sten Farben die Hölle und ihre Qualen ausmalen, um ja recht
viele Schäflein auf den Weg des Heils zu führen. Die zu der
Dienerschaft gehörigen, eingebornen boys aber, sie freuen
sich ebensogut wie ihre Herrschaften auf diese Tage, freilich
auch wieder auf ihre eigene Weise. Bringen diese doch eine
angenehme Abwechslung in ihr gewöhnliches Alltagsleben, und
bieten die bevorstehenden Scenen für sie so viel Amüsantes!
Müssig können sie dieser grossen geistlichen Komödie zuschauen,
denn Niemand ladet sie zur Theilnahme an den religiösen Uebun-
gen ein, die Paria Liberia’s , die man von Seiten mancher Colo-
nisten noch so häufig mit dem Namen bush-niggers tituliren hört.
( Inzwischen sind wir auf dem Festplatze angelangt. Bereits hat
einer der anwesenden Geistlichen vor der versammelten Menge
den Zweck und die Bedeutung dieser festlichen Zusammenkünfte
erklärt und durch ein im Tone der Zerknirschung und unberechtigter
Hoffnung gehaltenes Gebet eingeleitet, wobei alle Anwesenden,
dem Geistlichen den Rücken zugewandt, niederknieen
und das Gesicht auf ihren Stuhl niederbeugen. Nach Beendigung
eines Gesanges wird dann der Gottesdienst eröffnet.
Wie viele der auftretenden Redner eifern und lärmen können,
ist bereits gesagt, und dies gilt bei den camp-meetings wennmöglich
in noch erhöhtem Maasse. Kaum ist der eine Prediger abgetreten
und hat man der stets gehobenem Stimmung durch kreischenden
Gesang Ausdruck gegeben, so wird schon der Vortrag von Bruder
K. aus V. angekündigt. Mit einer salbungsvollen Einleitung auf
die schon erzielte Erregung weiterbauend, wird es ihm nicht
schwer, die Gemüther noch mehr zu erschüttern, und baid hat
er sein Ziel erreicht. Ein wilder Aufschrei — der erste Funke hat
gezündet! Darauf scheint der Geistliche gewartet zu haben. Immer
weihevoller, besinnungraubender wird seine Rede, immer lebhafter
werden seine Geberden und sein Mienenspiel. Mit wahrhaft
dämonischer Lust scheint er in den Herzen der zerknirschten
Zuhörer zu wühlen; niederschmettern, zermalmen ist sein Prinzip!
Mit innerer Befriedigung überblickt er die reuige Heerde;- schon
begegnen seine suchenden Blicke unheimlich glühenden Augen.
Immer höher schwillt seiner Rede Strom, wie näher und näher
heranrollender Donner grollt es von der Rednerbühne herunter,
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und bald rauschen und brausen seine geflügelten W orte über die
Menge hin wie rasender Gewittersturm. Links und rechts fliegen
seine Donnerkeile auf die Häupter der verhärteten Sünder nieder,
die ächzend, stöhnend und händeringend, die stumme Verzweiflung
im Gesichte, den Geistlichen zu beschwören scheinen, für sie
Aermste um Gnade zu bitten. Schon sind einige Zuhörer, besonders
aus dem zarten Geschlechte, in Krämpfe verfallen und aus der
Versammlung weggebracht worden, andere springen wie Besessene
auf, rennen unter markdurchdringenden Rufen herum und wirken
durch ihr Thun ansteckend auf die Uebrigen, die bisher noch
im Stande gewesen sind, ihre Selbstbeherrschung zu bewahren.
Der Geistliche jedoch hat. seih Ziel erreicht und kniet hin, und
seine Zuhörer mit ihm, zum Gebet. In heissem Flehen wünscht
er auf die Erleuchteten den Beistand Gottes herab, während er
für Diejenigen, die noch in der Finsterniss und auf dem abschüssigen
Wege zur Hölle wandern, baldige Rettung herbeifleht. Jedes
Schlagwort wird von der lauschenden Menge laut wiederholt oder
mit einem kräftigen „Amen” unterstützt. „Glory,” hört man hier
eine Frau mit verklärtem Gesicht ausrufen: „glory, glory! Christ
is coming!” Und „glory, glory ” hallt es unter der Masse nach,
bis endlich die freudige Aufregung in einem inzwischen angestimmten
Lobgesang ihr Ende findet.
^ Nachdem Alles wieder etwas zur Ruhe gekommen, sammelt
sich die Gemeinde vor der Rednerbühne um ihre Seelenhirten,
die bereits, einander über die erzielten Erfolge Complimente
machend, in einer kleinen Gruppe beisammen stehen. Ihr Hauptaugenmerk
richtet sich jedoch auf die Schaar der Erleuchteten, die
nun Einer nach dem Ändern herangewankt kommen, ihr Herz,
da sie gewöhnlich keine Worte finden können, in Geberden
auszuschütten. Noch einmal wird ihnen von Seiten des Seelenhirten
ernsthaft zugesprochen und von der Gemeinde für sie
gebetet. Nach dieser anstrengenden Arbeit zieht man sfch für
eine Weile in die Hütten zurück, wo schon am privisorischen
Herdfeuer der Kessel dampft und wo bald, nachdem für die
Seele den ganzen Morgen gesorgt worden, auch der knurrende
Magen befriedigt wird. Gegen Abend schaaren sich die Besucher,
welche die Heimkehr dem Nachtlager im Camp vorziehen, zusammen