B e tra ch ten w ir von den eidonomischen Kennzeichen zunächst die G e s a m t g r ö ß e
der In se lrep tilien . Da f ä llt es zu a lle re rs t au f, d aß ungewöhnlich viele Formen, die w ir
frü h e r als in su la re Be likte kennen g e le rn t haben, sich d u rch eine seh r sta ttlich e K ö rp e rg
röße auszeichnen. Ich erwähne h ie r n u r die Biesenschildkröten der Galapagos u n d der
osta frik an isch en Inselwelt, die g roßen Inselleguane (Cyclura, Conolophus, Amblyrhyn-
chus), riesige Inselscinciden (Macroscincus, Corucia, Riopa bocourti) und den Komodo-
W a ra n (Varanus komodoensis); selbst u n te r den H a ftz eh e rn g ib t es gewaltige Belikten-
formen au f Inseln. Alle diese T ie re b rau ch en n u n durch au s n ich t ih re n Biesenwuehs
dem Inselleben zu v e rd an k en ; es k a n n sich vie lm eh r auch um die letzten V e rtre te r r ie s
e n h a fte r Stämme handeln, die ih re ebenso großen oder selbst noch g rö ß e re n k o n tin en ta
len V e rwandten a u f In se ln üb e rleb t haben. Das is t z. B. fü r den Komodo-Waran n ich t
unwahrsche inlich, dessen noch stä rk e re Verwan d te in d e r Vorzeit a u f dem australischen
K o n tin en t lebten; ebenso d ü rfte vie lle ich t auch S t e r n f e l d (1914, S. 26) Be cht haben,
wenn e r vermu te t, daß die rie sig en In selschildkröten d e r Gegenwart n u r als Nachkommen
von noch grö ß e ren k o n tin en ta len Formen zu b e tra ch ten sind.
Trotzdem kann kein Zweifel darüber bestehen,daß es einen insularen B i e s e n w u c h s
bei Kriechtieren gibt: denn nicht nu r die Beliktenformen können auf Inseln besonders
groß sein, sondern auch solche Geschöpfe, die sicher keine Belikte sind, d. h. die sowohl
auf dem Festlande wie auf Inseln in verschiedenen, vikariierenden Bassen Vorkommen.
Und besonders bemerkenswert ist die Tatsache, daß innerhalb eines rein insularen Formenkreises
gar nicht selten die größte Basse sich nicht etwa auf dem größten, sondern
gerade auf dem kleinsten Eilande ausgebildet hat. Wir werden gleich eine Anzahl Bei-
spiele fü r diese seltsame Erscheinung kennen lernen.
Fangen wir mit den Haftzehern an. Eine der größten Arten dieser altertümlichen Ech-
senfamilie ist ein Inseltier: Rhacodactylus leachianus, der auf Neukaledonien lebt und eine
Gesamtlange von 350 mm erreicht. Eine andere Biesenform lebt auf Sokotra: Phyllodac-
tylus nebeckn; mit fast 300 mm Totallänge ist das die weitaus größte A rt dieser in der
Alten wie Neuen Welt vorkommenden Haftzehergattung. Auf Beunion und Mauritius
kommt ein nur 120 mm langer Taggeeko, Phelsuma cepediana, vor; auf der winzigen
Bound-Insel bei Mauritius dagegen eine recht nahe verwandte Eiesenform, Phelsuma
guenthen, die mit 223 mm Länge fast doppelt so groß ist wie Phelsuma cepediana. F e rner
verdient hervorgehoben zu werden, daß auf der kleinen Bodriguez-Insel, östlich von
Mauritius, ebenfalls ein riesiger Taggecko lebt, Phelsuma newtonii, die wie Phelsuma
guentheri eine Gesamtlänge von 223 mm erreicht ( B o u l e n g e r 1885, S. 213). Die von
B o d r i g u e z nach einigen Knochenresten als Gecko newtonii beschriebene ausgestorbene
Eidechse ( G ü n t h e r 1878, S. 324), die auch eine recht beträchtliche Größe haben mußte,
gehört nach B o u l e n g e r wahrscheinlich ga r nicht zu den Haftzehern, da sie ein einfaches
Parietale hat. — Andere insulare Biesengeckos sind z. B. noch von Neuseeland
(GehyraM Hoplodactylus), Kapverden (Tarentola gigas), Westindien (Anstelliger lar,
nelsoni) bekannt.
