sen I rr tum h a t E i m e r sp ä te r selbst e rk a n n t u n d seine Schutztrach th y p o th e se en tsp re chend
ab g eände rt: nunm eh r n ahm e r an, daß die „A n passung“ d e r schwarzen Eidechsen
lediglich an die dunklen S p a lten und Risse des hellen Gesteins e rfolgt sei, das wegen P fla n zenmangels
diesen T ie ren keinen an d e ren Schutz zu bieten vermöge (vgl. S. 124). Ab e r auch
dieser E rk lä ru n g sv e rsu ch is t n ich t h a ltb a r: denn die Iso lie ru n g ein e r S ch u tz fä rb u n g durch
Selektion setzt ja immer ein A u s ro ttu n g sm itte l v o rau s; dieses feh lt ab e r u n d das ist
de r zweite F eh le r im E rk lä ru n g sv e rsu ch E i m e r s — ganz zweifellos a u f dem F araglione-
felsen: die Eidechsen hab en nämlich d o rt so g u t wie g a r k e i n e F e i n d e ! Auch a u f den
meisten an d e ren winzigen E ilan d en , a u f denen sich melanistische Eidechsen in ex tremer
Weise auszubilden vermochten, is t das d e r F a ll. Au f diese bemerkenswerte T atsache ist
schon verschiedentlich hingewiesen worden; auch ich habe in meiner ersten P u b lik a tio n
üb e r den Melanismus bei Eidechsen (1915), in d e r ich die Hypothese ein e r schwarzen
P rim ä r fä rb u n g bei Mauereidechsen aufste llte , die ich sp ä te r (1924) wieder fallen ließ, das
Fehlen d e r Eidechsenfeinde a u f k leinsten E ilan d e n betont. In d e r vorliegenden A b h an d lu
n g h a tte n w ir schon einmal Gelegenheit (vgl. S. 139), diese höchst wichtige E rsch e in u n g
zu besprechen; wir k onnten nämlich feststellen, daß d e r Mangel an Feinden den inselbewohnenden
Rep tilien nich t n u r die Ausbildung eines gedrungenen, schwerfälligen H ab itu s
g e sta tte t, sondern z. T. auch seh r au ffä llig e F a rb k le id e r, zu denen ja auch d e r Melanismus
gehört. Un d da n u n viele Inse ln ig rin o s u n te r den K rie ch tie re n von dem Bodengrund, auf
dem sie leben, sich in d e r a u f f ä l l i g s t e n We i s e a b z u h e b e n pflegen — au ch fü r diese
E rsch e in u n g haben w ir frü h e r m ehrere Beispiele aus verschiedenen E ide chsengruppen
g en an n t (vgl. S. 124) —, k a n n von einer Schutz fä rb u n g melanistischer In se lrep tilie n
eben n u r in den a llerwenigsten F ä lle n gesprochen werden.
Gegen die v o rh in e rw äh n te S chutzfärbungshypothese E i m e r s sp ric h t übrigens noch
die Tatsache, daß a u f E ilan d e n aus hellem Gestein, die teilweise d u rch Flechtenbewuchs
schwarz getönt sind, melanistische Eidechsen im allgemeinen n ic h t die gerin g ste Bevorzugung
dieser P lä tz e zeigen. So lau fen beispielsweise die seh r d unklen In d iv id u e n der
Lacerta filfolensis filfolensis a u f der teilweise m it schwarzen Fle ch ten überzogenen Filfola-
K lip p e bei Ma lta g erade a u f der hellen P la ttfo rm herum, wo die Fle ch ten fehlen. E in e
Ausnahme in dieser Beziehung s te llt vielleicht n u r die frü h e r meh rfa ch erw äh n te G la ttechse
Emoia arundelii von dem C lipperton-E iland im Pazifischen Ozean d a r, die angeblich
g e rade a u f dem schwarzen E ru p tiv g e s te in , das sich a n dieses k leine Atoll u nm itte lb a r
anschließt, besonders häufig sein soll.
Soweit die F ä rb u n g in su la re r Rep tilien m it d e r Umgebung ü b e re in stim m t — wir
haben ja gesehen, daß sie n ich t n u r eine Tendenz zu r V e rd ü ste ru n g a u f weist, sondern zuweilen
auch zu r A u fhellung d ü rfte sie in d e r Regel eine S ch u tz tra ch t d a r stellen, d. h.
a u f F einde gemünzt sein. Auf g rößeren In se ln kommen als F einde der K rie c h tie re in der
Hau p tsa ch e andere, s tä rk e re A rte n der gleichen Verwandtsch a ftsk re ise sowie einige
Vogel- u n d S äu g e r a rte n in Be tra ch t. In diesem Zusammenhänge sei noch einmal an die
höchst bemerkenswerte F ä rb u n g d e r Eidechse von der ad ria tisch en In se l Pelagosa Grande
(Lacerta sicula yelagosae) e rin n e rt: sie zeigt eine ü b e rra schend weitgehende Ü bereinstimmung
m it d e r g rü n silb e rn en Vegetation dieses Eilande s. Ganz zweifellos is t es eine Schutztra
c h t, d a a u f dieser kleinen Inse l auch die eidechsenfressende Z o rn n a tte r, Coluber viridi-
flavus carbonarius, lebt; a u f dem b en achba rten E ilan d Pelagosa Piccola dagegen, wo jene
N a tte r fehlt, weist die Echse (Lacerta sicula adriatica) eine gleichmäßige V e rd ü ste ru n g
ih re r F a rb tö n e auf.
