W a s zunächst die „ A n t h r o p o p h i l i e “ be trifft, so k an n ich mich h ie r ganz ku rz
fassen, weil K ä m m e r e r in se iner A rb e it (1926, S. 233) dieser E rs ch e in u n g schon ein
re c h t ausfü h rlich e s K ap ite l gewidmet h a t. E rg än z en d sei h ie r n u r bemerkt, d aß ich au f
der m ed ite rran en In se l Linosa diese Vorliebe fü r den A u fen th a lt an M auern in d e r Nähe
d e r Siedelung n ich t n u r bei Lacerta filfolensis laurentii-mülleri in ein e r besonders a u ffä lligen
Weise fe stgestellt habe, sonde rn auch bei d e r Walzenschleiche, Chalcides oeellatus
linosae. Dieses Verh a lten , das üb rig en s auch a u f dem F e stlan d e u n te r bestimmten E ide chsen
u n d Schlangen v e rb re ite t ist, a u f In se ln ab e r weit s tä rk e r in E rs ch e in u n g tr itt, fiel m ir
fe rn e r au ch bei fa s t allen H a ftz eh e ra rte n (am stä rk s ten bei Hemidactylus brookii) der
kleinen In se l E ndeh, a n d e r Südküste d e r Sunda-Insel Flore s, auf. Daß diese „Anthro-
p o p h ilie “ in e rs te r L in ie au s e rnährungsbiologischen Motiven zu v e rsteh en ist, u n te rlie g t
wohl keinem Zweifel; bei einigen Formen d ü rfte n auß e rd em noch einige an d e re Ökologische
F a k to re n (z. B. Versteckplätze) eine Rolle spielen.
Auch a u f die „ O r n i t h o p h i l i e “ einiger dalmatinischen Eilandsechsen h a t K ä m m
e r e r (1926, S. 237) schon hingewiesen. E r h a t nämlich a u f den ad ria tisch en Felsinseln
K am ik , Porno u n d Bije la c ein „Zusammenleben“ d e r Eidechsen (Lacerta melisellensis gal-
vagnii bzw. pomoensis a u f den beiden ersteren, L. sicula cazzae a u f der letzteren) m it b rü tenden
Möwen beobachtet; e r bezeichnet dieses Zusammenleben als Mutualismus, weil es,
se iner A nsicht nach, a u f gegenseitigem V o rte il d e r Eidechsen u n d Möwen b e ru h t: die
Möwen bzw. ih re Nester sollen den Echsen N a h ru n g — einmal indem ih re N ah ru n g sre ste
In sek ten anlocken, zweitens durch ih re Schmarotzer, wie Mallophagen u n d Milben — lie fe
rn . wäh ren d die Gegenleistung d e r Eide chsen in der V e rm in d e ru n g der Möwenparasiten
bestehen soll. E s k a n n h ie r n ich t n ä h e r u n te rsu c h t werden, ob es sich h ie r in d e r T a t um
eine A r t Symbiose han d e lt; ich v e rm ag n u r festzustellen, daß die Vorliebe fü r den A u fe
n th a lt an u n d selbst in Vogelnestern u n te r den Inseleidechsen g a r n ic h t so vere in z e lt auf-
t r itt. Schon von d e r Brückenechse (Sphenodon punctatus) is t dieses Zusammenleben m it
Seevögeln bekannt. Wie S c h a u i n s l a n d 11899) u n d an d e re b e richten, leb t nämlich dieses
a lte rtüm lich e Geschöpf seh r o ft in Gemeinschaft m it Seevögeln aus d e r F am ilie d e r Puffi-
niden (Puffinus, Oestrelata, Majaqueus), u n d zwar in Höhlen, die die Vögel bauen; geleg
entlich sollen von den Brückenechsen auch Nest jun g e gefressen werden. I n ein e r Puffi-
wws-Höhle wurde a u f der T rio-Insel (Cookstraße, Neu-Seeland) auch ein Gecko, Gehyra
pacifica. gefunden. Von an d e ren Inselgeckos sei h ie r Phyllodactylus gilberti erw äh n t, der
a u f d e r Galapagos-Insel Wenman besonders häufig g e rad e an d e r Küste , wo Seevögel
b rü ten , vorkommt. Ähnliches sc h ild e rt M u r p h y (1925, S. 254) von den Tropidurus-Echsen
d e r p e ru an isch en Guano-Inseln. Von T ejiden sei Cnemidophorus tessellatus bacatus von
S an P edro Nolasco im Golfe von K a lifo rn ien hervorgehoben; nach V a n D e n b u r g h
(1922, S. 546) wurden die meisten E x em p la re dieser schönen Echse in d e r Näh e d e r Nester
des B rau n en P e lik an s (Pelecanus fuscus) gefangen. Auch d e r Riesenskink d e r K ap verden,
Macroscincus coctei, scheint zuweilen in Gemeinschaft m it Vögeln zu leben, wie die Bem
e rk u n g T r o s c h e l s (1874, S. 225, 1875, S. 114), daß ein Stück beim V erzehren einer
Thalassidroma beobachtet worden ist, beweist. Nach G i l b e r t (in Go u l d , 1848) kommt
a u f den Ho u tman s Abrolhos an d e r We stküste A u s tra lien s eine n ich t n ä h e r bezeichnete
Echse (vielleicht Egernia stokesii?) a u f den B ru tp lä tz en von Anous stolidus m a ssenhaft
v o r u n d s te llt den Ju n g tie re n dieses Vogels sowie d e r Sterna fuliginosa e ifrig nach. Es
is t also d u rch au s n ich t unmöglich, daß d e r H u n g e r diese Echsen zwingt, d e ra rtig e fü r Rep tilien
gewiß re ch t e igenartige A u fen th a ltso rte aufzusuchen; inwieweit man ab e r in allen
diesen F ä llen von einem wirk lich en Mutua lismus red en k an n , werden n u r so rg fä ltig e F re ilandbeobachtungen
entscheiden können.
