Die Gemeinschaft d e r se ichten Bezirke weist in hezng au f ih re Zusammensetzung gemeinsame
Elemente m it d e r Gemeinschaft des L itoralgehietes u n d besonders des P e lagial-
gehietes des H au p tte ils des Baika lsees bei h oher T em p e ra tu r au f; an d e re rse its u n te rsch e idet
sie sich ab e r s ta rk von der Gemeinschaft, die im Pelag ia lg eb ie t des H auptsees hei den
fü r diesen Seeteil gewöhnlichen n ied rig en W a s se rtem p e ra tu ren lebt.
E s kommen n u r einige gemeinsame eu ry th e rm e u n d eu ry to p e F o rm e n v o r, die im
ganzen Ba ika lsee w e it v e rb re ite t sind, nämlich: Didinium nasutum, Amphileptus trache-
lioides, Stentor roeselii u n d Staurophrya elegans, wobei die zwei letzten F o rm e n im offenen
B a ika lsee sehr se lten u n d in ä u ß e rs t g e rin g e r Z ähl Vorkommen. Dieser U nterschied
in d e r Zusammensetzung b eider Gemeinschaften k a n n in g e w i s s e m Ma ß e a u f Kosten
des T em p e ra tu rfa k to rs gesetzt werden.
Ebenso wie die Gemeinschaft, welche sich im P e lag ia lg eb ie t des Baika lsees während
der E rw ä rm u n g sp e rio d en d e r oberflächlichen Wa sserschiehten entwickelt, schließt die I n fu
soriengemeinscha ft d e r seichten Be zirke (im Sommer) in bezug a u f den T em p e ra tu rfak to r
zwei H a u p tg ru p p e n von F o rm en ein: die wärmeliebenden u n d die e u ry th e rm en Formen.
Zu den ersten g eh ö rt eine re la tiv geringe Z ah l von A rten : Cyclotrichium viride, Epistylis
rotans, Tintinnidium semiciliatum, Tintinnopsis tubulosa, Zoothamnium limneticum und,
wahrsche inlich, Tintinnopsis karajacensis. Das Vorkommen dieser A rte n in den g u t d u rch w
ä rm ten Seeteilen und ih r F eh len im P e lag ia lg eb ie t des H a u p tte ils des Ba ika lsees is t bei
den h ie r gewöhnlichen n ied rig en T em p e ra tu ren a n u n d fü r sich v e rstän d lich . Z u r Gruppe
d e r eu ry th e rm en F o rm e n k a n n man folgende A r te n stellen: Amphileptus trachelioides,
Amphileptus claparedii, Bursella spumosa, Didinium nasutum, Didinium balbianii, Epistylis
plicatilis, Frontonia leucas, Leucophrys fluviatilis, Nassula awrea, Phascolodon vorti-
cella, Staurophrya elegans, Stentor roeselii, St, igneus, Strombidium turbo, Tintinnidium,
fluviatile f. typica, Tintinnopsis lacustris, Uronema dubium, Vorticella monilata, V. con-
vallaria, V. nebulifera, V. citrina, d. h. im ganzen 21 A rten . Die Ökologie d e r ü b rig en 7
A rten , die in den seichten Be zirken angetroffen wurden, is t noch n ich t genügend a u fgek
lä rt.
Also d e r g rö ß te Teil d e r A rten , welche die Infuso rien g eme in seh a ft der se ichten Bezirk
e bilden, sin d eu ry th e rm e Formen. Die gewöhnlichen n ied rig en T em p e ra tu ren im P e lag
ia lg eb ie t des Baika lsees kö n n ten an u n d fü r sich k e in H in d e rn is se in fü r die E n tw ick lu
n g d e r g en an n ten A rte n in diesem Seeteil, die ja im P la n k to n v ie le r Seen des eutrophen
Types im L au fe des ganzen J a h re s Vorkommen. Im P e lag ia lg eb ie t des offenen Baikalsees
kommen a b e r v o n den 21 oben genan n ten A rte n in b edeutender Z ahl u n d häufig n u r das
R a u b in fu so r Didinium nasutum u n d das Zoochlorellen-tragende, aus der Außenwelt g a r
keine N a h ru n g aufnehmende In fu so r Amphileptus trachelioides vor, u n d fe rn e r in sehr
kle in e r Z ahl u n d ä u ß e rs t se lten Staurophrya elegans u n d Stentor roeselii.
Wenn w ir in B e tra c h t ziehen, d aß diese A rte n e u ry th e rm u n d viele von ih n en polytop
sind, an d e re rse its aber, daß fü r a lle seichten Bezirke, tro tz d e r g roßen Unterschiede zwischen
ihnen, zwei H au p tb ed in g u n g en gemeinsam sind: die hohe T em p e ra tu r u n d der Re ichtum
a n N ah ru n g , wodurch sich diese Be zirke au ch von dem offenen Ba ika lsee u n te rsch e iden,
u n d schließlich d ritten s , daß einige von den e rw äh n ten A rte n in den oberflächlichen
Schichten des P elagialgebiets des Baikalsees wäh ren d d e r E rw ä rm u n g sp e rio d en au ftre ten ,
die von ein e r q u a n tita tiv e n u n d q u a lita tiv e n Zunahme d e r N a h ru n g sv o rrä te beg le ite !
werden, so scheint es wahrsche inlich, daß das F ehlen dieser e u ry th e rm en F o rm e n im Pelagialgebiet
des Baikalsees u n te r den gewöhnlichen Bedingungen u n d ih re E n tw ick lu n g in
den seichten Be zirken wesentlich d u rch den N a h ru n g sfak to r bestim m t wird.
