duktion der Polycarpen-Zabl an und für sieh nicht beweiskräftig für die generische Zusammengehörigkeit
der betreifenden Formen ist, so muss es doch als ein bedeutsames Moment bei der Beur-
theilung der Verwandtschaftsverhältnisse angesehen werden. Sicher erscheint mir jedenfalls, dass
die krustenförmigen und stolouiferen Polyzoiden der Gynandrocarpa-Form miteinander näher verwandt
sind, als die krustenfönnigen Gynandrocarpa mit den krustenförmigen Alloeocarpa und die
stoloniferen Gynandrocarpa mit den stoloniferen Polyzoa. Ob man diese nähere Verwandtschaft
dadurch kennzeichn^-, dass man sie in einer Gattung vereinigt, wie ich es gethan habe,' oder ob
man unter Hinweis auf ihre nähere Verwandtschaft zwei gesonderte Gattungen für sie aufstellti ist«
schliesslich von geringem Belang.
Diesen drei nach der Untersuchung der südatlantischen Polyzoiden festgestellten Gattungen
muss noch eine vierte beigesellt werden, die bisher im atlantischen Gebiet nicht nachgewieseu wurde.
Die Thiere dieser Gattung bilden Kolonien, die aus frei wachsenden, durch verzweigte und ana-
stomosirende Stolonen verbundenen Stöcken bestehen. Ihr Geschlechtsapparat setzt sichkraus getrennt
geschlechtlichen Polyearpen zusammen. Die typische Art dieser Gattung ist Ohorizocormus
reticulatus Herdman und somit kommt ihr der Name Ghorizocomtus Herdman zu. E s ist hierbei
jedoeh zu beachten, dass sich die von mir formulirte Diagnose der Gattung Chorizocormus wesent-
lieh von der Herdman’s unterscheidet.
Die Einführung der Gestaltung des Geschlechtsapparates in die Diagnose der Gattungen
hat den Nachtheil, dass sich die Gattungszugehörigkeit vieler der bisher aufgestellten Arten nicht
feststellen lässt. Bei manchen Arten ist keine, bei anderen nur eine ungenaue Angabe über dieses
Organsystem gemacht worden. Zum Theil lag das an der Ungunst des Materials. Bei manchen
Arten scheint die geschlechtliche Fortpflanzung gewissermassen mit der ungeschlechtlichen zu alter-
niren. So fand ich an einer Schnittserie durch mehrere scheinbar voll ausgewachsene Personen von
Synstyela incrustans Sluiter (non Herdman)1) von der Thursday Insel keine Spur von Geschlechts-
oiganen; dagegen war der schon ziemlich grosse Stock, dem die Personen entnommen waren, in
lebhafter Sprossung begriffen. Die gleiche Erfahrung machte ich bei der Untersuchung eines Stockes
der Goodsiria borealis Gottschaldt von Spitzbergen. So lassen sich also manche Stücke, selbst
wenn sie mit ausgewachsenen (aber nicht geschlechtsreifen) Personen ausgestattet sind, der Gattung
nach nicht sicher bestimmen. Sollen wir deshalb auf diese Art der Diagnosticirung der Gattungen
verzichten? Ich muss diese Frage entschieden verneinen. Falls sich die Verwandtschaft der Formen
nach unserer jetzigen Kenntniss nur an den Geschlechtsorganen erkennen lässt, und das ist meiner
Ansicht nach bei den Polyzoiden der Fall, so können wir nicht umhin, dieses Organsystem bei der
Diagnose zu berücksichtigen.
1) D ie s e Art wurde v on S l u i t e r in ein er während der D ru ck legu n g dieser Abhandlung veröffentlichten
Mittheilung (Berichtigung über e in e S ynstyela-Art; in: Zool. Anz., Bd. XXIII, p. 110) als S yn s ty e la
Mich aelsen i beschrieben. Zu bemerken ist, dass S l u i t e r an einer Stelle, derselben Kolonie Per sonen mit
wohl en twicke lten Geschlechtsorganen fand. Nach einer mir freundlichst über-
l sandten S k iz z e v on den Geschlechtsorganen (in der n ebenstehenden Textfigu r
m m reproducirt!) g eh ö r t d ie se Art der n eu en Gattung G yn a n d ro c a rp a an. D ieH o d e
ist mehrt^ei^8' und bildet zusammen mit einem Ovarium e in e zw ittrige Gonade,
\lllr die lebhaft an je n e v on G. m o n o c a rp a (S l u i t e r ) (siehe d ie betreffende Abbildung
a u f T a fe l III) erinnert. D ie scheinbar e räumliche Trennung’ zwischen
männlichem und weiblichem Theil der Gonade von G. Mich aelsen i beruht wohl
nur darauf, dass das zarte V erbindungsstück bei der P räparation zerstört wurde.
