
Sunda-Insel Komodo u n d e inigen ben a ch b a rten E ilan d e n (R in tja , P a d a r , West-Flores) ein
A rtre lik t d a r, das f rü h e r sicher v ie l weiter v e rb re ite t war. U n te r kle in e ren F o rm en sei h ie r
Anolis allisoni erw äh n t, d e r k ü rz lich d u rch B a r b o u r (1928, S. 58) von R u a tam , einer
offenbar jüng e ren , k o n tin en ta len In se l a n d e r K ü s te von Hon d u ra s, b ek an n t geworden ist.
Diese A r t g eh ö rt zum Formen k re ise des Anolis carolinensis, d e r in den südöstlichen V e re
inigten S ta a ten und — in besonderen Formen — a u f den An tillen v e rb re ite t ist; d a n u n
in Hon d u ra s g egenwä rtig diese ^noZis-Gruppe ü b e rh a u p t n ic h t vorkommt, die R ua tam-
fau n a ab e r die inn ig sten Beziehungen zu Hon d u ra s und g a r keine zu den A n tillen zeigt,
bleibt n u r die Annahme übrig, daß in Hon d u ra s f rü h e r auch die V o rfah ren des Anolis
allisoni gelebt haben.
E in ähnliches Beispiel eines in su la re n A rtre lik te s is t auch aus dem Mittelmeergebiete
bekannt. Der winzige Inselgecko Phyllodactylus europaeus is t a u f dem F e stlan d e bishe r
n u r a u f dem Monte A rg en ta rio in T oscanafir- e in e r e rst in jü n g s te r Zeit lan d fe st gewordenen
Insel, die fau n istisch zum Gebiete d e r a lten T y rrh e n is g eh ö rt — gefunden worden;
sonst lebt dieser H a ftz eh e r n u r a u f Inseln, u n d zwar v o r allem a u f K o rsik a u n d S a rd inien
m it den ben a ch b a rten kle in e ren E ilan d en , au f d e r tunesischen In se l G a lita u n d den Cani-
Klippen, a u f den winzigen E ilan d e n Tino u n d T in e tto im Golfe von Spezia (Ligurien) sowie
den lie s d ’H yeres u n d a u f m eh re ren k leinen E ilan d e n bei Marseille: nach M o u r g u e
(1910, S. 58) a u f Pendus, Riou, P la n e ( = Caleseragne), J a r r e u n d Maire. E s is t n u n in
hohem Maße bemerkenswert, daß diese kleine Eidechse fa s t ü b e ra ll a u f den g enannten
In se ln sehr häufig ist, a u f dem -S*» z. T. k aum 100 m en tfe rn ten F e stlan d e ab e r d u rch aus
fehlt. Daß das Geschöpf ab e r d o rt f rü h e r vorgekommen sein muß, d ü rfte k aum zu
bezweifeln sein, da ja diese Inseln, wenigstens die ganz fe stlandnahen, noch v o r n ic h t allzu
lan g e r Zeit zum F e stlan d e gehörten. Z u r Zeit is t kaum möglich, die Ursachen seines V e r schwindens
a u f dem k o n tin en ta len Boden zu e rm itte ln : d e r Gedanke a n die Ve rn ich tu n g
d u rch seinen weit stä rk e re n K o n k u rren te n , den Mauergecko (Tarentola mauritanica), der
a u f den kleinen Phyllodactylus-Insehi bei Marseille u n d Spezia d u rch au s fehlt, lieg t zwar
sehr nahe; doch is t dieser E rk lä ru n g sv e rsu ch kaum zutreffend, weil diese beiden H a ftzeher
a u f K o rsik a u n d S a rd in ie n nebeneinande r leben, ohne daß d e r Phyllodactylus-Bestand
d o rt abzunehmen scheint. Das eigentümliche Re liktenvorkommen des Phyllodactylus
europaeus beweist zugleich auch, daß selbst die Haftz eh e r sich d u rch au s n ich t immer
so leich t verschleppen lassen; übrig en s g lau b t auch A u b e r t (1910, S. 15) vom Mauergecko
nicht, daß e r n a ch Ma rseille e rst m it dem modernen Schiffsverkehr e in g e fü h rt sei, wie
vielfach angenommen wird.
