E rzeugnis in su la re r T rockenhe it h ä lt K ä mme r e r (1926, S. 167) die sehr k leinen u n d g la tten
Schuppen v ie le r Inselechsen, die w ir b e re its k ennen g e le rn t hab en (vgl. S. 73); a n eine
„d irek te B ew irk u n g “ k an n ab e r h ie r k aum g edacht werden, da kleinschuppige K rie ch tie
re au ch in feuchten Biotopen keineswegs se lten sind.
E in e n wesentlicheren Anteil als die F eu ch tig k e it d ü rfte — von k limatischen F a k to re n
- am Zustandekommen in su la re r V a ria tio n en die T e m p e r a t u r haben. W a s zunächst
wiederum den Melanismus betrifft, so sind b ek anntlich melanistische In d iv id u en , besonders
u n te r den Insek ten , d urch E inw irk u n g sowohl extrem hoher wie auch extrem n ied rig e r
T em p e ra tu ren erzielt worden. F ü r unse r P roblem is t es n u n von hoher Bedeutung, daß
diese experimentell erzeugten melanistischen V a ria tio n en sich n ich t n u r au f den Pliäno
ty p u s erstrecken, sonde rn auch — wie in d e r n eusten Zeit wieder gezeigt werden k onnte —
auch au f den Genotypus. E ig en tlich w a r ja das auch von v o rn h e re in zu erw a rten : denn
das K eimplasma eines K a ltb lü tle rs k a n n sich n a tu rg em äß d e r T em p e ra tu re inw irk u n g viel
schwere r entziehen als etwa der: Beeinflussung d u rch die V e rän d e ru n g des F eu ch tig k e itsgehaltes
seiner Umgebung oder g a r d urch die Beschaffenheit des Unte rg ru n d e s.
Ob ab e r die E n ts teh u n g melanistischer Eidechsen au f In se ln in allen F ä lle n ta tsä ch lich
d e r W irk u n g der T em p e ra tu r zuzuschreiben ist, möchte ich trotzdem seh r s ta rk bezweifeln.
K ä m m e r e r fü h rte , wie erw äh n t, g e rade a u f die hohen T em p e ra tu ren - S i n Verbindung
m it extrem e r T rockenhe it u n d in ten siv e r S tra h lu n g — die E n ts teh u n g melanistischer
Eide chsenrassen zurück. Wen n diese Hypothese ric h tig wäre, m ü ß te m an au f besonders
heißen Inseln, wie im Bo ten Meere u n d im P e rsisch en Golf, a u f Sokotra , den K ap v e rd en
usw. u n b ed in g t melanistische B e p tilien e rw a rten : d o rt ab e r fehlen solche so g u t wie ganz.
F e rn e r: es is t in hohem Maße u nwahrsche inlich, daß au f In se ln m it melanistisehen Bep tilie
n die T em p e ra tu ren ta tsä ch lic h immer höher sind a ls a u f solchen, a u f denen n ich t v e r d
ü ste rte F o rm e n leben. Die T emperatur-Unterschiede zwischen Ma lta u n d F ilfo la , zwischen
C a p ri u n d den F a rag lio n i-In se ln , zwischen Ib iz a u n d den ebenfalls dich t d av o r liegenden
E ilan d e n M a rg a lid a u n d M u rad a können doch kaum so erheblich sein, daß d e r Melanismus
sich a u f den k leinen E ilan d e n n u r infolge dieser Wärmedifferenz herau sg eb ild e t hätte!
Macht sich doch die Neigung z u r Verd u n k e lu n g der Gesamtfärbung schon a u f re la tiv
g roßen In se ln geltend, die k lim a tisch absolut identisch sind m it solchen E ilan d e n in ih re r
u nm itte lb a rs ten N achba rschaft, die vo n k einen d ü ste r g e fä rb te n B e p tilien bewohnt werden,
K äm m e r e r (1926, S. 140) leg t fe rn e r W e r t a u f d a s Bodengefälle ein e r Inse l, indem e r sagt,
daß a u f nach Südost oder Ostsüdost geneigten F lä ch en eine dem Höchstmaß an g en äh e rte
Menge der S onnenstrahlen von d e r E id e chsenhaut eingefangen w erden müsse. Ab e r ins
E x trem gesteigerte melanistische B e p tilien kommen b ek anntlich au ch a u f ganz flachen
T afelinseln v o r; ja selbst von ü p p ig bewachsenen, sch a ttig en E ilan d e n (z. B. Iso la Madre im
Lago Maggiore, Cazziol in d e r Adria) sind v e rd ü ste rte K rie ch tie re bekannt.
Meiner A nsicht hach können die kleinen In se ln als „H eizkörper“ keineswegs wirksam
se in u n d so einen Hitzemelanismus v e ru rsa ch en : denn m an d a rf den abkühlenden u n d aus-
gleiehenden E influß des sie a llse itig umgebenden Wassers sowie d e r L u ftström u n g en nich t
u nterschätzen. Der allgemeine C h a rak te r des Inse lk lima s besteht ja im F ehlen schroffer
T em p e ra tu ru n te rsch ied e ; au f In se ln pflegen extreme T em p e ra tu ren n u r se lten oder ü b e rh
a u p t n ich t au fzu tre ten . A u f kle in sten E ilan d e n des Mittelmeeres d ü rften die T em p e ra tu rv
e rh ä ltn isse d e r a r t sein, daß sie in den Sommermonaten das Optimum fü r die M au e reidechsen
erre ichen, sich in den üb rig en Monaten ab e r d u rch eine gleichmäßige milde
W itte ru n g auszeichnen, die höchstwahrscheinlich im D u rch sch n itt u n te r dem Optimum fü r
diese weehselwarmen T ie re liegt: denn die W irk u n g des Meereswassers v e rh in d e rt ja n ich t
n u r eine ü b ermäßige Abkühlung, sonde rn auch eine s tä rk e re E rw ä rm u n g d e r winzigen
Landmassen, die au s dem Meere herau srag en . Jedenfalls, d ü rfte n so hohe T agestemperatu
ren , wie sie im F rü h ja h r oder im H e rb s t noch a u f dem m ed ite rran en Festlan d e oder au f
g roßen In se ln Vorkommen, a u f den kleinen Scoglien in diesen Jah re s z e iten k aum au ftre ten .
