der in Frage kommende Chitinzapfen nicht ausschliesslich Eigentum einer Gattung ist, sondern
auch bei Pionopsis, Pionacereus und Wettina angetroffen wird. Selbst der morphologisch gleichwertige
Chitinhöcker der Cwmpes-Palpe nähert sich bei einigen Arten in Gestalt und Grösse
dem vorbenannten Gebilde. Letzterer h a t also für die generische Unterscheidung nur sekundären
Wert.
Nach meinem Dafürhalten muss man bei Aufstellung der Genera vor allem das männliche
Geschlecht berücksichtigen. Dieses stimmt zwar bei einigen Gattungen in seinem äusser-
lichen Bau fast ganz mit dem des Weibchens überein, im grossen und ganzen aber weist es in
Ausstattung und Gestalt des Körpers oder der Extremitäten charakteristische Umformungen auf,
die sich zur Unterscheidung der Geschlechter (Genera) sehr gut verwenden lassen. So besitzen
alle Männchen der Gattung Gurvipes am vierten Gliede des letzten Beinpaares ein Greif- und
Klammerorgan, dessen typische Gestalt ungeachtet aller spezifischen Abweichung bei allen Arten
doch unverkennbar wiederkehrt. Auch bei der Gattung Piona h a t das gleiche Glied eine tiefgreifende
Umbildung erfahren, die darin besteht, dass sich dasselbe ansehnlich verbreitert und
verflacht und eine plattenartige Form angenommen hat. Die beiden Seitenränder sind gewöhnlich
mit einer reichen Anzahl langer Schwimmhaare ausgestattet. Das fünfte Glied trä g t an
seinem äusseren Ende ein mehr oder weniger durchsichtiges Chitingebilde, das der einen Seite
desselben kappenförmig aufsitzt und in einer keilförmigen Spitze endigt. Das Bauchplattengebiet
nimmt den grössten Teil der Ventralfläche ein. Die ungewöhnlich entwickelten, sehr langen
vierten Epimeren bilden mit ihren bogenförmig nach hinten und seitwärts ausgezogenen Hinterrändern
eine Bucht, in welcher das Geschlechtsfeld eingelagert ist. Die Anzahl der Geschlechtsnäpfe
überschreitet bei den bis jetzt bekannten Arten niemals die Zahl sechs. Das weibliche
Geschlechtsfeld, welches ebenfalls in einer Bucht beginnt, die durch die in eine lange Spitze auslaufenden
Hinterränder der letzten Hüftplatten hervorgerufen wird, erinnert in seiner Form an
dasjenige der Gattung Hygrobates. Die Geschlechtsnäpfe einer jeden Seite sind genau wie bei
dieser auf einem sichelförmig gekrümmten schmalen Chitinstreifen plaziert, der in der Nähe des
hinteren Querriegels anfängt und mit seiner Spitze nach dem Vorderende der Geschlechtsöffnung
hinweist, ohne jedoch dasselbe zu erreichen. In Bezug auf Lebensweise und Aufenthaltsort stimmen
die Piona-Arten mit denen der Gattung Gurvipes vollständig überein, doch scheinen sie weniger
raubgierig als die letztgenannten zu sein. In ihrer Bewegung ziemlich träge, lieben sie es in
der Gefangenschaft, stundenlang auf den Boden zu sitzen oder sich an die Wasserpflanzen anzuklammern.
In der Brunstzeit machen die Männchen hiervon eine Ausnahme, indem sie dann
hastig das Wasser durcheilen. Die Begattung findet in ähnlicher Weise s ta tt wie bei der Gattung
Gurvipes. In Sachsen treten drei Piona-Arten auf. Diese Zahl scheint gering zu sein gegenüber
den fünf Spezies Neumans oder den sechs Spezies der beiden französischen Forscher Barrois
et Moniez. Dieser Unterschied wird aber, wie ich schon früher nachgewiesen,1) leicht erklärlich,
wenn man daran denkt, dass diesen Hydrachnidologen die Kenntnis der Geschlechter vollständig
abging und sie deshalb Männchen und Weibchen als selbständige Arten aufführten. So gehören
beispielsweise nach Koenike, dem ich hierin vollständig beipflichte, die bei Barrois et Moniez angeführten
Piona ornata Koch und Piona loricata Barrois et Moniez als Männchen und Weibchen
zusammen. Piona communis Kramer, von Koenike irrtümlicherweise in die Gattung aufgenommen,
') ß - Piersig, Beiträge zur Hydrachnidenkunde, Zool. Anzeiger Nr. 389, S. 3—4, 1892.
