2. A u ß e r d e r A usnutzung m a rin e r Organismen (zumeist Crustazeen) a ls N a h r u n g
fä llt bei manchen In se lrep tilie n die Neigung zu r Omnivorie au f; ausschließlich pflanzenfressende
K rie ch tie re sind jedoch u n te r den Inselbewohne rn n ich t h ä u % •
3. Im allgemeinen sind die In se lrep tilie n ausgesprochene T ag tie re ; einige, vom F e s tlan
d h e r als näch tlich lebend b ekannte Geschöpfe, sind a u f Inseln zu T ag tie ren geworden,
verm u tlich infolge Fehlens d e r F einde oder K o n k u rren te n . Vielleicht neigen manche In se ltie
re ü b e rh a u p t zu r E rw e ite ru n g ih re r A k t i v i t ä t s p e r i o d e .
4. Mit dem schwerfälligen H ab itu s v ie le r In se lk rie ch tie re h än g t es zusammen, daß
ih re B e w e g u n g e n im allgemeinen weniger schnell u n d gewandt sind als bei ih re n kontin
en ta len Ve rwandten. In ih rem V e r h a l t e n f ä llt bisweilen d e r Mangel a n Scheuheit, ja
selbst eine gewisse D re istig k e it au f, die n ic h t ausschließlich hei den weniger gewandten
Fo rm en festzustellen ist. An d e re rse its g ib t es au ch Reptilien, se lbst a u f den kle in sten E ilanden,
die sich d u rch eine erhebliche Sch eu h e it auszeichnen, ohne daß d a fü r in allen
F ä llen irgen d e in e U rsache zu e rkennen wäre.
5. Bei inselbewohnenden Eidechsen findet m an h äu fig r e g e n e r i e r t e S c h w ä n z e
in einem seh r hohen P roz entsatz; diese E rs ch e in u n g is t a u f die g roße U n v e rträ g lich k e it
dieser Geschöpfe u n te re in an d e r, a u f ih re P ä a ru n g sk äm p fe sowie a u f den re c h t v e rb re ite ten
Kannibalismus, u n te r dem namen tlich die J u n g tie re seh r oft zu leiden haben, zu rü ck zuführen.
Bemerkenswert ist, daß hei manchen Inselechsen eine Neigung zu r Reduktion
der Schwanzautotomie au fzu tre te n scheint.
C. Deszendenztheoretischer Teil.
I.
Die V a r i a t i o n s b r e i t e einzelner Merkmale, die ganz u n ab h än g ig voneinander
v a riie ren , is t hei in su la ren Reptilien p o p u la tio n en ü b e rau s schwankend: bei einigen k a n n
sie sehr gering, hei an d e ren wieder au ß e ro rd en tlich groß sein. E in e erhöhte Zunahme der
V a ria b ilitä t ste llt kein e E n d stu fe einer E n tw ic k lu n g sric h tu n g d a r, sondern eine V orstufe
dazu; denn sp e zialisierte Popu la tio n en a u f klein e ren In se ln pflegen im allgemeinen n u r
wenig v a riab e l zu sein, obwohl ih re V a ria tio n sfäh ig k e it keineswegs e rschöpft zu sein
b rau ch t. N icht selten re p rä s e n tie r t eine kle in e re In se lp o p u la tio n n u r eine bestimmte V a r ia tio
n ih re r Ausgangsform in Reinzucht. Die rassenscheidenden Merkmale kommen nich t
immer sämtlichen In d iv id u e n einer In se lp o p u la tio n zu; vie lm eh r zeigen sie in seh r vielen
F ä llen die E rsch e in u n g d e r tran sg re ss iv en V a r ia b ilitä t. Die In se lv a ria tio n en lassen im a llgemeinen
re c h t deutlich eine b i p o l a r e R i c h t u n g erkennen, zumeist d om in ie rt jedoch
ein E x trem üb e r das andere.
II.
1 . Von den U m w e l t s f a k t o r e n k a n n die K l e i n h e i t d e s A r e a l s a u f die In se lv
a ria tio n e n der Rep tilien n u r m itte lb a r wirk sam sein. J e k le in e r das Areal, desto gerin g e r
w ird die In d iv id u en an z ah l sein, die es bewohnt, desto in n ig e r auch, infolge d e r immer zunehmenden
Inzucht, das Verwan d tsch a fts Verhältnis, in dem die In d iv id u e n zueinander
stehen. Die E n ts teh u n g sämtlich e r In se l Variationen k an n durch die In zu ch t a lle in n ich t
e rk lä rt werden; denn diese v e rm ag n u r alte , in d e r P o p u la tio n verborgene E igenschaften
deutlich werden zu lassen oder ab e r neu a u f tre ten d e zu k onse rvieren; keineswegs k an n sie
ab e r neue V a ria tio n en erzeugen.
