auf die Gliedmassen erstreckt, kommt die Länge der letzteren erst recht zur Geltung. Nachfolgend
mögen die hier geltenden Masse Platz finden:
Palpen = 0,608 mm.
1. Fuss = 2,240 mm.
2. Fuss = 2,848 mm.
8. Fuss = 2,032 mm.
4. Fuss = 2,768 mm.
Die angeführte Zahlenreihe giebt nun zunächst darüber Aufschluss, dass auch hier das
zweite Beinpaar das längste ist. Sie macht aber auch auf den Rollentausch aufmerksam, der
bezüglich des gegenseitigen Grössenverhältnisses zwischen der ersten und dritten Extremität s ta ttgefunden
hat. Das Geschlechtsfeld (Fig. 5e tab. III) liegt ebenfalls am äussersten Hinterrande
des Körpers und ist in der Ventralansicht nur teilweise sichtbar. Die Geschlechtsöffnung wird
durch breite, gewölbte Klappen verschlossen, an deren äusseren Rändern die halbmondförmig
gebogenen Napfplatten sich eng anschliessen, ohne in ihrem Verlaufe durch eine Querrinne gestö
rt zu werden. Jede der vier Genitalnapfgruppen liegt auf einer inselförmigen Verdickung
der chitinösen Ablagerung, aus welcher jede Platte besteht. Am untern Rande der beiden vorderen
Inseln sind je zwei lange, ziemlich kräftige Haare inseriert, die freilich bedeutend hinter
den Stechborsten des äusseren Genitalapparates des Weibchens zurückstehen. Mit letzteren hat
das Männchen eine Reihe feiner Härchen (8) gemein, die sich an der Convexität jeder Platte
hinzieht. Zwischen Steissdrüse und Napfplatte ungefähr in der Mitte is t ein einzelnes langes
Haar mit seiner Wurzel in die weiche Haut eingebettet.
F u n d o r t : Atax crassipes liebt grössere, mit klarem Wasser angöfüllte Teiche g een.
In Sachsen fand ich ihn in folgenden Teichen: Rittergutsteich in Cosbuthen, Teiche bei Moritzburg,
bei Arnsdorf.
V e r b r e i t u n g s b e z i r k : Wohl über den ganzen europäischen Kontinent verbreitet.
L e b e n sw e i s e : Dieser freilebende Atacide is t entschieden ein eleganter, lebhafter
Schwimmer, der sich gern hinauswagt aus dem Gebiet der Uferzone. Torei und Haller berichten,
dass er noch in einer Tiefe von 36—40 m angetroffen wird. Merkwürdig ist an ihm die von
Dr. Asper (Zürich) und Pavesi festgestellte pelagische Lebensweise. Die von mir gefangen gehaltenen
Tiere hielten sich besonders gut in grösseren Aquarien. Hier sassen sie meistens am
Boden oder krochen umher. Bei der letztgenannten Beschäftigung benutzen sie nur die drei
letzten Beinpaare, während das erste, mit den Degenborsten nach unten, fühlerartig nach vorn
ausgestreckt getragen wird. Atax crassipes ist dabei sehr schreckhaft. Die kleinste Berührung
veranlasst ihn, sprungartig vom Boden aufzuschnellen und dann langsam und schwebend wieder
herabzusinken. Manchmal schien es ihm Vergnügen zu machen, mit ausgebreiteten Beinen h a rt
an der Oberfläche des Wassers zu beharren. E r ist wenig raubgierig"und nährt sich von kleinen
Wassertieren.
