aus einem Maschenwerk zarter, ca. V2 mm dicker, bis 6 mm langer Stolonen; dieselben tragen eine
grosse Zahl meist einzelner Personen; nur ausnahmsweise sind wenige, zwei bis fünf Personen, zu
einem Stock vereinigt. Um den Basalmassen der ausgewachsenen Kolonien gleich zu werden
müsste sich das Maschenwerk dieses Jugendstadiums noch etwas verdichten. Jene ausgewachsenen
Basalmassen repräsentiren ein etwas dichteres Stolonenknäul. Bemerken muss ich, dass die Zugehörigkeit
dieses Jugendstadiums zu P. pictonis var. georgiana nicht über jeden Zweifel erhaben
ist. In der inneren Anatomie der Personen konnte ich allerdings keine wesentliche Abweichung
erkennen. Dass es sich um ein Jugendstadium handelt, schloss ich daraus, dass (auch an der
Schnittserie durch eine Person) keine Spur von Geschlechtsorganen zu finden war;--P. pictonis var.
georgiana ist im Uebrigen die einzige Art dieser Gattung, die in dem reichen Material von Süd-
Georgien vertreten, und zwar sehr zahlreich vertreten ist.
Mir liegen einige Kolonien einer Polyzoa-Form von den Falkland-Inseln vor, die in den
Wesentlichkeiten der Kolonie-Bildung mit dieser muthmasslichen Jugendform von P. pictonis var.
georgiana übereinstimmen. Ich habe diese Form unten als P. falclandica (forma typica und var.
repens) beschrieben. Bei diesen Kolonien (Taf. I Fig. 3 u. 4) ist eine Zusammengruppirung der
Personen in keinem Falle nachweisbar; die Personen stehen sämmtlich einzeln, durch sehr kurze
(forma typica) oder längere (var. repens) Stolonen verbunden. In der Gestaltung der Kolonie gleichen
diese Polyzoen also den Clavelliniden. Ich muss es dahin gestellt sein lassen, ob es sich auch
in diesen Fällen um Jugendstadien (vielleicht des Typus dieser Gattung, der P. opuntia Lesson?)
handelt. Die Personen sind mit Geschlechtsorganen ausgestattet; diese aber mögen bei einzelnen
Arten schon in einem sehr frühen Stadium der Kolonie-Bildung entstehen.
Dieser Chorizocormus-Form gehören ausser einigen unten beschriebenen Arten (meine Po-
lyzoa-Arten) sämmtliche Chorizocormus-Arten Herdman’s, und dessen Goodsiria-Arten mit Ausnahme
der G. lapidosa an, ferner die LEssoN’sche Polyzoa opuntia sowie die Cunnin gh am ’sehe Goodsiria
coccinea.
Dieser Chorizocormus-Form steht die A llo e o c a rp a -Form gegenüber. Diese Form wird
hauptsächlich repräsentirt durch die Arten der Gattung Polystyela Giard und Synstyela Giard.
Ausserdem sind einige zur Gattung Goodsiria gestellte Arten hierher zu rechnen, so, wie schon
oben erörtert, G. lapidosa Herdman und vielleicht G. borealis Gottschaldt, sicherlich auch G.
dura Rit ter 1).. Wahrscheinlich gehört auch die Gattung Thylacium J. V. Carus hierher.
Bei der Alloeocarpa-Form besteht die Kolonie aus einer mehr oder weniger dünnen Masse
die sich krusten- oder polsterartig mit einer Fläche an den Untergrund anlegt, während die Personen
eine einschichtige Lage an der gegenüberliegenden freien Fläche bilden. Der Unterschied
1) Von zw ei Kolonien dieser Art, die mir Herr Prof. R i t t e r freundlichst zur Unte rsuchung überliess.
schien die e in e bei lediglich äusserer Betrachtung nicht ein krustenförmiger Ü ebe rzu g , sondern ein langes,
fr ei wachsendes, in mehrere Lappen a u sg e zo g en e s Gebilde zu sein. D ie nähere Unte rsuchung jedoch ergab,
dass e s sich hier thatsächlich nur um e in e dünne, k rustenförmige Kolonie handelt. D iese lb e hat e in e in schlank-
blattförmige Lapp en ze rschlitzte A lg e a llse itig umwachsen, so zwar, dass nur an der Basis der Kolonie der
pflanzliche Untergrund sichtbar ist. D ie schmalen Lappen der A lg e ziehen sich bis in d ie äussersten Enden
d er Kolonie hin, w ie ein Querschnitt durch ein solches Ende sofort erkennen liess. Nirgends erhebt sich
die Kolonie um ein Mehrfaches der Per sonen-Länge über den Untergrund. Aehnliche T äuschu ngen in Betreff
der Natur der Kolonie sind bei rein äusserlicher Betrachtung der sü dg eo rg isch en A lloeocarpa Z sch a u i (siehe
unten!) und wohl auch b e i anderen Krustenformen möglich.
