ben achba rten Kolonien sind ab e r häufig so g e rin g , d aß es unmöglich die Aufgabe der
S y stem a tik sein kan n , jede einzelne „F o rm “ . . . m it einem besonderen lateinischen Namen
zu belegen, denn d ad u rch wird d e r Überblick u n d das V e rstän d n is n ic h t e rle ich te rt, sonde
rn höchstens erschwert. E s k a n n sich n u r d a rum h andeln die H au p tfo rm en m it besonderen
Namen zu belegen und ih r gegenseitiges p h yletische s V e rh ä ltn is festzustellen, gleichviel
ob eine solche H au p tfo rm n u r a u f einem Inselehen vorkommt oder ein großes V e rb re itungsgebie
t besitz t“ . Au f d e r an d e ren Seite v e rm ag ich ab e r auch denjenigen Herpetologen
d e r n eueren Zeit ganz und g a r n ic h t zu folgen, die ü b e rh a u p t keine Rassen u n te rsch e iden
wollen bzw. können.
Denn eine V e rn achlässigung
d e r u n te rste n systematischen
Kateg o rie is t ja gleichbedeutend
m it ein e r völligen V e rk
en n u n g ih r e r hohen Bed
eu tu n g fü r die gru n d leg en d sten
Probleme der Deszendenzlehre!
Wie K ämme r e r (1926)
speziell fü r d a lmatinische
Inselechsen fe stgestellt h a t,
zeigt die in su la re V a ria b ilitä
t d e r Rep tilien im a llgemeinen
eine re c h t d eu tliche
b i po l a r e Ri cht ung.
Schon die seh r bedeutende
V a ria tio n sb re ite bestimmter
Merkmale a u f einem E ilan d
und ih re seh r g eringe a u f
einem anderen, u nm itte lb a r
b enachba rten, is t ja d u rch au
s eine ch a rak te ristisch e
in su la re E rscheinung. Und
ebenso haben die einzelnen Merkmale selbst eine Neigung zu r A u sbildung entgegengesetzte
r E x trem e , zuweilen soga r a u f einem einzigen E ilan d : neben Riesenformen g ib t es au f
In se ln auch Zwerge, neben d e r Neigung zu r V e rg rö ß e ru n g der Schuppenzahlen auch eine
solche zu ih re r V e rrin g e ru n g usw. Trotzdem kommt die bipolare Tendenz n ich t immer m it
a lle r D eutlichkeit zu r Geltung, weil zumeist d a s eine E x trem üb e r das an d e re d o m i n
i e r t : so ist z. B. in su la re r Riesenwuchs bei Eidechsen offenbar häufiger als Zwergwuchs;
die Neigung zu r Ausbildung eines plumpen H a b itu s kommt häufiger v o r als eine solche
zu r schlanken Körp e rfo rm ; eine V e rm eh ru n g u n d V e rk le in e ru n g d e r Schuppen is t weiter
v e rb re ite t a ls ih re V e rrin g e ru n g und V erg rö ß e ru n g ; eine V e rd ü ste ru n g des F a rb k le id e s ist
bei sehr vielen, eine Aufhellung dagegen n u r bei ganz wenigen In se lrep tilie n zu beobachten.
