te ra rb e ite n a u f d e r Ba sis d e r E x p ed itio n in M a ritu j gesammelt wurden. Diese Angaben
beziehen sieh a u f die In fu so rien des P lan k to n s, sowie a u f die a n den Boden-Gammariden
u n d Oligoebäten befestigten Infuso rien .
Die In fu so rien d e r T ie fbodengruppen konnten leid e r n ich t u n te rsu c h t werden infolge
des F ehlens d e r entsprechenden A p p a ra tu r u n d d e r allgemein schwierigen Bedingungen,
u n te r denen die E x p ed itio n a rb e ite te : es sta n d ih r n u r ein k le in e r K u tte r zu r Verfü g u n g ,
d e r fü r Tiefwasser-Bodenuntersuchungen u n tau g lich war. Deshalb hab en u n se re S chlußfolgerungen
bloß einen vorläufigen C h a rak te r.
Üb e r die Methodik d e r Beschaffung von M a te ria l p lan k tisch e r In fu so rien u n d epi-
b io n te r In fu so rien wird im K a p ite l üb e r die Methodik g ehandelt; d o rt weisen w ir d a ra u f
hin, daß die Gesamtzahl d e r von uns durchgesehenen Boden- u n d P lan k to n p ro b en seh r groß
is t u n d iVz Tausend erre icht.
Unsere Angaben üb e r die v e rtik a le V e rte ilu n g d e r In fu so rien im Ba ika lsee sind in der
g rap h isch en Tabelle zusammengestellt. Die schwarzen u n u n te rb ro ch en en S tre ifen zeigen
die V e rte ilu n g d e r einzelnen A rte n im Ba ika lsee in d e r V e rtik a lrich tu n g . Die g e strichelten
S tre ifen zeigen die V e rte ilu n g in den tiefen Alpenseen fü r solche A rten , die fü r den B a ik a lsee
u n d diese Seen gemeinsam sind. Aus R a umrüeksichten sind die P ro p o rtio n en d e r Tiefen
in d e r Tabelle n ich t beibehalten; d e r Maß stab fü r Tie fen üb e r 100 m is t um 5mal kleiner
a ls fü r Tiefen u n te r 100 m. Die A rte n sind a u f Grund ih re r V e rb re itu n g a u f verschiedene
Tiefen v e rte ilt: die e rste Stelle n im m t die Gruppe der Fo rm en ein, die in den Grenzen von
0 m bis 10 m Vorkommen, fe rn e r in den Grenzen von 0 bis 50, bis 200, bis 600 u n d bis
1320 m, u n d schließlich kommen die A rten , die in ein e r Tie fe von 100 m u n d tie fe r (in
einem einzigen F a lle in einer Tiefe von 66 m) Vorkommen. Die A rte n sind in n e rh a lb jed e r
von diesen Gruppen n a ch dem Alp h ab e t geordnet.
Bei der B e tra c h tu n g dieser g rap h isch en Tabelle f ä llt v o r allem au f, daß die In fu so rien
im Ba ika lsee von d e r Oberfläche bis a u f se h r große Tie fen v e rb re ite t sind. Die letzte Grenze,
von d e r w ir In fu so rienm a te ria l erhielten, is t 1320 m; diese Tie fe n ä h e rt sich den g rö ß ten
gemessenen Tiefen des Baikalsees, u n d m an k an n deshalb annehmen, daß In fu so rien im
Ba ika lsee bis zu den äu ß e rsten Tiefen Vorkommen.
E in e ganze Reihe von F o rm en leb t somit u n te r seh r hohem Druck, d e r in den oben
e rw äh n ten Tiefen etwa 132 Atmo sp h ä ren e rre ich t. Diese T atsache is t a n u n d fü r sich sehr
n a tü rlic h , d a bei den Tie f se etieren n ic h t n u r die K ö rp e r Oberfläche, sonde rn auch a lle Säfte
und Gase des K ö rp e rs sich u n te r einem so sta rk en Drucke befinden; dazu gesellt sich der
große Wasse rg eh a lt des In fu so rien k ö rp e rs; das Wasser lä ß t sich aber, wie bek an n t, beinahe
g a r n ich t zusammendrücken. Aus diesem Grunde können die Tiefseeformen u n te r
einem d e ra rtig e n Drucke u ngeschädigt bleiben.
In Versuchsbedingungen weisen viele Wasser Organismen, u n te r ihn en au ch die In fu sorien,
eine m e rkwürdige W id e rstan d s fä h ig k e it gegen großen Druck au f: Euplotes charon,
Euplotes patella, Pleuronema chrysalis, Colpoda, Paramaecium, Vorticella h a lten einen
Druck von 300 u n d se lbst von 400 A tmosphä ren aus, was Tie fen von 3000—4000 m e n tsp
rich t; dabei werden g a r keine sich tb a ren Störu n g en d e r L ebensfunktionen bemerkbar.
Ich spreche h ie r von den allgemein bekan n ten Versuchen von P . E e g n a r d (1891).
Bei einer d e ra rtig e n F ä h ig k e it d e r Wa sserorganismen zum A u sh a lten großen Druckes
is t es schon n ich t u n e rw a rte t, daß solche A rten , wie Stentor multiformis, Lagenophrys
labiata, Lagenophrys ampulla, Spirochona gemmipara, Vorticella crassicaulis, Carchesium
spectabile, Zoothamnium affine, Zoothamnium parasita, Tokophrya lemnarum, Tokophrya
cyclopum, Dendrocometes paradoxus, die au ß e rh a lb des Baikalsees in kleinen W a sse rbecken,
bis zu P fü tz en einschließlich, leben, im Ba ika lsee von der K ü s te bis a u f sehr
große Tiefen v e rb re ite t sind.
