gends besprochen oder bewiesen wird. E s bleibt soga r u n au fg ek lä rt, ob d e r V e rfa sse r alle
Fo rm en zu den endemischen A rten ste llt un d , wenn es n ich t d e r F a ll ist, welche von den
zahlreichen von ihm beschriebenen neuen Gattu n g en u n d A rten zu endemischen Formen
gehören. E s k a n n n u r v e rm u te t werden, daß z. B. die Formen, deren Gattungs- oder Speziesname
von dem Namen des Sees abgeleitet w ird , als endemische au fg e faß t werden müssen.
F e rn e r, wie w ir schon in d e r E in le itu n g u n d im systematischen Teil u n se re r U n te rsuchung
e rw äh n t haben, zeichnen sich die Unte rsu ch u n g en von S w a r c z e w s k y
ü b e r die In fu so rien des Baikalsees von d e r methodischen Seite d urch einen wesentlichen
Nachteil aus: als M a te ria l d e r U n te rsu ch u n g dienten die In fu so rien von Gammariden, die
zu karzinologischen fau n istisch en Zwecken gesammelt wurden; sie wurden m it F o rm a lin
fixie rt, in einigen F ä llen lange, 10— 15 J a h re , v o r ih re r Verwendung zu protistologischen
U ntersuchungen. E in d e ra rtig e s M a te ria l eignet sich n ich t fü r irgendwelche bestimmte
Schlußfolge rungen systematische r A r t ü b e r Protozoen, vollends n ich t fü r die Festste llu n g
v on neuen endemischen Gattu n g en u n d A rten , u n d somit auch n ich t fü r irgendwelche a llgemeine
Schlußfolge rungen in bezug a u f die P ro tozoenfauna des Baikalsees. W ir verweisen
a u f u n se re Beme rkungen z u S w a r c z e w s k y s A rb e it im systematischen Teil (s. S. 205).
W ir gehen zu unse rem eigenen In fu so rienm a te ria l au s dem Ba ika lsee über. W ir
h aben 42 neue Fo rm en gefunden, u n te r welchen 3 neue F am ilien u n d 10 neue Gattungen
v e rtre te n sind.
Die Gruppe d e r In fu so rien is t nach ih re r Arten z ah l eine von den reich sten Gruppen
in den Süßwasserbecken. Obschon die In fu so rien von d e r systematischen Seite so rg fä ltig
u n d se it lan g e r Zeit u n te rsu ch t werden, e rg ib t doch jede m eh r oder weniger genaue U n te rsuchung
der gewöhnlichsten kleinen Becken, Pfütz en, Gräben, Sümpfe u. dgl. immer
wieder eine bedeutende Z ahl von neuen (zuweilen e igenartigen) Formen. Als bestes Beispiel
können die v o r kurzem erschienenen A rb e iten von P e n a r d (1922) dienen, der im
L au fe se iner sieb en jäh rig en U n te rsuchungen in kleinen Becken in d e r Umgegend von
Genf 264 In fu so rie n a rte n gefunden h a t, d a ru n te r 150 neue, u n d die A rb e iten von K a h l
(1926—1929), d e r ebenfalls eine große Z ahl von neuen Fo rm en au s den kleinen Becken
d e r Umgegend von H am b u rg beschrieben h a t. Deshalb zeugt die T a tsa ch e des Auffindens
einer ziemlich g roßen Z ahl von neuen In fu so rien formen in irgendeinem Becken, d a ru n te r
auch im Baikalsee, a n u n d fü r sich n ich t im Geringsten von dem außergewöhnlichen
C h a ra k te r d e r P ro tozoenfauna dieses Beckens, im Gegensatz zu d e r Bedeutung, wie sie
neuen A rte n aus so sp ä rlich v e rtre te n e n Gruppen wie Coelenteraten, Spongien, Turbella-
rien , Gammariden u. a. zukommt.
U n te r den neuen F ormen, die w ir im Ba ika lsee nachgewiesen haben, befindet sich
eine ganze Re ihe von solchen A rten , die nach ih re r Ste llu n g zu schon b ek an n ten A rten
zweifellos au ch in beliebigen an d e ren Becken u n te r entsprechenden Bedingungen na ch gewiesen
werden könnten. D ah in gehören a lle E p ib io n ten aus d e r Reihe d e r P e ritric h e n
u n d Sukto rien , die a u f Gammariden leben (freilich m it Ausnahme d e r Formen, die als
Me ere srelikte au fg e faß t werden können), sowie diejenigen neuen A rte n n ich t festsitzender
Ciliaten, die in d e r Uferzone des Baikalsees g efunden wurden.