. ^ en Agamen is t die E rsch e in u n g des in su la ren Riesenwuchses weniger auffällig;
im m e rh in is t bemerkenswert, daß die g rö ß te A r t dieser Echsenfamilie, die Segelechse
(Hydrosaurus amboinensis), die in 4 Bassen P h ilip p in e n , Molukken und Celebes bewohnt,
ein Inselgeschöpf ist. Beich a n in su la ren Biesenformen sind dagegen die Leguane.
Von g roßen u n d s ta rk g ebauten In se lre lik ten w a r schon die Bede; auch die westindischen
Biesenanolis (Anolis equestris a u f Cuba, A. garmani a u f Jam a ic a , A. ricordi a u f H a iti,
i.a , H ' H H H H rveiiKieiiiormen au izutassen, zumal ja
recht ansehnliche Species dieser Gattung auch heute noch den Kontinent bewohnen Aber
andere Iguamdengattungen beweisen, daß Biesenwuchs auch bei jungen Inselrassen vor-
kommt. So erreicht Crotaphytus insularis von der Angel de la Guardia-Insel (Golf von
Kalifornien) 114 mm Kopf + Bumpf-Länge und 243 mm Schwanzlänge; der nächst verwandte
kontinentale Crotaphytus collaris baileyi dagegen n ur 106 bzw. 229 mm. Uta
slevmi von der gleichen Insel (und von Mejia) wird 104 (Kopf + Bumpf) bzw. 193
(Schwanz) mm lang; die kontinentale Uta mearnsi, von der die Inselform abzuleiten
ist, nu r 90 bzw. 188 mm. Auch fast alle Inselrassen der im westlichen Nordamerika weitverbreiteten
Uta stansburiana sind deutlich größer als die vom Kontinent stammenden.
Wahrend diese n ur 50—55 (Kopf + Bumpf) bzw. 80—88 (Schwanz) mm erreichen, weisen
einige jener Inselrassen folgende Maximalmaße (zusammengestellt nach Angaben
V a n D e n b u r g h s 1922) auf: ■ ■
Uta squamata (Santa Catalina-Insel)
„ mannophorus (Carmen-, Danzante-,
Kopf und Rumpf Schwanz
54 mm 103 mm
Coronado-Inseln) 56 „ 106 „
„ stellata (San Benito-Inseln) 61 „ 98 „
„ marlinensis (San Martin-Insel) 64 „ 108 „
„ palmeri (San Pedro Martir-Insel) 70 „ 113 „
Nur Uta nolascensis von der San Pedro Nolasco-Insel bleibt recht klein (50 bzw
81 mm), j g Von den eigentümlichen rein vegetarisch lebenden Iguaniden der Gattung
Sauromalus sei erwähnt, daß Sauromalus hispidus von der Angel de la Guardia-Insel im
Golfe von Kalifornien sieh durch eine weit bedeutendere Größe vom kontinentalen Sauromalus
ater unterscheidet. S t e j n e g e r (1891, S. 410) gibt folgende Totalmaße von je 4
größten Exemplaren der beiden Formen an:
8. hispidus (insular) 8. ater (kontinental)
585 mm 388 mm
662 Ä 802 „
562 „ 318 „
« 2 „ 253 „
der Familie der kleinen, meist nächtlich lebenden Eidechsen der Xantusiiden
muß die insulare Biesenform Xantusia riversiana hervorgehoben werden, die sich von den
vier übrigen, auf dem Festlande lebenden Arten dieser Gattung durch ganz andere Körperdimensionen
unterscheidet.
Kopf und Rumpf Schwanz
Xantusia riversiana (insular) 106 mm 83 mm
„ henshawi (kontinental) 65 „ 83
„ arizonae (kontinental) 54 J} 05
« vigilis (kontinental) 47
» gilberli (kontinental) 39 n 3g
besonder«1*fSR! ^s t Celestus occiduus von der Antillen-Insel Jamaica deswegen
■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ EideChSe “ ihren riesigen Ausmaßen, laut B a r -
— H S ¡ H | den solomonischen Biesenskink Corucia zebrata heranreieht und
zweifellos die größte Species der ganzen Gattung ist.
d ite rm n e nYTeb re i ^ t ■ R S Ml Erseheiuun8 des insularen Biesenwuchses bei den mediterranen
Lacertiden, und zwar bei der Gruppe Podarcis, die aus den sog. Mauereidechsen
besteht. Da K ä m m e r e r (1926, S. 93) dafür schon verschiedene Belege zusammen