gegenüber. A u f den westindischen Inseln zeichnen sich u n te r den Eidechsen namentlich
die Gattu n g en Anolis u n d Ameiva durch eine riesige Fo rm en fü lle gegenüber dem z e n tra lamerikanischen
Festlan d e aus: e rste re h a t n ich t weniger als 80, letztere 27 systematisch
v alide Inselfo rmen ausgebildet. Im östlichen Teile des In d o au stra lisch en Archipels sin d es
v o r allem die Scinciden, n amentlich die große Gruppe der Lygosoma-artigen, die einen
ungeheuren Re ichtum an In selformen entwickelt haben. Von 35 Rassen d e r k leinen G la ttechse
Ablepharus boutonii, die ich in meiner monographischen B e a rb e itu n g dieses F o rm e n kreises
u nterschieden habe (1931), kommen nich t meh r als 4 a u f dem Festlan d e (3 in
A n stra lien , 1 in A frik a ) vor; die ü b rig en 31 sind ausschließlich in su la r.
In allen diesen Beispielen, d eren Z ahl sich leich t v e rm eh re n ließe, k e h r t also immer
das gleiche Bild wieder: lebt eine A r t a u f einer Inse lg ru p p e , so sp a lte t sie sich — ad äq u a te
Lebensbedingungen vorau sg e se tz tH - n ich t selten in viele Fo rm en au f, die oft f ü r das kleinste
E ila n d bezeichnend sind; u n d dieser F ü lle von Rassen a u f In se ln stehen o ft n u r ganz wenige
Fo rm en au s gleichen Verwan d tseh a ftsg ru p p en a u f dem F e stlan d e gegenüber. Dieser Befund
scheint n u n ta tsä ch lich d a fü r zu sprechen, daß schon die räum lich e Sonderung p e r se
als v a ria tio n sfö rd e rn d e r bzw. varia tio n se rz eu g en d e r F a k to r wirk sam sei. Denn n ich t das
Leben a u f In se ln als solches scheint ja dabei wesentlich zu sein, sonde rn die r ä u m l i c h e
S o n d e r u n g , d. h. d e r Umstand, daß die T ie re von ih r e r S tammpopulation iso lie rt sind.
Sind nämlich die Organismen a u f In se ln n ich t absolut abgesondert, so kommt es in viel
geringerem Grade oder g a r n ich t zur Ausbildung in su la re r Rassen oder A rten . Das sahen
w ir schon bei d e r Be sprechung der polynesischen H e rp e to fau n a : die 6 oder 7 in diesem
u n g eheuren Inselmeer vorkommenden E ide eh sen a rten au s d e r F am ilie d e r Haftz eh e r und
Glattechsen an d e re Gruppen sind d o rt n ich t v e rtre te n -— lassen sich ü b e rau s leich t von
Insel zu In se l verschleppen; tro tz ih re s Insellebens sind also diese Geschöpfe dem Einfluß
der Iso la tio n p ra k tisc h g a r n ic h t ausgesetzt u n d haben auch, in Ü bereinstimmung damit,
so g u t wie nirgends in diesem ausgedehnten A re a l indigene Inselfo rmen ausgebildet. Es
kommt also bei der E n tw ick lu n g in su la re r Fo rm en a u f die sog. V a g ilitä t d e r Geschöpfe an
(s. S. 52), a u f die F ä h ig k e it des Ortswechsels oder besser d e r Ü berwindung von V e rbre
itu n g ssch ran k en ( D ö d e r l e i n , 1902, S. 434). Die Höhe d e r V a g ilitä t is t um gekehrt
p ro p o rtio n a l der A usbildung in su la re r Formen: je g rö ß e r also die V a g ilitä t ein e r A r t ist,
desto g e rin g e r wird ih re Neigung zu r A u fsp a ltu n g in in su la re Rassen sein.
Als a rtb ild e n d e r F a k to r is t die räumlich e Sonderung n a tü rlic h n ich t ausschließlich
a u f In se ln wirksam; a u c h a u f d em F e s t l a n d e k a n n sie ih re n formnmbildenden E in fluß
in gleicher Weise ausüben. A u f Gebirgsgipfeln oder in T ä le rn , in Steppengegenden
oder in W ä ld e rn können viele L and tie re , in Seen oder F lu ß läu fe n zahlreiche aq u a tile Organismen
ih rem Einfluß g rundsätzlich genau so ausgesetzt sein wie die Bewohner der meeres-
umspülten E ilande , und fü r besonders weitgehend stenotope T ie re h a t oft schon d e r kleinste
Lebensraum die Bedeutung einer „ In se l“ . Im allgemeinen tre te n die V e rb re itu n g ssch ran k en
f ü r te rre s tris ch e Geschöpfe s tä rk e r in E rsch e in u n g als fü r aq u a tile : vie lle ich t findet d a d
u rch die b ekannte Tatsache, daß die A rten fü lle u n te r den L an d tie ren g rö ß e r is t als u n te r
den Meeresbewohnern, ih re E rk lä ru n g (D ö d e r l e i n, a .a .O . S. 425).