I n bezug a u f die E rn ä h ru n g is t die überwiegende Mehrzahl d e r Formen, welche diesen
Komplex bilden, omnivor; diese Formen sind E u ry p h ag en , welche a lle H au p tk a teg o r
ie n der N a h ru n g sv o rrä te ausnutzen: das reichliche u n d q u a lita tiv v e rsch ied en a rtig e vegeta
tiv e u n d tie risch e Nanno- u n d Mikroplankton, den D e tritu s u n d wahrsche inlich die gelösten
o rganischen Stoffe, an welchen diese Gewässer v ie l re ic h e r sin d als d e r offene B a ikalsee,
sowie ohne Zweifel die B ak te rien , ü b e r welche noch g a r keine Angaben vorliegen,
die sich abe r, wie w ir m it vollem Re cht annehmen können, u n te r den Bedingungen des
Seichtwassers v ie l in ten siv e r entwickeln müssen a ls im offenen See. Oiuoivore Formen
sin d z. B. alle leitenden Fo rm en dieser Gemeinschaft, m it Ausnahme von d re i Zoochlorelle
n trä g e rn : Amphileptus trachelioides, Bursella spumosa u n d Cyclotrichium viride, die sich
symbiotisch e rn ä h re n u n d a u s d e r Außenwelt g a r ke in e feste N ah ru n g aufnehmen. E chte
R a u b tie re sind n u r wenige A rten , z. B. Didinium nasutum u n d Amphileptus claparedii.
Nach diesem ökologischen Me rkmal unte rsch e id e t sich also die In fusoriengeme insc
h a ft d e r seichten Gebiete ebenfalls von d e r Gemeinschaft des offenen Baikalsees, in der,
infolge d e r q u a lita tiv e n E in fö rm ig k e it u n d d e r ä u ß e rs t spezifischen Nahrnrigseigenschaf-
te n des P lan k to n s, Stenophagen u n d Monophagen v o rherrschen.
W en n w ir schließlich die Zusammensetzung d e r Gemeinschaft d e r seichten Teile des
Baika lsees m it den In fu so rien d e r ü b rig en Becken vergleichen, so e rg ib t sich, d aß erstens
die überwiegende Mehrzahl d e r Formen, die den in Rede stehenden Komplex bilden, näm lich
27 von 34 A rte n , schon aus v ielen Süßwasserbecken des g em äßigten Typs b ek an n t
sind; d re i Fo rm en : Tintinnopsis karajacensis, T. tubulosa Und T. lobiancoi v a r. fusiformis
kommen bis je tz t im Meere u n d in Meeresbezirken vor, in denen das Wasser ausg e sü ß t ist.
Neue A rte n sin d in dieser Gemeinschaft n u r vier, von denen Cyclotrichium brunneum und
Trachelophyllum flavicans n u r sporadisch verkommen, w äh ren d die zwei ü b rig en Arten,
Cyclotrichium viride u n d Leucophrys fluviatilis, fü r die seichten Bezirke des Baikalsees
sehr ty p isch sind u n d sich in ih n en massenhaft entwickeln. Im Gegensatz zu r In fu so rie n gemeinschaft
des P elagialgebietes bei den gewöhnlichen n ied rig en T em p e ra tu ren , ab e r
ähnlich, wie die In fusoriengeme inschaft dieses Gebietes wäh ren d der E rw ä rm u n g sp e rio d en
des Wassers, ist d e r In fusorienkomplex des P elagialgebietes d e r se ichten Bezirke na ch den
ih n zusammensetzenden A rte n wenig e igenartig.
F e rn e r is t zweitens eine Re ihe von Formen, u n d zwar von leitenden F o rm e n dieser
Gemeinschaft, eupelagiseh auch au ß e rh a lb des Baikalsees, in an d e ren Becken, z. B. Am phileptus
trachelioides, Bursella spumosa, Didinium nasutüm, Epistylis rotans, Staurophrya
elegans, Stentor roeselii, Tintinnidium fluviatile, Tintinnidium semiciliatum, Tintinnopsis
lacustris, Zoothamnium limneticum u. a. Diese F o rm e n sin d ch a rak te ristisch fü r
viele Becken von eu trophem C h a rak te r, z. B. fü r den Großen P lö n e r See, B a la to n See,
S p an k au , Pestowo, Ilmen, U n te rp o tz e rn itz e r Teich, Peterhof-Teiche u. v. a. (siehe den
speziellen Teil). E in e Re ihe von an d e ren Formen, wie z. B. Didinium balbianii, Frontonia
leucas, Epistylis plicatilis, Lembus elongatus, Nassula aurea, Phascolodon vorticella, Stentor
niger, Stentor igneus, Strombidium turbo, Uronema dubium, Vorticella monilata, V.
conesoma, V. citrina, V. convallaria, V. nebulifera, kommt n ic h t n u r im Pelag ia lg eb ie t
d e r Seen vor, sonde rn sie is t vielleicht eine noch häufigere E rsch e in u n g im L itoralgehiet
v ie le r Seen und Teiche u n d v ie le r Wasserbecken von g e rin g e r Größe (siehe den speziellen
Teil).