Auch in n e rh a lb der Archipele is t vere in z e lt eine re ch t au ffä llig e D isk o n tin u itä t im
Vorkommen ein e r Species zu beobachten, ohne daß m an imstande wäre, d a fü r immer eine
p lausible E rk lä ru n g zu geben. W äh ren d z. B. die zahlreichen, ganz d ich t v o r Mallorka
(Balearen) gelegenen K lip p en (z. B. Gu a rd ia , Moltona) von ü b e rau s in d ividuenre ichen
E ide chsenpopulationen (Lacerta lilfordi) besiedelt werden, fehlen wunderlich erweise au f
Ma llorka selbst L azerten völlig (abgesehen von d e r nach P a lm a ein g e fü h rten pityusensis-
Rasse, vgl. S. 14). Ganz sicher müssen diese Eidechsen f rü h e r auch die H au p tin s e l bewohnt
haben, denn sonst wä re die Besiedelung ih re r T rab an ten ganz u n v e rstän d lich ;
w a rum a b e r die L azerten p o p u la tio n d o rt ausgestorben is t ob etwa infolge einer E p idemie
— k a n n zu r Zeit n ich t entschieden werden. Auch a u f d e r In se l Lampedusa, zwischen
Sizilien u n d Tunis, fehlen Lazerten, während sie a u f den ben a ch b a rten E ilan d en
B - v o r allem a u f Lampione, Linosa, Ma lta , P a n te lle ria — sehr häufig sind. E in e ganz
ähnliche D isk o n tin u itä t zeigt Ahlepharus boutonii in seinem A u ftre ten a u f manchen tro pischen
E ilan d en : e r kommt z. B. au f d en Kleinen Sunda-Inseln Sumbawa, P a d a r und
F lore s vor, scheint ab e r a u f Komodo ganz zu fehlen. Wäh ren d die kleine P itt-In se l (östlich
von Neuseeland) von ein e r E id e ch sen a rt, Leiolopisma dendyi, bewohnt ist, kommen
au f d e r H au p tin s e l C ha tham g a r keine Echsen vor. Ähnliches beobachtet m an a u f m an chen
peru an isch en Guano-Inseln: so sind z. B. a u f Chinchas u n d Lobos Eidechsen aus
den Gattu n g en Phyllodactylus u n d Tropidurus ungemein häufig, a u f Pescadores u n d Ma-
zorca fehlen sie ab e r ganz.
Indessen können n ich t n u r einzelne A rten , Gattungen, F am ilien oder selbst noch
höhere systematische K a teg o rien a ls in su la re Reliktenendemismen e rh a lten bleiben; wie
in den n ächsten K a p ite ln zu zeigen sein wird , können g e rade a u f Inse ln soga r ganze Her-
petofau n en in seh r vielen F ä lle n einen ausgesprochenen R e lik ten ch a rak te r trag en .
II. Die herpetofaunistischen Inselgebiete und ihre Beziehungen
zu den Kontinentalfaunen.
1. Mediterrane Inseln.
Gleich D a r w i n h a t au ch Mo r i t z W a g n e r , der g eistreiche B eg rü n d e r des „M igrationsgesetzes
d e r Organismen“ (1868), die „Abh än g ig k e it des organischen N a tu rc h a ra k te
rs d e r In se ln von dem zunächst liegenden K o n tin en t, selbst wenn sie m eh r als 100 Meilen
von ihm g e tre n n t sin d “ , k la r e rk an n t. I n d e r T a t k an n man sagen: die F a u n a einer In se l
oder eines ganzen Archipels wird im allgemeinen am äh nlichsten d e r des am nächsten
liegenden Festlan d e s sein. Und zwar g ilt dieser Satz ganz generell fü r endogene wie allo-
gene Faunenelemente; Ausnahmen kommen n u r selten v o r und finden zumeist durch besondere
paläogeographische oder ökologische Verh ä ltn isse ih re E rk lä ru n g .
So zeigt, ganz allgemein b e tra ch te t, die R ep tilien fau n a d e r M i t t e l m e e r - I n s e l n
weit g rößere Beziehungen zum europäisch-asiatischen F e stlan d e a ls zum a frikanischen.
Das en tsp rich t n u n d u rch au s den geographischen Verhä ltn issen : d e r g rö ß te Teil d e r med
ite rra n e n In se ln g eh ö rt ja zum europäischen F estlande , dessen K ü sten eine weit reichere
Gliederung aufweisen als die n o rd a frik an isch en . Der kleinasia tische Einfluß m acht sich
v o r allem a u f d e r großen, zweifellos noch im Pliozän landfesten In se l Cype rn geltend,
deren H e rp e to fau n a m it d e r des südlichen Kleinasiens u n d Nordsy rien s nahezu identisch
ist, und a u f d e r Ä g ä i s c h e n Inselwelt. Die n ordanatolischen Inseln, wie Lemnos, Myti-
lene und Chios, h aben — la u t W e r n e r s g rü n d lic h e r A rb e it (1930 b) — ih re F a u n a aus
K le in a sien e rh a lten , wie das Vorkommen von Ophisops elegans a u f allen, von Agama
stellio, Chamaeleo chamaeleon, Contia modesta a u f einigen, beweist. Auch a u f den S ü d lichen
S poraden d om in ie rt das kleinasia tische Faunenelement: zu den oben genan n ten
Reptilien gesellen sich d o rt z. B. Lacerta anatolica a u f N ik a ria , Symi u n d Rhodos, Blanus
strauchi a u f Kos u n d Rhodos, Mabuya aurata a u f Rhodos. Dagegen h e rrsch en a u f den
Cycladen eher sü dba lkanische Fo rm en vo r; von den re in k le inasia tisch-syrischen geht
n amentlich Agama stellio ziemlich weit n a ch Westen, indem sie Naxos, Mykonos, Delos,
P a ro s und A n tip a ro s bewohnt; einige In se ln sind durch das Vorkommen des E r y x jaculus
turcicus bemerkenswert. Von den „Mauereidechsen“ is t fü r diesen A rchipel Lacerta er-
hardii ü b e rau s bezeichnend, die in zwei Rassen auch a u f dem k o n tin en ta len B a lk a n lebt,
in Kleinasien ab e r fehlt. E in e S onderstellung n im m t Milos m it einigen ben a ch b a rten