C a r l W i lh e lm H a h n (31) führt in seinem Arachnidenwerke nur fünf Wassermilben an,
von denen mit Hilfe der ziemlich guten Abbildungen Hydrachna geographica Müller und H. globulus
(globosa) De Geer auf die gleichbenannten Arten älterer Autoren bezogen werden können.
H e rm a n n B u rm e i s t e r (12) h a t in einer kleinen Abhandlung entwicklungsgeschichtlichen
Inhalts u. a. Beobachtungen gemacht, denen zufolge er die an Schwimmkäfern und Nepiden
angehefteten Milbenpuppen, welche er als kleine, mit einer roten, dicklichen Flüssigkeit gefüllte
Bläschen beschreibt, im Gegensätze zu der von Bär vorher in gleicher Zeitschrift (Isis)
vertretenen Ansicht, wieder für Eier einer Hydrachnidenart in Anspruch nimmt, die von der
Mutter an den Körper von Schwimmkäfern und Wasserscorpionwanzen befestigt würden. Bei
einer genaueren Untersuchung der vermeintlichen Eier fand er, dass der anfangs einfach körnige
T~nbfl.1t derselben von einer festen und undurchsichtigen äussern und einer dünnen, durchsichtigen
innern Hülle (dem Apoderma Henkings [35] und Kramers [40 h]) umschlossèn wird. Nach Verlauf
einiger Zeit konnte Burmeister in den Eiern sechsfiissige Milben unterscheiden, die in Gestalt
und Grösse mit denen von Audouin unter dem Namen Achlysia als Vertreter einer eigenen Gattung
beschriebenen vollkommen übereinstimmten. An ändern Schwimmkäfern entdeckte er in
noch reiferen „Eiern“ achtfüssige Larven (Nymphen), deren Ausschlüpfen er jedoch nicht beobachtete.
Seine Untersuchungen führen ihn zu der Annahme, dass die Larven verhältnismässig
lange im „Ei“ verweilen und durch eine Öffnung nahe am Grunde der Hülle neben dem hakenförmig
gebogenen Stiele frisches Wasser und Nahrung empfangen. Diese Öffnung diene wahrscheinlich
auch zum A u stritt des Rüssels, mit welchem die Larve ihren W irt ansteche, um an
demselben zu schmarotzen. Doch glaubte Burmeister, dass dieser Parasitismus keineswegs eine
notwendige Bedingung für die Entwickelung der „Eier“ ausmache. Ein eingehender Vergleich
der achtfüssigen Larve (Nymphe) mit den von Müller und anderen beschriebenen Arten verleitete
ihn, da er sie als Jngendform nicht erkannte, im Hinblick auf die ih r eigenen Merkmale zu der
irrigen Annahme, in ih r eine neue, selbständige Species vor sich zu haben, die er Hydr. cruciata
nannte. Auffallenderweise schrieb er ih r den Besitz von neun Augen zu, ein Beobachtungsfehler,
der dadurch entstanden sein mochte, dass er die am Vorderrande des Körpers stehenden Drüsenöffnungen
und Haarplatten, so wie das mittelständige Sinnesorgan mitzählte. Am Schlüsse seiner
Abhandlung erklärt Burmeister, dass die von Latreille aufgestellte Abteilung der Hexapoden
fallen müsse, da sie ausgemachterweise nur Jugendformen umschlösse.
A n to in e D u g è s , einer der verdienstvollsten Arachnidologen der ersten Hälfte dieses
Jahrhunderts, veröffentlichte im Jahre 1834 (20) eine systematische Übersicht der Arachnoiden,
in der die Milben (acarina) nach der Gestalt der Palpen in sieben Familien eingeteilt wurden.
Eine davon umschloss unter dem Namen Hydrachnei (Hydrachnés) sämtliche Wassermilben. Dugès
gliedert sie ab auf Grund der eigenartigen Gestaltung der Palpen (Palpes ancreus: le dernier
article aigu ou armé de pointes). Ergänzend fügt er hinzu, dass die Füsse der Wassermilben
mit Schwimmborsten und doppelten Endkrallen versehen und die Hüftplatten auf vier Gruppen
verteilt seien, Angaben freilich, die den thatsächlichen Verhältnissen nicht immer entsprechen.
— Die in den Arbeiten des erwähnten Forschers aufgeführten 13 Formen verteilen sich- auf
sechs Gattungen (Diplodontus, Arrenurus, Eylais, Limnochares und Hydrachna), unter denen sich
die 2. und 3. als neugegründet erweisen. Die aufgestellten Diagnosen sind ziemlich treffend, doch
haben auch sie sich wegen ihrer zu allgemeinen Fassung im Laufe der Zeit manche Abänderung und
Einschränkung gefallen lassen müssen. Die beiden neuen Genera sind folgendermassen charakterisiert :
1. Diplodontus. Palpi breviusculi, articulus quartus longior cum quinto extenso forpicem
iingens; Mandibulae chelatae (bidentes), rostrum breve; corpus depressum; oculi distantes; vulvae
labia globuligera; Larvae hexapodae, terrestres, adulto dissimiles.
