In bezug a u f den T em p e ra tu rfa k to r k a n n m an in d e r gegebenen In fusoriengeme insch
a ft zwei H a u p tg ru p p e n unterscheiden: die wärmeliebenden u n d die e u ry th e rm en F o r men.
Zu den e rsten können gestellt werden: Cyclotrichium viride, Burselia spumosa, Epi-
stylis rotans u n d Zoothamnium limneticum. Das F eh len dieser Fo rm en bei n ied rig en W a sse
rtem p e ra tu re n u n d ih r E rs cheinen wäh ren d d e r E rw ä rm u n g sp e rio d en d e r oberflächlichen
Schichten is t a n u n d fü r sich ve rstän d lich .
Die In fu so rien Didinium nasutum, Amphileptus trachelioides, Stentor roeselii, Euplo-
tes harpa, Vorticella monilata u n d Staarophrya elegans sind eu ry th e rm . Von ihnen kommen
ab e r bei den gewöhnlichen n ied rig en T em p e ra tu ren im P e lag ia lg eb ie t in bedeutender
Zahl n u r das R a u b in fu so r Didinium nasutum u n d in g e rin g e re r Menge d e r zoochlor eilen-
trag en d e u n d von au ß en keine N ah ru n g aufnehmende Amphileptus trachelioides vor. Die
ü b rig en A rte n kommen im Pelag ia lg eb ie t bei n ied rig en T em p e ra tu ren seh r se lten u n d in
E inz elexemplaren vor, oder sie bleiben gänzlich aus, wie z. B. Vorticella monilata, die in
dieser Gemeinschaft eine leitende F o rm ist. Die g rö ß te E n tw ick lu n g e rre ic h t ab e r diese
Gruppe, wie b ereits e rw äh n t wurde, in den seichten, g u t d u rchw ä rm te n Be zirken des B a ikalsees.
L eider fehlen u n s die Angaben in bezug a u f diese Be zirke fü r die Winte rp e rio d e .
Nach den Angaben des S ch rifttum s fü r an d e re Becken können sich alle g en an n ten A rten
au ch im W in te rp lan k to n entwickeln, d. h. sie sin d eu ry th e rm . Die gewöhnlichen n ied rig en
T em p e ra tu ren des P elagialgebietes des Baika lsees könnten also k e in H in d e rn is fü r ih re
E n tw ick lu n g in diesem Gebiete sein. Dasselbe k a n n auch in bezug a u f die ü b rig en p h y sikalisch
chemischen F a k to re n g esagt werden, um so meh r, a ls z. B. d e r Gehalt a n Gasen, an
Salzen u n d d e r pH-Gehalt bei d e r E rh ö h u n g d e r T em p e ra tu r sich von ih re n W e rten bei
n ied rig en T em p e ra tu ren im P e lag ia lg eb ie t v e rh ä ltn ism ä ß ig wenig unterscheidet.
W ir sind geneigt, eine von den wesentlichen Ursachen, welche die E n tw ick lu n g dieser
e u ry th e rm en Fo rm en im P e lag ia lg eb ie t des Baikalsees bei nied rig en W a sse rtem p e ra tu -
re n hemmen, in d e r S p ä rlic h k e it u n d im spezifischen C h a ra k te r d e r Nahrung sq u e llen in
diesem Gebiet zu sehen. Diese Seite des biologischen Mediums des Ba ika lsees b erücksichtig
en w ir eingehend bei d e r Be schreibung d e r Be sonderheiten d e r E rn ä h ru n g d e r p e lag ischen
Infuso rien .
E s u n te rlie g t keinem Zweifel, daß die E rn äh ru n g sb e d in g u n g e n wäh ren d d e r E rw ä r mung
sich in q u a lita tiv e r u n d q u a n tita tiv e r Be ziehung bedeutend verbessern. Vor allem
w ird das P la n k to n q u a n tita tiv v ie l reicher, fe rn e r tre te n in ihm ganze Gruppen von N ah rungselementen
au f, die bei nied rig en T em p e ra tu ren ganz fehlen oder in seh r g e rin g e r
Menge Vorkommen. E s entwickeln sich nämlich die E lemente des Zoo- u n d P h ytonanno-
p lanktons, welche fü r die E rn ä h ru n g d e r In fu so rien so wichtig sind; im Mikro- u n d Mesop
lan k to n werden die stäbchenförmigen Melosira u n d die diskoiden, von B örstchen bekleideten
Cyclotella, die fü r das E inschlucken unbequem sind, d urch die bläulich -g rü n en u n d
g rü n e n Algen ersetzt; in den e rw ä rm te n Schichten wurde ste ts eine Zunahme des Gehaltes
a n gelösten u n d susp en d ie rten organischen Stoffen beobachtet, die eine Folge d e r Lebenstä
tig k e it u n d des Absterbens eines reich lich e ren P lan k to n s ist; abgesehen von d e r Bedeutu
n g dieses Umstandes fü r die E rn ä h ru n g , h a t e r wahrsche inlich die Zunahme des Gehaltes
an B a k te rien zu r Folge, die im b aikalischen W a sse r bei nied rig en T em p e ra tu ren
p ra k tis c h fehlen.
