Was den Petiolus anbelangt, so läuft derselbe ebenfalls in zwei randständige Spitzen
aus. Das liier leistenartig schmale Mittelstück jedoch ist verkümmert und rag t zapfenförmig ein
wenig dorsal wärts, so dass es von oben gesehen wie ein feines Köpfchen in der Tiefe des Endeinschnittes
zu liegen scheint (Fig. 10 c, Taf. VII). Die dem Petiolus angelagerten, langen
Schenkel der chitinösen Winkelstücke reichen weiter nach vorn und erinnern in ihrer Gestalt
und Biegung an die Flügel - einer Schiffsschraube. Das umgewandelte vierte Glied am dritten
Fusse besitzt am äusseren Beugseitenende eine schwach S-förmig gebogene, an der Spitze abgerundete,
gleichmässig breite Greifborste, während das am verlängerten Streckseitenende eingelenkte
gleiche Gebilde ebenso hakenförmig gekrümmt ist wie bei den Männchen von Hydrochoreutes un-
t/«iZafe<s-(Koch) Piersig. An seiner beugseitenwärts gerichteten Basis bemerkt man jedoch an Stelle
eines konisch zugespitzten Zapfens einen solchen mit kupplich abgerundetem Ende und einem, seitlich
entspringenden kurzen Nebenästchen. Die beiden Säbelborsten neben der Einlenkungsstelle
der schon erwähnten Hakenborsten sind h a rt an den Vorderrand gerückt und von geringer
Entwicklung. Auf der ventralen Gliedseite entspringen nicht vier, sondern nur drei Degenborsten.
' F u n d o r t : Rohlandts Ziegellachen bei Grosszschocher.
E n tw i c k lu n g : Die Eiablage geschieht in derselben Weise wie bei H. imgiäatus Koch.
Je nach der Temperatur des Wassers entwickeln sich die 0,3 mm langen Larven in vier bis
fünf Wochen. Sie zeigen in Bezug auf Färbung, Gliederung des Bauchplattengebietes, Ausstattung
und Grösse der Beinpaare fast völlige Übereinstimmung mit den entsprechenden Formen der vorangegangenen
Vergleichsart. Die einzige wesentliche Abweichung besteht lediglich darin, dass
das Analfeld an Stelle jener charakteristischen, rinnenförmigen, in eine Spitze auslaufenden
Verlängerung des Hinderrandes nur eine schwielenartige Verdickung des letzteren aufweist
(Fig. 10 e, Taf. VH).
Nach sehr kurzem Freileben heftet sich auch hier die seehsfüssige Larve schmarotzend
an im Wasser lebende Insektenlarven an und macht die erste Verpuppung.durch. Die ausgeschlüpfte
Nymphe ist von rundlicher Gestalt, und ih r Geschlechtsfeld entbehrt, wie aus Fig. 10 b, Taf. VI
leicht ersehen werden kann, einer subkutanen Randzone. Palpen und Beinglieder sind wie bei
dem geschlechtsreifen Weibchen geformt, nur der Haar- und Börstenbesatz is t dürftiger. Allem
Anscheine n^ch überwintern die meisten Nymphen und verpuppen sich erst im Frühjahre. Die
geschlechtsreifen Formen treten gewöhnlich im Juni und Juli auf. Besonders die Männchen sind
sehr selten.
IV. Genus: Curvipes Koenike.
1842. Nesaea C. L. Koch, Übersicht des Arachnidensystems, Heft 3, p. 10.
1854. Nesaea Bruzelius, Beskrifning öfver Hydrachnider, som etc., p. 14—15.
1875. Nesaea Kramer, Wiegmanns Archiv, p. 297.
1879. Nesaea Lebert, Bull. söc. vaud. Tom. XVI, p. 373.
1879. Nesaea Lebert, Bull. soc. vaud. Tom. XVI, p. 364 u. f.
1879. Nesaea Neuman, Sveriska Handl. Bd. XVII, Nr. 3, p. 29—30.
1884. Nesaea Krendowskij, Travaux de la Société des naturalistes à l’Université Impériale
de Kharkow. Tom. XVIIÏ, p. 272—80.
