
 
        
         
		Literatur. 
 Dem B a ika lsee  is t eine  seh r  umfan g re ich e  L ite r a tu r   gewidmet,  die  nach  den Angaben  
 von  G.  J .   W e r e s t s c h a g i n   schon  1926  887  einzelne W e rk e   en th ie lt;  alle in   die  A rb e ite 
 n   üb e r  Protozoen  nehmen  einen  gerin g en   Kaum  ein.  Den  e rsten   flüchtigen  Hinweis  au f  
 die  Protozoa  des  B a ik a ls  linden w ir  in   den B e rich ten   von P ro f. K o r o t n e w   ü b e r  die E x ped 
 itio n  von 1900—1901;  d o rt h e iß t  es u n te r anderem,  daß  „eine  sonde rb a re   T atsache  von  
 n eg a tiv e r  B e deutung“  die  ä u ß e rste  A rm u t d e r Protozo en fau n a   des Baika lsees  ist,  u n d   daß  
 in   diesem See  die  a llergewöhnliehsten  In fu so rien fo rm en   fehlen. Die  sp ä te ren  Forschungen,  
 die u n srig en  miteinbegriffen, bewiesen die U n ric h tig k e it  dieser  Beh au p tu n g ,  die  offenbar  
 n u r   a u f  d e r  oberflächlichen  Beobachtung  dieser Gruppe  b e ru h t. 
 Die  folgenden,  auch  ä u ß e rs t  m an g e lh a ften   Angaben  in   Be treff  d e r  Protozoen  finden  
 w ir  in   den  A rb e iten   von  \Y.  J a s c h n o w   (1922)  u n d   W.  J a s n i t s k y   (1923)^iüber  das  
 Ba ika lseeplankton.  W. J a s c h n o w   z äh lt  5  P ro to z o en a rten   au f,  u n te r   denen  3  In fu so rien   
 sind — Tintinnidium fluviatile, Tintinnopsis  lacustris  u n d   Vorticella  s p . ^ 9 d i e   d e r  V e rfa 
 sse r  in   d e r  T sch iwyrkui-B ai  u n d   in   d e r  Ssor-Mündung  gefunden  h a t;  dieselben  zwei  
 In fu so rien   n n d   Vorticella  sp.  werden  von  J a s n i t s k y   au ch   in   d e r  Selenga-Mündung,  in   
 d e r  T sch iwyrkui-B ai  u n d   d e r  Gorjatschinsk-Bucht genannlifA; 
 Die  erste   A rb e it,  die  speziell  den  Protozoen  des  B a ik a ls  gewidmet  i s t ^ p t   die  von  L.  
 K o s s o l imo ,   Z u r Protozo en fau n a   des Baikalsees,  die  1923  erschien u n d   die L iste   d e r B a ikalprotozoen  
 ansehnlich  erwe ite rte ;  in   dieser  A rb e it  sind  57  P ro to zo en a rten   g en an n t,  u n te 
 r   denen  46  In fu so rie n a rte n   sind.  Die  Forsch u n g en   von  L.  K o s s o l im o   erstre ck en   sich  
 ab e r  au f  einen  seh r  ge rin g en   T e il  dieses  g roßen Wasserbeckens  u n d   b e s ch rän k ten   sich  
 h au p tsä ch lich   au f  die  flachen  Stellen  d e r Tschiwyrkui-B ai;  a n   den  fü r   den B a ika lsee  a lle r  
 ch a rak te ristisch s ten   Stellen,  am  E in g a n g   in   die  T schiwyrkui-B ai  u n d   hei  denffllschkani-  
 Inseln,  w a r  n u r   eine  geringe  A nzahl  von P ro b e n  genommen worden. A n   diesen  zwei  S te llen  
 h a tte   L. K o s s o l im o   n u r   eine  seh r  armselige  In fu so rie n fa u n a   gefunden:  10  Fo rm en   
 bei  den Uschlcani-Inseln  u n d   8  F o rm e n   am E in g a n g  in   die Tschiwyrkui-B ai;  alle gehörten  
 im  g roßen  u n d   ganzen  zu  16  gewöhnlichen  A rten ;  die  In fu so rien   w a ren   ausschließlich  in  
 den am  U fe r wachsenden Algen gefangen,  in   den  pelagischen  Teilen  w a ren   weder  In fu so rien 
 ,  noch  an d e re   Protozoen  gefunden.  E in e   re ich e re   u n d   v e rsch ied e n a rtig e re   In fu so rie n fa 
 u n a   w a r  a n   den  flachen,  geschützten  u n d   g u t  d u rchw ä rm te n   k le in en   B uchten  des  sü d lichen  
 Teils  d e r  T schiwyrkui-Bai  u n d   im  See  Ssor g efunden worden. A u f Grund se iner A r beiten  
 kommt  L. K o s s o l im o   zum  Schluß,  daß  die fü r   den B a ik a l ty p isch en  Bedingungen  
 u n g ü n stig   fü r   das  Leben  u n d   die  E n tw ick lu n g   d e r  In fu so rie n   sind,  u n d   da,  wo  sich  diese  
 Bedingungen g eltend machen,  is t  die In fu so rie n fa u n a   sehr  kä rg lich . 
