Mucophrya pelagica Gajewskaja (Abb. 164, 165).
E in e neue G a ttu n g u n d A r t au s dem Baikalsee, k u rz von m ir in ein e r vorläufigen
Mitte ilu n g im J a h r e 1928 beschrieben.
Seh r ch a rak te ristisch e s plan k tisch e s S uktor.
Seine H au p tm e rkm a le sind: K ö rp e r ungleichmäßig geformt, ab g e ru n d e t dreieckig
oder herzförmig. D e r K ö rp e rum fan g , nach dem max ima len Durchmesser bestimmt,
schwan k t zwischen 65—110 [x. Das P la sm a des K ö rp e rs is t g ro bkörnig, von hellgelber
F a rb e . Der ganze K ö rp e r des In fu so rs is t m it ein e r dicken, farblosen u n d seh r durch sich tig
en Schleimschicht bedeckt. L etztere besteht au s 2 Schichten, d e r dickeren und weniger
k ompakten in n e ren u n d d e r dünnen äu ß e ren , komp ak ten Schicht, die s tä rk e r lich tb re chend
ist. An lebenden In fu so rien kommt die Doppelschichtigkeit d e r Hü lle n ic h t immer
k la r zum Vorschein; sie is t am besten a n m it Alkohol fixie rten E x em p la ren b emerkbar.
Die Schleimhülle is t von sp h ä risch e r F o rm und v e rle ih t dem In fu so r im ganzen das Aussehen
ein e r Kugel. Die Dicke d e r ganzen Hü lle schwankt zwischen 40 u n d 70 jx, die der
ä u ß e ren Schicht von 8— 30 {X. Somit k a n n der Um fan g des ganzen In fu so rs m it der
Schleimhülle zusammen bei den g rö ß ten E x em p la ren 150— 180 {x erre ichen. Von dem
K ö rp e r des In fu so rs gehen strah len fö rm ig zahlreiche — 40—50 S tück — feine u n d biegsame
T entakel aus, die d u rch S au g n äp fe gek n ö p ft sind. Die T entakel sind ü b e r den g an zen
K ö rp e r v e rte ilt u n d sitzen einzeln au f; n u r h in u n d wieder findet m an sie ohne jeg liche
Regelmäßigke it zu B ünde ln von 4— 6 Stück v e re in ig t. Die T en tak e l sind ä u ß e rs t kontra
k til. Sie können eingezogen u n d zu einem k le in en (gegen 5 [x) Hü g e l a u f dem K ö rp e r
des S u k to rs k o n tra h ie rt u n d wiederum schnell in einen feinen F ad en bis 200 |x au sg
e s tre ck t werden. Dabei können die T en tak e l le ich t u n d schnell durch die den K ö rp e r um gebende
Schleimhülle d u rch d rin g en . D e r K e rn is t ab g erundet, z e n tra l angeordnet; neben
ihm liegen 2 kleine, k ugelförmige Mikronuklei.
Über die T e ilung d e r Mucophrya pelagica können w ir n u r wenig b e richten, da d e ra
rtig e Beobachtungen u n te r den Bedingungen d e r E x p ed itio n seh r schwierig sind. In
einigen F ä lle n jedoch k onnte man allem Anschein nach bei diesem In fu so r den Prozeß
ein e r äu ß e ren Knospenbildung w ahrnehmen: d e r ein wenig v e rlä n g e rte K ö rp e r wurde
in zwei ungleiche Teile zersch n ü rt, wobei am k le in e ren die T entakel eingezogen erschienen.
Beide In d iv id u e n lag en d ich t neben e in an d e r in einer gemeinsamen Schleimhülle;
den A u s tr itt des Wimperembryo oder die vollkommene T eilung beider In d iv id u e n zu beobachten
gelang u n s nicht.
E in e pulsie ren d e Vakuole lieg t a n d e r Seite.
Von großem In te re s se sind die Ruhe zysten bei M. pelagica. Die Hü lle d e r Zyste h a t
die F o rm eines F allschirms. Ih re Höhe b e trä g t 35 (x, d e r Durchmesser ih re r u n te ren Öffn
u n g 130 fx; sie is t ä u ß e rs t d urchsichtig, g la s a rtig und b e steh t au s 2 Wänden. Die obere,
äu ß e re , gewölbte W an d e rsche int vollkommen g la tt u n d h a t die regelmäßige F o rm des
Kugelsektors; die u n te re , in n e re W an d jedoch is t eingebogen und h a t eine s a n ft gebogene
we llenartige Oberfläche. I h r u n te re r R a n d is t v e rd ick t und tr ä g t eine zackige schmale
K an te . Der z en tra le Teil is t geneigt, u n d in diesem z en tra len Raum, d e r sich zwischen
d e r oberen und u n te ren Wan d des F a llsch irm s bildet, befindet sich d e r eigentliche K ö rp
e r d e r Zyste. E r h a t die F o rm ein e r Kugel, die ein wenig von oben nach u n te n a b g ep la tte
t is t und deren Durchmesser 30 ¡x. b e trä g t; die K ö rp e rfa rb e is t gelblich g rau . D e r ru n d e
K e rn is t z en tra l gelegen. Der eigentliche K ö rp e r d e r Zyste is t in eine deutlich u n te r scheidbare,
s ta rk lichtbre chende Hü lle gekleidet. Beim A u s tr itt des S u k to rs öffnet sich
die F a llsch irm h ü lle d e r Zyste von oben, wobei sie eine regelmäßige ru n d e Öffnung von
35—40 (x im Durchmesser bildet, d. h. dieser Durchmesser ü b e rste ig t d enjenigen des K ö rp
e rs d e r Zyste. D e ra rtig e en tle e rte F a llsch irm h ü lsen werden zuweilen im P la n k to n v o rgefunden;
außerdem g e lang es u n s einmal den A u s tr itt d e r Mucophrya au s d e r Zyste zu
verfolgen. Dabei k onnte man wahrnehmen, wie d e r von d e r ihm u nm itte lb a r anliegenden
F a llsch irm h ü lle b e fre ite u n d ins Wasser ge lan g te K ö rp e r schnell eine Scbleimschicht um
sich bildete.