wie er später selbst zugesteht, ist eine achtbeinige Larvenform aus dem Genus Gurvipes. Auch
bei Neuman lassen sich zwei Formen aufeinander beziehen. Im Gegensätze zu Koenike, der Piona
lapponica für das iP von Piona mira hält, nehme ich an, dass der erstgenannten Form ein jugendliches
Weibchen von Pionopsis lutescens Herrn, zu Grunde liegt (kurzer Zapfen am vierten Palpenglied).
Sicher lässt sich das freilich nicht bestimmen, da auch Neumans Zeichnungen nicht immer
so genau sind, dass man sich bei der Bestimmung der Tiere unbedingt darauf verlassen kann.
Krendowskij, der übrigens einen Schritt rückwärts th u t, indem er die Gattung Piona mit Unrecht
kassiert und dieselbe wieder mit der Gattung Nesaea (Gurvipes) vereinigt, führt nur zwei
Arten an (Nesaea torris Müller und Nesaea ornata C. L. Koch). Die in Deutschland aufgefundenen
Arten teilen sich unter Benutzung der männlichen Auszeichnung folgendermassen ein:
1. cT. Viertes Glied des Hinterfusses nur mässig verbreitert, am distalen Streckseitenende
mit einer auffallend langen, beugseitenwärts gekrümmten Säbelborste, die bis über die
Mitte des nächsten Gliedes reicht ; vorletztes Glied länger als das vierte und ohne Krümmung,
auf der Beugseite mit 6— 7 Degenborsten und am distalen Ende mit langen
Schwimmhaaren versehen; Körperfarbe helllila; Grösse 0,6 mm; Weibchen mit sichelförmigen
Napfplatten; Fusskrallen gross; Hinterrandsecken des vierten Epimerenpaares
stumpf; Grösse 1,1 m m ................................................................................ Piona ensiformis Koenike.
cf ; viertes Glied dès Hinterfusses stark verbreitert, plattenförmig : distales Streckseitenende
des fünften Gliedes fast zapfenfÖrmig v e r l ä n g e r t ..................................... 2.
2. Körperfarbe ro t oder ro tb r a u n ............................................... 3.
Körperfarbe gèlblieh oder hellbräunlich........................................................................... 4.
3. Viertes Glied am letzten Fusse breit länglichrund, ohne vorspringende Ecken; drittes
Beinpaar ziemlich stark gekürzt; Körperlänge 1 mm; Weibchen mit hellrötlichem, dreieckigem
Fleck auf dem Bücken; Körperlänge 2,0 mm; Genitalplatten sichelförmig schmal
Piona ornata Koch.
Viertes Glied am letzten Fusse annähernd dreieckig; drittes Beinpaar wenig gekürz
t; Körper länge 0,65 mm; Weibchen mit sichelförmig schmalen Napfplatten; Grösse
1,3 m m ....................................................................................................................... Piona latipes Müller.
4. Viertes Glied des letzten Fusses an beiden Enden merklich breit abgestutzt, fast stumpf
viereckig, mit konvexer Streck- und schwach konkaver Beugseite, am distalen Ende nahe
dem Bücken zwei starke Borsten (Dornen); drittes Beinpaar gekürzt; Körperlänge
0,57 mm; P mit breit sichelförmigen, fast dreieckigen Napfplatten; Länge des Körpers
0,8 m m ......................................................................................................................... Piona torris Müller.
Viertes Glied des letzten Fusses an den Enden stumpf abgerundet, drittes Beinpaar
gekürzt: P unbekannt ................................ ..... Piona scaura Koenike.
1. Piona ensiformis Koenike.
1895. Piona ensiformis Koenike, Über bekannte und neue Wassermilben, Zool. Anzeiger Nr. 485,
XVIH. Jahrg., S. 375, Fig. 1.