2. Arrhenurus. Palpi breves, clavati, articulus quartus longior et crassior, quintus fal-
catus; mandibulae unguiculatae; rostrum breve; corpus loricatum, inmare caudatnm; oculi d istantes;
coxae latissimae; vulvae labia plana. Larvae?
Duges bereicherte den Hydrachnidenbestand nur um eine einzige, gut wiedererkennbare
A rt: Diplodontus"(— Hydryphantes) scapularis, eine Art, die Barrois neuerdings bei Groffliers (Pas
de Calais) wieder aufgefunden und eingehend beschrieben h a t; alle ändern lassen sich mit mehr
oder weniger Sicherheit auf schon früher'bekannte Formen zurückführen.
Sein Hauptaugenmerk richtete Dug&s auf die Erforschung der Entwickelungsgeschichte der
Wassermilben. Besonders eingehend studierte er die Metamorphose von Hydrachna globosa De Geer.
Das J a h r 1836 brachte eine kleine Abhandlung (17) von J am e s D. D a n a und J am e s
W h e l p l e y über zwei nordamerikanische Ataciden, die auf im Süsswasser lebenden Muscheltieren
(Unioniden) schmarotzen. Die Abbildung und die Beschreibung der einen (Hydrachna formosa Dana et
Whelpley) lassen keinen Zweifel auf kommen, dass wir es mit Atax ypsiloph. Bonz zu thun haben.
Die zweite Form (Hydrachna pyriformis D. et W.) jedoch entzieht sich einer genauen Bestimmung.
Sechs Jah re später veröffentlichte S. S. H a ld em a n (32) drei kleinere Arbeiten, in denen
ebenfalls einige nordamerikanische Hydraehniden beschrieben werden. Die älteste Abhandlung
beschäftigt sich ausschliesslich mit Bivalvenparasiten, die zwar einer neuen Gattung, Unionicola
Haldeman zugewiesen werden, sich aber in Wort und Bild unverkennbar als echte Atax-Arten
kennzeichnen, von denen man freilich nur vermuten darf, dass sie in enger oder engster Beziehung
zu Atax ypsilophorus Bonz stehen.
In der zweiten und dritten Arbeit beschreibt Haldeman vier freilebende Spezies (Hydrachna
scabra, quinque-undata, nebulosa et coccinea), über deren Zugehörigkeit infolge ungenügender Beschreibung
und des Mangels an Abbildungen eine sichere Beurteilung unmöglich erscheint. Bezüglich
der erstgenannten A rt handelt es sich wahrscheinlich um einen Vertreter der Gattung
Hydryphantes oder Thyas, eine Annahme, die schon wegen der angegebenen Merkmale „warzige
Haut, rote Körperfarbe und einfache Fusskralle“ eine gewisse Berechtigung hat, ihre kräftigste
Stütze aber darin findet, dass die Tiere gelegentlich das Wasser verlassen und auf feuchter Erde
weiter leben können (the damp earth).
R. A. P h i l i p p i (59) fand im Meerbusen von Neapel eine nicht selten auftretende marine
Hydrachnide, die seiner Ansicht nach sich am meisten der Gattung Diplodontus nähert, von derselben
aber infolge abweichender Palpenbildung und enger Aneinanderlagerung der Hüftplatten
abgetrennt werden müsste. Philippi stellte deshalb ein neues Genus auf, das er Pontarachna
nannte. Die von ihm entdeckte A rt (Pont, pnnckdum Phil.) blieb lange Zeit der einzige Vertreter
von Salzwasserhydrachniden.
Die von Latreille und Duges begonnene Scheidung der Hydraehniden in gesonderte Gattungen
und Arten wurde eifrig fortgesetzt von C a r l L u d w ig K o c h (38), der unter 19 Genera
mit 188 Arten nicht weniger als 13 neue Gattungen (Nesaea, Piona, Hygrobates, Hydrochoreutes
[Spio], Atractides, Acercus [Tiphys], Marica, Limnesia, Hydryphantes, Hydrodroma, Thyas, Smaris,
Alycus) mit 127 Arten beschrieb und abbildete. Vornehmlich auf Grund der Augenzahl teilte er
die Hydraehniden in drei Familien ein, in Hygrobatides (Flussmilben), Hydrachnides (Weihermilben)