1891. Curvipes Koenike, Nomenklatorische Korrektur der Hydrachnidenfamilie, Zool. Anzeiger,
p. 19 — 20,
Die Gattung Curvipes wurde von Koch unter dem Namen Nesaea abgegliedert. Das Hauptgewicht
legt er und später auch Bruzelius auf eine angeblich abweichende Bildung und Ausrüstung
der Palpen. Der Annahme beider Forscher gemäss sollte das neugegründete Geschlecht
an der Beugseite des vierten Palpengliedes im Gegensatz zu dem nahe verwandten Genus Atax
nur zwei Höcker aufzuweisen haben, einen Irrtum , den später Claparede1) durch seine ausgezeichneten
Untersuchungen berichtigte, indem er nachwies, dass sowohl Nesaea, als auch Atax
am genannten Gliede drei Zapfen, zwei innere und einen äusseren, besitzen, deren Grösse freilich
sehr wechselt, so dass sie bei manchen Arten sogleich ins Auge fallen, bei anderen aber nur mit
Hilfe der stärksten Vergrösserungen zu entdecken sind. Die ebengenannten Thatsachen veran-
lassten den verdienten Forscher, die Gattung Nesaea als nicht berechtigt anzusehen und zur einfacheren
Dugfesschen Diagnose, allerdings mit einigen Verbesserungen, zurückzukehren. Damit
beging er einen Fehler, indem er durch den Nachweis von der Nichtigkeit mehrerer von Koch
und Bruzelius als wesentliche bezeichneter Gattungsmerkmale sich verleiten liess, einen eingehenden
Vergleich beider Gattungen nach anderer Richtung hin zu unterlassen. Kramer greift das
Geschlecht Nesaea wieder auf, vereinigte aber irrtümlicherweise mit demselben die teilweise schon
von Koch richtig abgetrennten, aber später erst festgelegten Gattungen Piona (Tiphys), Hygrobates
und Atractides. Weit glücklicher ist die Umgrenzung der Gattung dem schwedischen Hydrach-
nidologen C. Neuman gelungen. Nach ihm sind ih r im weiblichen Geschlecht zwei beständige
generische Merkmale eigen: die ungefähr.gleiche Dicke der Beine und deren nach hinten allmählich
zunehmende Länge und die Lagerung des Geschlechtsfeldes in unmittelbarer Nähe des Hinterrandes
der vierten Epimere. F ü r die Männchen führt er in seiner Diagnose als generisch wichtig
jene eigentümliche Umbildung des vierten Gliedes am letzten Beinpaare an. In neuester Zeit
h a t Koenike darauf hingewiesen, dass der Name Nesaea von Lamark im Jahre 1812 für Polypen
und von Risso im Jah re 1826 für eine Molluskengattung in Anspruch genommen wurde, er
•schlägt deshalb für die gleichbenannte Milbengattung den Namen Curvipes vor.
Wie in der Grösse, so herrscht auch in der Gestalt und Farbe der einzelnen Spezies die
bunteste Mannigfaltigkeit. Der Körper ist bald eirund, bald oval, bald bei der einen A rt niedergedrückt,
bald bei der ändern hochgewölbt. Die Stirnseite ist entweder gerundet, abgestutzt
oder eingebuchtet, der Abdomen mit seitlichen Einbuchtungen versehen oder prall abgerundet.
Die Körperdecke wird durch eine gewöhnlich mit feiner Linienzeichnung ausgestattete Epidermis
und ein mehr oder minder starkes, zelliges Unterhautgewebe gebildet. Die Epimeren sind durch
Zwischenräume in vier Gruppen verteilt. Sie unterscheiden sich namentlich dadurch von denen
der Gattung Atax, dass der Hinterrand der letzten Epimere in einen mehr oder minder ausgebildeten
Fortsatz ausgezogen ist und infolgedessen in einen äusseren und einen inneren Teil zerlegt
wird, welche beide in schiefer Richtung nach hinten verlaufen und schliesslich unter einem
spitzen bis stumpfen Winkel Zusammentreffen. Maxillarorgan und Taster weisen nichts generisch
Wichtiges auf. Bezüglich der Palpenbildung sei erwähnt, dass sehr oft merkbare Unterschiede
zwischen Männchen und Weibchen ein und derselben Spezies auftreten. Das Gewöhnliche dabei
i s t , dass das vorletzte mittlere Tasterglied durch einen gedrungeneren Bau und eine reichere
Ausstattung mit Zapfen und Höckern eine Umbildung erfahren hat. Alle Beinpaare sind ungefähr
von gleicher Dicke und nehmen vom ersten Paare an nach hinten an Länge zu. Eine Ausnahme
*) Claparede, Studien an Acariden, p. 447—449.
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