in d e r präcolumbischen Zeit, e in g e fü h rt worden zu sein. Vielleicht is t man berechtigt, eine
beabsichtigte E in fü h ru n g der ceylanischen Süßwasserschildkröte (Geoemyda trijuga ther-
malis) nach den Malediven und dem Tschagos-Archipel anzunehmen. Möglicherweise ist
auch die heute a u f den Azoren re ch t häufig1 verkommende Lacerta dugesii u rsp rü n g lich
d o rth in vom Menschen g eb ra ch t worden; sonst lassen sich L azerten n u r re c h t schwer einb
ü rg e rn : m ir is t n u r das Vorkommen ein e r P ityusen-Echse (Lacerta lilfordi pityusensis) in
d e r Nähe von P a lm a a n f Ma llorka (Balearen) bek an n t, das zweifellos a u f eine Verschlepp
u n g zu rü ck g e fü h rt werden muß.
Am stä rk s te n ma ch t sich die Verschleppung d e r K rie ch tie re , v o r allem d e r Eidechsen,
d urch den Schiffsverkehr a u f den melanesischen, m ikronesischen u n d besonders polynesisehen
In se ln geltend. W ir hab en ja schon frü h e r e rfa h re n (S. 9), daß die te rre s tris c h e H e rp e to fau n a
dieses Atollenmeeres aus ganz wenigen papuasisehen E id e ch sen a rten B die sich n u r a u f 2
F am ilien d e r H a ftz eh e r u n d Glattechsen v e r te ile ifjB b e s te h t, die so g u t wie g a r n ic h t zur
Au sbildung von In se lra ssen neigen und geg enw ä rtig eine ganz „harmonische“ V e rb re itu n g
zeigen, obwohl es sieh ja zum g rö ß ten Teil um re in ozeanische In se ln h an d e lt. D a n u n die
Pa ssa tw in d e u n d Me eresströmungen — m it Ausnahme ein e r Schmalen Ä q u a to ria lz o n fH B
g e rad e von O s t e n kommen u n d somit eine p assive A u sb re itu n g der altweltlichen L a n d organismen
a u f Treibholz oder dgl. in hohem Maße erschweren, g laube ich m it Be stimmth
e it annehmen zu d ü rfen , daß die Eidechsen dieses gewaltigen Inselgebietes ih re u ngeheuer
weite V e rb re itu n g in d e r H au p tsa ch e dem Menschen v e rd an k en ; setzen sich doch die Bewohner
dieser A rchipele durchweg aus Volksstämmen zusammen, d e ren S e e fah rtsk u n st
bek anntlich ganz h e rv o rrag en d hoch au sg eb ild e t ist. Die V erschleppung polynesischer
Eidechsen von In se l zu In se l w ird n u n zunächst d ad u rch begün stig t, daß sie a lle mehr
oder weniger K u ltu rfo lg e r sind: sie ziehen sich v o r d e r vom Menschen v e rä n d e rte n L an d sc
h a ft n n d v o r den menschlichen Siedelungen n ich t zurück ; manche F o rm e n B wie n am en tlich
die Geckonen —- suchen sie soga r auf. Sodann h an d e lt es sich fa s t durchweg um eury
tope A rten , die g a r kein e Scheu v o r d e r u nm itte lb a re n Nähe des Meeres zeigen, indem sie
sich m it Vorliebe — im Gegensatz zu v ielen an d e ren Eide chsen B direkt a n d e r Meeresk
ü ste au fh a lten und dabei o ft den Eingeborenenhooten einen Besuch ah s ta tte n . So lebt
z. B. Emoia cyanura, nach Beobachtungen S c h n e e s (1901, S. 273) a u f J a lu it, einem Atoll
de r Ma rshall-Inse ln, überwiegend am S tra n d e u n d besucht g e rn die Boote d e r E ingeborenen;
es is t also seh r leich t möglich, daß diese Echsen als unfre iw illig e P a ss ag ie re in den
E inhäumen v e rsch lep p t werden. Daß dieses bei d e r gleichen E id e eh sen a rt au ch a u f einem
modernen Dam p fe r möglich ist, h a t d e B e a u f o r t (1926, S. 94) festgestellt, d e r eine Emoia
cyanura a u f einem von Neuguinea und den Molukken kommenden Dam p fe r zwischen
S o e rab a ja und S em a ran g beobachtet h a t. U n te r Bezugnahme a n f die F a u n a d e r Gilbert-
In se ln b e rich te t W o o d f o o r d (1895, S. 349), daß alle Echsen dieser E ilan d e (gemeint sind
au ß e r Emoia cyanura wohl insbesondere Ablepharus boutonii poecilopleurus, Peropus oce-
anicus u n d Lepidodactylus lugubris) m it Eingeborenenkanus ü b e rau s häufig von ein e r I n sel
zu r an d e ren tr a n sp o r tie rt werden. Auch a u f den Marquesas w ird eine kleine Glattechse,
Leiolopisma noctua, a ls ein häufiger Besucher d e r E ingeborenenkanus geschildert
( S c h m i d t 1930, S. 286).