W a s die systematische E in re ih u n g des vorliegenden S u k to rs b e trifft, so g e s ta tte n die
ve rm iß te n „löge“ u n d „coque“ , die zahlreichen, a u f dem K ö rp e r v e rstreu ten T a ste r und
schließlich die ä u ß e rs t wahrsche inliche F o rtp flan zu n g d u rch äu ß e re Knospenbildung, Mucophrya
ohne jegliche Bedenken zu r F am ilie Podop h ry id a e zu zählen.
Als G attungsme rkmale nehmen w ir fü r Mucophrya das Vorhandense in der Schleimhü
lle um den K ö rp e r u n d die ä u ß e rs t ch a rak te ristisch e n F allschirm-R uhezysten an.
Mucophrya pelagica is t auch in den fixie rten P lan k to n p ro b en g u t untersch e id b a r,
dank ih re r g u t k o n se rv ie rb a ren Schleimkapsel. Bei den in d e r hydrobiologischen P ra x is
anw en d b a ren v e re in fa ch ten F ix ie ru n g sm e th o d en d u rch Alkohol oder F o rm a lin zieh t sich
d e r K ö rp e r des In fu so rs zu ein e r K u g e l zusammen, wobei sich d e r g rö ß te Teil d e r Sau g rö
h rch e n einzieht, die Kapsel jedoch g u t e rh a lte n bleibt. Die Z ysten von Mucophrya v e rä
n d e rn jedoch bei d e r F ix ie ru n g ih re F o rm fa st g a r nich t: ih re F a llsch irm h ü lle e rsche int
n u r ein wenig he rv o rsteh en d e r als im lebenden Zustand. Dieser Umstan d is t insofern
von Wich tig k e it, als Mucophrya pelagica als ein gewöhnliches u n d ä u ß e rs t v e rb re ite te s
Elemen t des B a ik a l-P lan k to n s ersch e in t; deswegen is t die R e g is trie ru n g dieser F o rm wie
auch eines an d e ren plan k tisch en In fu so rs, Marituja pelagica, bei den allgemeinen plank-
tischen U n te rsu ch u n g im See von Notwendigkeit.
Allein das V orhandense in ein e r solchen c h a rak te ristisch e n E in ric h tu n g wie die den
K ö rp e r umgebende Schleimhülle u n d d ie fa llsch irm a rtig en Zysten zeichnen Mucophrya
pelagica als re in plan k tisch en Organismus aus, d e r seinen ganzen Lebenszyklus im Biotop
des P e lag ia ls v e rb rin g t. Dieses In fu so r is t dem P e lag ia l des S tammbaikals an g ep aß t
un d wird in den Regionen m it v e rän d e rtem hydrologischem Regime n ich t angetroffen. Im
P e lag ia lg eb ie t des Sees wird sie zuweilen in bedeutender Z ahl getroffen, eine Massenentwicklung
dieser F o rm jedoch, wie dies z.B . bei Marituja pelagica 1927 d e r F a ll war,
k onnten w ir bei Mucophrya k e inm a l beobachten. Die maximale Zahl dieses Suktors, die
w ir im L au fe von 3 J a h re n beobachten konnten, e rre ic h te 15 000 E x em p la re in 1 ccm
Wasser. In q u a lita tiv e r H in sic h t ersch e in t M. pelagica als ebenso p e rfe k te r In d ik a to r fü r
re in e Ba ika lgewässer, wie Marituja. I n dem sehr re ich en tatsä ch lich en M a te ria l, üb e r
das w ir fü r dieses In fu so r v erfügen, w ird n ie ein F a ll verzeichnet, wo Mucophrya auch
n u r u n te r Bedingungen von Ü b e rg an g sc h a ra k te r vorkam, wie z. B. bei d e r E in f a h r t in
seichte Buchten, an der Grenze d e r Vormündungsgebiete, ausgedehnter Seichtwasser usw.
Deswegen k a n n a ls I llu s tra tio n d e r Aufenth a ltsb ed in g u n g en von Mucophrya im Baikalsee
eine beliebige S ta tio n dienen, die im offenen See, wo dieses S u k to r angetroffen wurde,
g emacht wurde. W ir wählen zu diesem Zwecke St. 3210, Region von M a ritu j, 3 km E n tfe
rn u n g vom Ufe r (22. V I. 1927), d a h ie r zugleich auch die maximale Tiefe angegeben
werden kan n , bei der M. pelagica im Ba ika lsee vorkommt, u n d zwar 500 m.