E n tw i c k l u n g : Die Eiablage, welche meinem Vermuten nach nicht in Muscheln geschieht,
ist leider noch nicht beobachtet worden. Möglicherweise werden die ziemlich grossen
Eier an Spongien abgesetzt. Ein von mir angestellter Versuch scheint wenigstens zu beweisen,
dass die Entwicklung der sechsbeinigen Larve auch ohne Muschel stattfinden kann. In einem
nur mit Atax crassipes und Süsswasserschwämmen besetzten Behälter tra ten nach Ablauf einiger
Wochen Larven im ersten Stadium auf, die unverkennbar den typischen Charakter der Ataciden-
Jugendform an sich trugen. Ich erinnere nur an die flügelfortsatzähnlichen, über den Hinterrand
des Körpers hinausragenden Verlängerungen der hinteren Bauchplattenränder. E rst die
entwickelte sechsbeinige Larve scheint in Muscheln einzuwandern, um in den Kiemen derselben
eine weitere Metamorphose einzugehen. Die ausgeschlüpfte Nymphe kehrt dann für längere oder
kürzere Zeit zum Freileben zurück, wie das häufige Eingehen derselben ins Netz zur Genüge
beweist. Sie bietet bereits die grösste Ähnlichkeit mit der ausgebildeten Form, unterscheidet
sich aber durch die verhältnismässig längeren Beine und durch die Anwesenheit von nur vier
Genitalnäpfen nahe am Hinterende. Die beiden Haftnäpfe jeder Seite stehen auf einer kaum bemerkbaren,
äusserst dünnen, chitinösen, ovalen P latte. Am hinteren Körperende, nur wenig vom
zweiten Genitalnapf entfernt, ist auf kleinem Höcker ein sehr feines Haar inseriert. Der innere
Abstand beider nach hinten zu kaum merkbar convergierenden Platten beträgt ungefähr das
Doppelte ihrer Breite. Zwischen den beiden Näpfen und an ihren der Medianlinie zugekehrten
Rändern bemerkt man je eine feine Haarborste. Die Beborstung der Beine ist dürftiger als bei
dem adulten Tiere, namentlich fehlt, entgegen den Angaben Claparedes (Studien an Acariden,
p. 471, tab. XXXIII, Fig. 1—3), an der Beugseite des zweiten Gliedes am ersten Beinpaare jene
auf kräftig entwickeltem Höcker seitlich eingelenkte bewegliche Degenborste. Ich stimme deshalb
Koenike zu, wenn er Claparedes Atax crassipes-Nymphe für die zweite Jugendform seines
Atax aculeatus in Anspruch nimmt.
Was nun die zweite Larve von Atax crassipes Müller anbelangt, so scheint mir sicher,
dass dieselbe gleich ändern Hydrachniden die zweite Verpuppung, an Wasserpflanzen angeklammert,
durchmacht oder wenigstens durchmachen kann. Zu wiederholtenmalen habe ich aus
Nymphen geschlechtsreife Tiere gezogen in Aquarien, in denen keine Bivalven aufbewahrt wurden.
Nach der letzten Metamorphose t r i t t die Periode des Geschlechtslebens e in , welche mit
keinem Schmarotzertum verbunden ist. Erwähnen möchte ich noch, dass es mir niemals gelang,
irgend ein trächtiges Weibchen auf Anodonten oder Unioniden anzutreffen, trotzdem ich wohl
eine ungemessene Zahl dieser Weichtiere daraufhin untersuchte. Dagegen fand ich mehrmals
beide Geschlechter von Atax aculeatus Koenike, die ich zuerst für jugendliche Vertreter von Atax
figuralis Koch ansah und deshalb leider nicht konserviert und aufgehoben habe.
5. Atax figuralis O. L. Koch.
Syn. 1836—41. Atax figuralis C. L. Koch, Deutschlands Crust., Myriap. u. Arachn. Heft 7, Fig. 10.
„ „ diaphanus id. ibid. Heft 7, Fig. 19 (zweites Stadium).
,, „ löbatus id. ibid., Heft 7, Kg. 18 (zweites Stadium).
1882. „ figuralis Koenike, Abh. d. Naturw. Vereins Bremen, Bd. VII, p. 265.
W e ib c h e n :
G rö s s e : Die mittlere Länge beträgt 1,30 mm, die grösste Breite in der Gegend der
dritten Epimere 0,96 mm, die Höhe 1,00 mm.
G e s t a l t : In der vorderen Körperhälfte erinnert Atax figuralis lebhaft an die vorhergehende
A rt. Der Hinterrand ist jedoch infolge der geringen Ausbildung der Steissdrüsenhöfe
ohne jeden Vorsprung und erscheint schön abgerundet.
H a u t: Die Körperdecke stimmt hinsichtlich der Liniierung und Schichtung mit derjenigen
von Atax crassipes überein.
Zoologica. H e f t 28. S