T e rra rium als ein behendes Geschöpf k ennen g e le rn t, wäh ren d a u f der an d e ren Seite die
gleiche Eidechse ziemlich furchtlos, ja soga r d re ist g en an n t werden kan n . Die gedru n g en
gebaute, ebenfalls s ta rk melanistische Lacerta lilfordi lilfordi von d e r Is la del A y re bezeichnet
B r a u n (1877) als furch tlo s; in seinen Bewegungen is t ab e r dieses Tierchen,
meinen Beobachtungen zufolge, re c h t gewandt. Das gleiche g ilt au ch fü r die ebenfalls
melanistische P ityusen-Echse Lacerta lilfordi maluquerorum.
A ndere F o rm en des gleichen V e rw andtschaftskre ises sind ab e r n ichts weniger als
fu rch tlo s oder „zahm“ : so leb t a u f d e r k leinen Is la de Colon (Balearen) eine halbmelani-
stische P o p u la tio n von Lacerta lilfordi, die sich sowohl d u rch besonders flinke u n d gewandte
Bewegungen auszeichnet wie auch d urch eine ungewöhnliche Scheuheit. Auch
aus dem in te re ss an ten Sammelberichte K o c h s (1928), d e r a u f verschiedenen Balearen-
und P ity u sen -In se ln selbst Eidechsen gefangen h a t, g eh t h e rv o r, daß vielen Rassen von
Lacerta lilifordi keineswegs eine geringe F u rc h tlo s ig k e it oder g a r D re istig k e it zukommt:
manche Echsen, so die von D rag o n e ra u n d Conejera, bezeichnet e r soga r als „seh r scheu“ .
Auch manche Galapagos-Echsen der G a ttu n g Tropidurus sind ü b e rau s scheu: so v o r allem
Tropidurus duncanensis von D u n c an und ganz besonders Tropidurus qrayii a u f Ga rd n e r
(bei Chatham). Bisweilen, so a u f d e r In se l Narborough, sind die männlichen Tropidurus-
Eidechsen fu rch tlo se r a ls die Weibchen.
Zweifellos h a t die Neigung zu ein e r F u rc h tlo s ig k e it d e r In se ltie re — man h a t sie ja
n ich t n u r bei R e p tilien festg e ste llt ^ ih re H au p tu rsa c h e im F ehlen bzw. Z u rü ck tre ten
von F einden; u n d vielfach lä ß t sich dieser Zusammenhang ohne Schw ie rig k e it nach-
weisen. A u f den In se ln F ilfo la oder Linosa ste llt z. B. k aum jemand den d o rt lebenden
Eidechsen regelmäßig nach: sie sind d ah e r wenig g ew an d t u n d furchtlos. Die benach b a rte
Insel P a n te lle ria w ird dagegen von d e r H u fe isen n a tte r (Coluber hippocrepis) bewohnt, die
sich von Eide chsen u n d k leinen S äu g e rn e rn ä h rt: die Eidechsen sind n u n d o rt n ic h t n u r
außerodentlich ra sch in ih ren Bewegungen, sonde rn auch ganz außergewöhnlich scheu
(wir vermochten d o rt im L au fe ein e r Woche n ich t meh r als 27 Stück zusammenzubringen;
man v e rgleiche diese Z ahl m it dem v o rh in mitg e te ilten F an g e rg eb n is a u f Linosa!). Sehr
bemerkenswert is t übrigens, daß eine ganz an d e re Eidechse, die Walzenschleiche (Chal-
cides ocellatus linosae a u f Linosa, Ch. ocellatus tiligugu a u f P an te lle ria ) sich a u f diesen
Inseln gen au so v e rh ä lt wie die Lazerten. Vielleicht is t auch das Benehmen d e r Galli-
Echsen, die ich a u f den kleinen Galli-Inseln a ls re ch t behende u n d scheue T ie rchen k en nen
g e le rn t habe, m it d e r d o rt sehr wahrsche inlich vorkommenden Z o rn n a tte r (Coluber
viridi-flavus carbonarius) in Ve rb in d u n g zu brin g en ; jedenfalls ste h t ih r V e rh a lten in
einem re c h t au ffä llig en Gegensatz zu r bekan n ten Faraglioni-E chse. Die v e rw an d te Lacerta
sicula monaconensis vom Monacone-Felsblock bei C a p ri bezeichnet dagegen E i m e r
wieder a ls scheu, ohne daß d a fü r eine U rsache zu erkennen wäre.
Auch in einigen an d e ren F ä lle n sind die Zweckmäßigkeitsgründe des sehr v erschied
en a rtig en V e rh a lten s einiger Inselechsen u n k la r: so is t z. B. n ich t re c h t ve rstän d lich ,
warum Tropidurus delanonis a u f d e r Hood-Insel (Galapagos) weitgehend „zahm“ ist, au f
dem k leinen E ila n d Ga rd n e r (bei Hood) sich a b e r d u rch eine b e trä ch tlich e Scheuheit
auszeichnet. Ic h zweifle jedoch nich t, daß so rg fä ltig e F re ilandbeobachtungen dieses eigentümliche
V e rh a lten , das v e rm u tlich von der Umwelt bedingt ist, a u fk lä re n werden.
