Sommermonaten so deutlich au sgesprochen ist, w ird im W in te r in hohem Maße au sgeglichen.
Diese E rsch e in u n g ste h t n a tü rlic h im Zusammenhang m it d e r v ollständigen
V e rän d e ru n g d e r Lebensbedingungen f ü r die p lan k tisch en In fu so rien im sp ä ten H e rb st
u nd W in te r im Ufergebiete.
Abgesehen von d e r allgemeinen S enkung d e r T em p e ra tu r, welche die H au p tro lle
spie lt, ist d e r vollkommene Schwund d e r Ufer Vegetation, welche d u rch die Herbst- und
W in te rstü rm e , die a u f dem B a ika lsee eine große S tä rk e e rre ichen, v e rn ic h te t wird , sehr
wichtig fü r die V e rän d e ru n g des Regimes dieses Gebietes. Die Wogen wälzen soga r große
Steine um, wobei die Algen Ulothrix, Draparnaldia, Gomphonema, Chaetomorpha, die
diese S teine bekleiden, abgerieben werden. Mit den Algen geh t auch ih re se h r reichliche
E p ip h y te n fa u n a zugrunde, vornehmlich die Diatomeen, welche die H a u p tn a h ru n g der
U fe rin fu so rien sind. E s muß dabei b etont werden, daß fü r viele eu ry th e rm e Uferin fu so rie
n die nied rig e T em p e ra tu r u n te r der Eisdecke noch k e in H in d e rn is fü r ih re E ntw ick lu
n g auch im W in te r sein könnte; in an d e ren Becken, in denen au ch im W in te r die E rn ä h rungsbedingungen
fü r die In fu so rien u n v e rä n d e rt bleiben, leben die selben Fo rm en g e rade
im W in te rp lan k to n . Das sind z. B.: Stentor coeruleus, Frontonialeucas, Ophryoglenaatra,
Spirostomum ambiguum, Coleps hirtus, Vorticella microstoma, V. nebulifera, Dileptus
anser und viele andere. W ir verfü g en leid e r n ich t ü b e r Zahlenangaben in bezug a u f den
täg lich en V e rlau f d e r V e rän d e ru n g en des physikalisch-chemischen Regimes im U fe rgebiet
des Sees wäh ren d d e r W in te rm o n a te ; man d a r f ab e r m it g ro ß e r Wah rsch e in lich k e it
annehmen, daß das Herbst- u n d W in te rreg im e u n te r d e r Eisdecke im Uferg eb ie t des B a ikalsees
sich d u rch viel g e rin g e re täg lich e Schwankungen auszeichnet, als das Sommerregime,
wobei es in dieser Beziehung sich dem Regime, z. B. der oberen Schichten des
Pelagialgebietes bei nied rig en T em p e ra tu ren meh r n ä h e rt, als dem Sommerregime des
Ufergebietes.
Dieses Bild des Schwundes d e r Ufe ra lg en u n d m it ihn en au ch d e r entsprechenden
Gemeinschaft der U fe rin fu so rien w äh ren d d e r W in te rm o n a te u n d d e r V e rb re itu n g d e r
pelagischen In fu so rien beinahe bis an s U fe r w urde von uns im W in te r 1928 im M a ritu j-
Be zirk beobachtet. In den Proben, die aus den E islöchern üb e r Tiefen von 3—5 m genommen
wurden, fanden w ir in d e r Zone, in d e r wäh ren d d e r Sommerzeit m itte n u n te r einer
üp p ig en Gomphonemadecke sich die U fergemeinschaft d e r In fu so rien entwickelte, u n ab
än d e rlich dieselben pelagischen Fo rm en wie im offenen Baikalsee, u n te r ih n en auch
a lle pelagischen In fu so rien ; fre ilich d u rfte n die Eislöcher n ic h t a n bewohnten Ufe rn
gemacht u n d n ich t v e ru n re in ig t werden. Die so rg fä ltig sten u n d wiederholten Versuche
(au f B itten von P ro f. K. J . M e y e r), die am Boden wachsenden U fe ra lg en wenn auch
n u r in g e rin g e r Menge zu bekommen, blieben ergebnislos: die Ulothrix u n d Draparnaldia
fehlten gänzlich; in sehr g e rin g e r Menge w a r es gelungen, Gomphonema von Steinen ab zuk
ra tz en u n d einen k leinen Zweig von Chaetomorpha zu bekommen.
E in ähnliches Bild d e r V e rb re itu n g d e r pelagischen In fu so rien bis a n s U fe r k a n n m an
eigentlich auch wäh ren d der Sommerzeit bei n ied rig en T em p e ra tu ren in den Teilen des
Baikalsees beobachten, in denen die U fe r ste il sind, wobei die B ran d u n g s ta rk ist, weshalb
die Uferzone g a r keine Wasserpflanzen a u f weist. Die pelagischen In fu so rien u n d die ü b r igen
Pe lagobionten tre te n seh r n ah e an solche U fe r h e ran ; viele Zehner von Me tern vom
Ufe r, in ein e r Tiefe von 2—3 m, kommen in g e rin g e r Z ahl noch einige pelagische In fu so rie
n vo r, u n te r ih n en auch Marituja pelagica. Die pelagische Gemeinschaft t r i t t ab e r n ich t
u nm itte lb a r bis a n die Wassergrenze h eran, u n d in diesem engen Ü fe rs tre ifen lebt eine
besondere, q u a lita tiv u n d q u a n tita tiv seh r sp ä rlich e Gemeinschaft von In fu so rien , die fü r
die vegetationslosen U fe r m it s ta rk e r B ran d u n g e igentümlich ist.