 Au f Grund  dieser  Angaben  sa g t H.  J o h a n s e n   (1925)  in   se iner  vorzüglichen  Monog 
 ra p h ie   des  Baikalsees:  „Ü b e rh au p t  is t  das offene re in e  Wasser m it seinen  nied rig en  Temp 
 e ra tu re n  fa s t p rotozoenfrei.“ W ir   hoffen,  in   der  vorliegenden  A rb e it  zu  zeigen,  daß  sich  
 diese Angabe n ic h t a u f  den ganzen B a ika isee  erstre ck en   k an n ,  u n d   d aß   die V e rh ä ltn isse  in  
 W irk lic h k e it  ganz  an d e rs  u n d  v ie l  komp liz ie rte r  liegen. 
 Von  1928  bis  1930  erschien  eine  Beihe  von  A rb e iten   von  B.  S w a r c z e w s k y ,   die  
 ein e r  systematischen Be schreibung d e r  In fu so rien ,  die  a u f  den  B a ik a lg am m a rid en   leben,  
 gewidmet  ist;  sie  erschienen  u n te r   dem  allgemeinen  Titel:  „Z ur  K en n tn is  d e r  B a ik a lp ro tis 
 te n fa u n a “  u n d   e n th ä lt  die  Be schreibung  von  57  Sucto ria -Arten ,  die  17  G a ttu n g en   a n gehören, 
   von  denen  56  A rten   u n d   10  Gattu n g en  a ls  neue A rte n   u n d  G attu n g en   beschrieben 
 sind,  29  P e ritric h a -A rte n ,  von  denen  26 A rte n   n eu   sind,  u n d   1  neue  S ten to r-A rt.  Alles  in   
 allem  sin d   es  also  87  A rten ,  von  denen  83  n eu   sind.  Au f  Grund  se iner  Beobachtungen 
 kommt  S w a r f g e w s k y z u   folgendem  Schluß:  „d aß   die  P ro tis te n f a u n a   sich  d urch 
 dieselben  Be sonderheiten  auszeichnet,  welche  w ir  in   an d e ren  F au n en te ilen  dieses  Sees  finden, 
   näm lich   1.  d u rch   eine  bedeutende Menge  von  zu  derselben  G a ttu n g   gehörenden  V e rtr 
 e te rn   u n d   2,  d u rch   eine  ansehnliche  Z ah l  d e r  Formen,  die  offensichtlich  einen  endemischen  
 C h a ra k te r  h a b e n®  E s  muß  dabei  gesagt  sein,  daß  den  F o rschungen  von  S w a r c z 
 e w s k y   bedeutende Mängel  in   d e r  Methodik  an h a ften .  E in e   k ritis ch e   W e rtu n g   einiger  
 von ihm  beschriebenen A rten ,  sowie  d e r  oben  angegebenen allgemeinen Schlußfolge rungen  
 gehen  w ir  im  L au fe   d e r  §Ä tem a tÄ h e n   Be sprechung  d e r  A rten . 
 Im   L au fe   d e r  J a h r e   1 9 2 jg g |9   w u rd en   von m ir m eh re re  vorläufige Mitteilungen  üb e r  
 die  In fu so rien   des  Baikalsees  veröffentlicht. D e r In h a lt dieser A rtik e l is t völlig  in  die v o rliegende  
 A rb e it eingeschlossen. 
 Spezieller Teil. 
