Zehen v e rstüm m e lt und v e rn a rb t waren, den Schluß zieht, daß diese große Echse doch
irgendwelche F e in d e hab en müßte, so is t dem entgegenzuhalten, daß die Tie re sich solche
Verletzungen auch bei den P a a ru n g sk äm p fen h eihringen können, zumal die Scinciden
u n te re in a n d e r im allgemeinen sehr u n v e rträ g lic h sind. — Auch a u f den k le in sten Mitte®
meermseln h aben die Echsen offenbar höchst se lten einmal Feinde. Möwen kommen als
solche wohl nirgends in Be tra ch t. Möglich ist, daß d e r Eleonorenfalke, Falco eleonorae,
d e r a u f einigen m ed ite rran en E ilan d e n vorkommt, den Echsen n a ehstellt. A u f Linosa beobachtete
ich den Bötelfalken, Falco naumanni, d e r den L az e rten vie lle ich t g e fäh rlich
werden könnte. Mit Bezug a u f Lacerta lilfordi lilfordi a u f Is la del A y re hei Menorka bem
e rk t B r a u n (1877, S. 23)|^„Ich glaube, sie e rfreu en sich eines u nbehelligten Daseins
a u f d e r stillen In se l.“ Auch üb e r Lepus insularis, den schwarzen Inselhasen, w ird be rich te t
(Ne l s o n , 1909, S. 158), daß e r keine F einde habe, da das neben dem H asen lebende K a tz en f
re tt (Bassariscus) selbst fü r jun g e Hasen als F e in d n ich t in B e tra c h t komme.
Das ü b e rau s sp ä rlich e Vorkommen oder selbst völlige F eh len von F e in d en g e s ta tte t
n u n den in su la re n K rie ch tie re n n ic h t n u r die A u sbildung eines plumpen, schwerfälligen
K ö rp e rs, den w ir bereits als eine re c h t bezeichnende In se lv a ria tio n kennen g e le rn t haben,
sonde rn auch b u n te oder au ffä llig e F a rb k le id e r. Dazu gehören n ic h t n u r au ffa llen d grelle'
Gewänder mancher Inselechsen, sonde rn auch die b lau en u n d schwarzen F a rb tö n e d e r in su la
re n Nigrinos. E s is t ganz k la r , daß a u f dem P e stlan d e viele von diesen Fo rm en im Kampfe
ums Dasein m k ü rz e ste r Zeit u n te rg eh en würden: denn Sie sin d im allgemeinen m it
S c h u t z m i t t e l n w e i t s c h l e c h t e r au sg e rü ste t a ls ih re festländischen Verwandten.
B e stä tig t w ird die B ich tig k e it dieses Satzes d u rch zwei Tatsachen. Z un ä ch st hinmal
dad u rch , daß g e rad e a u f In se ln sich z ahlreiche Lebewesen als E e l i k t e bis in die Gegenw
a rt e rh a lten konnten, a u f dem K o n tin en t ab e r ausgestorhen sind: die te rre s tris ch en
Biesenschildkröten u n d die Brückenechse (Sphenodon punctatus) sind die bekanntesten
Beispiele d a fü r. Sodann durch eine ganz au ffa llen d leichte A u s r o t t b a r k e i t d e r Insel-
ü e re : sei es durch E in fü h ru n g ein e r heuen, der betreffenden In se lfau n a sonst fremden
l i e r a r t , sei es d u rch den Menschen selbst. So vermochte beispielsweise der Mensch m i l
L eichtigke it die riesigen L andschildkröten-He rden a u f den Galapagos u n d a u f vielen Inseln
des In d ik fa s t restlos zu v e rnichten; u n d die vom Menschen in die H e im a t d e r B rü ck en echse
ein g e fü h rten B a tte n hab en den Be stand des b e rü hm ten „lebenden Fossils“ s ta rk dezimie
rt. Die B a tte n sind es auch, die a u f den Be rmudas den autochthonen Echsen (Eumeces
kmgirostris) nachstellen und je tz t ih r e u rsp rü n g lich en P o p u la tio n en sehr erheblich v e rrin
g e rt haben. A u f einer Abrolhos-Insel (West-Australien) is t dagegen Egernia stokesii
offenbar d urch e in g e fü h rte Katz en v e rn ich te t worden. N amentlich a u f den A n tillen sind
a b e r im L au fe d e r letzten J a h r e zahlreiche Bep tilien verschwunden, me ist wohl von den
e in g e fü h rten Ichneumons au sgerottet. B a r b o u r (1930a, S. 7 7 ) h a t eine in te re ssan te Üb e rsicht
üb e r d e ra rtig e Än d e ru n g en im in su la re n Fau n en b ild e gegeben. „ Islan d species often
h av e only a tenuous hold on life , as i t were“ , s a g t e r m it vollem E echt. So sind z. B. Ameiva
polops a u f St. Croix, A. griswoldi a u f Nevis, A. cineracea a u f Guadeloupe u n d Grand
i e r r e , A . aquilina a u f St. Vincent n u nm eh r als ausgestorben zu b e tra ch ten ; das gleiche
g ilt auch f ü r an d e re Echsen (z. B. verschiedene Mabuya-Formen) sowie Schlangen der
Genera Leimadophis (bzw. Alsophis) u n d Drymobius im gleichen Archipel. A u f J am a ic a
h a t d e r Mungo insbesondere die beiden Boiden Epicrates subflavus und Tropidophis macu-
latus jamaicensis nahezu völlig v e rn ich te t. N u r ausgesprochen baumbewohnende A rten
sind v o r dem Mungo, d e r ein Bodentier ist, geschützt; d ah e r hab en z. B. viele westindische
Anolis-A rten u n te r ihm n ich t zu leiden. Sicherlich ist es ke in Zufall, daß W e r n e r (1925
S. 245) m seinem Aufsatz ü b e r „Ausgerottete B e p tilien “ so g u t wie ausschließlich von insei-
bewohnenden A rte n zu berich ten weiß.
