, daß d o rt v e r schiedene
Biotope n u r wenige oder se lbst g a r keine L e itformen haben. Diese unvollkommene
ökologische S te llv e rtre tu n g infolge d e r gerin g en A rten z ah l g e s ta tte t n u n zweifellos
eine erhebliche V e rm eh ru n g d e r In d iv id u e n : denn eine Species k a n n sich a u f ein e r In se l
viel leichter üb e r die verschiedensten, v o r allem die unbesetzten L ebensräume au sb re iten
und so auch wesentlich z ahlreichere In d iv id u e n p ro duzieren als a u f dem Kontin en t.
Zoologica. Heft 84.