 Morphologie, Systematik und Ökologie  der  einzelnen Arten. 
 Klasse Ciliata Bütschli. 
 Unterklasse E uc i l ia ta  Metcalf. 
 Ordnung H olotr icha Stein. 
 Unterordnung G ymn o s toma ta  Bütschli. 
 A. Pr o s toma ta  S chewiako f f . 
 Farn. Holophryidae  Schouteden. 
 Holophrya simplex Sch ewiak o f f   (Abb.  1). 
 Ü b e ra ll  v e rb re ite t,  ausschließlich  in   d e r  Uferzone  m it  ih rem   u nbeständigen  h ydrologischen  
 Regime;  a n   offenen  u n d   g eschützten  U fe rn ,  in   k la rem   Wasser,  u n te r  Algen,  die  
 den ste inigen u n d   sandigen Grund  bedecken;  ste ts in  g e rin g e r Anzahl. Als N a h ru n g  dienen  
 Algen,  v o r  allem  k leine  T etrasp o ra z e llen   u n d   F e tttro p fe n   aus  zersetzten  Krustaze en.  
 Ju n i-—A u g u s t  1926— 28.  T em p e ra tu rg ren z en   7°—19°.  L.  L.  R o s s o l im o   ste llt  H.  S im plex  
 auch  fü r   das Uferg eb ie t  des Baika lsees  fest,  wo  das  In fu so r  u n te r  F ad en a lg en   v o rgefunden  
 w urde  (Uschkani-Inseln,  C e n tra le r  Ba ika lsee,  1922). 
 H.  S im p l e x   w u rd e   zu e rst  vo n   W.  S c h e w i a k o f f   (1893)  in   Gräben,  Lachen,  stag n ie ren d en   Teichen  u n d   Salzp 
 fa n n en   d e r  Sandwich-Inseln  u n te r  Algen  gefunden.  Diese s  In fu so r  tra f  m an   auch  in   d en   Mooren  Süddeutschlands  
 ( S c h l e n k e r ,   1908)  u n d   in   k le in en ,  re in e n   Teichen  d e r  Umgegend  von  Genf  (R o u x ,   1901),  in  Gebirgsbächen  (Station  
 nich t  angegeben!)  d e s  Schweizer  Ju ra g eb irg e s   (M e rm o d ,   1914);  im  Moortümpel  Luzino  d e s  Gouve rnement  Moskau  
 ( S k a d o w s k y ,   1926),  u n d   zwar  fü r  d esse n   ä u ß e re   Zone  b e i  9—27°  S omm e rtem p eratu r  d e s Wa ssers  u n d   a k tiv e r  Reaktion  
 pH  =   6,5—4,38;  desgleichen  a n   d e r  Mündung  des  Schüssen,  d e r  sich  in   d e n   Bodensee  e rg ie ß t  (W e t z e l, 1928),  u n d   zwar  in  
 nicht  v e ru n re in ig tem   Wa sser,  m it  genügendem  Gehalt  a n   Sauerstoff,  m it  schwach  a lk a lisch e r  Reaktion  (im  Durchschnitt  
 pH _   8)  u n te r  D e tritu s  a u f  Schilfstengeln,  S teinen,  fre i  von  H2S;  fe rn e r  in   versump fte n   Wie sengräben,  d ie   in   den  
 Schüssen  abfließen,  d e re n   Schlamm  schon  H2S  enthä lt,  in   gestauten  F lu ß te ile n   u sw .;  an  a llen   d ie sen   S tellen  in   g e rin g e r  
 Anzahl. 
 Wen n   w ir  die  an g e fü h rte n   L ite ra tu ra n g a b e n   in   B e tra c h t  ziehen,  deren   g rö ß te r  Teil  
 von ganz  allgemeinem C h a ra k te r  is t  (au ß e r  den A rb e iten  von We t z e l  und S k a d o w s k y ) ,   
 sowie  die  hydrologischen  und  a n d e ren  Bedingungen, bei denen diese F o rm  in   d e r Uferzone  
 des Baikalsees  vorgefunden w u rd e   (s. allg. Teil),  so  müssen  w ir  H. simplex  zu  den  Formen  
 zählen,  deren   ökologische  Amp litu d e   zwar  genügend  weit  ist,  die  jedoch  vorwiegend