D e r Umstand, daß die neuen P e ritrich en - u n d S u k to rien a rten a u f endemischen b a ikalischen
Gammariden u n d Oligochäten Vorkommen, weist k e inenfalls a u f ih re n eigenen
endemischen C h a rak te r hin, d a w ir an den b a ikalischen Gammariden n ich t n u r eine ganze
Re ihe von schon bekan n ten F o rm e n ohne Spezifität in bezug a u f die W irtsw ah l, sondern
auch eine Reihe von Fo rm en g efunden haben, die a u ß e rh a lb des Baikalsees g e rad e spezifische
S ymphorionten sind. Das sind z. B. Lagenophrys labiata u n d Pyxidium cothurno-
ides, die sonst n u r a u f den Ostracoden Vorkommen, Glossatella tintinnabulum a u f Tri-
tonen, Rhabdostyla inclinans a u f Nais, Epistylis steinii, Lagenophrys nassa, Spirochona
gemmipara, Dendrocometes paradoxus a u f Gammarus pulex usw. usw. Das umgekehrte
V e rh ä ltn is is t fre ilich au ch sehr möglich, nämlich, daß die a u f den b aikalischen Gammarid
e n gefundenen neuen P e ritric h e n u n d S u k to rien au ß e rh a lb des Baikalsees ebenfalls au f
an d e ren T rä g e rn gefunden werden können, um so meh r als diese F o rm en nach ih re n
Merkmalen schon b ek an n ten A rte n nahestehen, m it Ausnahme d e r Nidula multicapitata
gen. n. sp. n., die ein seh r eigena rtig e s p e ritric h e s In fu so r ist, im B a ika lsee seh r selten
v orkommt u n d daselbst in g ro ß e r Tiefe gefunden wurde (Abb. 125).
E s k a n n auch k a um d a ra n gezweifelt werden, d aß die neuen A rte n u n te r den n ich t
festsitz enden In fu so rien , die in d e r Uferzone des Baikalsees Vorkommen, sp ä te r u n te r
entsprechenden Bedingungen auch in an d e ren Becken gefunden werden.
N u r in bezug a u f eine In fu so rien g ru p p e , nämlich die pelagischen In fu so rien , lassen
sich vielleicht einige Verm u tu n g en üb e r das Vorkommen von Endemismus u n te r ihnen
aussprechen. Im B a ika lsee is t das P e lag ia lg eb ie t besonders eigentümlich in bezug a u f die
Lebensbedingungen. U n te r den In fu so rien des Sees is t die In fu so rien g ru p p e des P e lag ia ls
besonders ch a rak te ristisch nach ih re r Artenzusammensetzung u n d ih re r Ökologie. Von
den 24 A rten , die diese Gruppe bilden, gehören 13 zu neuen Gattu n g en (6) u n d A rten , wobei
g e rad e diese neuen Fo rm en in q u a lita tiv e r u n d q u a n tita tiv e r Beziehung im pelag ischen
Gebiete v o rherrschen, wäh ren d die üb rig en , schon f rü h e r b ek an n ten A rten eine
u n te rg eo rd n e te Rolle spielen.
U n te r diesen neuen F o rm e n verd ien en folgende besonders e rw äh n t zu werden: Maritu
ja pelagica gen. nov. sp. nov., welche im L au fe des g rö ß ten Teils des J a h re s eine große,
zuweilen massenhafte E n tw ic k lu n g im Pelagialgebiete des Sees e rre ich t, fe rn e r das p e la gische
S u k to r Mucophrya pelagica gen. nov. sp. nov. un d die in g ro ß e r Z ahl im F rü h ja h r s u
n d W in te rp la n k to n des P e lag ia ls a u f tre ten d en Liliimorpha viridis gen. nov. sp. nov. und
Sulcigera comosa gen. nov. sp. nov.; fü r jede von ihn en haben wir, in A n b e tra ch t der
E ig e n a rtig k e it ih r e r Organisation, neue Fam ilien , L iliim o rp h id a e u n d Sulcigerida e, a u fgestellt;
fe rn e r Longitricha flava gen. nov. sp. nov., Spathidiosus bursa gen. nov. sp. nov.
und Prorodon morula sp. nov. E s is t ziemlich schwer sich vorzustellen, daß diese Formen,
wenn sie in den an d e ren Seen, die besonders so rg fä ltig u n te rsu c h t werden, wie die Seen
von Deutschland, Schweden u n d d e r Schweiz, ebenso häufig vorgekommen wären, bis je tz t
h ä tte n u n b em e rk t bleiben können, besonders Marituja pelagica u n d Mucophrya pelagica,
die, äh n lich wie die au s vielen Seen b ekannten, ab e r v ie l kle in e ren pelagischen S u k to rien
Staurophrya elegans Za ch. , auch in den fixie rten P ro b e n n achwe isbar sind, um so mehr,
als, wie es scheint, absolut a lle pelagischen Infuso rien , die au s den Seen des g emäßigten
T y p s b e k an n t sind, von uns im Ba ika lsee vorgefunden wurden, v ornehmlich in seinen
seichten, g u t d u rchw ä rm te n Teilen. F re ilich is t die Möglichkeit, d aß diese F o rm e n n ich t
bem e rk t wurden u n d in d e r Z u k u n ft in an d e ren Becken, besonders in k a lten Seen, gefu n den
werden können, keinesfalls ausgeschlossen. F ü r die Lösung der F ra g e , ob diese
Gruppe p elagischer In fu so rien des Baikalsees fü r endemisch geh a lten werden k an n , h a t
noch ein Umstand eine große Bedeutung, nämlich das Vorhandense in oder F eh len von
Dauerzysten bei diesen Arten. E s is t u n s ganz bestimmt bekannt, daß von allen diesen
F o rm en Mucophrya pelagica schwebende fallsch irm äh n lich e Dauerzysten (Abb. 165) a u f