Die E rh ö h u n g d e r Ob e rflä chentempera turen im Pelag ia lg eb ie t h a t v o r allen Dingen
d as E rscheinen d e r gewöhnlichen, W ä rm e liebenden Seeformen zu r d irek ten Folge; d a d
urch werden die N ah ru n g s Vorräte der entsprechenden Schicht v e rg rö ß e rt. Als in d ire k te
Folge d e r E rw ä rm u n g w ird die E n tw ick lu n g einiger e u ry th e rm e r F o rm e n möglich, die
gewöhnlich in den spezifischen und sp ä rlich en E rn äh ru n g sb e d in g u n g e n im P e lag ia lg eb ie t
des Baikalsees bei n ied rig en W a s se rtem p e ra tu ren fehlen. Die V e rg rö ß e ru n g d e r Zahl der
P lanktonbewohner w irk t a u f die E rh ö h u n g des Gehaltes a n organischen Stoffen (und,
wahrsche inlich, a u f die E n tw ick lu n g der Bakte rien ), was wiederum die N ah ru n g s Vorräte
d e r entsprechenden Schichten erhöht.
Infolge dessen b ü ß t die F a u n a d e r oberflächlichen Schichten des Pelagialgebietes
w äh ren d dieser k u rzd au e rn d en E rw ä rm u n g sp e rio d en ih re n „baikalischen“ C h a ra k te r ein
u n d e rh ä lt eine Äh n lich k e it m it den gewöhnlichen Seen des g emäßigten Typs. Diese Störu
n g e n entwickeln sich ab e r n u r an d e r Oberfläche, ohne sich weiter in die Tiefe zu v e r bre
iten : schon in ein e r Tiefe von 5—10 m b eh ä lt d e r Ba ika lsee den u n g e stö rten e ig e n a rtigen
C h a rak te r. Beim e rsten genügend sta rk e n Winde, welcher die oberflächlichen Schichten
ab tre ib t, schwindet die ganze kurzlebige „nichtba ik a lisch e “ Gemeinschaft, a n die Oberfläche
tre te n die k a lten b aikalischen Gewässer, u n d d e r gewöhnliche C h a ra k te r des b a ik a lischen
P elagialgebietes w ird hergestellt.
A n d e rs s te h t es fre ilich um die Be zirke des Baikalsees, in welchen die v e rän d e rten
Lebensbedingungen einen b e ständigen C h a ra k te r haben. W ir gehen n u n zu r Beschreibung
d e r Gemeinschaften in d e ra rtig e n Be zirken über.
2. Infusoriengemeinschaft des Pelagialgebietes der Meinen Buchten, tie f eindringender
seichter Baien, der Vormündungsgebiete und der Regionen umfangreicher Seichtwasser.
Von den seichten Buchten*) u n te rsu ch ten w ir die B uchten d e r westlichen K ü s te des
m ittle re n u n d n ördlichen Baikalsees, nämlich: Senogda, Onokotschanskaja, S ljudians-
k a ja , B o g ütschanskaja, M a la ja Kossa, S aworotnaja; fe rn e r die B uchten im Be zirk der
Objchonskije W o ro ta (Olchonsche P fo rte ): T utska ja , B a sa rn a ja , K u rk u tsk a ja , Ukschun,
Pe rev o sn a ja , Zagli, C h a rin -Irg i u n d Mucbor; fe rn e r eine Re ihe von k leinen B uchten in der
g roßen B a rgusin-B ucht, an n ä h e rn d v o n d e r B u c h t Butschonkowa an d e r südlichen K ü s te bis
zu r Mündung des Flusses Makarowa - an d e r nördlichen Küste , welche u n te r stä rk e rem
oder schwächerem E influß des Ba rgusinflusses stehen. E in e we it in s L an d eindringende,
seichte B u ch t is t u n te r den von u n s u n te rsu ch ten die gro ß e T schiwyrkui-Bai. Von den
Seeteilen v o r den F lu ßm ü n d u n g en w u rd en die E inmündungsstellen der g rö ß ten Flüsse
u n te rsu ch t: K itsc h e ra u n d Obere A n g a ra m it dem anliegenden nördlichen seichten Gebiete,
des Selengaflusses m it dem Selenga-Seichtgebiete, die m it ihm in u nm itte lb a rem Zusammenhang
stehenden B uchten: P row a l u n d Isto k sk y Ssor, u n d d e r Be zirk v o r der
Mündung des Bargusinflusses; von den kle in e ren Flüssen: T y ja , Tompa u n d Tscherem-
schanka.
W ir g eb e n ein e k u rz e Beschreibung d ie s e r Gebie te d e s Baikalsees u nd d e r wichtigsten physikalisch-chemischen
Lebensbedingungen in denselben.
Die oben gen an n ten B u ch ten d e r westlichen Küste w e rd en v on d e n Einheimischen als „Lippen“ bezeichnet. Die
g e rin g e Tiefe is t ih r Hauptme rkmal, u n d -obschon • d ie se Lippen in d e r Richtung zum P e lag ialg e b ie t w e it offen stehen,
sind sie durch ih re n seichten C h a ra k te r m e h r geschützt gegen d a s Ein d rin g en d e r k a lten Gewässer des offenen Baikalsees,
selbst wä h ren d d e r Winde u n d Stürme, als d ie schm äle ren u n d w e ite r in s fe ste Land ein d rin g en d en , ab e r tie fe re n Buchten,
wie z. B. d ie Lippe Ajaja.
Die größte von d en g en a n n ten Lippen, Bogütschanskaja, ist z. B. nicht län g e r a ls 2 km, w ä h re n d ih re B reite am
Eingang 3,5—4 km erreich t. In l y , km von d e r we stlichen Küste, d. h. schon in d e r Nähe d e s Au stritts in d en offenen
*) Alles w e ite r u n ten Gesagte b ez ieh t sich a u f d ie Sommerperiode,; w ir h ab e n b e in a h e g a r k e in Material au s d en
ü b rig en Jah resze iten .