Wenn also von ein p a a r Ausnahmen abgesehen — n ich t in d e r Schutzfärbung,
worin k önnte d an n der Nutzen des in su la ren Melanismus bestehen? Ich glaube, daß au f
Inseln, u n d zwar ganz besonders a u f den kleinsten E ilan d en , d e r S elektionswe rt der
Schwarz fä rb u n g a u f dem h o h e n A b s o r p t i o n s v e r m ö g e n d e s s c h w a r z e n P i g m
e n t e s f ü r W ä r m e s t r a h l e n b e ru h t. Denn ein d unkelgefärbte s R e p til v e rm ag die
W ä rm e strah len weit besser auszunutzen und so zur E rh ö h u n g d e r K ö rp e rtem p e ra tu r e r heblicher
b e izutragen als ein hellgefärbtes, d a ja u n te r allen F a rb e n Schwarz die höchste
A u fn ahm e fäh ig k e it fü r W ä rm e besitzt; nach H e s s e (1924, S. 518) is t sie bei schwarz
fa s t doppelt so gro ß wie bei g rü n en F a rb tö n en . Das is t n a tü rlic h fü r ein Wechsel warmes,
a u f die Sonnenwärme in so hohem Maße angewiesenes Geschöpf wie ein R e p til ü b eraus
wichtig, besonders wenn es a u f einmal u n te r T em p e ra tu rv e rh ä ltn issen zu leben gezwungen
ist, die keine so hohen W ä rm eg rad e e rre ichen wie frü h e r, als es von seinem M u tte rbestande
noch n ich t s e p a rie rt wa r. Daß dieser Z ustand g erade fü r die kleinsten E ilan d e
des Mittelmeeres m it seh r g ro ß e r Wah rsch e in lich k e it zu trifft, wurde schon im anderen
Zusammenhänge e rö rte r t (vgl. S. 128): d e r E influß des Meereswassers sorg t au f den Inseln
zwar fü r eine gleichmäßige, milde T em p e ra tu r, die ab e r zweifellos u n te r dem d u rch sch n ittlichen
Optimum fü r diese wechselwarmen Tie re in den w ärmeren Gebieten liegen d ü rfte ,
indem die extremen W ä rm eg rad e d urch die abkühlende W irk u n g des Meereswassers nich t
in dem Maße e rre ic h t werden wie a u f dem F estlande . Zu berücksichtigen is t fe rn e r, daß
viele schwarze In se lk rie ch tie re a u f einem ganz hellen Boden leben, also a u f ein e r U n te rlage,
deren W ä rm e k a p a z itä t r e la tiv gering ist. Die gleichen Verh ä ltn isse machen sich
n a tü rlic h au ch oft a u f den In se ln d e r Tropenzone geltend. Üb e r die d u rchschnittlichen
T em p e ra tu ren a u f den Galapagos, a u f denen der Melanismus bei seh r verschiedenen T ie ren
zum Ausd ru ck kommt, sa g t z. B. D a r w i n (1845): „ In A n b e tra ch t dessen, d aß diese Inseln
u nm itte lb a r u n te r dem Ä q u a to r liegen, ist das K lim a d u rch au s n ich t heiß; dies scheint
h au p tsä ch lich eine Folge d e r eigentümlich n ied rig en T em p e ra tu r des umgebenden W a sse
rs zu sein, das von dem g roßen Südpo la rstrom h ie rh e r geb ra ch t w ird “ . A u f sehr heißen
In se ln d e r Tropenzone, z. B. a u f Sokotra , k a n n dagegen d e r Melanismus n a tu rg em äß k e inen
wärmereg u la to risch en Selektionswe rt haben; dementsprechend t r it t er auch a u f d e ra
rtig e n In se ln weit se ltener oder g a r nich t in E rscheinung. A u f d e r an d e ren Seite wird
ab e r die S chwarzfärbung au ch bei inselbewohnenden K rie ch tie re n d e r k ä lte re n Meere
n ich t beobachtet: denn d o rt is t ja das milde Inse lk lima fü r die p oikilothermen Lebewesen
in den a llermeisten F ä llen n ich t u n g ü n stig e r, sonde rn im Gegenteil fö rd e rlich e r als au f
dem ben a ch b a rten F e stlan d e m it seinem ganz k u rzen Sommer u n d strengen Winter.
Wie ü b e rau s wichtig ein dunkles F a rb k le id a ls Wärmespe icher fü r die K rie ch tie re
sein muß, lehren verschiedene Eidechsen aus den F am ilien der Gekkoniden, Aga miden,
Ig u an id en und einigen anderen, die b e fäh ig t sind, ih re F ä rb u n g ra sch zu än d e rn . Man kan n
beispielsweise leicht beobachten, daß ein Mauergecko (Tarentola mauritanica) oder ein
Dornschwanz (Uromastyx acanthinurus) — Eidechsen, die gewöhnlich h e llg rau g e fä rb t
sind — in den e rsten S tra h le n der Morgensonne allmäh lich ganz dunkel, ja fa s t schwarz
werden. S te ig t ab e r die T em p e ra tu r so erheblich an, daß es den T ie ren zu heiß wird, so
geh t die d unkle F ä rb u n g re c h t plötzlich in eine ganz helle über: d e r Farbwechse l h a t also
fü r diese Geschöpfe eine deutliche w ärmeregulatorische F u n k tio n ; a n dieser Bedeutung
de r Melanophoren fü r Rep tilien (und Amphibien) h a lten auch die n eueren U n te rsu ch u n gen
von K r ü g e r & K e r n (1924) fest. Zu einem raschen Farbwechsel sind alle rd in g s n u r