
Auge weist mehr nach vorn, das hintere schief nach hinten. Der Abstand der Sehorgane beider
seitlichen Körperhälften von der Medianlinie ist entweder ziemlich beträchtlich (bei den Later-
oculatae Haller) oder kaum nennenswert bei den Mediocnlatae Haller. In letzterem Falle (bei
Eylais und Limnochares Latr.) sitzen die Augen seitlich auf oder an einem mittelständigen Chitingebilde,
für welches Haller den Namen Augenbrille eingeführt hat.
Nach von Schaubs vortrefflichen Untersuchungen, auf die ich alle diejenigen verweise,
die sich eingehender mit der Anatomie der Hydrachniden beschäftigen wollen, is t diesen letzteren
ein meist paariges, bei den Hydryphantes-Arten aber in der Vierzahl auftretendes Sinnesorgan
eigen, dessen Funktion und physiologische Bedeutung nicht sicher festgestellt ist. Von Schaub
selbst vermutet, dass es ein rückgebildetes Auge sei. Es besteht aus einer dicht unter der Haut
gelegenen wasserhellen Blase, die mit rundlichen, je einen lichtbrechcndcn Kern führenden Zellen
erfüllt ist, und an welche ein Nebenast des Augennerven herantritt. Über dem Sinnesorgan, das
man bei den Ilyyrobatinac jederseits neben dem Innenrande der Doppelaugen, bei den Ilydrypliantes-
Arten in den einwärts gekehrten Aushöhlungen der vier Ecken des Rückenschildes und bei Eylais
im Querbalken der Augenbrille vorfindet, entspringt regelmässig eine Borste.
Die Hydrachniden sind getrennten Geschlechts. Der männliche Geschleehtsapparat besteht
aus ein bis fünf Hodenpaaren, deren weiter, mehrfach gewundener, gemeinschaftlicher Ausfuhrgang
(vas deferens von Schaubs, ductus ejaculatorius Michaels) mitsamt dem sogenannten
Penis von einem mehr oder weniger gegliederten Chitingerüst getragen wird. (Nach Michael ist
bei l'hyas petrophilus <J ein solches nicht vorhanden.). Die inneren Geschlechtsorgane des Weibchens
sind ebenfalls paarig, doch stellen die beiden schlauchförmigen Keimdrüsen (Ovarien) infolge
inniger Verschmelzung der vorderen und hinteren Enden ein unpaares, kranzförmiges Organ
dar, dessen beide Eileiter sich erst kurz vor der Genitalöffnung zu einem kurzen, mehr oder
weniger kugligen Uterus (die vagina Michaels) vereinigen. Accessorische Drüsen wie bei ändern
Milben liessen sich bis jetzt nicht feststellen. Die Geschlechtsöffnung zeichnet sich bei den Later-
oculatae durch eigentümliche, napf- oder knopfförmige Gebilde aus, deren Zähl, Grösse und Gruppierung
für Gattung und A rt vortreffliche Unterscheidungsmerkmale abgeben. Sie sind in der
Regel entweder einzeln in die weiche Körperhaut eingebettet oder auf verschieden gestalteten,
seitlich gestellten Chitinplatten (Napffeldern) vereinigt. Ausnahmsweise sitzen sie jedoch auch auf
dem Schamlippenrande oder auf einer inneren Hautfalte der die Geni talspalte verschliessenden,
seitlich beweglichen Chitinklappen. Über die Bedeutung dieser meistens mit einem wahrscheinlich
nur optischen Porus versehenen Näpfe (sogenannte Saugnäpfe, Haftnäpfe, Genitalnäpfe), sowie
der ihnen nahe stehenden, nicht perforierten Knöpfe herrscht noch völlige Unklarheit; am
unwahrscheinlichsten erscheint mir die von verschiedenen Autoren vertretene Ansicht, dass wir
es bei ihnen mit in Haftorgane umgewandelten Drüsengebilden zu thun haben, die bei dem Geschlechtsakte
in Wirksamkeit treten. Dagegen spricht nicht nur die ungeeignete Anordnung
und Lagerung, sowie die häufig auftretende, sichtlich vorgeschrittene Verkümmerung und Rückbildung
derselben, sondern auch die Thatsache, dass bei den meisten Hydrachniden ein eigentlicher
Coitus zwischen den Geschlechtern nicht stattfindet, die Übertragung der männlichen
Zeugungsstoffe auf die Weibchen vielmehr auf indirekte Weise mit Hilfe der Extremitäten oder
sonstiger Anhänge geschieht.