Zu beachten ist auch die g e r in g e Zahl (2 oder 3) d er Gonäden.
Es erübrigt, die Zugehörigkeit der älteren Arten zu diesen verschiedenen Gattungen und
damit ihre weitere Verbreitung zu untersuchen:
1. Alloeocarpa n. gen.
Syn. S yn s ty e la (part.) H e r dm a n .
G o o d siria (part.) P f e f f e r .
Go o d siria (part.) R i t t e r .
Diagnose: „Ko loni e k r ü s t e n - od e r p o l s t e r förm ig . Al lgeme i ne r Ce l l u lo
s ema n t e l n u r in g e r i n g e r Masse e n twi c k e l t und nur an den s c hma l e n Randp
a r t i e n f r e i von Pe r son e n . (Kiemensack verschiedenartig, glatt oder mit rudimentären
Falten, mit wenigen oder vielen Längsgefässen). G e s c h l e c h t s a p p a r a t aus v i e l e n e i n g
e s c h l e c h t l i c h e n Polyearpen bestehend, und zwar mä n n l i c h e und we i bl i ch e in
g e s o n d e r t e n Gruppen , d e r e n S t e l l u n g in e in e r f ü r die A r t charakter ist ischen
We i s e g e r e g e l t ist ; mä n n l i c h e Ge s c h l e c h t s s ä c k c h e n aus e i ne r e i n z i gen ,
e i n f a c h e n od e r v e r zwe i g t e n Bl a s e b e s t e h e n d . “
Die typische Art dieser Gattung, A. incrustans (Herdman), soll nach Herdman (Tunic. II
Challenger, p. 343) sowohl im Magalhaensischen Gebiet wie bei Samboanga (Philippinen) Vorkommen.
Nach allen übrigen bis jetzt möglichen Feststellungen über die Verbreitung der Polyzoiden erscheint
es mir mehr als unwahrscheinlich, dass eine Art dieser Familie eine derartig weite Verbreitung
aufweise. Ich glaube annehmen zu dürfen, dass hier ein Irrthum vorliegt. Die genaue
Prüfung der Sachlage ergiebt mehrere andere Verdachtsmomente. Die erste Fundortsangabe, deren
Korrektheit zweifellos ist (die Kolonien sollen an der nicht zu verkennenden, nur im magalhaensischen
Gebiet vorkommenden Paramolgula gigantea sitzen), ist mit dem genauen Nationale des
Fundes, Stationsnummer, Länge und Breite des Fundortes etc. verbunden; die zweite Fundortsangabe
jedoch beschränkt sich auf die Worte „Somboangan, in the Philippine Islands; depth. 10 fa-
thoms.“ Es ist wahrscheinlich, dass das Material der ersten Fundortsangabe zu der primären
Auslese gehört, während das der zweiten Fundortsangabe wohl erst nachträglich aus den bei
einer derartigen Riesenausbeute unvermeidlichen Ueberresten an Algenmassen, Tangwurzeln und
anderen, die verschiedensten Organismen tragenden Substraten ausgelesen ist. Bei einer derartigen
nachträglichen Auslese pflegt — ich spreche aus Erfahrung — weniger genau vorgegangen zu werden.
Das betreffende Objekt ist wohl ursprünglich nur mit einer flüchtig geschriebenen Stationsnummer
versehen und diese dann vor der Uebersendung an den Bearbeiter in die oben erwähnte kurze
Fundortsangabe übertragen worden. Nun entspricht nach der Liste im Challenger-Report (Narrative,
Vol. I, sec. Part., p. 1013) dem Fundorte „Samboangan, 10 fathoms“ die Stationsnummer „212“,
während das Hauptmaterial von der Station 313 stammt. Sollte der Sortirer des Materials vielleicht
eine etwas undeutliche „3“ geschrieben haben? Wahrscheinlich ist die Kolonie der zweiten Fundortsangabe
wie das Hauptmaterial an Station „313“ oder an der ebenfalls im magalhaensischen Gebiet
liegenden Station 312 gesammelt worden. Vielleicht kann durch Untersuchung der Alge, an der
die betreffende Kolonie sitzt, Aufschluss über die Sachlage erhalten werden. Jedenfalls genügt der
der Fundortsangabe „Samboangan“ anhaftende Verdacht, um diese Angabe für die weiteren geographischen
Feststellungen nichtig zu machen. Erwähnt muss noch werden, dass nach Sluiter-
A. (Synstyela) incrustans Herdman auch bei der Thursday-Insel (Torres Strasse) Vorkommen sollte
(Tunic. Semon p. 183). Auch diese Angabe stellte sich als irrthttmlich heraus. Herr Sluiter war
Zoologie». Heft Sl. 4