Verlegenheit, da es fast in-jedem Dorfe irgend Jemanden, ja oft
zahlreiche Leute, worunter seihst Kinder giebt, die wenigstens
etwas Englisch zu sprechen im Stande sind. Dieses wird zwar
allgemein etwas corrumpirt ausgesprochen und hat ein eigen-
thümliches Colorit, wie nachfolgende Beispiele zeigen werden;
doch s teht ' es weit über dem sogenannten Pigeon-Englisch, das
durch die Neger in Südamerika gesprochen wird und zur Hälfte
aus spanischen Wörtern besteht. Viele englische Wörter haben
sich, freilich oft in veränderter Form, in den Sprachen der
Eingebornen eingebürgert, da sie Begriffe oder Gegenstände
repräsentiren, die früher den Eingebornen fremd waren und für
welche sie daher auch keine eigenen Wörter besassen. So z. B.
sagen die Eingebornen aller mir bekannten Stämme glassy für Glas,
schilly für Shilling, lampy für Lampe, pohky für gesalzenes
Schweinefleisch (engl, porc) 1), coppa für die liberianischen Kupfermünzen
(coppers), clocky (engl, clock) für Uhr, während sie für
andere, ihnen früher fremde Begriffe eigene Wörter construirt
haben. So heisst bei den Vey. eine Gewehr buh (Nachahmung
des Knalles), Bier heisst kavlu dschih (bitteres Wasser)2).
■) Die weisse Farbe dieses Pöekelfleisches gab den Yeynegern Anlass zu
dem Glauben , dass dazu das Fleisch von gestorbenen Weissen verwendet
werde, und viele derselben können selbst durch die bitterste Noth nicht
veranlasst werden, dasselbe zu essen. Als 1881 infolge der Invasion der
Kosso unter dem Veystamme Hungersnoth ausgebrochen war und es in
Robertsport von Flüchtlingen aus dem Innern wimmelte, wurde auf die
Veranlassung von, Bischof P e n ic k Reis und Pork aus Amerika herübergesandt,
um unter die Nothleidenden vertheilt zu werden. Eines Tages kam der
Häuptling Mu s sa von Glima, ein ehrwürdiger Greis, der mit der ganzen
Bevölkerung seiner Stadt nach Robertsport geflüchtet war, mit einem grossen
Stück Salzfleisch, das er von Mr. W a t so n erhalten hatte, zu meinem Jäger
J a ck so n mit der Frage: „Ist das nicht weisser Mann?” J a c k so n : „Nein,
das ist Schwein.” Mu s s a : „Nein, sieh nur her, ist es nicht weiss? Ist
dieses Fett nicht ganz weiss? Ist nicht ein weisser Mann weiss? Nun, das
ist weisser Mann!” Keinerlei Einwendungen J a ck so n ’s waren im Stande,
ihn von dieser Meinung abzubringen, und schliesslich liess Mu s sa das Fleisch
bei J a ck so n zurück, dem, wie er mir nachher lachend versicherte, der
„weisse Mann” vortrefflich schmeckte.
2) Kavlu ist eine Rotangpalme, deren Gipfelende ungemein’bitter ist und
als Medizin gebraucht wird; dschih ist der Veyname für Wasser.
Alle überseeischen Länder heissen bei den Vey Pooro, wahrscheinlich
corrumpirt von „Portugal,” und alle Weissen Pooro
moh Inü oder verkürzt Pooro mönü. Auch die Americo-Liberianer
haben bei den Vey diesen Namen erhalten.
Im Allgemeinen glaube ich nicht zu weit zu gehen, wenn ich
behaupte, dass die englische Sprache unter dem Einflüsse der
Americo-Liberianer und der ausnahmslos Englisch sprechenden
weissen Kaufleute unter den Eingebornen immer mehr Boden
gewinnt, obschon bis jetzt auch die Englisch sprechenden Eingebornen
unter sich ihrer Muttersprache treu bleiben.
Ueberall, so weit man auch ins Innere hineinkommt, findet
man in den Sprachen der Eingebornen deutliche Spuren des einstigen
Verkehrs mit Spaniern und Portugiesen. So begegnet
man ganz allgemein dem Wort sawe (wissen)x). Der Englisch
sprechende Eingeborne sagt niemals you know (du weisst), sondern
you sawe, oder me sawe (ich weiss), oder me no sawe (ich weiss
nicht), oder: them man sawe book for true-true (dieser Mann
versteht sich vortrefflich auf Bücher). Solche sprachliche Erscheinungen
finden sich sehr zahlreich, z.B. das Wort palaver2) (in
der Veysprache poh), das im Laufe der Zeiten die verschiedensten
Bedeutungen erhalten hat. Man sagt z. B. that be no p ’lawer
(das is nicht der Rede werth), oder i’ be bad p ’lawer (es ist eine
böse Geschichte), oder I make you p ’lawer (ich ziehe dich vor
den Richter), oder p ’lawer sei (die Sache ist erledigt) oder auch:
p ’lawer catch me to day (ich habe mir heute Unannehmlichkeiten
zugezogen). Die eigentliche Bedeutung des Wortes palaver ist
übrigens eine vor öffentlicher Versammlung geführte Verhandlung,
betreffe sie nun eine Rechtsfrage, eine Entscheidung über Krieg
und Frieden {war-p’laver, resp. piace-p’laver), oder sonst etwas.
So spricht man je nach dem Gegenstand der geführten Verhandlungen
von einem goat-p’lawer (Ziegenpalaver), und einem woman-
p ’lawer (Frauenpalaver), welches sehr häufig vorkommt, und das
eigens für diese Sitzungen errichtete Gebäude heisst das Palaver!)
Das corrumpirte portugiesische und spanische saber.
2) Palabra (spanisch), palavra (portugiesisch) bedeutet Wort, im Sinne
des französischen ,paröle”.