Die ventralwärts gekehrte Seite zählt ebenfalls drei lange Borsten. Die beiden, vorderen Beinpaare
sind mit grossen Doppelkrallen bewaffnet, die unverkennbar clem Typus der Gattung Gurvipes
entsprechen. Auch bei der vierten Extremität is t das der Fall, doch unterscheiden sich die
in Frage kommenden Gebilde durch ihre geringe Grösse. Die ,grösste Umbildung h a t die Bewaffnung
des Samenüberträgers erfahren. Hier entbehren die Krallen eines blattartigen Basalteils.
und die beiden fast gleich grossen Zinken sind s tark nach unten und rückwärts gebogen.
G e s c h l e c h t s f e ld : Die Geschlechtsspalte liegt dicht hinter den inneren Ecken der
letzten Epimeren und ra g t in die benachbarte Geschlechtstasche hinein. Die Öffnung der letzteren
ist mehr breit wie lang und geht ohne deutliche Grenze in eine Chitinplatte über, die
den Anus und die Analdrüsenhöfe mit dem Hinterrande des Geschlechtsfeldes verbindet (Fig. 38 e).
Zu beiden Seiten der Genitalöffnung und der Samentasche zieht sich je eine Napfplatte hin, die
mit ihren vorderen, einige Härchen tragenden Spitzen mit dem Hüftplattengebiet im Zusammenhänge
steht. Von hier aus verläuft die Grenzlinie des Genitalpanzers dicht am Hinterende der
letzten Epimere entlang bis weit über die abgerundete Hinterrandsecke, um schliesslich in weitem
Bogen nach hinten und innen umzubiegen. Sie erreicht jedoch das hintere Ende der Samen-
taschenöffnung-.nicht, sondern umschliesst nach hinten z u , wie schon gesagt, den Anus mitsamt
seinen Drüsenhöfen. Auf jeder P la tte zählt man ca. 16—20 Näpfe, Von denen einer, von den
anderen etwas abgerückt, vorn in der Nachbarschaft der Geschlechtsöffnung liegt- Im übrigen
auf die beigegebene Zeichnung verweisend, will ich nur noch erwähnen, dass der seitliche Abfall
der Samentasche jederseits zwei feine Härchen trägt. Die dem äusseren Hinterrand genäherten
Drüsenhöfe sind entweder mit dem Epimeralgebiet verschmolzen oder stehen mit den Flügelenden
der Napfplatten in Verbindung.
F u n d o r t e : Rohlandts Ziegellachen bei Grosszschocher, der Schwanentei#,bei Borsdorf,
der Krötentümpel bei Kleinsteinberg, der grosse Galgenteich bei Altenberg im östlichen Erzgebirge,
die Moritzburger Teiche bei Dresden.
G e o g r a p h i s c h e V e r b r e i t u n g : Deutschland (Koch, Koenike, Kramer), Schweden
(Neuinan), Nordfrankreich (Barrois et Moniez), Schweiz (Steck).
L e b e n sw e i s e : Gurvipes conglöbatus Koch (pidcher Neuman) erscheint gewöhnlich nach
Gurvipes rufus C. L. Koch Ende Mai. E r is t ein guter Schwimmer. Die Männchen schlagen nier
mals bei der Fortbewegung das dritte Beinpaar nach der Geschlechtstasche zu ein, sondern benützen
dasselbe in diesem Falle wie die anderen Extremitäten. Die Schwimmbewegung ist breitspuriger
als bei Gurvipes rufus C. L. Koch und bietet also ein gutes Kennzeichen zur Unterscheidung
beider Arten (bei unbewaffnetem Auge). Die Nahrung besteht aus kleinen Crustaceen.
E n tw i c k l u n g : Das Weibchen legt ungefähr 20—30 gelbbräunliche Eier, deren Dürchr
messer 0,19 mm beträgt. Sie sind in eine durchschimmernde Kittmasse eingelagert und werden
mit Vorliebe an die Unterseite der Blätter von untergetauchten Wasserpflanzen abgesetzt.. Nach
einigen Wochen treten die seehsbeinigen Larven auf. Sie unterscheiden sich in Grösse, Färbung
und Ausrüstung fast gar nicht von den gleichen Entwicklungsstufen nahe verwandter Arten.
