ko n tin en ta le r Inseln s te h t die a l l o g e n e T ie rwelt d e r Emportauchungs- u n d E rh eb u n g sinseln:
endogene L an d o rganismen müssen sämtlichen ozeanischen In se ln n a tu rg em äß
völlig fehlen; ih re te rre s tris c h e F a u n a (und Flora ) k a n n d ah e r e rs t sp ä te r zugewandert
sein. E in e solche T ie rw e lt v e rm ag also n ich t den g leichmäßigen C h a ra k te r k o n tin en ta le r
In se ln zu zeigen, sonde rn w ird sich ü b e rau s häufig au s E lementen ganz verschiedener
H e rk u n ft zusammensetzen. Zwa r k a n n die allogene Komponente n a tü rlic h auch a u f den
k o n tin en ta len In se ln a u f tre ten ; trotzdem wird d o rt fa st immer die endogene T ie rw e lt dominieren,
während a lle echten ozeanischen In se ln von d e r exogenen Organismenwe lt allein
beh e rrsch t werden. J e n e In se ln sin d d ah e r in d e r Regel auch re ich e r a n A rte n a ls diese.
Man is t auch b e rechtigt, die F a u n a d e r K o n tin en ta lin se ln als „h a rm o n isch “ zu bezeichnen
u n d sie d e r „disharmonischen“ ozeanischer In se ln gegenüberzustellen, wie es zuerst
B a u r (1891, S. 217; 1892, S. 222) g e tan h a t, d e r a u f die grundlegenden biogeographischen
Unterschiede d e r beiden In se lk a teg o rien hinwies.
Daß die F a u n a a lle r g roßen Inseln, wie z. B. Neuguineas, d e r Sunda-Inseln, Siziliens,
S a rd in ien s usw., n a tü rlic h n u r re in k o n tin en ta len U rsp ru n g s sein kan n , d a rf a ls sicher
gelten; die U n h a ltb a rk e it so wide rsin n ig e r Ansichten wie etwa D a h l s (1921/23), der
z. B. an die p assive Zuwanderung d e r T ie rwelt Mad ag a sk a rs glaubt, oder G u p p y s
(1903/06), d e r die Hypothese v e r tr itt, d aß In se ln von je h e r In se ln gewesen seien, wird
sich au s folgendem von selbst ergeben. Denn a u f allen d e ra rtig e n In se ln zeigt die T ie rwelt
n ich t n u r völlig harmonische C ha rakterzüge, indem die Beziehungen zu den gegenw
ä rtig en oder frü h e re n K o n tin en ta lfau n en n achwe isbar sind, sonde rn es kommen d o rt
auch solche landbewohnende Geschöpfe vor, deren n a ch träg lich e Zuwanderung als völlig
ausgeschlossen gelten d a rf: dazu gehören z. B. von W irb e ltie ren sämtliche Amphibien
u n d nichtfliegende L an d säu g e r sowie seh r viele F am ilien der R eptilien, die bezeichnenderweise
a u f echten ozeanischen Inseln niemals a u ftre te n , sofern sie d o rt n ich t vom Menschen
e in g e fü h rt worden sind.
Umg ek eh rt d a rf ab e r das F ehlen dieser T ie rg ru p p en , wie etwa d e r Amphibien, a u f
bestimmten E ilan d e n d u rch au s n ich t immer als A rg um en t fü r ih re ozeanische N a tu r a n g
e fü h rt werden, wie es S c h m i d t (1930,S .281) und an d e re fü r die Galapagos tu n ; denn
die Abwesenheit d e r Amphibien, ein e r im hohen Maße a u f das Süßwasser angewiesenen
W irb e ltie rg ru p p e , k a n n sich in manchen F ä llen auch au s re in ökologischen Gründen
— eben au s dem S ü ßw a s s e rm a n g e l^ -.e rk lä re n . F ehlen doch auch Amphibien n ic h t n u r au f
den Galapagos, sondern auch a u f vielen an d e ren Inseln, wie z. B. a u f den K ap verden,
a u f S okotra u n d Neu-Kaledonien, fe rn e r a u f vielen kleinen M ittelmeerklippen usw.,
deren k o n tin en ta le r U rsp ru n g au ß e r jedem Zweifel steht. Genau so k a n n n a tü rlic h das
F ehlen d e r S äu g e r a u f vielen K o ntinental insein a u f ökologische bzw. paläogeographische
U rsachen zu rü ck g e fü h rt werden.
Zu bemerken is t fe rn e r, d aß die endogene T ie rwelt v ie le r g rö ß e re r Inseln kon tin en ta
len U rsp ru n g s seh r häufig eine Gliederung in faunistische Regionen erkennen lä ß t: so
is t z. B. die F a u n a in W e s t-J a v a eine an d e re als im Osten dieser Inse l; die H albinseln von
Celebes weichen v o n einander in fau n istisc h e r Be ziehung re c h t erheblich ab; die R e p tilien
fau n a des Nordostzipfels Siziliens weist wesentlich d eutlichere Beziehungen zum kontin
en ta len Ita lie n a u f als die ü b rig e In se l usw. D e ra rtig e regionale Unterschiede pflegen
bei ozeanischen E ilan d e n m it ih re r disharmonischen F a u n a k aum so deutlich in E rsch e inun
g zu treten.