Übrigens tr if ft auch fü r die Vogelwelt d e r S a tz zu, daß Inselfo rmen leichter u n d
ra sch e r ausste rb en als festländische A rten . E o t h s c h i 1 d (1907) h a t eine ziemlich erschöpfende
Übe rsich t ü b e r die se it etwa 700 J a h re n ausgestorbenen bzw. ausg e ro tte ten Vögel
gegeben. In unse rem Zusammenhang is t es n u n von hohem In te re sse hervorzuheben daß
seine L iste fa s t ausschließlich i n s u l a r e V ogelarten e n th ä lt; besonders zahlreich sind die
ausgestorbenen A rte n a u f Neuseeland (59 Species), Cha tham u n d Norfolk, d an n a u f Madag
a sk a r (15) u n d den Ma skarenen (36), fe rn e r in Polynesien, a u f den H aw a i (1 1 ) Galapagos
u n d A n tillen (15). Von K o n tin en ten (Au stralien, Nord ame rik a , E u ro p a ) n en n t B o t h -
SC,..1, . g0gen. nic!lt m eh r als 5 s Pecies, die a ls erloschen zu gelten haben. Dies trifft
n a tü rlic h au ch fü r die Säuge tie re zu. S ogar a u f größeren, ganz festlandsnahen In se ln m it
wenig differenzierter F a u n a k a n n ih r Aussterben ra sch e r erfolgen als a u f dem Festlan d e
wie es z B. aus d e r A rb e it H a g m a n n s (1908) üb e r die S äu g e r d e r In se l Mexiana
h e rvorgeht.
W ir können also v erstehen, daß u n te r diesen Umständen bestimmte V a ria tio n en gerad
e bei inselbewohnenden Geschöpfen in einer auffa llen d en Häufig k e it a u ftre te n u n d sich
e r a lten können, n ich t ab e r bei festländischen; u n d ebenso v e rstän d lich is t es, daß a u f den
von re la tiv wenigen T ie ra rte n bewohnten In se ln bisweilen eine A u fsp a ltu n g ein e r Species
m zahlreiche, m eh r oder minder au ffä llig e Bassen oder P h a sen ohne weiteres sta ttfinden
kan n , ohne d aß ih re E xistenz d u rch den K am p f ums Dasein g e fäh rd e t wird. Ab e r üb e r
die eigentlichen E n t s t e h u n g s u r s a c h e n d e r In se lv a ria tio n en vermögen auch die in su la
re n Lebensbedingungen in ih re r Gesamtheit, die fü r sehr zahlreiche E e p tilie n a rte n offenb
a r Überaus günstig, n ic h t se lten sog a r o p timal sind, n i c h t s n ä h e r e s a u s z u s a g e n .
F ü r die-Ansicht, daß die einzelnen Inselmerkmale in E rsch e in u n g tre ten , je nachdem
sie von d e r Umwelt — in e rste r Linie, also vom In se lk lim a — g e fö rd e rt oder gehemmt
werden, v ermochten w ir im L au fe dieser E rö r te ru n g ü b e r die Bedeutung d e r Umweits-
m m Vlel positives M a te ria l zusammenzutragen. Denn n u r in ganz v e re in zelten
F a llen is t eine gewisse P a ra lle litä t zwischen den In se lv a ria tio n en und d e r in su la ren
Umwelt nachzuweisen; m den weitaus meisten F ä lle n w a ren g a r keine u nm itte lb a re n Beziehungen
zwischen den morphologischen Besonderheiten d e r In se l-K rie ch tie re u n d der
In se l-N a tu r au genfällig. Es d rän g te sich v ielmehr im m e r wieder d e r E in d ru c k auf, daß
die u ngeheure F o r m e n f ü l l e d e r Organismen a u f In se ln i n g a r k e i n e m V e r h ä l t n i s
zu d e r gewiß vorhandenen, oft ab e r n u r ganz g e r i n g f ü g i g e n V e r s c h i e d e n h e i t der
Umgebung steh t; u n d m an k a n n d ah e r k aum annehmen, daß ih re E n ts teh u n g n u r d urch
ä u ß e re F ak to ren , die zumeist lediglich den P h än o ty p u s beeinflussen, h e rv o rg e ru fen sei
Die A usbildung zahlre ich e r Insel-Arten oder -Bassen d e r G a ttu n g Lacerta im Mittelmeere,
von Cnemtdophorus an d e r kalifo rn isch en Küste , von Ameiva in W estindien oder von zahlreichen
bemciden im Indonaustralischen Inselmeere zeigen meiner A n sich t nach au fs d eu tlichste,
d aß eine Beeinflussung des in su la ren Formenwandels u nm itte lb a r d urch das TTliin»
die N a h ru n g oder dergl. n u r re c h t selten sta tth a t. Denn viele Inselechsen, die in einem
Arch ip e l zahlreiche Bassen oder P h a se n zu r Ausbildung g eb ra ch t haben, weisen in ih rem
Ökologischen V e rh a lten du rch au s die gleichen Züge au f; u n d da auch die Lebensbedingungen
einzelner E ilande , ih r geologischer Aufbau, ih r Klima, ih re Pflanzendecke usw. oft