Viele ko n tin en ta le Herpe to fau n en lassen ih re r Zusammensetzung nach au fs deutlichste
erkennen, daß sie län g e re Zeit dem Einflüsse der Isolation ausgesetzt w aren bzw. noch
heute ausgesetzt sind. So h a t z. B. die re ch t a rte n a rm e R ep tilien fau n a d e r Ha lbinsel K rim
noch d u rch au s einen in su la ren C h a rak te r, d e r sich zwar weniger in den Endemismen m an ife
stie rt a ls im F eh len mancher, sonst w e itv e rb re ite te r Formen (z. B. Anguis fragilis,
Lacerta viridis). Auch die H e rp e to fau n a d e r Apenninischen Ha lbinsel lä ß t den Einfluß
räum lic h e r Sonderung erkennen, indem auch d o rt eine re c h t au ffä llig e A rte n a rm u t
h e rrs ch t: es fe h lt z. B. die sonst in allen Mitte lm e e rlän d e rn v e rb re ite te u n d häufige
Eidechsenna,tter (Malpolon monspessulanum) m it Ausnahme des westlichsten L ig u rien
dieser Halb in se l völlig. Andere K o n tin en ta lfau n en fa llen wiederum d urch einen a u ß e rgewöhnlich
hohen P roz entsatz von Endemismen au f, eine E rscheinung, die ebenfalls aufs
Konto d e r räum lic h en Sonderung zu setzen ist. So h a t z: B. F . S a r a s i n (1910, S. 9 ) als
e rs te r a u f den in su la ren C h a rak te r d e r F a u n a Südwest-Indiens hingewiesen; ’denn von
253 R eptilien- u n d Amphibien-Arten, die m an in diesem Gebiete gefunden h a t, sind nich t
weniger als 136, d. h. meh r als die H ä lfte , fü r dieses A re a l endemisch. Ohne also durch
einen Meeresarm in d e r Gegenwa rt vom üb rig en Vord e rin d ien iso lie rt zu sein, v e rh ä lt sich
dieses Gebiet „ in se iner K rie ch tie rw e lt noch in su la re r . . . als die In se l Ceylon“ (F. S a r a s
i n, a .a .O .). E s is t höchst wahrsche inlich, daß dieses A re a l in frü h e re r Zeit (Kreide bis
A ltte r tiä r ) vom ü b rig en K o n tin en t iso lie rt wa r, wäh ren d es m it d e r In se l Ceylon, m it der
fau n istise h eine weitgehende Ü b ereinstimmung besteht, lan g e Zeit eine E in h e it bildete.
N a tü rlich k a n n die räum lich e Sonderung au ch d urch V e r s c h i e d e n h e i t d e r B i o t
o p e in n e rh a lb eines einzigen A reals an ch bei R e p tilien zu r Geltung kommen. So habe
ich kü rz lich d a ra u f hingewiesen, daß die T ie rwelt d e r n o rd a frik an isc h en Oasen sich ganz
ähnlich wie a u f In se ln v e rh ä lt; denn es g ib t eine ganze Anzahl c h a rak te ristisch e r Oasentie
re , die im eigentlichen Wüstenbiotop ebensowenig angetroffen werden wie ein au sgesprochenes
L a n d tie r m itten im Ozean. Dazu gehören z. B. verschiedene Amphibien,
Schildkröten u n d Schlangen, deren Vorkommen an das Wasser gebunden ist; fe rn e r manche
Eidechsen wie z. B. Mabuya vittata. Obwohl es sich bei den Oasen um — vom geologischen
S tan d p u n k te — ganz jun g e Biotope han d e lt, so zeigen sie doch schon die E in w
irk u n g d e r räum lic h en Sonderung a u f den Rassenwandel in ein e r re c h t au ffä llig en
Weise. So berich ten W a l l i s & M o s a u e r (1930) g erade von Mabuya vittata, daß diese
Echse m d e r tunesischen Oase Tozeur ste ts eine kaffe ebraune G ru n d fa rb e u n d sc h a rf au sg
ep räg te L än g sstre ifu n g zeige; in d e r ebenfalls tunesischen Oase Gabes dagegen ist „die
Gru n d fa rb e heller, lehmfa rb en u n d die Zeichnung v erwaschener“ . Noch au g en fä llig e r sind
die Oasenrassen bei d e r Wasserschildkröte Olemmys leprosa: „Die Tie re au s Gafsa haben
d unkelbraunen, einfa rb ig en Rückenpanzer, die aus Gabes hellen, gelblichen P an z e r, dessen
einzelne Schilder dunkel ge säum t sind; junge Tie re zeigen besonders au sg ep rä g te ro te
Fleckenzeichnung, die bei a lten undeu tlich w ird .“
In n e rh a lb d e r r ä u m l i c h e n Sonderung können w ir also eine re in geographische (bzw.
topographische) d e r edaphischen gegenüberstellen. Die geographische Sonderung kommt im
allgemeinen d u rch Verschiedenheit g anzer A reale zu r Geltung; u n d auch die in su la re Isola
tio n g eh ö rt in diese Ka tegorie. Dagegen b e ru h t die edaphische Son d e ru n g a u f d e r Man-
m g fa ltig k e it d e r Biotope in n e rh a lb eines einzigen Areals. Die räum lich e Sonderung ist
übrigens n ich t etwa gleichbedeutend m it Iso la tio n im allgemeinen; sie is t v ielmehr n u r eine
besondere K a teg o rie davon. Denn es g ib t ja in der N a tu r au ch eine Iso la tio n ohne jede
räum lich e Sonderung, die w ir im Gegensatz zu r räum lic h en als p h y s i o l o g i s c h e bezeichnen
wollen. Ih re a rtb ild e n d e Bedeutung is t n a tu rg em äß ebenso groß wie die der
räum lic h en Sonderung. Auch h ie r k a n n m an zwei K a teg o rien unterscheiden: die etholo-
gische u n d die sexuelle Isolation. E rs te re w irk t in d e r H au ptsache d urch eine Divergenz
in d e r Lebensweise, indem z. B. nahe v e rw an d te F ormen eine verschiedene A k tiv itä ts periode
h aben oder ab e r in verschiedenen J a h re s z e iten zu r Fortp flan zu n g schreiten; letztere
Zoologien. Hefl 84.