D urch einige Beispiele au s den verschiedensten K rie ch tie rg ru p p en sei n u n die E r scheinung
d e r bipo la ren V a r ia b ilitä t n äh e r ve ran sch au lich t. F ü r eine solche V a ria tio n stendenz
d e r G e s a m t g r ö ß e inselbewohnender Eidechsen haben w ir ja bereits a u f S. 67
m eh re re Beispiele kennen gelernt; ih re Reihe sei h ie r noch durch folgende v e rm eh rt. Die
Chuckwalla (Sauromalus ater), ein h e rb iv o re r L eguan aus dem westlichen Nordamerika ,
e rre ic h t eine Ko p f + Rumpf-Länge von 210 mm und eine Schwanzlänge von 215 mm. Von
den 4 In selformen dieser G a ttu n g kommt in der Ko p f + Rumpf-Länge n u r slevini (Inseln
Monserrate, Ca rmen u n d Coronado) d e r k o n tin en ta len Fo rm gleich. Die ü b rig en sind e n tweder
b e trä ch tlich k le in e r oder ab e r g rö ß e r; u n d zwar zeigen sie folgende Maße:
Kopf -J- Rumpf Schwanz
Sauromalus lownsendi 166 mm
g g S hispidus 298 mm 305 mm
„ varius 314 mm 340 mm
Ganz ähnliche Beispiele kennen w ir auch von den m ed ite rran en Insel-Lazerten. So
h a t z- B. Lacerta lilfordi a u f den Ba le a ren -In se ln P la n a u n d H o rad ad a je eine melani-
stische Rasse ausgebildet, die sich ab e r d u rch ih re Dimensionen seh r erheblich unte rsch e iden:
a u f P la n a is t sie se h r klein, a u f H o rad ad a dagegen groß. In n e rh a lb des F o rm e n kreises
von Ablepharus boutonii kommen neben ausgesprochenen Riesenformen auch re ch t
bezeichnende Zwergformen v o r; die L änge von Kopf + R um p f schwankt bei den einzelnen
Rassen zwischen 35 u n d 54 mm. Über 50 mm werden die beiden Rassen nigropunctatus
von Bonin u n d ahli von d e r In se l Mocambique; a ls große Rassen sind auch folgende zu
bezeichnen: poecilopleurus (49,5 mm), caudatus (48,5 mm), ater (47,5 mm), burdeni
(47 mm); ausgesprochen klein sind dagegen: novo-hebridicus (37,5 mm), aruensis (36,5 mm),
rutilus (35,5 mm). Zwei in ih re n Dimensionen ex trem e R assen ste llt u n se re F ig . 19 d a r.
Sogar a u f ein e r einzigen In se l k a n n eine Species zum Riesenwuchs, eine andere aber
zum Zwergwuchs neigen. So zeigen z. B. die beiden H a ftz eh e r Heteronota binoei und
Peropus variegatus a u f den Monte-Bello-Inseln, la u t M o n t a g u e (1914,S .641), seh r v e rschiedene
Größen: e rs te re r is t d o rt m it 103 mm Gesamtlänge (s ta tt 80) a ls eine Riesenform,
le tz te re r m it 87 mm (s ta tt 147) als eine Zwergform zu bezeichnen. Und noch bemerkensw
e rte r is t das V e rh a lten von zwei an d e ren Gecko-Arten a u f ein e r einzigen Insel. Au f So-
k o tra is t Phyllodactylus riebeckii m it 255 mm Gesamtlänge die größte Species der gesamten
Gattung, wäh ren d d e r n u r 53 mm lan g e Hemidactylus pumilio a u f d e r g l e i c h e n
In se l eine d e r kleinsten A rten d e r Ga ttu n g ist. E s k a n n also n ich t besonders ü berra schen,
daß sowohl die a lle rk le in sten wie auch die grö ß ten Eidechsen heu te g e rade a u f E ilan d en
Vorkommen. Auf Cuba, H a iti u n d Islan d of P in e s lebt ein zw e rg h a fte r Gecko Sphaerodac-
tylus elegans, dessen Gesamtlänge 34 mm (Schwanz 17 mm) k aum ü b e rsch re ite t, u n d von
d e r madagassischen Insel Nossibe is t ein winziges Chamäleon Brookesia minima bekannt,
das soga r n u r 32 mm (davon 12 mm a u f den Schwanz) lan g wird: das sind die kleinsten
Eidechsen, die w ir kennen. Diesen ste h t n u n der mächtige Varanus komodoensis von den
Kleinen Sunda-Inseln Komodo, R in tja , P a d a r u n d F lore s gegenüber, der m it seinem
schweren und re c h t plumpen, etwas üb e r 3 m langen K ö rp e r als die g rö ß te rezente Eidechse
zu bezeichnen ist.
Ähnlich v e rh a lten sich auch die Va ria tio n en , die das Skelett (vgl. S. 98—99) und
besonders den H a b i t u s d e r inselbewohnenden K rie ch tie re betreffen. Von der formosa-
nischen Agame Japalura swinhonis stammen sowohl J. mitsukurii von d e r Insel Botel
Tobago wie au ch J. polygonata von den R iu k iu ab: während ab e r diese k ü rz e re Gliedmaßen
und g e rin g e re Gesamtkörpergröße h a t als swinhonis, zeichnet sich jene durch
schlankere K ö rp e rfo rm u n d bedeutendere Größe aus. Auch die V a ria tio n en d e r Kopfform
sind bei Inselechsen b ip o la r gerich te t: bei F o rm en d e r Ga ttu n g Sphaerodactylus u n d bei
Rassen von Ablepharus boutonii haben sich spitz- u n d stumpfschnäuzige, hoch- und flach