E s is t ebenfalls ganz n a tü rlic h , daß in d e r Org an isa tio n d e r In fu so rien des Baikalsees,
die in d e r Tiefe leben oder von d e r K ü s te bis a u f g roße Tiefen v e rb re ite t sind, g a r keine
Besonderheiten beobachtet werden, die als speziell m it dem Drucke verbu n d en gedeutet
werden könnten. Der T ie fseefauna des Ozeans gehen ebenfalls irgendwelche Vorrichtungen
gegen den kolossalen Druck ab, welcher a u f den ozeanischen Tiefen beobachtet wird.
Viel m e rkw ü rd ig e r is t die F ä h ig k e it d e r In fu so rien zum E rtra g e n ra sch e r D ru ck v e rän
d erungen, was fü r die Festlandorganismen, wie bekannt, n ic h t g ilt; fü r diese letzteren
is t schon eine D ruck Veränderung a u f das Doppelte und soga r weniger todbringend.
Nach u n se ren Beobachtungen zeigten alle In fu so rie n a rte n des Baikalsees ohne Ausnahme,
nachdem sie von d e r beliebigen Tiefe an die Wasseroberfläche g eb ra ch t worden
waren, u n te r Beobachtung d e r notwendigen Vorsichtsmaßnahmen in bezug a u f scharfe
T em p e ra tu rv e rän d e ru n g en , g a r keine k ö rp e rlich en Schädigungen oder Störu n g en d e r k ö rperlich
en Fun k tio n en : die W im p e rap p a ra te , die k o n tra k tile n Vakuolen, die k o n trak tilen
Stiele, die Trichozysten, die T entak e ln usw. a rb e ite ten wie gewöhnlich.
Bei P e ritric h e n r u f t eine S tö ru n g d e r normalen Bedingungen, wie bek an n t, d auernde
K o n trak tio n d e r Köpfchen u n d fe rn e r deren Abreißen von den Stielen u n d die Z erstö ru n g
d e r Köpfchen h e rv o r, wäh ren d die Stiele selbst noch lange e rh a lten bleiben. Bei S u c to ria
u n te rlieg en zue rst die T entak e ln der Z e rstörung, d e r K ö rp e r bleibt ab e r län g e r erhalten.
Bei der D u rch sich t d e r Pro b e zeigen d e ra rtig e köpfchenlose P e ritrich en k o lo n ien und
tentakellose Sukto rien , daß das V e rfa h ren d e r Probe en tn ahme unzufriedenstellend ist. In
frischen P ro b en aus d e r Tiefe des Baika lsees wurden u n te r den P e ritric h e n und Suk to rien
d e ra rtig e Schädigungen in merklichem Maße n ic h t beobachtet.
Das Herau fh o len d e r In fu so rien aus d e r Tiefe u n d folglich die entsprechende D ru ck v
e rä n d e ru n g fand ab e r bei u n se ren Arb e iten m it ziemlich g ro ß e r S chnelligkeit s ta tt: das
F an g n e tz wurde gewöhnlich in weniger als einer S tu n d e von ein e r Tiefe von 1320 m gehoben.
Im L au fe jed e r Minute fiel somit der Druck durch sch n ittlich um meh r als 2 Atmosp
h ä ren ; im L au fe ein e r S tunde nahm d e r D ruck um 132mal ab! Auch die T rä g e r der
In fu so rien , die Gammariden, e rtru g e n die D ru ck v e rän d e ru n g ohne Schaden u n d lebten
sp ä te r viele Tage in den L ab o ra to rium saq u a rien .
Die plan k tisch en In fu so rien wurden m it e in e r noch g rö ß e re n Schnelligkeit au s der
Tiefe gehoben; das P lan k to n n e tz w urde z. B. von einer Tiefe von 700 m im L au fe von n u r
25 Minuten heraufgezogen, dabei e r tru g das v e rb re ite ts te In fu so rium des Pelagialgebie-
tes des Baikalsees, Marituja pelagica, ohne Schaden (die P ro b en w u rd en sofort nach dem
H e ra u f b rin g en durchgesehen) eine V e rm in d e ru n g des Druckes um 2,8 Atm o sp h ä ren im
L au fe ein e r Minute u n d um 70 Atmo sp h ä ren b innen 25 Minuten.
T odbringend w a r fü r die In fu so rien (und fü r die Gammariden) bei dem Heraufziehen
aus d e r Tiefe a n die Oberfläche n ich t die V e rän d e ru n g des Druckes, sondern vornehmlich
die V e rän d e ru n g d e r T em p e ra tu r. Dabei w aren die T em p e ra tu rv e rän d e ru n g en , welche die
In fu so rien beim D u rch g an g d e r P ro b en d urch die Dicke des Wassers bis an die Oberfläche
e rlitten , gewöhnlich unbedeutend, da die W a s se rtem p e ra tu ren im offenen Ba ika lsee sich in
d e r V e rtik a le im allgemeinen wenig u n d seh r gleichmäßig v e rän d e rn , sowohl im W in te r
wie auch im Sommer, wobei ein T em p e ra tu rsp ru n g ausbleibt.