anderseits begünstigt, ein längerer Aufenthalt gemacht. Es ist
übrigens unter den dortigen Verhältnissen keine Kunst, gastfrei
zu sein, denn die paar Kassaven, welche ein Gast täglich verzehrt,
sind leicht aufzubringen, Wasser zum Trinken ist überall genug
vorhanden, und um eine Lagerstätte in irgend einer Hütte zu
ebener Erde braucht auch Niemand verlegen zu sein. Kommt
aber einmal ein angesehener Gast, und als solcher wird gewöhnlich
auch der Weisse betrachtet, dann erfordert es die gute
Sitte und die Höflichkeit des Gastherrn, denselben, oft selbst
gegen seinen Willen, möglichst lange zu beherbergen und aufzuhalten.
Auf solche Weise geht meistens ungeheuer viel
Zeit verloren, was um so schwerer wiegt, als die einzig zum
Reisen günstige Trockenzeit eine verhältnissmässig nur kurze
ist. Der „weisse Mann” thut auf seinen Haltestationen am
besten, sofort den König oder Chef des betreffenden Ortes aufzusuchen
und sich mit Habe und Gut als „Fremdling” (Gast)
unter seinen Schutz zu stellen. Um diese Gastfreundschaft zu
erwirken, macht er ihm gleich beim ersten Zusammentreffen
ein Geschenk, das gewöhnlich in einigen yards Baumwollzeug,
etwas Tabak und einer Flasche Branntwein besteht. Bei längerem
Aufenthalt wird das Geschenk (dash) verhältnissmässig grösser.
Dagegen sorgt der Gastherr für ein angemessenes Unterkommen
und, wenn er dazu im Stande ist, auch für die Kost. In der
Regel aber erhält der weisse Reisende trotz aller Gastfreundschaft
Nichts umsonst, da alles, was ihm „Gutes gethan wird,” meist
schon zum Voraus genugsam in Geschenken bezahlt ist. Es
gewährt aber immerhin ein beruhigendes Gefühl, in einer fremden
Stadt der stranger (Fremdling) ihres Oberhauptes zu sein,
denn als solcher braucht man selten zu fürchten, dass Einem
etwas zu Leide gethan oder dass auch nur das. Geringste von
den Habseligkeiten gestohlen werde.
Im Allgemeinen darf man annehmen, dass der Eingeborne
dem Weissen nicht ungünstig gesinnt sei. Die gewöhnlich
zur Schau getragene Freundlichkeit und Dienstwilligkeit gilt jedoch
in weitaus den meisten Fällen mehr der Kasse und den Waaren-
vorräthen des Weissen, als seiner Person, und die anscheinende
Gutmüthigkeit und Unterwürfigkeit des Negers schlägt
nur gar zu gern in ganz entgegengesetzte Eigenschaften um,
wenn er sich in seinen, wie er glaubt, berechtigten Hoffnungen
getäuscht findet. So trifft man denn gar oft neben grösster
Höflichkeit und guten Formen die krasseste Unverfrorenheit und
Unverschämtheit. Umsonst erhält man nirgends etwas, es sei
denn, dass der Geber, um mit dem Sprichwort zu reden, mit der
Wurst nach einem Schinken zu werfen gedenkt; wohl aber erfährt
man gar oft schändliche Ueberforderung und Bettelei. „Dash me,
Daddy” (beschenke mich, Herr), so heisst es fast auf Schritt und
Tritt. Der dash spielt überhaupt im Verkehr mit den Eingebornen
eine wichtige Rolle. „Dash me”, heisst es, nachdem man
seinen Träger oder Arbeiter ausbezahlt, und „dash me one”,
wenn man einen Bündel Bananen oder eine Partie Ananas gekauft
hat. Um dem Weissen seine Taschen zu öffnen, setzen
die Eingebornen alle Hebel an und lassen kein Mittel unversucht.
„ V om bet fine, Daddy!” sagen sie mit schmeichelnder Stimme in
ihrem gebrochenen, komisch klingenden Englisch, „ah, you be
fine too much!” (Sie sind gut Herr, ach, viel zu gut!). Immerfort
sind sie bereit, Einem eine Schmeichelei zu sagen, Einem
ihre Treue und Anhänglichkeit zu bezeugen. Im geschäftlichen
Verkehr leisten sie in Bezug auf Unterwürfigkeit, Zudringlichkeit
und schlaue Berechnung der Umstände das Aeusserste, und
gegenüber ihrer ganz beispiellosen Zungenfertigkeit und advoka-
t,erih a ften Beredtsamkeit müssen selbst die berechtigtsten Argumente
des Weissen verstummen. Nie bringt man es dazu, dass
ein Neger gerade und offen eine Frage beantwortet, wenn ihm
dies aus dem einen oder ändern Grunde nicht behagt, denn er
hat seinen eigenen Gedankengang, der ihn gewöhnlich geschickt
’aasweichen und die gestellte Frage mit einer Gegenfrage beantworten
lässt. Desshalb sind denn auch alle Palaver, in welche der
Weisse mit dem Eingebornen sich einzulassen gezwungen ist,
seine Furcht und sein Schrecken; weiss er doch schon im Voraus,
dass die zu behandelnde Frage so lange allseitig besprochen
wird, bis sie endlich zu seinen Ungunsten entschieden ist. Sollten
die Verhandlungen aber gegen den Wunsch des Negers aus-
fallen, so weiss er die Sache doch so zu drehen, dass er daraus
Vortheil zieht. Immer sucht er etwaige Unterhandlungen oder