Höchstwahrscheinlich is t soga r die ganze te rre s tris ch e R e p tilien fau n a d e r Hawaischen
In se ln e rs t in jü n g s te r Zeit zugewandert. Und zw a r v e r tr itt S t e j n e g e r (1899b, S. 784)
wohl m it Re cht die A nsicht, daß die wenigen L an d k rie ch tie re dieses zoogeographisch so ü b e raus
bemerkenswerten Archipels m it den ersten Menschen d o rth in g e lan g t seien. A u f Hawai
leben nämlich fa s t n u r Solche Ejdechsen, die auch in P olynésien weit v e rb re ite t sind: Lepidodactylus
lugubris, Hemidactylus garnotii, Peropus mutilatus, Hemiphyllodactylus ty-
pus, Leiolopisma noctua, Emoia cyanura, Ablepharus boutonii poecilopleurus. W ä re die
Besiedelung d e r H aw a i m it diesen Eidechsen schon zu d e r Zeit e rfolgt, a ls d o rt die V o rlä
u fe r der fü r H aw a i endemischen Schneckenfamilie d e r Achatinelliden und d e r Vogelfamilie
d e r D rep an id id en gelebt haben, so m ü ß te m an n a tu rg em äß auch bei den Echsen eine
meh r oder m in d e r weitgehende Differenzierung in endemische F o rm en e rw a rten , was ab e r
g a r n ich t d e r F a ll ist. D ah e r is t ih r Vorkommen in diesem A rch ip e l n u r durch Verschlepp
u n g zu e rk lä re n ; in Ü b ereinstimmung d am it b e rich te t S n y d e r (1917, S. 20) a u f Grund
eigener Beobachtungen a u f Hawai, daß in den E ingeborenenkanus soga r Geckoneneier
g efunden worden sind. Auch die einzige, e rst v o r ganz k u rz e r Zeit naehgewiesene Schlange
von Hawai, Typhlops braminus, is t sicherlich eingeschleppt, d a es sieh um eine Species m it
nahezu we ltweiter V e rb re itu n g lia n d o lfjlB Seh r wahrsche inlich sind auch die wenigen R ep tilien,
die heu te a u f einigen K o ra llen in se ln des Indisch en Ozeans leben, so z. B. a u f den
Keeling, a u f den Laceadiven, Malediven, dem Tschagos-Archipel usw., e rst m it dem Menschen
d o rth in gekommen. N a tü rlich sind die gleichen, w e itv e rb re ite ten Fo rm en auch nach
v ielen k o n tin en ta len E ilan d e n m it ein e r endogenen H e rp e to fau n a v e rsch lep p t worden; sie
t r e t e n ab e r d o rt im allgemeinen weniger in E rscheinung, weil d o rt das endogene Element
dominiert.
Als besonders leicht verseh lep p b a r hab en w ir soeben zwei Eide chsenfamilien kennen
g e le rn t: die H a ftz eh e r (Gekkonidae) u n d die Glatteehsen (Scincidae). Man d a r f ab e r n u n
d u rch au s n ic h t verallgemeinern, denn es g ib t in diesen beiden F am ilien au ch sehr z ah lreiche
A rten , die sich g a r n ich t verschleppen lassen. Gerade diese beiden Eide chsenfamilien
v e rtre te n a lle in die te rre s trisch en Herp e to fau n en Neü-Seelands u n d Neu-Kaledoniens,
die einen ü b e rau s a lte rtümlich e n C h a ra k te r aufweisen; a u f d e r e rsten In se l h ab en diese
Echsen ausschließlich, a u f d e r zweiten zum weitaus g rö ß ten Teile endemische A rte n und
soga r Gattu n g en ausgebildet, eine Tatsache, die ih re leichte V e rschleppbarkeit, se i es m it
Hilfe des Menschen, sei es a u f Treibholz, n a tü rlic h aussehließt. Auch die E n ts teh u n g zahlre
ich e r Inselfo rmen d e r Geckonen Gattung Sphaerodactylus zeigt au fs deutlichste, daß eine
re in zufällige (d .h . passive) A u sb re itu n g dieser Geschöpfe n ic h t in F ra g e kommen k an n ;
in se iner monographischen B e a rb e itu n g dieser Echsen h eb t B a r b o u r (1921a, S. 222) a u s drücklich
h e rv o r, daß ih re V e rb re itu n g in k e in e r Weise als das R e su lta t ein e r „ fo rtu ito u s
d isp e rsa i“ b e tra c h te t werden d a rf.
Ü berblicken w ir die Ergebnisse dieser E rö rte ru n g ü b e r die p assiven A u sb re itu n g sm ittel,
so zeigt sich, daß ein T ie r, in u nse rem F a lle ein Reptil, n u r u n te r folgenden Bedingungen
a u f passivem Wege nach ein e r Inse l gelangen und — was ja das w ichtigste is t
—- sich d o rt e rh a lte n k ann:
a) Das Geschöpf muß zu a lle re rs t das A u sb re itu n g sm itte l B j a j so ein S tück Treibholz,
ein Boot oder dgl. E g g rg e n dw ie erreichen.
b) E s muß eine hohe Unempfindlichkeit gegen jede E inw irk u n g des Meerwassers
haben, die bei jedem T ra n sp o rt a u f Treibholz u n v e rm e id b a r ist.
c) E in e A r t muß mindestens in zwei In d iv id u e n verschiedenen Geschlechts v e rschleppt
werden, wenn es sich n ich t um ein trä ch tig e s Weibchen oder ein größere s Gelege handelt.
d) Die E inw an d e re r müssen das neue L an d in einem lebensfähigen Zustande erreichen.
e) Sie müssen d o rt fe rn e r, um sich zu erh a lten , fü r sie a d äq u a te Lebensbedingungen
vorfinden.