G e o g r a p h i s c h e V e r b r e i t u n g : Diese seltene Milbe wurde bis jetzt in Deutschland
(Koch, Kramer, Piersig), Schweden (Neuman), Nordfrankreich (Barrois et Moniez) und der Schweiz
(Steck) aufgefunden.
L e b e n sw e i s e : Atractides spinipes scheint sich mit Vorliebe sowohl in ruhigen, mit
reinem Wasser gefüllten, reich mit untergetauchten Wasserpflanzen bestandenen, ziemlich beschatteten
grösseren oder kleineren Teichen und Tümpeln, als auch in stark fliessenden Gewässern
aufzuhalten. Sie bewohnt die Uferzone und h ä lt sich dort nahe dem Grunde auf. Nur an sehr
warmen Tagen und im hellen Sonnenschein entschliesst sie sich zum Schwimmen, wobei sämtliche
Beinpaare in rudernde Bewegung versetzt werden. F ü r gewöhnlich zieht sie das Klettern und
Laufen vor. Bei dieser Beschäftigung wird die letzte Extremität unthätig nachgeschleppt. Oft
auch wird das erste Beinpaar ta sterartig vorgestreckt und hilft in diesem Falle nur wenig bei
der Fortbewegung. Die Nahrung besteht aus kleinen Cypriden und Daphnien.
E n tw i c k l u n g : Die von mir in kleine Standgläser untergebrachten Weibchen legten ihre
gelblichen 0,16—0,17 mm grossen Eier, eingehüllt in eine durchsichtige Kittmasse, in geringer
Anzahl (8—15 Stück) an die Wandungen des Glasgefässes, weshalb ich die Entwicklung derselben
gut beobachten konnte. Nach vier Woche schlüpften die sechsbeinigen Jungen aus. Der platte-
gedrückte Leib derselben misst in der Länge ca. 0,2 mm und in der Breite 0,17 mm. Von oben
gesehen stellt sich der Körper als ein reines Oval dar, dem vorn das meist nach unten gebogene
Kapitulum aufsitzt. Die beiden dunkelpigmentierten, verschmolzenen Doppelaugen liegen in einer
Entfernung von 0,04 mm nahe dem Vorderrande des Rückens, der von einer gefelderten Chitinplatte
zum grössten Teile bedeckt wird. Das Vorderauge h a t einen Durchmesser von 0,016 mm,
während das schief nach hinten gerichtete wesentlich kleiner ist. Wie bei der sechsfüssigen Larve
von Hygrobates longipalpis ist die Abtrennung der ersten als auch der zweiten Epimere vom Bauchplattengebiet
eine höchst unvollkommene; wird dieselbe doch nur an den Seiten durch ganz
kurze Einschnitte angedeutet, so dass nur die in der Mittellinie des Körpers hinziehende schmale
Furche den Bauchpanzer in zwei spiegelgleiche Hälften zerlegt. Von den auf dem ventralen
Plattengebiet inserierten Borsten ist das vordere Pa a r dünner und verhältnismässig kürzer als das
hintere. Besonders charakteristisch erweist sich die Bildung des aussergewöhnlich grossen Analfeldes,
dessen Hinterrand mit demjenigen des Körpers zusammenfällt. Um mir eine weitläufige
Beschreibung zu ersparen, habe ich in Fig. 45 e, Tafel XVTII eine Abbildung desselben beigegeben.
Wie man aus derselben ersieht, ähnelt das Analfeld einem fast rechtwinkligen Kreisausschnitt,
dessen nach hinten gerichtete Ecke so abgeschnitten ist, dass eine symmetrische Figur entsteht.
Auf jeder Seite der eben erwähnten Abstutzung, an den hinteren Enden des verkürzten Halbmessers
springt ein beweglicher Zapfen vor, der die lange ziemlich kräftig entwickelte Endborste
trägt. Alle ändern auf der Afterplatte oder in die weiche, wellig linierte Körperhaut eingefügten
Haare sind äusserst fein und von geringer Entwicklung. Hinsichtlich des Kapitulums ist
noch zu erwähnen, dass auf der dem Grunde der Palpenkralle gegenüberliegenden, chitinösen E rhebung
bis vier sehr feine, mittellange Haare entspringen. Die sechsbeinige Larve schmarotzt
und verpuppt sich an den Larven von Wasserinsekten. Die achtfüssige Nymphe t r i t t schon im
Herbste auf und unterscheidet sich vom geschlechtsreifen Tiere nur durch eine geringere Grösse
und ein Geschlechtsfeld, das sich aus einem median gelegenen Chitinstützkörperchen und zwei
dachförmig sich zugeneigten, länglichrunden, mit je zwei Näpfen ausgestatteten Platten zusammensetzt.
