Im Z usammenhang d am it ste h t erstens d e r Umstand, daß u n te r den In fu so rien des
L itoralgehietes eine v e rsch ied en a rtig e ökologische G ru p p ie ru n g in bezug a u f ih re N ah ru
n g vo rlieg t: Algophagen, R a u b tie re , Bakte rio p h ag en , Detrito p h ag en , Kadave ro p h ag en
u n d E u ry p h a g e n sind in dieser Gemeinschaft durch eine ganze Re ihe von A rte n v e r tre ten,
wobei q u a n tita tiv , na ch d e r In d iv id u en z ah l, die Algophagen vorh e rrsch en . Im offenen
Ba ika lsee sind diese G ru p p ie ru n g en haup tsä ch lich a u f die Algophagen b e sch rän k t, die
sich von 2__3 A lg en a rten e rn äh ren u n d zu denen sich eine g eringe Z ahl von Raubformen
un d E u ry p h ag en gesellt.
D u rch diesen R e ichtum des L itoralgehietes a n N a h ru n g und d u rch die Möglichkeit
d e r E ntw ick lu n g von verschiedenen Konsumenten in demselben wird fe rn e r au ch d e r A r ten
re ich tum d e r L ito ra l-In fu so rien g ru p p e bestimmt, d e r 93 A rte n zah lt, wah ren d im
P e lag ia lg eb ie t des Baika lsees 28 A rten Vorkommen; die q u a lita tiv e S p ä rlic h k e it der
N a h ru n g sv o rrä te in letzterem Gebiete w irk t zweifellos beschränkend a u f die A rtenzusammensetzung
d e r In fu so rien dieses Biotopes. E in e n Ü b e rg an g in dieser Beziehung bild e t die
Gemeinschaft der seichten Be zirke des Baikalsees, die a n Nahrungsquellen re ich e r sin d als
d e r offene Baikalsee, u n d 34 In fu so rie n a rte n enthalten.
W ir wenden uns n u n den physikalisch-chemischen Lehenshedingungen im L ito ra lgebiet
zu. I . . . ±
Die Hauptb e so n d e rh e it im hydrologischen Regime des L itoralgehietes is t sein a s ta tischer
C h a rak te r, im Gegensatz zum sta tisch en Regime des P elagialgebietes des Baikalsees.
Nach den Angaben d e r hydrologischen Tagebücher d e r E x p edition, sowie na ch dem
M a te ria l von J a s n i t z k y (1927) u n d K u s n e z o w und T s c h e r b a k o w (1930), werden
in den Sommermonaten im L ito ra lg eh ie t des Baikalsees, das a n Wasserpflanzen re ich ist,
rh y thmisch e täg lich e Schwankungen einer Reihe von physikalisch-chemischen H au p tfak -
toren beobachtet, d e r T em p e ra tu r, des P H, 0 2, COs, d e r Bik a rb o n a te , die d u rch die In so la
tio n u n d den täglichen R h y thm u s der A s sim ila tio n stä tig k e it d e r U fe ra lg en bestimmt
werden. Diese Schwankungen sind wäh ren d d e r stillen Sommertage besonders groß; so
b e trä g t z. B. na ch den.Beobachtungen v o n J a s n i t z k y , die a n einem d e ra rtig e n Tage (am
3 0 . V I. 1. V II. 1927) im B e zirk B o ljschije K o ty au sg e fü h rt wurden, d e r maximale W e rt
fü r den 0= um 12 U h r m ittag s 17,83 mg/l, was 152,53% S ä ttig u n g bedeutet, der minimale
W e r t abe r, um 3 U h r morgens, n u r 8,00 mg/l oder 64,15'% S ä ttig u n g . Die CCL-Schwankun-
gen wiesen n a tü rlic h den um gekehrten V e rla u f au f: das Maximum b e tru g um 3 U h r m o rgens
+ 3,28 mg/l, das Minimum um 12 U h r m ittag s ab e r —5,68 mg/l, d. h. m it ein e r sehr
bedeutenden (konventionellen) Amp litu d e von 8,96 mg/l. Die Schwankungen d e r h albgebundenen
u n d gebundenen CCh v e rlie fen wäh ren d 24 Stu n d en in d ire k te r Ü bereinstimmung
m it dem V e rlau f der V e rän d e ru n g en d e r fre ien C 0 2 u n d die täg lich e Amp litu d e derselben,
m it dem Maximum u n d Minimum w äh ren d der genan n ten Stunden, e rre ic h te 42,47 mg/l
f - 3 3 ,6 5 mg/l § 8 ,8 2 mg/l. Die maximale T em p e ra tu r b e tru g 10,80° um 3 U h r m ittag s, die
minimale ab e r 5,00° um 12 U h r nachts. In diesem Beispiel fehlen die Angaben üb e r die
Amplitude d e r täg lich en Schwankungen d e r ak tiv en Re aktion, welche in bedeutendem
Maße von d e r CCL-Menge ab h än g t. Aus dem hydrologischen M a te ria l der E x p ed itio n k an n
ersehen werden, daß die Schwankungen dieses F a k to rs im L ito ra lg eb ie t seh r bedeutend
sein können; so w urde z. B. am '2 4 .§ 2 5 . V II. 1926 am M a ritu j-U fe r, das von Ulothrix zo-
nata bewachsen ist, in den Tagesstunden infolge d e r sta rk e n Photosynthese eine so sta rk e
A n lau g u n g des Wassers beobachtet, d aß der P h über 9,3*) h in au sg in g ; wäh ren d der Tages-
*) Die Grenze d e r Skala, welche d e r E xpedition zu r Ve rfügung stand.
stu n d en n ä h e rt sich die Re ak tio n beinahe d e r n eu tra len u n d um 2 U h r nach ts w u rd e ein
P H von 7,15 beobachtet. Im L au fe derselben 24 Stu n d en b e tru g die Amp litu d e d e r Schwank
ungen fü r den 0 2 von 17,81 mg/l bis 7,89 mg/l, fü r die C 0 2 von 7,19 mg/l bis 0,67 mg/l,
f ü r die T em p e ra tu r von 18,60° bis 9,60°.