Wa s endlich noch das V e rh a lten in su la re r Rep tilien ih ren A rtan g eh ö rig e n gegenü
b e r anbe lan g t, so is t bei manchen Eidechsen, namen tlich L acertid en , Sinciden und
Ig u an id en , eine au ffa llen d g roße U n v e r t r ä g l i c h k e i t zu beobachten, besonders der
erwachsenen Männchen u n te re in an d e r. Namentlich zu r P a a ru n g sz e it befinden sich die
Männchen d e r meisten Lacerta- u n d ^fwoZis-Formen in d au erndem Kriegszu stän d e ; sie
fü h re n e rb itte rte K äm p fe aus, die n ic h t selten m it dem Tode schwächerer In d iv id u e n
enden. Bei Lacerta lilfordi beobachtete ich soga r, daß auch weibliche T ie re sich a n diesen
Kämp fen beteiligen, indem sie sich n ich t n u r m it den Angehörigen ih re s Geschlechtes
stre iten , sonde rn auch m it halbwüchsigen Männchen.
5 . S c hw a n z -A u to tom ie .
Verschiedene A u to ren haben bemerkt, daß g e rad e Insel-Eidechsen sich besonders oft
d u rch ve rle tz te oder r e g e n e r i e r t e S c h w ä n z e auszeichnen, obwohl ja am s ta rk v e r dickten
u n d v e rk ü rz te n „Inselschwanz“ die abweichende Gestalt eines R egenera ts weit
weniger au ffä llt. S t e i n d a c h n e r (1891, S. 289) hebt z.B . h e rv o r, daß bei sämtlichen von
ihm u n te rsu ch ten ad u lten Stücken d e r Kana ren e ch se Lacerta galloti d e r Schwanz fa st
von se iner Wurzel ab re g e n e rie rt war. D e r gleichen E rs ch e in u n g begegnen w ir bei den Pi-
tyusen- und n amentlich Ba le aren-Echsen, fe rn e r bei Lacerta filfolensis laurentii-mülleri
von L inosa usw. Von 36 Männchen d e r le tz te ren Eidechse h a tte n n u r 9, von 27 Weibchen
n u r 6 E x em p la re n ic h t reg en e rie rte Schwänze. Auch bei inselbewohnenden Glattechsen
findet man Schwanzregenerate o ft in einem ungewöhnlich hohen Proz en tsa tz : von 46 ad u lten
Walzenschleichen von d e r In se l L inosa (Chalcides ocellatus linosae) w aren n u r bei 6
die Schwänze unverle tz t. Besonders le ich t ab b re ch b a r is t d e r Schwanz bei Ablepharus
boutonii, u n d von vielen In se ln habe ich ü b e rh a u p t kein ganzschwänziges S tück dieser
hübschen Eidechse in den H än d en gehabt; von 10 E x em p la ren des Ablepharus boutonii
poecilopleurus, die S n y d e r (1917, S. 25) von d e r In se l L ay san erw äh n t, h a tte ke in einziges
einen n ic h t v e rle tz ten Schwanz. Nach B o e t t g e r (1913, S. 328) weist au ch Zono-
saurus madagascariensis, ein V e rtre te r d e r Gerrhosauriden, a u f Isle a u x P ru n e s (Ost-
Madagaska r) ü b e rau s häufig einen Stummelschwanz au f, tro tz F ehlens a lle r Feinde.
Mit d e r S p ä rlic h k e it, ja soga r oft völligem Mangel von Fe in d en d e r Eidechsen au f
vielen k leinen E ilan d e n scheint n u n die g roße S e ltenheit völlig u n v e rle tz te r Schwänze
bei diesen Geschöpfen in einem re c h t m erkwürdigen W id e rsp ru ch zu stehen. Man könnte
höchstens ein p a a r V ogelarten fü r einzelne Schwanzregenerate v e ran tw o rtlich machen, so
etwa den Rötelfalken (Falco naumanni) oder den E leonorenfalken (Falco eleonorae) au f
einigen m ed ite rran en Inse ln oder die Spottdrossel Nesomimus a u f den Galapagos; ab e r die
so au ffä llig e Häufigkeit dieser E rsch e in u n g w ird d ad u rch ganz bestimmt n ich t e rk lä rt.
Indessen findet dieses R ä tse l seine Lösung, wenn w ir an die au ß e ro rd en tlich große U n v
e rträ g lic h k e it vieler Inselechsen denken, fe rn e r an die e rb itte rte n Kämpfe, die die Männchen
z u r P a a ru n g sz e it au s fü h ren , u n d endlich an den Kannibalismus, u n te r dem die J u n g tie
re se h r zu leiden haben.
E igentümlicherweise g ib t es auch Inselschlangen, bei denen ve rle tz te Schwanzenden
ungewöhnlich häufig sind: die Galapagos-Nattern der G a ttu n g Leimadophis. Namentlich
a u f den In se ln J am e s u n d B a rrin g to n feh lt diesen Schlangen die Schwanzspitze ü b eraus
häufig (zuweilen bei ü b e r 90%). Da n u n diese N a tte rn sich gegenseitig ganz sicher n ich t
bekämpfen, so muß h ie r wohl ta tsä ch lic h an Verletzungen d u rch Vögel g edacht werden;
und zwar scheint a u f den Galapagos d a fü r die G a ttu n g Nesomimus in B e tra c h t zu kommen:
S l e v in (in V a n De n b u r g h 1912a, S. 346) h a t nämlich beobachtet, daß diese Vögel
bisweilen so lange an den Schwanzspitzen d e r TVopidwrws-Eidechsen herumbeißen, bis ein