Die Hydrachniden legen Eier. Während der Bildung des Blastoderms und der weiteren
Entwicklung des Embryos umhüllt sich das ganze Ei mit einer strukturlosen, homogenen Membran
(der Zwischenhaut Claparedes), die sich immer mehr ausdehnt und schliesslich in Falten legt,
weil sie innerhalb der eigentlichen Eischale nicht ausreichend Raum findet. Zwischen ihr und
dem Embryo befindet sich eine klare Flüssigkeit, die Claparede wegen der Anwesenheit zahlreicher
Hämamöben für Blut erklärt. Auf einer gewissen Stufe der Ausbildung sprengt der
Embryo die harte äussere Eihaut, verbleibt aber noch einige Zeit in der sekundär entstandenen
Hülle (Zwischenhaut Claparedes, Dotterhaut [erstes Apodcrm] Kramers), die sich durch Aufsaugen
von Wasser sehr rasch ausdehnt, so dass zwischen den Schalenhälften des ursprünglichen Eies
ein bedeutend grösseres entsteht. Diese zweite Eiform nennt Claparede Dcutovum. In diesem
Stadium der Entwickelung grenzen sich die Fussglieder immer deutlicher ab. Es kommt durch
Aneinanderrücken und Verwachsen der Mandibeln und Tastern zur Bildung des Kapitulums
(Scheinköpfchens), dessen Zusammensetzung aus zwei spiegelgleichen Hälften später nur durch
eine mittlere Längsfurche angedeutet wird. An dem Seheinköpfchen, den Beinen und auf der
Haut entwickeln sich Borsten und Haare. Auf dem Bauche, dem Rücken und dem Scheinköpfchen
entstehen durch Verdickung des Integuments schildförmige Panzerstücke, die durch weichere
Cuticularteile verbunden sind. Die völlig ausgebildete sechsfüssige Larve zerrcisst. die Hitll-
membran und beginnt gewöhnlich im Wasser oder auch ausserhalb desselben ein kurzes Freileben,
das nur so lange dauert, bis es dem Tiere gelungen is t, irgend einen W irt zu befallen und auf
ihm zu schmarotzen und die nächste Häutung durchzumachen. Hiervon weichen nur diejenigen'
Larven ab, die entweder gleich an Ort und Stelle verbleiben oder doch sich sofort wieder verpuppen
und erst als Nymphen ein wirkliches Freileben beginnen (Brachypoda versicolor, Limnesia
undulata, Curvipes rotundus Kramer etc.), keineswegs aber, wie Kramer angiebt (S. 32), alle Larven
aus der grossen Gruppe der Ilyyrobatinac (die Ataciden ausgenommen). Bei der Verpuppung zieht
sich die Körpersubstanz aus den Gliedmassen zurück, der Leib schwillt infolge von Wasseraufnahme
zu einem prallen, kugligen Gebilde an, und unter der alten Haut bildet sich meist innerhalb
weniger Tage die achtfüssige Nymphe, die dem adulten, geschlechtsreifen Tiere sehr ähnlich
sieht, sich aber von demselben durch den Mangel einer Geschlechtsöffnung unterscheidet.
Nach kürzerer oder längerer Zeit des Freilebens, auf das in der Regel kein Schmarotzertum
folgt, klammert sich diese zweite Jugendform an eine Wasserpflanze an und es erfolgt die Umwandlung
in das definitive, zeugungsfähige Tier. Eine Ausnahme hiervon machen nur die Muschelparasiten,
die sich bei dieser zweiten Verpuppung gleichfalls in die Kiemen einbohren.
Die Hydrachniden leben vom Raube. Ihre Nahrung besteht der Hauptsache nach aus
Daphnien und Cypriden, seltener aus Cyclopiden, Mückenlarven und Infusionstierchen. Aus diesem
Grunde trifft man sie weit häufiger in kleinen, mit Wasserpflanzen reichlich bestandenen Weihern
und Teichen, in denen die niederen Kruster in Mengen auf verhältnismässig kleinem Raum vertreten
sind, oder in langsam fliessenden Gewässern, als in grösseren Wasserbecken, deren Uferzone
infolge der Anhäufung von Schlamm und von vom Winde zusammengetriebenen, modernden
Pflanzenresten einen viel weniger günstigen Aufenthaltsort bietet. Dazu kommt noch, dass die
Erwärmung von nicht so ausgedehnten Wasseransammlungen im Sommer viel schneller und stärker
geschieht als bei grossen Teichen und Landseen, ein Umstand, der der Entwickelung und Vermehrung
der meisten Hydrachniden besonders förderlich zu sein scheint, was ja auch aus der
Thatsache erhellt, dass mit der zunehmenden Höhenlage der Gewässer eine Verminderung der
Süsswassermilben nach A rt und Zahl Hand in Hand geht. Einzelne Gattungen und Arten freilich
bewahren auch in kälterem Wasser ihre Lebensfähigkeit, ja es scheint eine niedrige Tem