Abgesehen von den rh y thm isch en Tagesschwankungen d e r p h ysika lisch-chemischen
F ak to ren , die wäh ren d d e r warmen, sonnigen Tage besonders deutlich ausgesprochen sind,
werden in d e r Uferzone rasche , zuweilen plötzliche V e rän d e ru n g en d e r Bedingungen beobachtet,
die m it d e r W irk u n g d e r W inde u n d d e r B ran d u n g im Zusammenhang stehen und
im B a ika lsee während d e r ersten S ommerhä lfte besonders häufig sind. Diese Abwechselu
n g von stillem u n d häufig sonnigem W e tte r m it k a ltem W e tte r m it plötzlichen Winden
u n d Stü rm en , welche die k a lte n Gewässer des P elagialgebietes an s U fe r treiben, b ed in g t im
L ito ra lg eb ie t wäh ren d e in ig e r P e rio d en den sp ru n g a rtig e n V e rlau f ein e r Re ihe von H a u p tfak
to ren u n d v o r allem d e r T em p e ra tu r.
Au f S. 232 is t eine Tabelle gegeben, welche d e ra rtig e sch a rfe T em p e ra tu r Schwankungen
im L ito ra lg eb ie t bei M a ritu j c h a rak te risie ren : im L au fe eines Monats vom 5. VI. bis
zum 6. V II. umfassen die T em p e ra tu rschw an k u n g en im L itoralgebiete eine Amp litu d e von
4° bis zu 20,70°, d. h. von 16,10°, wobei z. B. während d e r P e rio d e vom 19. VI. bis zum
29. VI. n ich t weniger als 5mal sp ru n g fö rm ig e T em p e ra tu rv e rän d e ru n g en Vorlagen. Im
offenen Ba ika lsee schwankte ab e r die T em p e ra tu r im L au fe dieses Monats n u r von 3,33°
bis 9,40°, d. h. in Grenzen von 6,37°, u n d der V e rlau f d e r T em p e ra tu rv e rän d e ru n g en w a r
seh r gleichmäßig.
Aus dem oben in bezug a u f die allgemeine L a b ilitä t des hydrologischen Regimes Gesagten
u n d aus den entsprechenden Beispielen k a n n man ersehen, daß auch das Diapason
d e r hydrologischen H a u p tfa k to re n im L ito ra lg eb ie te viel w e ite r ist, als im Pelagialgebiete,
fü r das se h r enge R ahmen n ic h t n u r d e r täglichen, sonde rn auch d e r jä h rlic h e n Schwank
ungen d e r T em p e ra tu r, des Ph , des 0 2, des Gehalts a n Min e ralbestandteilen und anderen
F a k to re n e igentümlich sind.
Tab. XXX.
T° T °
Aspidisca costata 3.5-28.3 lìono/us lamella 6.0 - 16-0
" fynceus I.O-I1-5 Lagenophrys ampolla 0.0 -210
Btepharisma caerulea 3.0-22.0 Opbryog/ena atra 36 - 1ÌJ>
Carcfiesium potypinom 0.0-17.0 • ollonga 3.0 -220
Cinehchiffum margani 1.0-22.0 Oxy/ricfa pellionella 0.0-225
Coteps fiir/us 1.0 -28.0 Podophrya fina 1.0 -19.0
Corthurnia crystallina 00 - 220
Denlroco/neles paradoxes 0.0-23-0 Stentor coeru/eus 00 - 210
Strombidium turbo 1.0 - 16.0
Eup/otes palella 10-210 Spìrochona gemmip. O.O- 19.0
Fron/onia acuminala 5.0-21.3 0.0 -17.0
OH-32.0 " lemnas OH- 17.0
3.0- 22.5 Vorticella convoli. 1.0 - 29.0
lacrymaria o/or 319-/0.0 30 • 236
" coronata
Lemaeoptrya capitata
Ha/tena grandicella
30 -10.0
0.5-21.0
r. 0-32.0
Zoolhamnium affine 00 -16.0
D ah e r sind ersten s u n te r den In fu so rien d e r L itora lg em e in sch a ft ohne Zweifel die
euryöken Fo rm en v orherrschend, im Gegensatz zu dem V o rherrschen d e r stenöken Formen
im P elagialgebiete. So sin d z. B. in bezug a u f den H a u p tfa k to r — die T em p e ra tu r — alle
diejenigen A rten d e r L itoralgemeinschaft, fü r die genügende Angaben vorliegen, eury-
th e rm e A rten . An dieser Stelle wollen w ir die T em p e ra tu rg ren z en angeben, in welchen
n u r die v e rb re ite ts ten Fo rm en des L itoralgebietes des B aikalsees Vorkommen, wobei w ir sowohl
u n se re Beobachtungen im Baikalsee, die ziemlich zahlreich sind, wie auch die in
bezug a u f einige A rten vorliegenden L ite ra tu ra n g a b e n (siehe spezieller Teil) ü b e r andere
Wasserbecken in B e tra c h t ziehen (s. T abelle X X X ).