Ganz äh n lich scheinen die T em p e ra tu rv e rh ä ltn iss e a u f sehr vielen In se ln der Tropenzone
zu liegen: au ch d o rt e rre ichen die W ä rm eg rad e im D u rch sch n itt a u f kleinsten E ilan d en
wohl niemals die des K o n tin en ts oder ganz g ro ß e r Inseln. Un d zwar is t auch in den Tropen
n ich t n u r das abkühlende Meereswasser wirksam; eine meh r oder m in d e r regelmäßige L u ftbewegung
v e rh in d e rt a u f tropischen E ilan d e n ebenfalls das A u ftre ten ex trem hoher Wärme-
g r a d e S S Man k a n n also die E n ts teh u n g melanistischer In se lv a ria tio n en bei B e p tilien u n möglich
ausschließlich a u f d irek te B ew irk u n g d u rch die in su la re n T em p e ra tu rv e rh ä ltn isse
zu rü ck fü h ren , ohne a u f z ahlreiche W id e rsp rü ch e zu stoßen.
Ab e r auch die ü b rig en In se lv a ria tio n e n haben m it den a u f E ilan d en herrschenden
T em p e ra tu rv e rh ä ltn issen k aum etwas u nm itte lb a r zu tu n . Die Tatsache, daß a u f Inseln
e in gleichmäßigeres, mildere s K lim a h e rrs c h t a ls a u f dem K o n tin en t, zieht T h o m p s o n
(1913, S. 159) z u r E rk lä ru n g des Größerwerdens mancher Inselschlangen h e ran . Wie wir
ab e r f rü h e r festg e ste llt haben, neigen inselbewohnende Schlangen im allgemeinen zum
Zwergwuchs; eine Größenzunahme k a n n sieh höchstens zuweilen in d e r b e trä ch tlich e ren
Schwanzlänge bei dieser K rie e h tie rg ru p p e dokumentieren. M it d e r B e r gma n n s c h e n
Begel, die die G rößenverhältnisse v ie le r in su la re r Vögel u n d Säug e tie re in re c h t p lau sib le r
Weise e rk lä rt, lä ß t sieh wie noch sp ä te r (S. 167) ku rz zu e rö rte rn sein w ird — die Größe
inselbewohnender K rie ch tie re vielleicht n u r in einigen wenigen F ä llen in eine n äh e re
Beziehung bringen.
E s bleibt n u nm eh r noch ü b rig , die Möglichkeit der L i c h t w i r k u n g au f die In se lv
a ria tio n e n d e r B eptilien, speziell a u f den Melanismus, k u rz zu besprechen. Ebenso wie
de r Wärme re iz eine P igm en tb a llu n g oder eine Pigmen tex p an sio n h e rv o rru fe n kan n , v e r mag
die strah len d e E n e rg ie a u f das P igm en t u n d seine Bildung einzuwirken. Neuere U n te rsuchungen
h aben gezeigt, daß das P igm en t in den Melanophoren d ire k t d u rch das L icht
re izb a r ist; d a ra u f können ab e r manche T ie ra rte n d u rch eine P igmentexpansion, an d e re
wieder d urch eine Ba llu n g reag ie ren . M it d e r verschiedenen In te n s itä t u n d Q u a litä t der
L ic h ts tra h le n is t b ek an n tlich au ch die Ausbildung tie risch e r F a rb k le id e r in e in e mehr
oder m in d e r innige Beziehung g eb ra ch t worden; u n d das geläufigste Beispiel f ü r die Zusammenhänge,
die zwischen dem L ichte u n d den Pigmentzellen bestehen, stellen die Höhlen
tie re d a r, die in den meisten F ä llen d e r Farbz e llen entbehren. D a ru n te r g ib t es sogar
eine N a tte r, Elaphe taeniura grabowskyi, die in dunklen Höhlen H in te rin d ie n s lebt u n d
sieh d u rch eine weit hellere Gesamtfärbung gegenüber den am L ic h t lebenden Stücken au szeichnet
(als „v a r. ridleyi“ vgl. B i d l e y , 1898, S. 99; B u t l e r , 1899, S. 426). A n d e re Geschöpfe,
die in d e r D unkelheit leben, v e rh a lten sich wieder abweichend: so is t z. B. der
größte Teil d e r Tiefseefische ganz schwarz g e fä rb t; u n d in der neuesten Z e it h a t N e u n z i g
(1930, S. 204) festgestellt, daß infolge L ichtmange ls (auch schon d e r u ltra v io le tten S tra h len
allein) bei Vögeln ste ts eine Zunahme d e r Melanine a u f tr itt; in extremen Fällen wurde
sogar Tota lmelanismus beobachtet, wobei die Lipochrome d u rch Melanine ersetzt wurden.
Auch u n te r den Hochgebirgstieren kommt d e r Melanismus b ek anntlich vor, n am en tlich
u n te r den Insekten. Be i den Am p hibienlarven (Triturus alpestris, Rana temporaria)
h a t kürzlich V i l t e r (1930, S. 593) ex perimentell nachgewiesen, daß die Sonneübestrah-
Zoologien. Heft 84. yj