Vom ökologischen Gesichtspunkte am bezeichnendsten fü r die Inselechsen is t ab e r
meines E ra ch ten s ih re Neigung zu ein e r m a rin en oder r ic h tig e r l i t o r a l e n L e b e n s we
i s e . U n te r allen Rep tilien d e r Gegenwa rt sind ja die Eidechsen b ek anntlich die a u s gesprochensten
L and tie re . Zu ih rem A u fen th a lte bevorzugen die meisten A rte n trockenes
Gelände; soga r in d e r Wüste tre te n sie noch in ein e r erstau n lich en F o rm e nm a n n ig fa ltig k
e it au f. Ü b e rm äß ig feuchte Örtlichkeiten werden von ihn en im allgemeinen gemieden,
und in s Wasser gehen fre iw illig n u r wenige Arten. Unsere einheimische Lacerta vivipara
is t eine davon; sie sucht, n amentlich bei Gefahr, n ich t selten das Wasser auf, in dem sie
sich ziemlich ra sch schwimmend fortzubewegen vermag. In den a ltweltlichen T ropen fü h r
e n einige W a ra n e eine a q u a tile Lebensweise u n d holen soga r o ft ih re N ah ru n g d ire k t aus
dem Wasser; auch die Segelechse (Hydrosaurus amboinensis), die Wasseragame (Physig-
nathus lesueuri), die merkw ü rd ig en Glattechsen d e r G a ttu n g Tropidophorus in Ostasien und
de r re c h t ähnliche westa frik an isch e Cophoscincopus durus sowie ein p a a r an d e re A rten
sind keineswegs wasserscheu. Au f den Kleinen Sunda-Inseln flüchtet sich nach meinen
Beobachtungen eine an d e re Glattechse, Sphenomorphus florensis, n ich t selten ins Wasser;
ebenso auch Sphenomorphus quoyi n a ch W a i t e (1927, S. 328) a u f d e r südaustra lisch en
Kangaroo-Insel. J a es g ib t soga r einen Gecko, Paraqonatodes africanus, d e r v o r dem
Wasser n ich t zurück sch rick t. In d e r Neuen W e lt sind es einige Tejiden, wie die äu ß e rlich
re c h t k ro kodilähnlichen Dracaena, Crocodilurus u n d Neusticurus, u n d m ehrere Iguan id en ,
wie Basiliscus u n d Uranoscodon, ab e r au ch Deiroptyx Laemanctus und Iguana, die öfte r
in s Wasser gehen.
Ab e r a lle diese Echsen suchen n u r das Süßwasser au f; m it A usnahme von einigen W a ra
n e n un d Hydrosaurus fliehen sie v o r dem Meereswasser ebenso wie ih re re in te rre s trisch en
Ve rwandten. S ogar schon die u nm itte lb a re Nähe des Meeres w ird von ihn en im allgemeinen
s tren g gemieden. Man tr if f t z. B. die in ökologischer Be ziehung re c h t anspruchslosen
Mauereidechsen an den Mittelmeerküsten niemals in d e r eigentlichen Brandungszone an,
sonde rn ste ts etwa 30—40 m davon en tfe rn t; Ausnahmen von dieser Regel (vgl. z. B.
H e d i g e r , 1932) kommen n u r se lten vor. A nders a u f Inseln: h ie r is t es v e rm u tlich der
besch rän k te Lebensraum, vielleicht auch der Nahrun g se rwe rb , d e r diese K rie ch tie re
zwingt, ih re Scheuheit v o r dem Meerwasser zu überwinden. Die m ed ite rran en Mauereidechsen
v e rh a lte n sich in dieser H in sic h t fre ilich auch a u f In se ln noch g en au wie au f
dem F e stlan d e ; ab e r eine Re ihe a n d e re r Inseleehsen zeigt u n s re ch t eindrucksvoll, wie
sich diese Geschöpfe doch allmäh lich a n den A u fen th a lt in u nm itte lb a rs te r Nähe des
Meeres u n d sog a r in diesem selbst gewöhnt u n d d am it den Weg zu einem fü r sie ganz
neuen Lebensraum u n d neu e r N ahrungsquelle gefunden haben.
Schon die Spitzkopfeidechse (Lacerta oxycephala), eine en tfe rn te V e rw an d te der
eigentlichen Mauereidechsen, bewohnt a u f den dalma tin isch en E ilan d e n zumeist die
S trandfelsen, die nach K ä m m e r e r (1926, S. 143) „mindestens noch im Bereiche der
B ran d u n g s sp ritz e r“ liegen, wo also an d e re L azerten (Lacerta melisellensis, sicula) nich t
Vorkommen; doch meidet au ch Lacerta oxycephala nach dem gleichen A u to r jede B e rü h ru
n g m it dem Meereswasser u n te r allen Umständen. D ire k t an d e r F lu tg ren z e w ird d a gegen
sowohl a u f den Sulu-Inse ln wie auch a u f Mindoro d e r kleine Gecko Hemiphyllo-
dactylus typus gefunden; auch Lepidodactylus woodfordi muß a u f d e r P h ilip p in en -In se l
S ip ay an ganz n ah e der F lu tg ren z e leben, d a er nach T a y l o r (1922a, S. 71) eine beson