dieser Kolonie-Form von der oben besprochenen stoloniferen {Chorizocormus^Form) ist vielleicht
nicht einmal so gross, wie es bei oberflächlicher Betrachtung scheinen mag. Im Allgemeinen wachsen
die Kolonien der Alloeocarpa-Form derart, dass sich ihre abgeflachten, dünn saumförmigen, personenlosen
Randpartien mehr oder weniger gleichmässig auf dem noch freien Untergründe ausbreiten
uncl vorschieben, während sich zugleich die älteren nach der Ausbreitung etwas zurückliegenden
Randpartien verdicken, und zwar in Folge ihrer Besiedelung mit neuen Personen. Aber schon
Herdman erkannte bei seiner Synstyela incrustans (Tunic. II Challenger, p. 343) dass dieses peripherische
Wacbsthum nicht immer gleichmässig vor sich geht. Die gleiche Beobachtung konnte
ich bei Alloeocarpa Zschaui und A. Bridgesi (siehe unten!) machen. Häufig sieht man den Randsaum
der Kolonie stellenweise stärker vorgewölbt, zum Theil schmal bandförmige Ausläufer weit
vorschickend. Manchmal haben sich an dem vorgeschobenen Ende dieser bandförmigen Ausläufer
schon einzelne Personen oder kleine Gruppen solcher entwickelt, so dass hier thatsächlich ein kleiner
Nebenstock gebildet ist, der mit dem Mutterstock durch eine flach bandförmige, personenlose Brücke
verbunden ist. Ich kann keinen wesentlichen Unterschied zwischen diesen schmalen und meist
kurzen Brücken und den Stolonen der Chorizocormus-F orm erkennen; dass diese stielrund und frei,
jene flach bandförmig und dem Untergründe fest aufgewachsen sind, kann ich nicht als wesentlichen
Unterschied ansehen. In ganz vereinzelten Fällen konnte sogar nachgewiesen werden, dass zwei
dicht nebeneinander, aber gesondert entspringende bandförmige Stolonen sich ausserhalb des Mutterstockes
in einem kleinen Nebenstock vereinten, so dass auch für die Anastomose der Stolonen der
Chorizocormus-F orm ein Homologon in der Alloeocarpa- Form zu konstatiren ist. Diese Stolonen-
und Nebenstock-Bildung ist jedoch wohl stets bei der Alloeocarpa-Fovm ein vorübergehender Zustand;
sonst würde er häufiger anzutreffen sein. Zweifellos werden die kleinen Nebenstöcke durch
späteres Nachrücken der zurückgebliebenen Randpartien des Mutterstockes, durch eigenes Wachsthum,
sowie auch wohl durch Ausbreitung und Besiedelung der ursprünglich personenlosen Stolonen
wieder mit dem Mutterstock verschmelzen. Dass eine bis zur vollkommenen Auslöschung der Verwachsungsnaht
führende Verschmelzung gegeneinander wachsender, ursprünglich gesonderter
Ränder wenigstens bei gewissen Arten stattfindet, lehrt die in der Fussnote auf p. 20 erwähnte
Kolonie von Alloeocarpa {Goodsiria Ritter) dura. Es lässt sich das Zustandekommen einer solchen,
die schlanke, mehrästige Alge allseitig gleichmässig krustenförmig umwachsenden Kolonie nur durch
die Annahme erklären, dass die an der einen Seite der Alge ihren Ursprung nehmende Kolonie,
die Alge umwachsend, an der gegenüberliegenden Seite ihre hier gegeneinander stossenden Ränder
vollständig verschmelzen lässt.
Nachdem die verschiedene Art der Kolonie-Gestaltung dargestellt ist, tritt die Frage an
uns heran, welche Bedeutung derselben für die systematische Gliederung der Familie beizumessen
ist. Der HERDMAN’schen Auffassung, nach der jeder dieser lediglich nach der Kolonie-Gestaltung
gebildeten Gruppen eine Gattung entspricht, kann ich raieh nicht anschliessen. Ein derartig
ohne jegliche Berücksichtigung der inneren Organisation der Person aufgebautes System muss
als künstlich bezeichnet werden. Die äussere Gestaltung der Kolonie wird doch zu sehr von äusseren
Umständen, der Natur des Untergrundes, der Stärke der Wasserbewegung, den Ernährungsverhältnissen
etc., beeinflusst, als dass man ihr ohne Weiteres eine Bedeutung für die systematische Umgrenzung
grösserer Artgruppen, der Gattungen, zuschreiben könnte. Es bedarf für die Feststellung
der systematischen Werthigkeit dieser Gestaltungsverhältnisse einer eingehenden Prüfung. Es sei
mir gestattet, hierbei die auf einem anderen Gebiete (dem Gebiete der Oligochaeten) erworbenen