Indessen muß betont werden, daß eine u rsp rü n g lich disharmonische, also allogene
T ie rw e lt ozeanischer In se ln sich u n te r besonderen Umständen im L au fe d e r Zeit doch in
eine meh r oder m in d e r h a r m o n i s c h e um wandeln k an n : indem nämlich a lle E ilan d e
eines Gebietes nach einem genügend langen Z e itraum ih re Bewohner u n te re in an d e r so
weitgehend austauschen, d aß die faunistischen Unterschiede zwischen den einzelnen In seln
a u f ein Minimum re d u z ie rt werden bzw. völlig a u f hören. So zeigen z. B. die zahllosen
polynesischen E ilan d e , von denen ein g ro ß e r Teil a ls Korallen b ild u n g en — o ft m it
einem V u lk an k e rn in d e r M i t t e S - ozeanischen U rsp ru n g s ist, dennoch eine ganz homogene
(wenn auch s ta rk ve ra rmte ) te rre s tris c h e H e rp e to fau n a , die sich fa s t a u f jed e r In sel
au s 4—7 se h r au sb re itu n g s fäh ig en E ide ch sen a rten zusammensetzt. Daß zwischen diesen
E ilan d e n immerw äh ren d ein F au n en au s tau sch sta ttfin d e t, g eh t n amentlich au s dem
V e rh a lten d e r kleinen Glattechse Ablepharus boutonii h e rv o r: während dieses Geschöpf
sonst zu r B ild u n g von geographischen Ra ssen seh r erheblich neigt, gehören die so zahlreichen
Inse lp o p u la tio n en ganz Polynesiens zu ein e r einzigen Subspecies (poecilopleurus).
Aus diesem Beispiel e rg ib t sich ein we ite re r biogeographischer U nterschied zwischen
k o n tin en ta len u n d ozeanischen Archipelen: das Vorhandense in von E n d e m i s m e n (unte
r n ic h t flugfähigen Tieren) a u f den e rste ren u n d ih r F ehlen oder Z u rü ck tre ten au f den
letzteren. Endemische Fo rm en können sich nämlich a u f k o n tin en ta len In se ln le ich te r au sb
ilden als a u f ozeanischen: denn eine n a ch träg lich zugewanderte F a u n a ozeanischer Inseln
muß sich zumeist aus E lementen zusammensetzen, die üb e r ein leichtes A u sb re itu n g svermögen
verfü g en , das fü r die Ausbildung endemischer Fo rm en seh r u n g ü n stig ist. D a h
e r k an n man sagen: a u f ein e r In se l neigen allogene Geschöpfe we it weniger z u r Ausbild
u n g von L okalformen als endogene. Man wird also a u f den k o n tin en ta len U rsp ru n g eines
A rchipels n amentlich d an n m it Sich e rh e it einen Schluß ziehen dürfen , wenn d a rin jedes
E ila n d d u rch eine endemische F o rm des gleichen Formenkreises c h a ra k te ris ie rt ist; denn
ih re A u sbildung schließt ja einen gegenseitigen In d iv id u en au stau sch aus, was eben zur
An n ahme berech tig t, daß die betreffenden Organismen a u f d e r In se lg ru p p e schon vor
ih re r A bgliederung vom F e stlan d e gelebt haben mußten. F e rn e r is t es ganz k la r , daß der
E ndemismus a u f a lte n K o n tin en ta lin se ln wesentlich s tä rk e r — d u rch Ausbildung von
A rte n und höheren systematischen K a teg o rien -Bl au sg ep rä g t sein w ird als a u f jungen,
a u f denen endemische F o rm en entweder n u r als U n te ra rte n (Rassen) a u ftre te n oder aber,
wenn es sich um ganz ju n g e Inselbildungen han d e lt, auch vollstän d ig fehlen können.
N u r se lten v e rm ag sich eine endemische F o rm u n te r den nichtfliegenden L an d tie ren
ein e r ozeanischen In se l auszubilden. Endemische F led e rm äu se -u n d Vögel sind von mehre
re n ozeanischen In se ln bekannt. Von Rep tilien v e rm ag ich dagegen n u r Emoia arundelii
(Abb. 2), eine kleine, d ü ste r g e fä rb te Glattechse vom winzigen C l i p p e r t o n - E i l a n d im
S tillen Ozean, das etwa 700 Meilen von Mexiko e n tfe rn t und wohl sicher ozeanischen
U rsp ru n g s ist, an zu fü h ren . Dieses Geschöpf muß a u f Clipperton allogenen U rsp ru n g s
sein; seine Ve rw an d ten leben nämlich n ich t etwa in Am e rik a (wo die G a ttu n g völlig
fehlt), sonde rn kommen in P ap u a s ie n vor. Emoia arundelii is t nämlich ganz nah e m it d e r in
Ozeanien w e itv e rb re ite ten Emoia cyanura verwan d t. G a r m a n (1899, S. 60) g la u b t wohl m it
Recht an ih re Verschleppung d u rch transpazifische S trömungen au s dem Gebiete des äq u a to
ria le n Polynesiens, zumal Clip p e rto n g e rad e im Bereiche des nördlichen Äquator-Gegenstroms
liegt. D aher is t es n ic h t unwahrsche inlich, d aß diese Echse einmal tatsä ch lich au f
tran sm a rin em Wege nach d e r Clipperton-Insel g e lan g t ist u n d sich d o rt zu ein e r endemischen
F o rm umgewandelt h a t. — Indessen bere ch tig t das Vorkommen eines Geschöpfes
Zoologie». Heft 84. 2