Wenn also in d e r Uferzone kon stan te V e rh ä ltn isse b eständig beobachtet werden, oder
wenn sie fü r eine genügend lange Pe rio d e sich einstellen, und wenn die Wasser tem p e ra tu r
dabei genügend n ied rig ist, so ä n d e rt die In fusoriengeme inschaft des pelagischen Gebietes
gleichsam ih r „negatives Zeichen“ in bezug a u f die Uferzone; sie e rh ä lt ein „positives
Zeichen“ u n d v e rb re ite t sich au s dem P e lag ia lg eb ie t beinahe bis ans Ufer.
Diese Beobachtungen, die a u f die Bedeutung des F a k to rs d e r sta tisch en Bedingungen
fü r die Biologie d e r Pe lagobionten auch fü r die h orizontale V e rte ilu n g d e r pelagischen
In fu so rien im See hinweisen, geben noch eine gewisse Grundlage fü r die Feststellung, daß
ein a n d e re r F a k to r, d e r im Baikalsee, als einem Becken m it seh r großem, tiefem P e la gialgebiet,
seh r deutlich ausgesprochen ist, nämlich d e r R a u m - F a k t o r , in d e r In fu so rie
n v e rte ilu n g zwischen dem Pelag ia l- u n d Ufergebiet offenbar n ich t zu r Geltung kommt
u n d sich n ich t feststellen läß t. W ir werden zu diesem Umstand bei der Be schreibung der
Gemeinschaft d e r U fe ra lg en zurückkehren.
W ir wollen noch einige W o rte ü b e r den F a k to r d e r Wellenbewegung sagen; üb e r
seine W irk u n g v e rfü g e n w ir n u r üb e r seh r allgemeine u nvollständige Angaben. Wäh ren d
d e r P e rio d e d e r Winde u n d S tü rm e schwinden die In fu so rien , zusammen m it den ü b r igen
P lanktonbewohnern, b e inahe gänzlich au s den oberen bewegten Wasserschichten. Es
ist wahrsche inliche r, daß das P lan k to n , wenigstens der g rö ß te Teil desselben, in die u n te
rliegenden ru h ig e re n Schichten absteigt, als daß es während d e r S tü rm e zugrunde geht,
um so mehr, a ls d e r Schwund des P lan k to n s sehr ra sch geschieht, b innen 1—2 S tunden nach
dem Beginn des Sturmes. W ir v e rfü g e n ab e r n ic h t üb e r d irek te Angaben in bezug a u f das
Hinabsteigen des P lan k to n s u n d d e r In fu so rien , d a die A rb e it, noch dazu in tiefen Schichten,
während des S tu rm e s in A n b e tra ch t der ge rin g en Größe des E x p ed itio n sk u tte rs u n möglich
war. Das W ied e r erscheinen des P lan k to n s in den oberen Schichten, nachdem sich
de r S tu rm gelegt h a t, w urde in e inigen F ä lle n schon am folgenden Tage beobachtet; es
erschienen auch die In fu so rien , zuweilen in g ro ß e r Menge.
Die häufigen S tü rm e begünstigen, wie es scheint, weder d irek t, noch in d ire k t die E n twicklung
d e r In fu so rien , insbesondere d e r Marituja pelagica, im P lan k to n des P e la g ia lgebietes.
D e r Sommer des J a h re s 1926 zeichnete sich im südlichen Teil des Baikalsees
d u rch häufige u n d s ta rk e W inde aus, in d e r nördlichen H ä lfte des Baikalsees w urde d a gegen
d au e rn d stilles W e tte r beobachtet. Das P lan k to n w a r im südlichen Teile sp ä rlich .
Marituja w a r in ihm sp ä rlich v e rtre te n ; im nördlichen Teil ab e r w a r das P lan k to n viel
re ich e r u n d die Marituja wies in ihm eine reichliche E n tw ic k lu n g auf. D e r Sommer des
J a h re s 1927, besonders das E nd e des Monats J u n i — u n d d e r Mona t J u li, w a r a u f dem
ganzen B a ika lsee ungewöhnlich still, das P la n k to n w a r reich, es e n th ie lt zahlreiche Melo-
sira, welche die H au p tn a h ru n g d e r Marituja sind; diese Umstände, zusammen m it d e r n ie d
rigen T em p e ra tu r des Wassers, w a ren wahrsche inlich g ü n stig fü r die m a ssenhafte E n twicklung
d e r g en an n ten In fu so rien wäh ren d dieser P e rio d e im ganzen Baikalsee.
Das P la n k to n des sp ä ten Herbstes und d e r e rsten Winte rm o n a te , v o r dem E rscheinen
d e r Eisdecke (etwa bis zum J a n u a r ) zeichnet sich durch allgemeine A rm u t aus, u n d die
In fu so rien nehmen in ihm q u a lita tiv u n d q u a n tita tiv ab; von den leitenden F o rm en schwind
e t Mucophrya pelagica gänzlich, Marituja kommt in seh r gerin g en Mengen vor. Wenn
man diese A rm u t m it d e r sta rk e n E n tw ick lu n g d e r In fu so rien wäh ren d d e r Winte rp e rio d e ,
dabei ab e r u n te r der Eisdecke, zusammenstellt, so muß diese V e ra rm u n g des P lan k to n s