XI. Genus: H y g r o b a t e s C. L. Koch.
Syn. 1835-41. Hygrobates C. L. Koch, Deutschlands Crust. etc., Heft 10:,
1842. Hygrobates id., Übersicht des Hydxaehnidensystems, pag. 14.
1854. Hygrobates Brnzelius, Beskrifning öfver Hydrachnider ètc., pag. 37.
1874. Gampognaiha Lebert, Hydrachnides ; Bulletin de la Société vaud. des Sciences
naturelles, Tom XIII, No. 72, pag. 67.
1879. Hygrobates Neuman, Svenska Handlingar : Om Sveriges Hydrachnider, Tom 17,
pag. 61.
Das von Koch geschaffene Genus Hygrobates hat das Schicksal erfahren, von zwei späteren
Autoren ungerechtfertigter Weise kassiert zu werden. Das einemal war es Kramer, welcher es
wieder mit dem Genus Nesaea (Gurvipes) vereinigte, obgleich er im Widerspruch mit seinem Vorgehen
zugiebt, dass durch M. K. Bruzelius Arbeiten die Gattungen Limnesia, Nesaea und Hygrobates
in den Bereich genauer Bestimmungen gerückt sind und beibehalten werden müssen, das
anderemal der Russe Krendowsky, der in der Einordnung dem eben zitierten Autoren folgt. Ich
muss mich im Einverständnis mit Koenike, der seine Ansicht hierüber in einer Fussnote zu seiner
Revision von H. Leberts Hydrachniden des Genfer Sees niedergelegt '), für die wohlberechtigte
Beibehaltung der Gattung Hygrobates erklären.
Sie unterscheidet sich von den übrigen Gattungen besonders dadurch leicht, dass das
erste Hüftplattenpaar mit dem hintern Teile des Maxillarorgans vollständig verwachsen ist. Der
Körper ist weichhäutig, sehr hoch und beinahe so breit wie lang, in seltenen Fällen breitoval.
Die schmächtigen Beine sind mittellang und entbehren der eigentlichen Schwimmhaare. Ausser
einer grösseren Anzahl kurzer Borsten auf der Beug- und Streckseite beobachtet man an dem
Gliedende noch einige längere. Das letzte Glied sämtlicher Extremitäten ist kürzer als das vorhergehende.
Jede Doppelkralle besitzt in der Regel ausser einem b lattartig breiten Grundteile
einen in seiner unteren Hälfte scharf gebogenen spitzen Hauptzahn und einen etwas breiteren,
in einer abgerundeten Spitze endigenden Innenzahn und zeigt somit grosse Ähnlichkeit mit dem
entsprechenden Gebilde der Gattung Gurvipes (Nesaea). Die Epimeren, welche infolge der Verschmelzung
der vorderen Doppelpaare nur auf drei Gruppen verteilt sind, liegen auf der vorderen
Hälfte der Bauohfläche. Die Maxillartaster setzen sich ans fünf nach vom zu immer dünner
werdenden Gliedern zusammen, von denen das zweite nach dem äusseren Ende hin sich stark
verbreitert und an seiner sehr verkürzten Bengseite in der Regel einen konischen* schief nach vorn
gerichteten Zapfen oder Hücker trä g t (Ausnahme Hygr. nigromamlatm [Lebert] Haller). Das dritte
Glied steht nur wenig in der Länge hinter dem zweiten zurück. Beide ebengenannten Glieder
weisen an der Bengseite und an dem Zapfen eine mehr oder minder grosse Anzahl kleiner,
spitzer Höcker auf. Das vierte Glied ist sehr lang und schlank, mit wenig ausgebildeten Haarzapfen
an der Bengseite und ohne merkbare Chitinhöcker am vorderen Ende. Das kurze, etwas
gekrümmte Endglied läuft nach seiner mit zwei oder drei Krallen bewaffneten Spitze konisch zu.
Der Geschlechtshof, der ziemlich weit nach hinten verlegt ist (etwa in der Mitte zwischen
der vierten Epimere und dem Hinterrand des Körpers), wird seitlich von zwei deutlich ans-
*) 1. c. Zeitschrift für w. Zoologie, Bd. XXXV, pag. 618.