2 . Auch die F ä rb u n g und Be schaffenheit des U n t e r g r u n d e s sind a u f die Farb-
k leider d e r In se lrep tilie n u nm itte lb a r ohne jeden Einfluß. Zwar sin d einige In selformen
u n te r den K rie ch tie re n T rä g e r von ausgesprochenen Schutzfärbungen, die ih re E n ts teh u n g
der n a tü rlic h e n Z uchtwahl v e rd an k en ; zwischen den melanistischen F a rb k le id e rn und
dem U n te rg ru n d sind jedoch in den weitaus meisten F ä llen n ich t die gerin g sten Beziehungen
zu erkennen, so d aß von ein e r physiologischen Na chbildung d e r Bodenfarbe n ich t gesprochen
werden kan n .
3. Auch eine d irek te B ewirkung d e r genotypisch bedingten In se l Variationen durch
k l i m a t i s c h e F a k t o r e n lä ß t sich bei Rep tilien vorläufig in keinem einzigen F a lle m it
S ich e rh e it feststellen. Zweifellos kommt u n te r den k limatischen F ak to ren d e r T em p e ra tu r
die bedeutsamste Rolle zu: d a ab e r a u f d e r einen Seite extrem hohe T em p e ra tu ren n u r au f
den wenigsten In se ln herrschen, deren K rie ch tie rfo rm en zumeist d urch keine besonderen
F a rb k le id v a ria tio n e n au f fallen u n d somit auch keine Neigung zum Melanismus zeigen,
au f d e r an d e ren Seite ab e r die Inse ln sich wohl in den meisten F ä llen d urch ein gleichmäßiges,
mildes — den F e stlän d e rn der warmen Zonen gegenüber o ft kühleres -H K lim a
auszeichnen, is t es in hohem Maße u nwahrsche inlich, d aß das schwarze F a rb k le id der
in su la ren K rie ch tie re als ein Hitzemelanismus aufzufassen ist. Ebensowenig wahrsche inlich
ist, daß es sich dabei um einen Feuchtigkeitsmelanismus handelt.
4. Von d e r z u r V e rfü g u n g stehenden N a h r u n g s m e n g e w ird zwar die Größe der
In se lrep tilie n beeinflußt; ab e r n ic h t in jedem F a lle k a n n die Größe der In se lk rie ch tie re
d u rch das N ah ru n g sq u an tum a lle in e rk lä r t werden. A u f die Gesamtfärbung inselbewohnend
e r K rie c h tie re k a n n zwar die Q u a n titä t wie Q u a l i t ä t d e r N ah ru n g bis zu einem gewissen
Grade einen E influß ausüben; es h an d e lt sich ab e r meist wohl n u r um eine Ve rän d e ru
n g des P h än o ty p u s, n ich t ab e r des Genotypus. Zwischen dem Jo d - u n d S a lzgehalt der
N ah ru n g und dem in su la ren Melanismus lassen sich zu r Zeit keine sicheren, u nm itte lb
a ren Beziehungen nachweisen; ebensowenig k a n n d e r Inselmelanismus a u f die v egetarisch
e E rn ä h ru n g inselbewohnender R e p tilien z u rü ck g e fü h rt werden.
5. Aus d e r k rä ftig e n E ntw ick lu n g z ah lre ich e r In se lrep tilie n sowie aus ihrem Riesenwuchs
d a r f geschlossen werden, d aß a u f E ilan d e n fü r diese Geschöpfe seh r o ft die
L e b e n s b e d i n g u n g e n i n i h r e r G e s a m t h e i t o p t i m a l sind. N a tü rlich e Ausro
ttu n g sm itte l fehlen fü r diese T ie rg ru p p e d o rt oft völlig; d e r Mangel a n F e in d en g e s
t a t t e t vielen in su la ren K rie ch tie re n n ich t n u r die A usbildung eines plumpen, schwerfä
llig en K ö rp e rs , sonde rn zuweilen auch besonders au ffä llig e Gewänder. Mit S chutzmitte
ln sind die In se lrep tilie n weit schlechter au sg e rü s te t a ls die kon tin en ta len A rten ; das
wird auch d u rch ih re au ffa llen d leichte A u s ro ttb a rk e it bestä tig t. — Da n u n einerseits a u f
In se ln bei weitgehender Gleichförmigkeit d e r UmweltsVerhältnisse seh r häufig eine s ta rk e
A u fsp a ltu n g ein e r Species in Subspecies sta ttfin d e t, an d e re rse its ab e r völlig konvergente
Fo rm en u n te r ganz verschiedenen Umweltsbedingungen zu r Ausbildung gelangen, scheint
die E inw irk u n g von A u ß en fak to ren a u f den in su la ren Formenwandel von re c h t u n te r g
eord n e te r B e deutung zu sein.
I I I .
1. Die deszendenztheoretische Bedeutung d e r r ä u m l i c h e n S o n d e r u n g e rh e llt aus
d e r Tatsache, d aß eine Species, die a u f ein e r In se lg ru p p e ad äq u a te Lebensbedingungen
vorfindet u n d sich d urch einen seh r gerin g en Grad der V a g ilitä t auszeichnet, sich nich t
se lten in seh r z a h l r e i c h e . — oft auch fü r das. k leinste E ila n d endemische -Tttj F ormen