Unermüdlich das Wasser durcheilend, suchen sie sich irgend ein Wasserinsekt .oder dessen Jugendformen,
um sich schmarotzend anzuhängen und zu verpuppen. Die Umwandlung in die Nymphe
scheint nur wenig Zeit in Anspruch zu nehmen, da ja die gewählten Wirte meist mehrere Häutungen
im Sommer durchmachen. Die 0,35 mm lange, aehtfüssige Larve, deren Geschlechtsfeld
zur Hälfte von mir abgebildet wurde (Taf. 15, Fig. 38 h) überwintert. Da dieselbe in ihrer
äusseren Tracht und in ihrer Färbung dem Weibchen ungemein nahe kommt, ist es nicht schwer,
ihre Zugehörigkeit zu bestimmen, zumal das Dickenverhältnis des mittleren Palpengliedes zu den
Grundgliedern des benachbarten Beinpaares, das in ähnlicher Weise nur noch bei Gurvipes rotundus
Kramer auf tritt, eine weitere Handhabe zur sicheren Bestimmung darbietet.
3. Gurvipes carneus O. L. Koch.
Syn. 1834—41. Nesaea carnea C. L. Koch, Deutschlands Crustaceen, Myriapoden und Arach-
niden, Heft 8, Fig. 24.
1884. Nesaea carnea Krendowskij, Die Hydrachnidenfauna des südlichen Russlands, Travaux
de la Société des naturalistes à l’Université Impériale de Kharkow, Tom. XVIII,
p. 283-286.
Infolge abweichender Färbung und der ziemlich glücklichen Wiedergabe dieser Milbe
durch die Kochsche Zeichnung ist dieselbe unschwer zu bestimmen. Verwunderlich bleibt es
nur, dass dieselbe trotz ihrer ansehnlichen Grösse so wenig aufgefunden wurde.1) Wenn Krendowskij
dieselbe mit Nesaea amoena Koch, Heft 8, Fig. 22 und 23, Nesaea phalerata und Nesaea
vivida Koch, Heft 9, Fig. 20 und 24 identifiziert, so kann ich ihm nicht beistimmen, denn eine
vergleichende Betrachtung macht sofort klar, dass die Beborstung der Beinpaare mit Schwimmhaaren,
wie auch das Grössen- und Dickenverhältnis der Palpen zu den Extremitäten bei den
genannten Formen wesentliche Abweichungen aufweisen.
W eisb-chen:
G rö s se .: Ausgewachsene Weibchen erreichen eine Länge von 2,5 mm und eine Breite
von. 1,6 mm. Letztere liegt in der Höhe des Hinterrandes der letzten Epimeren.
F ä r b u n g : Die Grundfarbe des Körpers , ist ein schmutziges Lehmgelb, das aber infolge
der oft zusammenfliessenden dunkelbraunen Rückenflecken wenig zur Geltung kommt. Letztere
verdrängen auch häufig den rötlichbraun gefärbten Gabelstreifen. Bei weniger intensiv gefärbten
Exemplaren stehen die drei vorderen Rückenflecken mit denen der hinteren Hälfte in Verbindung
und bilden in ihrer Gesamtheit eine Figur, wie sie in Fig. 29 b, Taf. X I veranschaulicht ist. Die
Beine und Palpen, sowie die Napffelder sehen gewöhnlich bräunlich, die Hüftplatten schwach
bläulich aus.
G e s t a l t ; In der Bauch- oder Rückenansicht stellt sich der Leibesumriss als ein längliches
Oval d a r, das in der Regel am ausgezogenen Stirnteile jederseits eine Einbuchtung aufweist,
.eine.Erscheinung übrigens, die sich mitunter auch am Hinterende wiederholt. Der Rücken
ist in seiner hinteren Hälfte hochgewölbt, fällt aber nach vorn zu und unter Bildung einer Einsattelung
ziemlich schnell ab, so dass sich der Körper, von der Seite gesehen, .auffallend an
seinem Vorderteile verjüngt.
A u g e n : Die ro t pigmentierten, ziemlich grossen Doppelaugen stehen nahe dem Vorder-,
rande in der Tiefe der seitlichen Einbuchtung. Jedes derselben setzt, sich aus einem grösseren,
mit einer kugeligen Linse versehenen vorderen Sehkörper und einem kleineren hinteren zusammen,
deren ungleich grosse Pigmentflecken mit einander verschmolzen sind.
i) Koenike füiirt diese Milbe in seinen neueren Arbeiten nnter dem Namen Curvipes alpinus Nenman anf, von
welcher Form er glaubt, dass sie das H1 zu Curvipes (Nesaea) brevipalpis Neuman darstellt. Ich halte diese Identifizierung
für berechtigt, doch muss die Neumansche Bezeichnung zu Gunsten der älteren, von Koch angewandten, weichen.
Zo o lo g ic a. H e f t 22. üH